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Zivilisten waren nicht zu sehen

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Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg sind am Abend des 15. Januar 1919 in das Eden-Hotel beim Stabe der Garde-Kavallerie-Schützen-Division eingeliefert worden. Sie waren von der Wilmersdorfer Bürgerwehr unter Führung zweier Mitglieder, Lindner und Möhring, festgenommen worden. Es bestand kein Haftbefehl. Rosa Luxemburg ist bereits beim Eintritt ins Hotel beschimpft worden. Ein Hauptmann Hoffmann tat sich besonders hervor dabei. Er war es, der zuerst die geplante Tat ankündigte. Er erklärte in der Halle des Hotels: »Den beiden wird heute abend das Maul gestopft.« Karl Liebknecht wurde gegen halb 11 Uhr vom Hotel weggebracht. Er sollte, wie man erklärte nach Moabit gebracht werden. Er wurde begleitet von dem Kapitänleutnant Horst von Pflugk-Hartung, dem Leutnant Stiege, dem Leutnant Liepmann, dem Leutnant v. Ritgen, dem Leutnant zur See Schulze, dem Leutnant Heinz von Pflugk-Hartung (einem Bruder des Kapitänleutnants) und dem Jäger zu Pferde Clemens Friedrich. Die sämtlichen waren schwer bewaffnet, trugen Handgranaten und entsicherten ihre Pistolen, die Liebknecht gezeigt wurden. Zu derselben Zeit standen als Doppelposten vor dem Hotel die Jäger zu Pferde Runge und Träger. Gegenüber dem Hotel hielt ein Automobil, dessen Führer ein Chauffeur namens Göttinger war, nebst einem Beifahrer. Sie besprachen, die zwei dürften nicht lebendig aus dem HoteI. Sie besprachen, man dürfe sie nicht erschießen, das mache zuvieI Lärm. Sie besprachen, man müsse sie mit dem Kolben erledigen. Sie besprachen, man müsse das Gewehr entladen, damit beim Zuschlagen kein Schuß losgeht. Karl Liebknecht kam aus dem Hotel. Er wurde nicht durch den Hauptausgang am Kurfürstendamm geführt, sondern durch einen Nebenausgang in der Kurfürstenstraße. Runge lief um das Hotel herum und schlug den bereits im Auto sitzenden Liebknecht zweimal von hinten mit dem Kolben auf den Kopf. Liebknecht sank halb bewußtlos zusammen. Auf der Straße war kein Mensch. Nur ein paar Soldaten. Die Offiziere standen und saßen um Liebknecht herum.

Am 15. Januar, abends, hatte ich Wachdienst als Befehlsempfänger bei der Garde-Kavallerie-Division im Eden-Hotel. Als ich in der Wachstube auf meinem Lager lag, hörte ich plötzlich ein Geräusch, als wenn sich Menschen ansammeln. Meine Kameraden und ich stürzen vor die Tür, wo wir dann hörten, daß man soeben Karl Liebknecht fortgebracht hätte.

Das Auto fuhr weg. Es fuhr nicht den Weg nach Moabit. Es fuhr am neuen See entlang in der Richtung nach der Charlottenburger Chaussee. Der geplante Mord vollzog sich in der Weise, daß das Automobil an der Stelle, von der ein völlig unbeleuchteter Fußweg abging, hielt, daß Liebknecht in diesen Fußweg hineingeführt und nach etwa zwanzig Schritt aus allernächster Nähe erschossen wurde. Den ersten Schuß gab der Kapitänleutnant von Pflugk-Hartung ab.

Ich hörte ferner noch von den Mannschaften, daß auch Frau Rosa Luxemburg in dem Hotel sein sollte. Deshalb hörte ich bei den wachhabenden Kameraden herum, wo sich denn Frau Rosa Luxemburg befände. Zu dieser Zeit kam ein Offizier herein, welcher zwei Mann der Wache aufforderte, mitzugehen. Ich vermutete sofort, daß diese beiden Leute zur Abführung der Frau Luxemburg verwandt werden sollten, deren Abführung durch den Hinterausgang erfolgen sollte, wie mir vorher die Kameraden sagten. Ich ging nun gleich mit hinaus. Rosa Luxemburg kam die Haupttreppe des Hotels herab und schritt durch den Hauptausgang.

Vor der Tür stand ein Auto und um das Auto herum etwa 15 bis 20 Soldaten.

Dicht hinter ihr ging der Oberleutnant Vogel, der den Transport führen sollte.

ZiviIisten waren nicht zu sehen, da ja sämtliche Zugangsstraßen für den Verkehr gesperrt waren.

Vor der Drehtür standen Runge und Träger. Als sie durch die Drehtür schritt, drehte Runge das Gewehr um und schlug ihr auf den Kopf. Sie sank um. Runge schlug ein zweites Mal auf den Kopf. Von einem dritten Schlag sah er ab, weil er sie für tot hielt. Ob sich im Hotel Zivilpersonen befunden haben, kann ich nicht sagen. Der vor der Ausgangstür des Hotels stehende Posten hob in dem Augenblick, als er Frau Luxemburg herauskommen sah, sein Gewehr und schlug mit dem Gewehrkolben auf sie ein. Frau Luxemburg stürzte nach hinten über, der Posten holte trotzdem zu einem zweiten Schlage aus, den er auch ausführte. Der Posten hatte sich immer noch nicht beruhigt und wollte auch noch ein drittes Mal zuschlagen, kam aber nicht mehr dazu, da man den fast leblosen Körper bereits in das Auto legte. Aus der Menge der Soldaten fiel ein Ruf: »Ihr seid wohl verrückt.« Hierauf erfolgte der Abfahrtsbefehl. Die 15 bis 20 Mann, die das Auto umstanden, setzten sich hauptsächlich aus Offizieren, Aspiranten usw. zusammen. In dem Augenblick, als das Auto sich in Bewegung setzte, sprang ein Soldat, wahrscheinlich ein Chargierter, von hinten auf das Auto und schlug mit einem Gegenstand, anscheinend einem Revolver, auf den leblosen Körper der Frau Luxemburg ein. Wie das Auto 100 Meter entfernt war, fiel ein Schuß. Das Auto verschwand in der Richtung Halensee.

Der Oberleutnant Vogel hat unterwegs der Leblosen alsdann die Pistole gegen die Schläfe gehalten, ihr noch einmal eine Kugel in den Kopf gejagt. Man fuhr mit der Toten zwischen Landwehrkanal und Zoologischem Garten entlang. Auf der Straße war kein Mensch. Rosa Luxemburg hatte, als sie leblos in das Automobil gezerrt wurde, einen Schuh verloren. Dieser Schuh wurde von Soldaten im Edenhotel als Trophäe herumgezeigt.

1919

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