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Realität/Sonderfall berechenbar – beeinflussbar

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Wer nichts über die mit Wissen verbundenen Fehler weiß,

dem fehlt das entscheidende Wissen.

Wir schauen uns an, welche Fehler wir begehen, wenn wir Wissen in der Realität anwenden. Wenn wir erstmalig im Leben Billard spielen und beabsichtigen, einen bestimmten Spielzug erfolgreich durchzuführen. Dazu betrachte wir den betreffenden Ausschnitt aus dem Spielfeld mit einer einfachen Spielsituation. Das Verhalten der Kugeln ist den Regeln der Physik unterworfen. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Physik und Mathematik ermöglichen uns hier mit großer Übereinstimmung zur Realität absolut exakte, nachvollziehbare, wiederholbare Vorhersagen. Die auf Basis dieser Erkenntnisse durchgeführten Berechnungen werden seit Jahrhunderten unwiderlegbar angewendet und sind ein gutes Beispiel für das, was wir wirklich wissen. Zur Analyse der Situation fertige wir zunächst eine exakte Zeichnung der Ausgangslage an:


Wir betrachten die dargestellte Situation: Kugel 1 soll gegen Kugel 2 gespielt werden, so dass Kugel 2 in die skizzierte Öffnung eingelocht wird. Mit Hilfe des Impulserhaltungssatzes lässt sich nun berechnen, wie der Vorgang ablaufen muss, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Berechnet wird die Ideallinie, die beschreibt, in welcher Richtung Kugel 1 angestoßen werden muss, damit sie so auf Kugel 2 trifft, dass diese in der Mitte der Öffnung eingelocht wird.

Mithilfe dieses Planes wissen wir nun, in welche Richtung die erste Kugel angestoßen werden muss, um auf Basis der Vorgaben das zukünftige, gewünschte Ergebnis zu erzielen. Weil der Plan auf Naturgesetzen basiert, lassen sich in gleicher Weise auch alle möglichen anderen Spielsituationen berechnen.

Es handelt sich hier um den klassischen Fall, wie wir uns die rationale Heran-gehensweise an eine Aufgabenstellung und deren Lösung vorstellen. Wir beginnen mit der Analyse der realen Situation und finden heraus nach welchen Gesetzmäßigkeiten das System funktioniert. Dann planen und berechnen wir mithilfe der Gesetzmäßigkeiten, was zu tun ist. Wir führen unseren Plan aus und erhalten das gewünschte Ergebnis.


Diagramm linearer Prozess

Das Diagramm stellt einen linearen Prozess dar, der, wenn er fehlerfrei ausgeführt wird, auf direktem, linearem Weg zu den gewünschten Ergebnissen führt.

Es handelt sich dabei um die Standard-Vorgehensweise, die uns während unserer gesamten Ausbildung beigebracht wird. Die Standardausbildung vermittelt Wissen, fragt Wissen ab und beurteilt den Lernerfolg. Dem Schüler wird beigebracht, wie man mehrstellige Zahlen subtrahiert. Man stellt dem Schüler Aufgaben und überprüft anhand der Ergebnisse, ob der Schüler den Lernstoff verstanden hat. Ohne vorhersagbares Ergebnis wäre es nicht möglich, den Lernerfolg der Schüler zu beurteilen. Die Vermittlung von Wissen an unseren Schulen ist ein linearer Prozess, der sich ganz überwiegend mit linearen Problemen befasst, die zu einem vorhersagbaren Ergebnis führen. Man unterlässt es, den Schülern beizubringen, dass der weit überwiegende Teil der Probleme in ihrem Leben nicht mit einer linearen Vorgehensweise zu lösen ist, und erst recht kein vorhersagbares Ergebnis hat. Man warnt sie auch nicht davor, diese Probleme so anzugehen, wie es ihnen in der Schule beigebracht wurde. Man bläut ihnen ein, in der Schule für das Leben zu lernen.

Wir haben in diesem Beispiel zwar die wesentlichen physikalischen Gesetz-mäßigkeiten berücksichtigt, wir haben aber auch unzählige Vereinfachungen und Idealisierungen vorgenommen. Vereinfachungen, die tatsächlich Einfluss auf die Situation haben, jedoch nicht in unsere Berechnungen eingeflossen sind. Die Rotation der Kugeln, die Reibung, der Luftwiderstand usw. wurden nicht berücksichtigt. Selbst wenn wir alle physikalischen Einflussgrößen erfassen würden, verbleibt ein Restfehler. In der Realität ist nichts exakt. Alle Daten, die wir für unsere Berechnung benötigen, können wir nur mit einer endlichen Genauigkeit bestimmen, z. B. die Position der Kugeln. Die Kugeln sind nicht exakt rund und der Tisch ist nicht eben. Unter dem Mikroskop betrachtet haben sie Dellen und Unebenheiten.

Uns muss klar sein, dass ein Plan immer mit einem Restfehler behaftet sein wird. Solche Fehler begrenzen die Möglichkeiten der Planbarkeit. Der Fehler beim Billard verstärkt sich im Wesentlichen mit der zurückgelegten Strecke der Kugeln und mit jeder Kollision. Es ist schwieriger, eine Kugel zu treffen, die weit weg ist. Es wäre einfacher, Kugel 1 direkt einzulochen. Aufgrund des Fehlers und der Fehlerverstärkung wird der Einfluss des Fehlers gegenüber dem Einfluss des Spielers mit steigendem Schwierigkeitsgrad immer größer. So wie es selbst einem exzellenten Billardspieler nicht möglich ist, beliebig schwierige Spielzüge auszuführen, gibt es eine Grenze, von der an der Planungsfehler so groß wird, dass Planung keinen Sinn mehr macht.

Wir haben in unseren Plan auch den Winkel eingezeichnet, von dem wir gemäß unseren Berechnungen maximal abweichen dürfen, um noch das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Die vereinfachte und idealisierte Berechnung des maximal zulässigen Winkels ist ebenfalls fehlerbehaftet. Dieser Planungsfehler führt zu Abweichungen, die berücksichtigt werden müssen. Wenn wir das gewünschte Ziel erreichen wollen, darf der Fehler, den wir durch unsere Spielweise erzeugen, zusammen mit dem Planungsfehler nicht größer sein als die berechnete maximal zulässige Gesamtabweichung.

Billard ist ein Geschicklichkeitsspiel, in dem alle Spielregeln und sonstigen Umstände so gewählt sind, dass die Geschicklichkeit der Spieler maßgebend ist. Die Präzision, mit der ein Spieler in der Lage ist, den Stoß durchzuführen, soll spielentscheidend sein. Aus diesem Grund wird die Entfernung der Kugeln durch das Spielfeld und die Anzahl der erforderlichen Kollisionen durch die Spielregeln begrenzt. Diese Grenzen sind so gewählt, dass bei gleichen Anforderungen an alle Spieler das unterschiedliche Können besonders gut wahrnehmbar ist. Die Kugeln und der Spieltisch werden mit einer genau definierten Präzision hergestellt. Auf diese Weise stellt man sicher, dass die erlaubten Abweichungen, z. B. in der Rundheit der Kugeln, nur einen vernachlässigbar kleinen Einfluss auf das Spielergebnis haben können. Ein Einfluss der Umgebung auf das Spielergebnis wird damit weitgehend ausgeschlossen. Sämtliche Spieler unterliegen den gleichen Fehlern und haben deshalb keine Vor- oder Nachteile aufgrund des Fehlers. Die wichtige und oft sehr schwierige Beurteilung des Fehlers können wir im Sonderfall des Billardspiels vernachlässigen.


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