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Achtzehn
ОглавлениеKarin hatte mit ihrem Staatssekretär bis morgens um vier das Interview vorbereitet. Ihr Pressesprecher Hans Bode wartete bereits mit dem Redakteur Herbert Holzhausen im Pressezimmer. Als sie eintrat, erhob er sich und begrüßte sie herzlich. Karin spürt sofort, daß dies der richtige Mann war. Er stand vorbehaltlos auf ihrer Seite.
„Bevor es losgeht“, begann Bode, „möchte ich Ihnen mitteilen, daß die Ministerin heute eine Erklärung herausgeben wird. Es scheint mir sinnvoll, wenn Sie sich das Papier erst einmal durchlesen und danach das Interview beginnen.“
Doch Holzhausen hatte sich das etwas anders vorgestellt. „Unsere Leser, ja, überhaupt die Deutschen, wollen vor allem wissen, wer in diesem Machtkampf siegt und ob Frau Hausner Kanzlerin werden will.“
Bevor der Pressesprecher antwortete, legte Karin ihm eine Hand auf den Arm und erklärte Holzhausen:
„Ich verstehe Ihre Position vollkommen. Aber so weit ist es noch lange nicht. Das Wort Machtkampf ist aus meiner Sicht fehl am Platz. Ich habe eine Position, die Kanzlerin hat verlangt, daß ich sie präzisiere. Das ist ihr Recht, denn sie bestimmt die Richtlinien der Politik. Und nun findet zu diesem Thema zunächst die Kabinettsklausur statt. Sie wird ein Ergebnis haben. Ich hoffe sehr, daß meine Position im Kabinett und natürlich auch in der Partei eine klare Mehrheit findet. Solche Vorgänge sind in einer Demokratie völlig normal. Zugegeben: Es ist in den letzten Tagen alles sehr schnell gegangen. Ob nach der Klausur irgendjemand personelle Konsequenzen ziehen wird, kann niemand beantworten. Es wäre darum auch fehl am Platz, wenn ich jetzt zu dieser Frage Stellung beziehe. Darum mein Vorschlag: Sie erhalten meine Erklärung exklusiv schon jetzt, also einige Stunden, bevor die übrigen Medien sie sehen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie nach Kenntnisnahme der Erklärung darauf das Interview aufbauen würden.“
Holzhausen trollte sich, nahm das Papier und las die anderthalb Seiten. Zwischendurch machte er sich einige Notizen und sagte dann: „Ihre Zeit ist knapp, darum will ich sie nicht verschwenden, ich habe fünf Fragen.“
Das Interview begann:
„Frau Außenministerin, Sie wollen mit Hilfe einer Elitetruppe der Bundeswehr die Terroristen in Kongo vertreiben, damit dem Morden ein Ende bereiten und die Versorgung mit dem strategischen Rohstoff Tantal zu marktüblichen Preisen gewährleisten. Dabei gibt es verschiedene Risiken – beginnen wir mit den militärischen. Ist die deutsche Truppe in der Lage, die Terroristen zu besiegen?“
„Ja, die Terroristen besitzen weder die Feuerkraft noch die Erfahrung unserer Spezialisten. Mir liegt ein Gutachten unserer Bundeswehrgeneräle vor. Das Fazit: Sie werden etwa einen Monat dafür benötigen, um die Terroristen zu schlagen.“
„Wenn Sie von Feuerkraft sprechen, was meinen Sie?“
„Das bleibt vorerst geheim. Aber wir werden mit den effektivsten Waffen antreten, über die wir derzeit verfügen.“
„Können Sie die Kosten für diese Intervention benennen?“
„Es entstehen nur Kosten aus der direkten militärischen Auseinandersetzung. Sie werden etwa eine halbe Milliarde Euro betragen. Wir müssen jedoch auch bedenken, welche Gewinne wir durch den Sieg erzielen. Diese ergeben sich zunächst daraus, daß unsere Unternehmen nicht mehr die durch Spekulation und Manipulation extrem hohen Preise für Tantal zahlen müssen, sondern einen Marktpreis. Wir rechnen damit, daß die Preise um etwa 60 Prozent fallen werden. Die deutschen Unternehmen sparen somit pro Jahr etwa fünf bis acht Milliarden Euro. Außerdem hat die Regierung des Kongo angekündigt, daß deutsche Unternehmen im Kongo den gesamten Infrastrukturausbau übernehmen sollen. Das bedeutet vor allem Straßen- und Eisenbahnbau, Stromleitungen und Telekommunikation. Die daraus entstehenden Gewinne schätzen unsere Ökonomen auf über 100 Milliarden Euro.“
„So positiv sich das anhört – Sie müssen sich das nach dem Willen der Kanzlerin morgen in einer Klausur genehmigen lassen. Offensichtlich mißtraut Ihnen die Kanzlerin?“
„Wenn das so ist und sie sich gegen meine Pläne wendet, dann kann ich nur feststellen: Ihre Motive für eine derartige Entscheidung kann ich nicht nachvollziehen. Aber sie bestimmt die Richtlinien der Politik.“
„Wie werden Sie reagieren, wenn Sie bei der Abstimmung keine Mehrheit erhalten?“
„Daran denke ich überhaupt nicht, denn ich kann mir nicht vorstellen, daß ich für meine Position keine Mehrheit erhalte. Die Begründung habe ich bereits zu den ersten beiden Fragen gegeben.“