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14 – Jay

Schweigend verlassen wir das Haus, in dem ich Sunday durch alle Instanzen der Gefühlswelt gejagt habe: Von ihrer anfänglichen Befangenheit über erwartungsvolle Erregung, Neugier, ja, auch Angst, bis hin zum befreienden Höhepunkt.

Eigentlich hatte ich geplant, mit ihr noch einen Drink an der Bar zu nehmen, aber das habe ich mir geschenkt. Jetzt will ich sie nur noch in meinen Armen halten. Sie soll neben mir im Bett einschlafen und morgen früh neben mir aufwachen. Dieses Mal wird es in meinem Bett sein, in meinem Schlafzimmer, in meinem Haus. Es wird Zeit, die Spielchen zu beenden.

Restlos entspannt sitzt Sunday neben mir im Wagen, hat den Kopf zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Habe ich ihr zu viel zugemutet? Ich musste es wissen und es gab nur eine Möglichkeit, es herauszufinden. Als ich meine Hand zwischen ihre Schenkel geschoben habe, war ich mir sicher, dass sie die Session genauso erregt hat wie mich. Trotzdem war ich nicht mehr bereit dazu, Sunday am eigenen Leib erfahren zu lassen, was es heißt, sich einem Mann zu unterwerfen. Der Gedanke daran, sie zu demütigen, hat mich regelrecht abgetörnt. Ich wollte sie, aber nicht mehr auf die Weise, wie ich sonst eine Frau nehme.

Ich biege von der Küstenstraße auf den Highway Richtung Boston ab. Im Wagen ist es angenehm warm. Noch eine halbe Stunde Fahrt, dann werde ich ihr Schritt für Schritt mein Leben offenbaren. Sunday ist genau die Frau, die ich brauche, nach der ich mich immer gesehnt habe. Nur meinen Namen, den kann ich ihr noch nicht verraten. Erst muss ich sicher sein, dass sie mehr für mich empfindet. Und wenn es nur die Hälfte von dem ist, was ich für sie empfinde, ist es immer noch mehr als genug.

»Jay?«, durchdringt ihre sanfte Stimme die Stille. »Danke«, haucht sie mir zu.

»Wofür?«

»Für den Abend. Dafür, dass du mir deine Welt gezeigt hast. Auch wenn es nur ansatzweise war.«

»Ich hatte schon Bedenken, dass es dir zu viel wird.«

»Am Anfang war es das auch. Aber dann ...«

»Dann hat es dich erregt?«

»Ja, das hat es. Werden wir das wiederholen?«

»Das und viele andere Dinge«, verspreche ich ihr. Endlich kommen die Lichter von Boston in Sicht, aber auch meine Unruhe nimmt mit jeder Meile, die wir meinem Leben entgegensteuern, zu.

»Hier wohnst du?«, fragt sie überrascht, als wir an meinem Haus ankommen.

Die Gegend, in der ich lebe, ist eine der besten. Die Häuser, die hier stehen, sind exorbitant teuer und Sunday weiß das ganz genau. Ich war selbst überrascht, als mein Freund mir von seinem Vor-Ort-Termin mit ihr erzählt hat. Sie hat ihm Dinge über das Haus offenbart, die selbst mir neu waren. Sunday ist eine großartige Immobilienmaklerin. Sie ist nicht aufdringlich, aber bestens informiert, und sie strahlt Professionalität aus.

»Du musst ganz gut verdienen, um dir diese Gegend hier leisten zu können«, bemerkt sie.

»Ich habe das Haus geerbt«, beschönige ich, was nicht mal ganz gelogen ist. Dann fahren wir die Garagenauffahrt hoch. Die Scheinwerfer strahlen das große Hoftor mit dem Messingschild und meinen Initialen an.

»J. E.«, spricht Sunday die beiden Buchstaben aus. »Was bedeutet das?«

»Jay Evans«, lüge ich so ganz nebenbei.

Zumindest hat der Name wirklich eine Bedeutung in meinem Leben. Meine Mutter hieß so, bevor sie meinen Vater heiratete. Von ihr habe ich auch das Haus bekommen. Jetzt lebt sie mit ihrem vierten Mann unten in Texas und genießt das Leben als Lady eines Ölbarons, während mein Vater sich ganz der Wissenschaft verschrieben hat und in der Tropenmedizin in Afrika tätig ist.

»Okay, war doch gar nicht so schwer«, stellt Sunday fest.

Ich zucke die Achseln und fühle mich überhaupt nicht wohl in meiner Haut, sie so hintergangen und belogen zu haben. Von einem schändlichen Gefühl verfolgt, parke ich den Wagen in der Garage, steige aus und öffne Sunday die Tür.

»Wir können direkt von hier ins Haus«, sage ich zu ihr, und deute auf eine Tür, die ins Haus führt.

»Praktisch«, bemerkt sie nur und folgt mir.

Als ich die Tür öffne, erklingt Hundegebell. Charly hat uns natürlich gehört, er kommt die Treppe runter und begrüßt erst mich hüpfend und freudig mit dem Schwanz wedelnd, bevor er sich Sunday zuwendet, die sofort in die Hocke geht, ihm den Kopf krault und selbst seine Schnauze in ihrem Gesicht akzeptiert.

»Wer bist du denn?«, fragt sie den Hund erfreut, der sie genauso wie ich sofort in sein Herz geschlossen hat.

»Das ist Charly, mein Rhodesier«, stelle ich ihn vor. »Und er hat die sturmfreie Bude wieder schamlos ausgenutzt und in meinem Bett gelegen«, sage ich kopfschüttelnd.

»Ich mag ihn.«

Das kann ich sehen. Die beiden scheinen sich sofort sympathisch zu sein. Noch ein Punkt, in dem wir genau übereinstimmen: Sie hat genau wie ich einen Narren an Hunden gefressen.

Charly kann gar nicht genug von ihr bekommen und springt sie jetzt an, dabei fiept er freudig. Ich rufe ihn streng zur Ordnung, aber Sunday wirft mir nur einen warnenden Blick zu.

»Das macht mir nichts. Ich liebe Hunde und Charly mag ich besonders.«

Dann tollt sie kurz mit ihm durch den Flur. Gerade im Auto war sie noch müde und total erschöpft und jetzt hat sie nichts Besseres zu tun, als mitten in der Nacht mit meinem Hund zu spielen. Ich bin fast ein wenig eifersüchtig auf meinen kleinen Freund, der ihr Herz im Sturm erobert hat. Ich hoffe, dass ich das auch noch kann, sobald sie meine wahre Identität kennt. Plötzlich merke ich, dass ich unwahrscheinlich hungrig bin und auch Sunday seit Stunden nichts gegessen hat.

»Hast du Hunger?«, rufe ich ihr zu.

Sie ist mit Charly im Wohnzimmer angekommen und wirft eines seiner Quietschetiere quer durch den Raum. Ich bleibe an der Tür stehen, lehne mich an den Türrahmen und beobachte die beiden. Sunday ist die erste Frau, die sich für Charly interessiert. Alle meine Partnerinnen haben nur angeekelt die Nase gerümpft, wenn ihnen der Hund mit seiner feuchten Schnauze zu nahe kam.

Mittlerweile sitzt sie auf dem Sofa. Eigentlich liegt sie mehr darauf, während Charly versucht, ihr sein Spielzeug abzunehmen. Die beiden haben Spaß und das freut mich.

»Ja, ich sterbe vor Hunger«, ruft sie mir an Charly vorbei zu.

»Dein Magen hat bereits im Auto verdächtig geknurrt.«

»Das hast du bemerkt?«

»Aber sicher. Okay, ich schaue mal, was der Kühlschrank zu bieten hat.«

»Soll ich dir helfen?«

Ich drehe mich um und kann nur schmunzelnd den Kopf schütteln. Charly wird sie nicht gehen lassen, das sehe ich.

»Nein, nein, lass nur. Charly würde dir nie verzeihen, wenn du das Spiel beendest, bevor er fix und fertig am Boden liegt.« Etwas, das Stunden dauern kann, setze ich in Gedanken noch hinzu.

Sundays Lachen dringt noch zu mir, als ich die Küche betrete. Ich öffne den Kühlschrank. Da gestern Margaritas Einkaufstag war, ist er bestens befüllt mit allen Dingen, die ich gerne esse.

»Was hältst du von einem Sandwich?«, rufe ich ins Wohnzimmer. Sunday kommt mit Charly im Schlepptau in die Küche. Sie ist völlig aus der Puste, ihre Haare haben sich aus ihrem Zopf gelöst und ihre Wangen wirken erhitzt.

»Dein Hund ist unersättlich«, wirft sie mir vor.

»Genauso wie sein Herrchen. Da steht er mir in nichts nach«, flüstere ich ihr ins Ohr und ziehe sie an meine Seite, während ich an ihrem Ohrläppchen knabbere, was sie sofort wieder zum Kichern bringt.

»Hör auf, Jay, ich bin kitzlig«, beschwört sie mich, aber ich denke gar nicht daran, aufzuhören, bis sie mich energisch von sich schiebt. Charly trottet in die Küche und macht sich über seinen Wassernapf her, dann legt er sich auf sein Kissen, das neben der Küchentheke liegt, und schaut zu uns hoch.

»Ich dachte, wir wollten was essen«, versucht sie jetzt, meine Annäherungsversuche abzuwehren.

»Ich bin auch hungrig, aber mehr auf dich.«

»Du kannst schon wieder?«

Grinsend ziehe ich sie an meine Seite, hebe sie hoch und setze sie auf die Kücheninsel, dann schiebe ich ihre Beine auseinander und zwänge mich dazwischen. Ihr kurzer Lederrock rutscht ihr dabei bis zu den Hüften hoch. Meine Hände finden sofort den Weg zu ihren Nippeln, die sich bei meiner Berührung steil nach oben aufrichten.

»Was ist denn das für eine Frage? Selbstverständlich«, verspreche ich ihr.

»So selbstverständlich ist das nicht bei einem Mann.«

»Dann warst du definitiv mit den falschen Männern zusammen.«

»Das wäre möglich.«

»Also, was ist jetzt mit essen? Ich will dich endlich oben in meinem Schlafzimmer sehen«, dränge ich sie.

»Ach, jetzt bin ich schuld daran, dass du nichts zu essen bekommst?«, stößt sie entrüstet aus. »Wer kann denn seine Finger nicht von mir lassen?«

»Warte nur, bis wir oben sind«, warne ich sie liebevoll und streiche mit den Fingern über ihre Oberschenkel.

Da Sunday schrecklich kitzlig ist, geht mir ein Gedanke nicht mehr aus dem Sinn. Bis jetzt habe ich diese Praktik noch bei keiner Frau ausprobiert, Sunday wird die Erste sein. Erst einmal werde ich jedoch dafür sorgen, dass ihr Magenknurren aufhört.

»Meine Reuben-Sandwiches sind die besten. Nicht mal in New York findest du einen Laden, der sie besser macht«, verspreche ich ihr.

»Mit Sauerkraut und Pastrami?«

Ich nicke. »Und Corned Beef, wenn du magst.«

»Mmm! Woher weißt du, dass ich auf diese Dinger total abfahre? Du bist ein Gott«, schwärmt sie.

»So weit würde ich nicht gehen«, ziehe ich sie auf.

»Eingebildet bist du wohl überhaupt nicht?«

»Ich weiß, was ich will, und das bist du. Gibst du mir mal den Senf aus dem Kühlschrank?«

Sie lässt sich von der Arbeitsplatte gleiten, zieht ihren Rock wieder nach unten und öffnet den Kühlschrank, während ich das Brot in den Toaster stecke. Charly steht schwanzwedelnd neben ihr und wirft ebenfalls einen Blick Richtung Kühlschrank. Dabei gibt er ein leises Bellen von sich, um auf sich aufmerksam zu machen. Hey, ich bin auch noch da!

»Charly, vergiss es«, warne ich ihn, als Sunday schon zum Schinken greifen will.

»Nur eine kleine Scheibe«, versucht sie, mich zu überreden.

»Schau dir diesen Hund an. Jetzt hat er nicht nur meine Haushälterin auf seine Seite gezogen, sondern auch dich.« Sunday wirft mir einen Blick zu, der Charlys in nichts nachsteht.

»Also gut, aber nur eine Scheibe von dem Schinken.«

Jetzt nimmt sie die Packung aus dem Kühlschrank, schneidet eine Scheibe von dem verdammt teuren Fleisch in lange Streifen und füttert Charly damit. Ich würde sagen, er hat sie vollkommen in der Hand.

»Du hast eine Haushälterin?«, fragt sie dabei.

Ich nicke und mir wird bewusst, wie gefährlich das Spiel werden kann, je mehr ich Sunday von meinem Leben preisgebe. Wie lange kann ich meine Fassade noch aufrechterhalten, die gefährlich zu bröckeln anfängt? Ich befinde mich ganz knapp auf der Kippe; bald wird mein Kartenhaus zusammenbrechen.

»Die kann ich mir gerade noch leisten«, versuche ich, mein komfortables Leben herunter zu spielen.

»Welchen Beruf hattest du, bevor du den Club gekauft hast?«, will sie jetzt von mir wissen. Dabei beobachtet sie mich ganz genau.

»Ich war Makler.«

»In welcher Branche?«

»Investment. Ich konnte einige gute Investitionen tätigen.«

Die Antwort scheint sie zu befriedigen. »Hätte ich dir gar nicht zugetraut.«

»Warum nicht?«

»Du wirkst nicht wie ein Broker.«

»Vielleicht, weil ich mich in bestimmten Rollen nicht besonders wohlfühle.« Wie gerade in dieser. Ich sollte schnellstens das Thema wechseln. »Willst du mir helfen?«

»Gerne«

Wir sind ein perfektes Team. Ich bestreiche die Brote mit allem, was dazu gehört, und Sunday schneidet die Zutaten klein. Nach zehn Minuten sind die Sandwiches fertig und Sunday beißt hungrig hinein, dabei spritzt etwas von der Mayonnaise heraus und läuft an ihrem Mundwinkel runter. Das wirkt bei ihr einfach nur erotisch. Ich halte in meiner Bewegung inne und muss sie wie hypnotisiert anschauen. Jetzt wendet sie mir das Gesicht zu, wobei sich ihre Hand im Reflex an ihren Mundwinkel hebt, um die Mayonnaise wegzuwischen.

»Nein, nicht«, halte ich sie zurück. Fragend schaut sie mich an. »Weißt du, dass du unbeschreiblich sexy bist?«

Jetzt kaut sie weiter und schluckt den letzten Rest des Toasts herunter.

»Was soll daran erotisch sein?«, fragt sie kopfschüttelnd und wieder muss sie kichern.

Ich liebe es, dass sie über sich selbst lachen kann. Sie wirkt so ungezwungen und glücklich. Ich beuge mich zu ihr nach vorne und küsse die weiße Creme von ihren Lippen. Doch wenn ich dachte, dass es bei diesem zärtlichen Kuss bleiben würde, habe ich mich getäuscht, denn jetzt legt Sunday ihre Arme um meinen Hals und zieht mich näher an sich.

»Ich will dich«, flüstert sie, während ich schon mit meinen Lippen ihren Hals liebkose, was sie wieder zum Kichern bringt. Sie ist wirklich schrecklich kitzelig. Umso weniger kann ich es abwarten, sie zu verführen.

Boston Bad Boys (Sammelband)

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