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Der Bürgermeister rühmte mit schönen und vor allem langen Worten den berühmten Maler und großen Sohn der Stadt. Museumsdirektor Johannes Werning pries nicht weniger ausufernd die Großzügigkeit der Stadt Kleinaltheim und würdigte den Kunstsinn und das finanzielle Entgegenkommen des Bankhauses Wiebke und Söhne. Geladene Gäste und Sponsoren gaben vor, mit Interesse dem Geschwafel zu lauschen. Sie heuchelten vor der wertvollen Leihgabe Kunstverstand und schielten ungeduldig nach dem bereitgestellten Champagner und den Kaviarhäppchen. Der Fotograf des Kleinaltheimer Tageblatts lichtete die selbstverliebten Redner und aufgebrezelte, Champagner schlürfende Ehrengäste ab. Angesichts der Verlockungen des reichhaltigen Buffets hätte er um ein Haar vergessen, auch von der »Leopardin«, dem wertvollen Gemälde, um das sich das ganze Tamtam drehte, ein Foto zu schießen.

Der Redakteur des Blättchens saß derweil in seinem Büro vor dem Laptop und hatte Wikipedia aufgerufen. Munter kopierte er alles heraus, was er über den berühmten, in Kleinaltheim geborenen Künstler Friedrich Slanitzky finden konnte.

Ein paar Stunden später ließ sich Jürgen Brombacher zuhause erschöpft aufs Sofa fallen. Er zerrte sich die Krawatte vom Hals, die ihm seine Frau Helga aufgenötigt hatte und stöhnte:

»Oh Mann, das hättest du uns eine Woche bevor du in Rente gehst, nicht mehr antun müssen!«

»Tja, mein Chef hat gekniffen. Außerdem habe ich ja zusammen mit Frau Pohl die Finanzierung und das ganze Prozedere mit der Versicherung gemanagt. Da konnte ich nicht auch noch absagen.«

»Frau Pohl, ist das die Frau, mit der du dich so lang unterhalten hast?«

»Genau, die tut mir eigentlich leid. Sie macht die ganze Arbeit und leitet im Grunde das Museum, bleibt aber bescheiden im Abseits, während sich Werning im Glanz sonnt und die Lorbeeren einheimst. Allerdings hat sie sich in der letzten Zeit sehr verändert - so chic und zurechtgemacht wie heute, hab ich sie noch nie gesehen. Vielleicht hat sie neuerdings einen Verehrer.«

»Na ja, für das undefinierbare Gekleckse hat dieser Werning eine ganze Menge Lorbeeren eingeheimst - und eine Stange Geld ausgegeben! Für eine lila Leopardin, die man erst auf den dritten Blick und mit sehr viel Fantasie als Leopardin durchgehen lassen kann.«

»Jürgen Brombacher, du bist ein Banause. Das ist Kunst, auch wenn deine kleinliche Buchhalterseele das nicht erkennen kann.«

»Schon möglich. Meine Buchhalterseele ist nämlich gequält, angesichts der Kosten, die der Museumsumbau und all die neuen Sicherheits- und Alarmsysteme verursacht haben. Das ist Geld, das garantiert an anderen Ecken fehlt, und für das letztendlich wir Steuerzahler bluten müssen.«

»Die Münchener Pinakothek der Moderne hätte die Leopardin sonst niemals für drei Monate verliehen. Werning hielt es für eine Schande, dass das Stadtmuseum Kleinaltheim nur Kopien von Slanitzky ausstellen kann.«

»Als ob irgendjemand von all den Hanseln die heute so neunmalklug vor dem eingeglasten Kunstwerk standen, das Originalgekleckse von der Kopie unterscheiden könnte«, lästerte Jürgen, klappte die Fußstütze des Sofas auf und goss sich ein Bier ein.

Highway ins Verderben

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