Читать книгу Vertraue niemandem - Horst Buchwald - Страница 16
Elf
ОглавлениеHans hatte sich am Bahnhof Zoo mit seinem Taxi eingereiht. Es ging wieder mal nur träge voran. 21 Taxis standen noch vor ihm. Er hatte also mindestens eine Stunde Wartezeit und das gab ihm die Möglichkeit, in Ruhe nachzudenken. Wie sollte es mit Lisa weitergehen? Was könnte er unternehmen, damit Karin sich intensiver mit seinen Visionen befaßte? Es entwickelte sich eine chaotische Tagträumerei, bei der ihm plötzlich bewußt wurde, daß er Karin und Lisa miteinander verglich. Sie waren sich durchaus ähnlich. Rauhe Oberfläche, so gut wie unnahbar. Aber wenn sie erst einmal Zutrauen gefunden hatten, bröckelte der dick aufgetragene Kunstlack ab und ihr wirkliches Ich wurde bloßgelegt. Plötzlich waren sie pure Leidenschaft. Und nachdem das Feuer eine Weile lichterloh brannte, wurde es rasch gelöscht und frischer Lack aufgetragen und die Schotten wurden wieder dichtgemacht. Schon seltsam – die Evolution hat es doch so eingerichtet, daß es keine zwei gleichen Lebewesen gibt – schon gar nicht Menschen. Aber Lisa und Karin hatten nun mal überraschend viele Ähnlichkeiten.
Hans spürte, daß sein Magen knurrte. Zu wenig gefrühstückt. Er scherte aus der Warteschlange aus, fuhr in die Seitenstraße, parkte dort ein und ging ins „Ganymed“. Hier war der Kaffee stark und schwarz und es gab Vollkornbrot mit Schinken und Käse – genau das, was ihm fehlte. Er nahm seinen letzten Schluck Kaffee und wollte gerade an die Theke gehen und zahlen, als er am Nebentisch einen Zweimetermann mit Vollbart entdeckte. Das war Max Scheel, der frühere Sprecher der Linken in der Neue-Welt-Bewegung. Hatte er ihn nicht erkannt, als er sich neben ihn setzte? Max war vollständig in seine Zeitung vertieft. Mit seiner Intellektuellenbrille, die er früher nie trug, wirkte er wie ein Professor, der gerade eine Vorlesung in der Uni abhielt.
„Hallo Max!“, begrüßte ihn Hans und legte seine Hand auf dessen Schulter. Max schaute erstaunt auf, er überlegte und dann erkannte er ihn.
„Positive … nein, äußerst positive Überraschung.Ich habe gerade an dich gedacht … weil … ich das hier gelesen habe.“
Er reichte Hans die Zeitung. Es war ein Bericht über Karins Aufstieg und ihre Interventionspläne in Afrika. Hans nickte. Wollte das aber nicht kommentieren. Max beobachtete seine Reaktionen und meinte dann:
„Was ist aus deiner ehemaligen Frau bloß geworden? Sie war ja immer schon sehr ehrgeizig, aber jetzt steuert sie mit Riesenschritten auf den Kanzlerthron zu.“
„Langsam, langsam. Zum Glück ist die Kanzlerin noch da. Die wird ihren Posten nicht räumen.“
„Aber was Karin Hausner da plant, ist doch kaum zu kontrollieren. Wenn ich mich recht entsinne, haben Europäer bisher jedes militärische Engagement in Afrika mittel- oder langfristig bereut. Es hat viel Geld gekostet und nichts gebracht. Afrika ist wahrscheinlich nie kontrollierbar.“
„Leider ist unsere Bewegung ziemlich zerbröselt. Vor zwei Jahren hätten wir sie gestoppt.“
„Klar, wir müssen sie auch jetzt stoppen. Aber wie?“
„Darüber sollten wir ein anderes Mal ausführlich diskutieren, wenn du Interesse hast? Ich muß wieder los – Geld verdienen.“
„Warum nicht? Gern sogar.“
Kolbe gab ihm seine Visitenkarte. „Ruf mich an, wenn du mal Zeit hast. Ich habe mich schon mal bemüht, direkt an sie ranzukommen. Das werde ich auch weiterhin versuchen.“
Max kniff die Augen zusammen: „Sehr interessant. Ich melde mich dann mal.“