Читать книгу Darf man sich`s urgut gehen lassen? - Herlmut A. Gansterer - Страница 9
VOGELSCHAU
Eine Bedienungsanleitung
Оглавление„Glattes Eis, ein Paradeis,
Für den, der gut zu tanzen weiß“.
Vorspiel zu Nietzsche:
„Die fröhliche Wissenschaft“
Es mag sinnvoll sein, die innere Natur dieses Buchs zu enthüllen. Es könnte manche der klugen Leserinnen und schönen Leser vor Nervenzusammenbrüchen bewahren. Beispielsweise jene, die verlangen, dass jede Lebensfrage mit religiösem Ernst behandelt wird.
Diese Einstellung, wiewohl ehrenwert, steht dem Autor nicht zur Verfügung. Eher das Gegenteil. Ich kann die Anmaßung, DARF-MAN-Fragen zu beantworten, überhaupt nur rechtfertigen, indem ich einen Schreibstil wähle, der das Ideal einer „homerischen Heiterkeit“ anstrebt. Darunter versteht man ein Lächeln über alles Irdische, eine gewisse Distanz und eine Selbstironie, die alle Möglichkeiten des Irrtums einschließt.
Wer diesen Versuch einer Leichtigkeit grundsätzlich als Leichtfertigkeit missbilligt, darf nicht ermutigt werden, weiterzulesen.
Er wird aber meist schon durch das Wort „urgut“ im Titel verloren gegangen sein. Diese Sprachschöpfung der heutigen Jugend ist nicht schön, aber interessant. Sie reicht über das normale „gut“ hinaus. Sie weist in tiefere Tiefen eines Lebens-Stils eigenen Zuschnitts. Überdies lockt das Wort Jugendliche an, die mit noch größerer Unsicherheit als die Erwachsenen durchs Leben gehen. Weitere Kinderwörter wie „urgeil“ blieben ungenützt.
So viel zu stilistischen Erwägungen. Nun zu einem merkwürdigen Phänomen. Durch die spezifische Eigenart unserer Neuzeit seit dem Millennium 2000 wurde dieses Buch zu zwei Büchern. Eines über heutige Höflichkeit, ein zweites über heutige Freiheit.
Zuerst zum Freiheits-Aspekt. Selbst den vernünftigen persönlichen Freiheiten, wie sie für den Wohlstand und damit den Sozial-Frieden notwendig sind, droht die Beschneidung. Die Zahl der blind oder berechnend Fluchenden wächst. Sie wettern gegen jeden Frohsinn, jede lächerliche Unkorrektheit, jedes persönliche Streben – und damit gegen die Menschen-Natur, die wie ein Flugzeugflügel federn will. Wird sie zu steif gemacht, bricht sie. Am Ende stünden Tristesse und Armut für alle.
Gottlob gibt es eine Allianz der Vernünftigen quer durch alle politischen Parteien guten Willens. Jeder von ihnen weiß, dass in der „Epoche der Gier“ und des „Wertpapier-Wahnsinns“ die Schere Arm-Reich zu weit aufsprang. Alle arbeiten an der Korrektur. Es geht auch voran. Aber quälend langsam, weil der ideale Rückweg schwierig zu finden ist. Nur für Deppen ist alles einfach.
Mein politisches Mitleid gilt den Grünen. Sie haben historisches Verdienst als Wachrüttler. Ihre Führungspersonen kennen jetzt alle ökonomisch-sozialen Zusammenhänge. Und haben trotz schöner Wahlerfolge zwei Probleme. Intern: die beharrlichen Basis-Grünen mit Tunnelblick. Extern: Das Aufgreifen des Umweltschutzes und der Naturliebe (inklusive des Mitleids mit Tieren) durch die etablierten Großparteien.
In diese wurlerte politische Welt spielen die Fragen dieses Buchs zum Thema: DARF MAN noch persönliche Freiheiten einfordern?
Viel unbeschwerter ist das ursprüngliche Buch im Buch, jenes der Höflichkeit in der Gegenwart. Es setzt die bisherigen Bände des DARF-MAN-Zyklus fort, der den Übertitel „Knigge des 21. Jahrhunderts“ trägt.*
Hier geht es um moderne Alltags-Fragen, die bei Freiherrn Adolph Franz Friedrich Ludwig Knigge (1752–1796) noch nicht drängten. Ob man beispielsweise Liebesbriefe simsen (also per Handy und SMS schicken) dürfe, hat diesen ehrwürdigen Ignoranten nie interessiert. Genauso wenig fand ich Fragen dieser Art in den gegenwärtigen Benimm-Führern, wie sie am besten Thomas Schäfer-Elmayer verfasst. Ich schätze diesen Kollegen, habe ihn sogar herzlich gern, seit wir in getrennten Kategorien den „Buchliebling“ (den Oscar der österreichischen Buchleser) abräumten und danach in vorbildlicher Haltung ein Glas Wein tranken. Ich empfehle seine Werke für alle, die in Gesellschaft nicht unangenehm auffallen wollen. Eine große Hilfe, im Detail auch witzig.
Die DARF-MAN-Bücher sind gleichwohl eine Auflehnung. Sie verlangen keinen Gehorsam in Benimm-Paragrafen, sondern in erster Linie Herzensbildung. Dazu noch Stolz und Selbstständigkeit sowie eigenen Stil auch in neuesten Fragen, die nichts mit Besteck (von außen nach innen) und der idealen Kleidung für Jäger-Bälle zu tun haben.
Da geht es nicht um Anpassung und Karriere-Sinn. Fantasie und Emotion haben Auslauf. Wer allzu fest mit beiden Beinen auf der Erde steht, kann nicht mal die Hosen ausziehen. Da geht doch einiges verloren.
Die Website www.gansterer.at bietet alle Com-Zugangsdaten, auch für gelbe Post. Jede strenge Kritik und herzliche Zustimmung auf die Antworten in diesem DARF-MAN-Buch ist willkommen, als Futter fürs nächste.
Herzliche Grüße – Der Autor
*„Darf man per E-Mail kondolieren?“ (Pichler und Piper-Taschenbuch), „Darf man als Nackerter ins Hawelka?“ (Molden), „Der neue Mann von Welt“ (Molden und Piper-TB).