Читать книгу Darf man sich`s urgut gehen lassen? - Herlmut A. Gansterer - Страница 12
Darf man Komplimente übertreiben?
ОглавлениеDie Frage kommt aus der dünn besiedelten Jungfrauenecke unseres Frage-Pools. Die Frauen der dichter besiedelten Sünder-Ecke heulen entzückt auf. Sie kennen die Antwort: NEIN.
Eine Frau, die immer noch glaubt, dass man Komplimente übertreiben könnte, hat nicht alle Strapse am Strumpf. So eine „träumt in der Pendeluhr“, wie die legendäre Gründerin der Bonbonniere Bar, Elfriede Gabriel, sagte.
Sie und alle anderen lebensfrohen Sünderinnen wussten seit jeher, dass Komplimente nur dann Wirkung zeigen, wenn sie übertrieben werden. Ein vermeintlich kluges Kompliment, das die Wirklichkeit nur schwach schönt, um extra glaubwürdig zu sein, ist praktisch eine Beleidigung. Es unterläuft das Selbstbildnis der Komplimentierten, die sich ja im eigenen Spiegel schöner und klüger sieht.
Wie übrigens auch jeder Mann. Auch er dreht sich, wenn er sich unbeobachtet fühlt, im Spiegel in jene Richtung, in der er am besten aussieht. Und so wie die Damen liebt er die seltenen Restaurants, die gebräunte Spiegel in den Waschräumen bieten.
Als bestes Beispiel nenne ich das Donau-Restaurant Tuttendörfl. Wie der „Sodoma“ in Tulln steht es im Verdacht, das beste Gasthaus der Welt zu sein. Männer sitzen dort wie Tom Sawyer und Huckleberry Finn am Mississippi, also um zwanzig Jahre jünger. Die vom Tuttendörfl-Chef Günther Gass gehängten Sepia-Spiegel in den Toiletten machen um weitere zehn Jahre jünger. Jeder männliche Gast fühlt sich also von vornherein um dreißig Jahre jünger. Da bleibt für männersuchende Frauen wenig Spielraum für Komplimente. Man sagt aber, dass im Tuttendörfl viele gute Ehen ihren Anfang nahmen. Das liegt daran, dass man die Komplimente auf andere Bereiche als das Alter verlagern musste. Frauen lobten Männer endlich für ihre Lebensphilosophie, Männer die Frauen endlich für ihre Intelligenz. Und alle übertrieben in ihren Komplimenten, um sie zu schärfen. So ging alles gut.