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Kapitel 6 1977 – 1987 Frieder

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Frieder Baumanns Geburt stand unter keinem guten Stern. Die kalte Januarnacht lag über dem Hof seiner Eltern nahe dem Eifeldorf Paustenbach als die Wehen einsetzten. Zum Krankenhaus nach Simmerath reichte die Zeit nicht mehr. Der Vater hatte schon genug Kälber zur Welt gebracht, um auch seine Geburt zu regeln. Als er die Nabelschnur abband, überlegte er kurz, ob er mit dem Kind nach draußen gehen sollte. Wenige Minuten hätten gereicht.

Frieder war der dritte Sohn und überflüssig.

Familie musste funktionieren.

Familie war der Erfolgsfaktor für den Bestand des Hofes.

Familie war unverzichtbar.

In die Familie gehörten zwei Söhne und beliebig viele Töchter. Der älteste Sohn, um den Hof zu übernehmen, der zweite zur Reserve, falls dem Älteren etwas zustieß. Die Bauern sahen das pragmatisch. Jeder weitere Sohn war Ballast auf den kargen Höfen und brachte Ärger.

Die Gesetzgeber hatten das Erbrecht geschaffen, das lediglich dazu diente, Jahrhunderte erprobte Erbfolgen und damit den Zusammenhalt des Landes zu zerstören.

Bei Mädchen war das kein Problem. Die wurden mit der Aussteuer abgefunden, die vertraglich so geregelt wurde, dass kein Anspruch geltend gemacht werden konnte. Der Pflichtteil wurde mit der Brautausstattung zu Lebenszeiten des Erblassers ausbezahlt.

Der zweite Sohn der Familie wurde als reine Arbeitskraft verschlissen und lebensunfähig gehalten, so dass er zu jeder Zeit auf die Zuwendung, egal welcher Art, des älteren Bruders angewiesen blieb.

Der dritte Sohn wurde, der alten Tradition folgend, der Kirche versprochen. Dazu musste zwar ein ordentlicher Batzen Geld auf den Tisch gelegt werden… doch das Land blieb zusammen. Frieder Baumann war das Schicksal eines dritten Sohns zugedacht.

Mit zehn Jahren wurde Frieder in das Internat des Klosters nach Kall – Feldstein abgeschoben.

Nach wenigen Wochen im Kloster dachte er nicht mehr an sein Leben vorher. Die neue Welt war voller Eindrücke, die fortan seine Entwicklung bestimmten.

Wie der Hof folgte auch das Kloster Regeln, die eine Jahrhundert alte Übung hatten. Je früher der Junge die Familie verließ, umso weniger Mühe hatten die neuen Betreuungspersonen den Willen zu brechen… das Gehirn zu leeren. Die Geheimdienste der Staaten arbeiteten heute noch auf der Basis kirchlichen Grundlagen. Ihre Mitarbeiter wurden nach den alten Methoden konditioniert.

Im Kloster folgte der Tagesablauf einer einfachen Struktur. Da waren zunächst die Stundengebete, die acht Mal in vierundzwanzig Stunden abgehalten werden mussten. Der Abstand zwischen den Gebeten waren die Horen.

Die erste Hore wurde Vigil genannt und fand zwischen Mitternacht und frühem Morgen statt.

Danach folgten Laudes gegen sechs Uhr am Morgen. Meist eine halbe Stunde lang. Das gleiche wieder zur Vesperzeit, als zentrales Abendgebet. Unmittelbar vor den Laudes wurde die Prim gebetet.

Gegen einundzwanzig Uhr schloss die letzte Hore den Tag mit dem Komplet.

Bei etwaigen Verfehlungen folgten nach dem Schlussgebet endlose weitere Gebete. Getreu dem Motto ‚ora et labora‘ wurde die verbleibende Zeit gearbeitet.

Irgendwann ging der Rhythmus bei jedem in Fleisch und Blut über. Das ausgeklügelte System von Lob und Tadel oder Belohnung und Bestrafung bestimmte das Verhalten, der auf engem Raum zusammen lebenden Menschen.

Frieder fügte sich problemlos in den Ablauf des Klosters ein. .

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Vergeltung

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