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Auf der Great Ocean Road

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06.02.2013: Warnambool – Port Campbell: 73 km

Das mit dem Wind, der in der Nacht durch mein Zelt ziehen würde, wurde nichts. Der war genauso müde wie ich und eingeschlafen.

Meine rosa Jacke ist mir schon bald im Schlafsack zu warm. So lege ich sie mir oben zu der gelben Fleece-Jacke auf den Schlafsack. Das Nebelhorn tutet und der Leuchtturm sendet seine Strahlen in Abständen durch mein kleines Zeltfensterchen.

Ich schlief bis 5.00 Uhr durch! Sagenhaft! Als ich den Reißverschluss vom Vorzelt aufziehe, komme ich mit dem Handrücken an die Zeltplane. Igitt, wie nass! Ich faß zwischen Innenzelt und Überzelt. Alles nass! Wie eklig. Kein Wind. Alles ist noch dunkel. Also wandere ich erst einmal in die Ladies.

Wieder bei meinem Zelt angekommen, bin ich fast verzweifelt. Normalerweise baue ich dann das Zelt ab. Aber auch so nass von außen mit den vielen Wasserperlen darauf? Nein, das geht nicht. Auf dem Rasen kann ich es auch nicht zusammenlegen. Der ist nämlich auch total nass. Ganz unglücklich schnappe ich mir meinen kleinen Laptop und verziehe mich in die Laundry, um die Zeit mit Schreiben zu überbrücken. Nun ist die Sonne aufgegangen und erwärmt alles. Aber das Zelt trocknet weder von außen noch von innen. Zu spät darf ich aber nicht starten, weil ich dann zu spät mein Tagesziel erreiche und meine Wäsche dann nicht mehr trocknet. So rolle ich los.

In der Stadt finde ich die große Kreuzung mit dem Prinzess-Highway, einer Autobahn. Darauf soll ich erst einmal gen Osten fahren. Zu Anfang radle ich auf einem Fahrradstreifen neben der Autospur. Als ich die Stadt verlasse, muss ich woanders als Radfahrer fahren, erreiche sie dann später doch wieder. Vorsichtshalber frage ich eine Frau, die gerade neben mir aus dem Auto steigt: „Guten Tag, entschuldigen sie bitte, aber wie darf ich mit meinem Fahrrad zur Great Ocean Road fahren?“

Sie empfiehlt mir: „Radeln sie ganz selbstbewusst auf dem Seitenstreifen der Autobahn. Anders geht es bis zur Kreuzung, auf der die Langsamfahrer nach rechts auf die Great Ocean Road abbiegen müssen, nicht.“

„Danke.“

Ich hoffe, dass mich bis dahin die Polizei nicht von der Straße nimmt und gebe ordentlich Speed. Später wird der Autoverkehr entschieden weniger, weil die Firmenfahrzeuge schon vorher abbogen.

So erreiche ich die besagte Kreuzung und biege ab. Hier radelt es sich herrlich! Es kommt mir vor, als sei ich zu Hause und radle durch ein Dorf. Überall spielen Mütter mit ihren Kindern vor dem Haus.

Im nächsten größeren Ort erblicke ich linkerhand vor einem großen Geschäft ein vollbepacktes Fahrrad. Na, dieser Anblick elektrisiert mich, so dass ich genauer hinsehe. Ein Japaner steht in der Nähe.

Ich halte sofort an, schiebe mein Rad dort hinauf und stelle es neben seins. Seinen Namen kann ich weder verstehen noch behalten. Aber wir können uns gut auf Englisch unterhalten. Er ist in Darwin gestartet und oben beim Kakadu-National-Park gen Osten bis nach Cairns geradelt. Wenn er Wasser benötigte, hatte er das nächste Auto angehalten, das ihn damit gern versorgte.

Er fragt mich: „Bist du schon mal quer durch die USA gefahren?“

„Ja, zweimal. Einmal vom Atlantik in Virginia bis zum Pazifik in Oregon und einmal vom Pazfik in Kalifornien bis zum Atlantik in Florida.“

An seinem Gesichtsausdruck stelle ich fest, dass ich in seiner Achtung sehr gestiegen bin. „Ich bin noch nie in Amerika geradelt.“

Also, dieser Japaner transportiert im Verhältnis zu dem auf meinem Rad befindlichen Gepäck fast das Doppelte. Er freut sich schon auf das Nullarbor, durch das er in Windeseile mit Schiebewind sausen möchte. So hatte ich auch einmal gedacht und musste es mir notgedrungen abschminken. Wer weiß, vielleicht hat er ja Glück? Als er mit all diesem Gepäck weiterradelt und mir noch einmal winkt, da denke ich so bei mir, indem ich mich auch an Fukuo, den Japaner meiner Alaska-Fahrradtour erinnere, dass die Japaner alle Aliens sind.

Und weiter geht es immer auf platter Landschaft. Felder und Wiesen lasse ich liegen und mache ordentlich Geschwindigkeit; denn ich stelle fest, dass diese Windstille gar keine ist, sondern Schiebewind.

Ab Peterborough folge ich den Hinweisschildern, die mich an die besonders wertvollen Stellen, die hier am Indischen Ozean liegen, aufmerksam machen. Hier fotografiere ich die vom wild tobenden Meer zerklüftete Steilküste. Was für ein Glück, dass die Zeit der großen Windjammer, sprich: Segelschiffe, zu Ende ist. Nun reisen die Menschen zum Glück viel sicherer mit den großen Motorschiffen.

Als ich wieder von so einem Ausguck an die Great Ocean Road komme, steht dort ein Fahrradfahrer mit Ortlieb-Packtaschen. Den spreche ich gleich auf Deutsch an; denn diese Taschen werden fast ausschließlich nur von Deutschen benutzt. Es stellt sich aber heraus, dass dieser junge Mann, der auf seine Gefährtin gerade wartet, aus Holland stammt. Sie erscheint kurz darauf und heißt Maria. Diese beiden jungen Leute trafen vorher auf Neuseeland jemand, der eine Radsportzeitung führt. Er bat sie, dafür doch zu schreiben. Sie kamen nördlich von Melbourne und wollten über die Wasserscheide radeln, wie ich es tat. Dort soll es angeblich gebrannt haben. Deshalb, so sagen sie mir, mussten sie per Bus und Bahn nach Melbourne reisen. Nun ist nur die Great Ocean Road dran. Sie wohnen in Port Campbell auf dem Caravan-Park, brauchen aber nicht im Zelt zu schlafen.

Fast gemeinsam radeln wir die unendliche Abfahrt nach Port Campbell hinunter. Sie überholen mich am großen Straßenschild und erklären mir, wo ich den Caravan-Park finde. Hinter dem Hinweisschild sehe ich hier ganz viele schwarze Brombeeren, die ich pflücke und mir einverleibe. Anschließend nehme ich den letzten kleinen Anstieg hinauf nach Port Campbell in Angriff.

Der Caravan-Park, der in einer Vertiefung liegt, ist mir entschieden zu teuer. So lasse ich mir in der Tourist-Information einen halb so teuren Campingplatz nennen. Dort breite ich erst einmal meine nassen Zeltteile in der Sonne zum Trocknen aus. Die Dusche und das WC sind sehr einfach. Aber ich denke an die selbigen, die ich im Norden von Townsville bis nach Broome haben werde und bin froh, dass hier noch Menschen wohnen und wo mein Zelt sicher steht. Aus der Dusche fließt aber kein heißes Wasser, sondern nur kaltes. Hier gibt es auch kein Waschbecken zum Wäsche waschen oder zum Zähne putzen. Mangelware. Aber bei diesem halben Preis darf ich nicht meckern.

Neben dem Elektrokasten setzte ich mich auf dem Rasen nieder und beginne, dieses Tagebuch von heute zu schreiben. Aber als die Mücken meiner ansichtig werden und mich zu sehr belästigen, fliehe ich in mein kleines Zelt. Draußen ist es windstill. Demzufolge werde ich morgen früh also wieder ein von meinem Atem nasses Zelt vorfinden.

Da ich keine Wäsche waschen kann, muss ich morgen mit der dünnen Fahrradunterhose fahren und die warme lange von heute einfach noch einmal anziehen. Merkt ja keiner. Und mir ist es egal, solange ich nicht friere.

Auf zum Nullarbor

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