Читать книгу Highway ins Verderben - Hildegard Grünthaler - Страница 15

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Die Müllabfuhr leerte die Papierkörbe meist erst gegen Mittag. Deshalb war morgens die beste Zeit. Weil sich bei mildem, trockenem Wetter spätabends viele Jugendliche in der Anlage herumtrieben. Weil sie die Flaschen, die sie sich am Abend zuvor im Einkaufszentrum gegenüber gekauft hatten, in die Abfallkörbe warfen. Manche ließen sie auch einfach auf den Bänken stehen, oder kickten sie achtlos ins Gebüsch. An solchen Tagen machte Erika Drechsler reichlich Beute. Waren ihre mitgebrachten Taschen gefüllt, tauschte sie die Schätze beim Discounter in klingende Münze oder benötigte Lebensmittel um. Es brachte zwar keine großen Beträge ein, aber das Sammeln von Pfandflaschen war trotzdem ein willkommenes Zubrot zu ihrer mageren Rente.

An sonnigen Tagen blieb sie auch gerne auf einer der Bänke am Rand der kleinen Anlage sitzen, beobachtete die Menschen, die Hektik der Berufstätigen. So viele, die morgens scheinbar keine Zeit hatten, um zuhause in Ruhe zu frühstücken. Sie bestellten sich beim Bäcker gegenüber eine Tasse Kaffee und ein Brötchen oder Hörnchen und blätterten dabei durch die Tageszeitung.

Wenn Erika Glück hatte, landete die dann außen im Papierkorb. So kam sie in den Genuss einer Zeitung, ohne dafür bezahlen zu müssen. Manchmal, wenn sie, so wie heute, sehr viel Glück hatte, war auch noch ein halbes Hörnchen dabei, das ohne schmutzig zu werden, auf dem Kleinaltheimer Tageblatt gelandet war.

Sie hatte das halbe Hörnchen noch nicht ganz aufgegessen, als ein silbergrauer Mercedes am Seitenstreifen gegenüber des Einkaufszentrums hielt. Ein gut gekleideter Mann im Anzug stieg aus. Er sah sich kurz um, ging schnurstracks auf den Papierkorb zu, ließ etwas kleines, schwarzes hineinfallen, kehrte schnellen Schrittes zum Auto zurück und fuhr weiter. Erika zögerte nicht lange. Pfandflasche war es zwar keine gewesen, die der seriös aussehende Herr da so eilig weggeworfen hatte, aber vielleicht konnte man es eintauschen oder es war sonst in irgendeiner Weise brauchbar.

Sie kannte sich zwar nicht aus damit, aber das kleine schwarze Ding war ein Handy, soviel wusste sie. Vermutlich war es kaputt, sonst hätte es der Mann, der ihr, wenn sie darüber nachdachte, irgendwie bekannt vorgekommen war, nicht weggeworfen. Wahrscheinlich hatte er sich ein neues gekauft, denn das Handy war ein altmodisches Teil mit Tasten, nicht so ein modernes Ding, auf dem die jungen Leute heutzutage pausenlos herumwischten.

Erika beschloss, es aufzuheben, bis ihre Freundin Elfriede aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Die kannte sich mit solchen Dingen eher aus. Elfriede hatte sich einen komplizierten Oberschenkelhalsbruch zugezogen. Ob sie nach ihrer Genesung noch die Treppen zu ihrer Altbauwohnung im dritten Stock hinaufsteigen konnte, stand in den Sternen. Sie hatten schon vorher beratschlagt, ob es nicht sinnvoll wäre, in Erikas Dreizimmer-Parterrewohnung zusammenzuziehen. Sie könnten sich dann die Miete teilen und Elfriede müsste keine Treppen mehr steigen. Einzig die Sache mit dem Fernsehprogramm war noch nicht geklärt. Erika sah am liebsten Liebesfilme und Herz-Schmerz-Serien, die die Freundin als Schmalz und Kitsch abtat, während bei Elfriede das Blut förmlich aus dem Fernseher tropfte. Sie schaute von früh bis spät nur Krimis und wenn es keine neuen gab, zog sie sich die Wiederholungen rein.

Erika beschloss, für heute Schluss zu machen. Sie konnte ja am Nachmittag ein zweites Mal die Abfallkörbe durchsuchen. Jetzt wollte sie erst zuhause in Ruhe die erbeutete Zeitung lesen und auch die alten, die sie aufgehoben hatte, noch einmal durchblättern.

Ihr war plötzlich eingefallen, warum ihr der Mann mit dem Mercedes so bekannt vorgekommen war.

Highway ins Verderben

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