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Sechs
ОглавлениеKarin empfing die Redakteure Olaf Franz und Heinz Grünbaum vom Magazin „Streitlust“. Ihr Pressesprecher Konrad Bode sondierte die Thematik. Er fragte ganz offen:
„Worauf läuft das Gespräch hinaus? Was wollen Sie wissen?“
Olaf Franz, ein etwa 50-jähriger, schlanker, grauhaariger Marathontyp mit tiefen Falten in der Stirnregion, übernahm nach einem kurzen Abnicken mit seinem Kollegen die Antwort:
„Es geht um den Kongo. Wenn die Bundeswehr dort interveniert, leitet die Ministerin damit eine Strategie ein, die sehr wahrscheinlich von der Kanzlerin nicht geteilt wird. Es ist also eine Provokation.“ Er schluckte und schaute etwas verunsichert in die Runde, weil die Ministerin ihren abstrafenden Oberlehrerblick auf ihn richtete. Doch Bode hakte nach:
„Ist das alles? Sie wollen nichts darüber wissen, inwiefern die Ministerin dabei vor allem eines im Sinn hat: Sie will das Abschlachten tausender Unschuldiger beenden, die Manipulationen mit dem Tantalpreis unterbinden und dort unten endlich Frieden schaffen?“
Nun stoppte Heinz Grünbaum seine Kritzelein auf dem Block vor ihm, setzte ein breites Lächeln auf und kommentierte:
„Frieden? Frieden? Was ist daran friedlich, wenn wir dort einmarschieren? Wie kann man Frieden mit Panzern schaffen? Ist das nicht die alte Leier? Mir scheint, es ist ein Rückschritt. Nach unseren Informationen wird das kein Spaziergang. Diese Terroristen sind den meisten deutschen Soldaten an Kampferfahrung und Ausrüstung klar überlegen. “
Karin kannte Grünbaum schon aus den Zeiten der Neue-Welt-Bewegung. Weil er nur manchmal realistische Vorstellungen hatte und zum Recherchieren zu faul war oder in die Themen nicht tief genug eindrang, kam es häufig zu Mißverständnissen. Die Folge davon waren Verdrehungen, Unterstellungen und Spekulationen. Ob linke oder rechte Politiker, sie hüteten sich alle vor ihm. Aus diesem Grunde wollte Karin gerade jetzt kein Risiko eingehen. Grünbaum war auf Ärger aus. Er wollte Krawall zwischen ihr und Ruth erzeugen. Nein, dabei wollte sie nicht mitwirken. Sie erhob sich und stellte klar:
„Wenn das Ihre Position ist, dann brauchen sie mich ja nicht mehr. Schreiben Sie, was Sie denken. Ich will Ihre wertvolle Zeit nicht verschwenden. Vielen Dank, daß Sie sich hierher bemüht haben.“ Dann verließ das Zimmer.
Die beiden Redakteure von „Streitlust“ waren empört und doch wieder nicht. Olaf Franz, der mit Bode einst in der Redaktion der „taz“ gearbeitet hatte, kommentierte unerbittlich: „Der Ministerin paßt das also nicht. Diskutieren will sie auch nicht. Hat sie was zu verbergen? Gibt es Ärger mit der Kanzlerin?“
Bode antwortete: „Ich möchte Ihnen keine Vorschriften machen, wie man ein Interview führt. Aber meinen Sie nicht, daß Sie ziemlich brutal mit der Tür ins Haus gefallen sind?“
Grünbaum reagierte sauer: „Sie haben uns aufgefordert, zu sagen, worum es geht, das haben wir getan. Der Ministerin paßte das nicht. Ja, es schien uns, als wäre sie noch nicht eingearbeitet, als hätte sie übereilig und unüberlegt eine Entscheidung getroffen, und nun muß sie möglicherweise den Rückzug antreten, sofern die Kanzlerin sich dagegenstellt. Also – was ist das? Ein grandioser Fehlstart. Ich habe mich ohnehin schon gefragt, ob Frau Hausner die geeignete Person für den schwierigsten Job in der Regierung ist.“
Bode erkannte, die beiden würden morgen einen Artikel veröffentlichen, der es in sich hat. Ändern konnte er das sowieso nicht. Also reichte er ihnen die Hand und verabschiedete die beiden mit den Worten:
„Wenn es noch Fragen gibt – ich stehe gern zur Verfügung.“