Читать книгу Vergeltung - Herbert Weyand - Страница 15
Kapitel 13 23. Juni 2011 08:30
Оглавление„Maria, ich will jetzt endlich wissen, was bei euch los ist. Mein Telefon steht nicht mehr still. Der WDR hat sein Programm unterbrochen und sendet vom Katschhof. Stimmt es wirklich, dass die Geiselnahme live übertragen wird?“ Kurt Hüffner, Claudia Plums Lebensgefährte, sprach am anderen Ende der Leitung.
„Kurt. Ich habe keine Zeit für dich. Ja… es stimmt. Trotzdem gut, dass du angerufen hast. Dass der WDR überträgt, wusste ich nicht. Dann kann ich den Fernseher anmachen und mit dem PC arbeiten.“ Maria war bemüht, nicht allzu barsch zu klingen.
„Wieso macht Claudia das? Für Geiselnahme ist doch das LKA zuständig.“ Kurt ließ nicht locker.
„Ich weiß nicht mehr als du.“ Maria schaltete den Fernseher ein. Die Übertragung aus dem Netz füllte das Bild. Claudia und dieser Psychologe standen im Moment an dem Tisch mitten auf dem Katschhof. Ihre Chefin war in Gedanken versunken. Oben rechts zeigte ein kleineres eingerücktes Bild, den Pater. Sein Gesicht wies aufmerksame Anspannung auf. Anders als bei den ersten Aufnahmen, die sie gesehen hatte. Er lauschte zu Claudia hinüber.
„Ich fahr‘ jetzt nach Aachen.“ Kurt riss sie aus ihrer Betrachtung.
„Du kannst tun, was du willst. Sei dir sicher, dass du nicht an Claudia herankommst. Bleibe zuhause. Wenn etwas ist, bist du in einer halben Stunde hier.“ Das fehlte ihr noch. Kurt am Katschhof wäre eine Katastrophe. Dann wäre noch eine Hundertschaft notwendig.
„Maria. Der Typ ist kein Spinner, wie uns die Kommentare im TV weiß machen wollen. Die Entführung ist bis ins kleinste Detail geplant. Allein die technische Vorbereitung. Du kannst auf jedem PC der Welt den Fortgang der Geiselnahme beobachten und bald auf jedem Fernsehgerät. Richte Claudia aus, sie soll vorsichtig sein.“
„Mache ich.“ Maria unterbrach nachdenklich die Verbindung. Kurt hatte Recht.
Klar, das Szenarium war geplant, das wussten sie auch. Doch der Gedanke der Globalisierung musste natürlich von einem Außenstehenden eingebracht werden.
Der Typ spielte auf Zeit. Erst, wenn er sich des Publikums sicher war, würde er die Bombe platzen lasse. Für ‚Bombe platzen‘ musste eine andere Formulierung her. Was war, wenn die Geisel wirklich hoch ging?
Maria war nicht so zart besaitet wie Claudia und Heinz. Sie konnte den Pater ruhigen Gewissens schwitzen sehen. Wenn sich ihre Ahnung bewahrheitete war es das Geringste, was sie ihm wünschte.
Sie lachte leise. Ahnungen hatten ihre Kollegen – nicht sie. Sie war der Kopfmensch.
Maria folgte den Ergebnissen der ersten Befragungen auf dem Bildschirm:
Passanten beobachteten am frühen Morgen, fast noch Nacht, einen großen Kastenwagen, der auf dem Katschhof hielt. Niemand schöpfte Verdacht, weil alle Nase lang Veranstaltungen hier stattfanden oder eine Baustelle eingerichtet wurde. Die Arbeiten geschahen schnell und professionell. Handwerker hantierten mit Baulaser und Theodolit. Hin und wieder erklang ein leiser elektronischer Klingelton. Die auf Stativen stehenden Cams und Bewegungsmelder wurden mehrfach nachjustiert. Kaum jemand schenkte den Arbeiten Beachtung. Die Angaben der Zeugen waren mehr als dürftig.
Der Pater kniete ziemlich genau gegen sechs Uhr auf seinem Betstuhl. Ein Gag, dachten viele, während sie zur Arbeit hetzten. Keine Zeit jetzt, vielleicht heute Nachmittag oder am Abend, nach Dienstende.
Keine Automarke oder gar Nummer beziehungsweise Firmenaufdruck, stellte Maria Römer fest. Die berühmten Kölner Heinzelmännchen waren am Werk. Aber hier war Aachen.
Das Telefon unterbrach Marias Studium der Berichte. Kollegin Backes berichtete vom erfolglosen Versuch im Bistum.
„Kollegin, Sie lassen sich so einfach von der Kirche abwimmeln? Mein Gott, muss ich denn alles selbst machen“, Maria faltete sie zusammen und hätte am liebsten in das Mobilteil des Telefons gebissen. Der Anruf kam über das Netz. Die Standleitung zum Katschhof lag auf ihrem Headset. „Fragen Sie in den umliegenden Kirchen nach. Irgendwo muss eine Verbindung bestehen. Der Hinweis auf nicht registrierte Priester im Bistum ist natürlich sehr gut. Also. Ran an die Arbeit.“
*