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Einleitung Einführung in die Zielsetzung der Arbeit

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G. Greshake vergleicht in einem Aufsatz über den ‘Wandel der Erlösungsvorstellungen in der Theologiegeschichte’1 eine ‘griechisch-östliche’ mit einer ‘lateinisch-westlichen’ Erlösungsvorstellung. Die gegenüber der ‘dynamisch-prospektiven’ griechischen Soteriologie eher ‘statisch-retrospektive’ Soteriologie des lateinischen Westens2 sieht er dabei vor allem durch ein zweifaches Interesse gekennzeichnet: “es ist erstens die Frage nach der grundsätzlichen rechtlichen Bereinigung des Verhältnisses Gott-Mensch, dann aber zweitens auch die Frage nach dem Einzelnen, wie denn der Einzelne frei von Schuld und Sünde werde und in seinem konkreten Leben Gott zu dienen vermöge.”3 Dieses Doppelinteresse, das gleichermaßen die Wiederherstellung des zerstörten ‘ordo’ als auch die Freiheit des Menschen akzentuiert, spiegelt sich in einer gewandelten Gnadenkonzeption, in der sich nach Augustinus eine Differenz zwischen subjektiver und objektiver Erlösung wahrnehmen läßt.4 Als eine Folge des sich im Gnadenstreit des Augustinus mit den Pelagianern durchsetzenden Verständnisses der Gnade als ‘nachfolgende subjektiv-innerliche Applikation aus dem objektiven Heilswerk Christi’5 sieht Greshake die Gefahr einer ‘Verselbständigung von Gnadenlehre und Christologie’.6

Mit Greshake bestätigt auch Th. Pröpper den für die westliche Erlösungsauffassung charakteristischen, nur indirekten Zusammenhang von Erlösungswerk Christi und innerer Begnadung7: “Theologisch führte beides, die Verinnerlichung der Gnade und die Theorie der objektiven Versöhnung, zu einer Entzweiung von Christologie und Soteriologie, welche die erste um ihre Relevanz und die zweite um ihre christologische Bestimmtheit brachte”.8 In der Subjektivierung der Gnade, ihrer Bezuglosigkeit zur geschichtlichen Realität und in dem damit einhergehenden Relevanzverlust der Christologie sieht Pröpper zugleich auch schon die neuzeitliche Säkularisierung (und Moralisierung) der Soteriologie vorbereitet, in der “Jesus Christus zwar immer noch als Chiffre für ein bestimmtes Menschsein, aber nicht mehr als dessen Ermöglichung gilt”9.

Vor dem Hintergrund der Tendenz zur Entzweiung von Christologie und Gnadenlehre in der lateinisch-westlichen Tradition drängt sich die Frage nach dem grundsätzlichen Verhältnis von Gnadenlehre und Christologie auf. Wo aber liegt der Vermittlungspunkt zwischen subjektiver und objektiver Erlösungslehre?

In Hinblick auf die soteriologischen Entwürfe und Lösungsversuche der Tradition läßt die Aussage Greshakes aufmerken, daß die oben genannte Tendenz des Auseinanderdriftens von Gnadenlehre und Christologie hinsichtlich der Theologie des Thomas von Aquin nur eine relative Berechtigung zu haben scheint.10 Sosehr diese unter anderem aufgrund der Arbeiten H. Kesslers11 und M. Secklers12 gewonnene Einsicht Greshakes von der Thomas-Literatur bestätigt wird, muß es bei näherem Hinblick auf den Forschungsstand zur Theologie des Thomas verwundern, daß sich zwar zu den genannten Traktaten (Gnaden-, Tugendlehre und Christologie) der Theologie des Aquinaten zahlreiche und ausführliche Einzeluntersuchungen finden, daß jedoch eine eigenständige Untersuchung, die sich um das Verhältnis von Gnaden-, Tugendlehre und Christologie bemüht, noch aussteht.

Wie aber lassen sich z.B. folgende, wohl auch von der bisherigen Thomas-Literatur referierten Zentralaussagen des Thomas verstehen und interpretieren (und zeitgemäß einem an der Theologie interessierten Leserkreis vermitteln), daß ‘alle Gnade immer auch Gnade Christi ist’, daß ‘es Christus ist, durch den die Gnade des dreieinigen Gottes vermittelt ist’13 und daß ‘allein die »fides Christi« die Gnade zu bewirken vermag’14?

Das Fehlen einer sich um diese Fragen bemühenden Studie ist jedoch nicht nur im Blick auf die Soteriologie des Thomas bedauerlich; zum einen, weil sich von einer vergleichenden Untersuchung von Gnadenlehre und Christologie weiterführende Einsichten für die Interpretation der thomanischen Theologie insgesamt ergeben (und ergeben müssen); zum anderen, weil es gerade in der heutigen Zeit immer schwerer wird, die christologische Bestimmtheit der Gnade (und des mit diesem Begriff Gemeinten) und die soteriologische Relevanz der Christologie angemessen zur Sprache zu bringen. Vor diesem Problemhintergrund möchte die vorliegende Studie ihren Beitrag zur Beantwortung der Frage leisten, ob und wie Thomas von Aquin die genannten Engführungen vermeidet; warum und in welcher Weise er Gnadenlehre und Christologie aufeinander bezogen sieht.

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