Читать книгу Auf zum Nullarbor - Hermine Stampa-Rabe - Страница 24

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V I C T O R I A


Ich erreiche bald den Staat Victoria. Und was dann kommt – der Highway ist sehr schön und daneben für mich ein guter und glatter Fahrradstreifen -, das ist der Gestank der an der Seite verwesenden Känguru-Kadaver. Die Landschaft besteht aus uralter Natur, einem Naturpark. Als ich später weiter in die Nähe von Lake Cullulleraine komme, sehe ich auch wieder Stoppelfelder.

Ach ja, das eine Känguru drüben an der anderen Straßenseite, ein ganz fahles, sieht von weitem aus, als läge dort ein totes Pferd. Ich sehe von meinem Blickwinkel aus nur das tote Tier ab der Schulter. Das ist ein riesiges Känguru. Die Autofahrer leben hier gefährlich. Und die Fahrradfahrer müssen dauernd die Stinkluft vom Aas einatmen.

Da ich mit starkem Schiebewind dahinrase, überlege ich mir, ob ich nicht doch gleich bis Mildura weiterfahren soll. Aber meine Beine und mein Popöchen sind entschieden dagegen. Und so viel Wasser, wie ich heute auf dieser Tagestour trank, habe ich auf keiner meiner anderen Etappen getrunken.

Die Abzweigung auf diesen Caravan Park ist befestigt. Deshalb fahre ich überhaupt dorthin. Aber dann ist es damit zu Ende. Der befestigte Weg führt direkt an den See. So steige ich ab und schiebe mein Rad die letzten 300 m. Bei der Anmeldung brauche ich nur $10 für eine Nacht zu bezahlen. Das hebt dann die hohen Kosten von Renmark wieder ein wenig auf.

Und was bei solch kostengünstigen Caravan Plätzen üblich ist, das ist, dass es hier keinen gekühlten Raum gibt, weder die Toiletten noch die Laundry. So schwitze ich also so vor mich hin. Das überlebe ich auch noch.

Ich glaube, bei einer Temperatur von 26°C erreichte ich den Caravan Park. Nun, da ich schon zwei Stunden hier in der Laundry sitze und schreibe, ist die Temperatur auf 35°C angestiegen. Dabei sollte es doch kühler werden. Naja, morgen ist ja auch noch ein Tag.

Nun möchte ich mich mit kühlem Wasser duschen und in mein Zelt krabbeln. Wenn mir wieder zu heiß werden sollte, dann dusche ich eben wieder mit kühlem Wasser. Dafür habe ich ja schon bezahlt. Und Trinkwasser darf jederzeit aus dem Wasserhahn der großen Wassertanks, die bei den sanitären Anlagen stehen, gezapft werden. Dann kann ich also nicht verdursten. Hoffentlich ist es morgen früh wieder schön kühl.

Für die kühle Nacht besitze ich ja nun meine kleine Fleece-Decke mit aufgedruckter australischer Fahne. Bin ja gespannt, ob ich sie heute Nacht einsetzen muss.

26. Januar 2013: Lake Cullulleraine – Mildura: 60 km

Habe die neue Decke gebraucht. Aber sie wärmt nicht genug. Nun muss ich unbedingt etwas ändern. So geht es nicht weiter. Nachts brauche ich meinen Erholungsschlaf. Also: in Mildura einen neuen Schlafsack kaufen.

Im Baum über mir sitzt ein grünes Papageien-Pärchen, kleine Papageien. Beim Abbauen meines Zeltes, kommt die junge Mutter einer Familie mit ihren drei kleinen Kindern zu mir und unterhält sich mit mir. Ihre kleine Tochter Emmely und ihr kleiner Bruder Thommy stehen mit ihrem Kinderfahrrad bei ihr. Dass ich mit dem Fahrrad unterwegs bin, imponiert auch den Kindern. Diese radeln hier barfuß auf ihren Rädern herum und sind sagenhaft glücklich.

Die Zufahrt vom Highway bis hier herunter an den See ist nicht geteert. Deshalb schiebe ich hinauf. Es wird schon wieder recht warm.

Als ich über eine neue Kreuzung fahre, umfliegt mich ganz dicht – ich in rosafarbener Windbluse – ein großer Schwarm der rosa Gallah Kakadus. Sie setzen sich sogar auf den Seitenstreifen und gucken mich an. Sehen sie in mir einen ihresgleichen aufgrund meiner rosa Windbluse? Und die Sonne strahlt auf meinen Sturzhelm, dass er weiß leuchtet? Drollig! Ich spreche sie an. Das löst ihren Bann. Sie fliegen weg.

Bei Gegenwind und wenig Autoverkehr radle ich gen Osten. Von hier aus sehe ich überwiegend auf einer Seite Stoppelfelder. Das ist wohl der Grund dafür, dass hier nur ein einziges verwesendes Känguru an der Straßenseite liegt und stinkt. Weinplantagen kommen auch wieder in Sicht. Aber überwiegend handelt es sich hier um Stoppelfelder.

10 km vor Mildura steht links ein Roadhouse mit dem roten Schild Post. Heute möchte ich meinen kleinen Daunenschlafsack und die neue Fleece-Decke nach Hause schicken, natürlich mit anderen hier zu verschmerzenden kleinen Gegenständen. Aber diese Post beinhaltet Post der hier wohnenden Menschen mit ihrer Post-Office-Box-Nummern. Die Leute holen sich hier also ihre Post allein ab. Wenn das die deutsche Post zu wissen bekommt, müssen wir das in Zukunft sicher auch machen, um die Postzusteller einsparen zu können. Hoffentlich kommt es nicht dazu.

Der Inhaber dieses Geschäftes malt mir auf, wo ich die Post und die beiden anderen Geschäfte, in denen ich etwas kaufen möchte, finde. Mit einem eiskalten Schokoladengetränk verlasse ich das Haus.

Die restlichen Kilometer bilden für mich keine Hürde mehr. Und da ich ja schon weiss, wo ich meinen Caravan Park und die Geschäfte finde, rolle ich beim ersten Caravan Park bis zum Office und erhalte für nur $5 einen kleinen Rasenplatz zum Aussuchen. Eine große Traube blauer, zuckersüßer Trauben schenkt mir der Mann auch. Ich glaube, er fuhr früher wohl auch Fahrrad.

Nach dem Zeltaufbau wandere ich zur Post und schicke ein großes Paket nach Hause. Mein zweiter Weg führt ins BIG W, wo ich mir einen Sommerschlafsack kaufe. Und worauf ich ganz besonders Appetit habe, kaufe ich daneben im Woolworths Geschäft: eine Knoblauch-Zwiebel, Pumpernickel, ein halbes Pfund Butter und einen vollen Salzstreuer.

Mit meinen Schätzen bepackt, wandere ich zum Caravan-Park. Der Name kitchen – Küche – strahlt mich einladend an. Dort setze ich mich hinein, hole mir ein Messer und einen Teller, packe mein Brot, die Butter, die Knoblauchzwiebel samt Salzstreuer aus meiner Tasche und beginne, mir mein Knoblauchbrot zu streichen. Hmmmm, schmeckt das aber gut! Nach dem Abwaschen und Aufräumen verlasse ich dieses Haus und möchte zu meinem Zelt.

Das kann ich aber beim besten Willen nichr finden. Ein freundliches und hilfsbereites Ehepaar läßt sich von mir erzählen, auf welchen Caravan Park ich heute fuhr. Na, das erzähle ich ihnen. Da lachen sie lustig auf und meinen: „Sie stehen im falschen Caravan Park. Ihrer ist der dort gegenüber. Können sie ihn sehen?“

„Ja, kann ich. Auch sehe ich das Verkehrsschild, zu dem ich tatsächlich dort von links aus der Richtung Renmark kam. Vielen Dank.“ So wandere ich vorsichtig über die breite Verkehrsstraße. Ja, dort bin ich richtig und finde sofort mein Zelt samt Rad. Im Zelt hole ich den neuen Schlafsack. Das ist einer ohne Kopfteil, quadratisch und lässt sich zu einer breiten Decke aufzippen. Na, ob der in der Nacht warm genug ist? Werde ich heute Nacht ja erfahren. Auf jeden Fall ist die dunkelblaue Fleece-Decke nun per Post nach Kiel nach Hause auf der Reise.

In der Küche schreibe ich meine e-Post und lege mich danach schlafen. Morgen wartet ein langer Fahrradtag mit 100 km gen Süden gegen den starken Wind auf mich.

Auf zum Nullarbor

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