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Historische Geschichten aus Rissen

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Der Name: Rissen

Hebt das lautmalende Wort Rissen den Klang der Vorzeit auf, als der Wind aus dem Elbtal den Sand über die weißen Berge von Wittenbergen, die Heide von Tinsdal, die Felder und die noch unbewaldeten Dünen trug, und der Sand ein ums andere Mal den Rissener Bauern das reifende Getreide zerschlug? Rissen – Rieseln des Sandes?

Die in allen Sprech- und Schreibvarianten – Risne – Rysten – Rissen – erscheinende Stammsilbe ris steht im Althochdeutschen für Sumpf, Moor, sie verweist auf Ried, Reet, Schilfrohr, auf das Schwankende, sich Schüttelnde. Dänisch ryste ist mit schütteln, zittern zu übersetzen; lateinisch ruscus ist die Binse. Manche Sprachforscher interpretieren ris als Reisig, Buschwerk. Die Endsilbe -sen steht für ein verkürztes -husen. Rissen: das Moordorf oder die Häuser im Busch.

Wenn man sich an der Innenseite der Sprache entlang zurückphantasiert, dann entsteht auf ganz eindringliche Weise ein Bilderbogen der Rissener Landschaft und Naturgeschichte.

Was der Name Rissen anklingen lässt, vernehmen wir auch im Namen Tinsdal (tin – Moor, dalle – feuchte Kuhle – oder am Endes des Tals) und wiederholt sich als Echo in den alten Familien- und Straßennamen: Brunkhorst – der im Moorgehölz lebt; Timmermann – der Mann aus dem Moorland, Ladiges – lad / Schmutzwasser.

Man wohnte am Lüttmoor, in der Racketwiete (racke – Schmutzwasser), in der Brünschentwiete (Röhricht), im Garrelweg (Sumpf), im Wateweg (Sumpf) oder Achtern Sand oder in der Grot Sahl (Sahl sumpfiges Gelände) und begab sich durch die Heide von Tinsdal zu den witten Bergen an der Elbe.

Die Sprache hebt die Szenerie vergangener Zeiten auf. Rissen mit seinen Geschwistern Tinsdal und Wittenbergen startet als Ensemble von Bauerhöfen zwischen Elbe, Elbhochufer, Heide, Dünen und Moore.

Taufurkunde: 1255

Mit der ersten urkundlichen Erwähnung von 1255 betritt Rissen die Weltbühne der Geschichte und Geschichten. Für die Zeitgenossen und die Nachwelt wird festgehalten, dass die Schauenburger Grafen Gerhard und Johann von Holstein den „gantzen Zehnten“ der abgabepflichtigen Erträge von Rissen, Tinsdal, Holm und Spitzerdorf an das Domkapitel in Hamburg und das Kloster Harvestehude, in dem die Mutter der Grafen zu diesem Zeitpunkt bereits lebte, „zu ewigem Besitz“ überschreiben.

Das Zisterzienser-Nonnen-Kloster Harvestehude ist 1245 von der Gräfin Heilwig gegründet worden; 1295 erfolgte die Umsiedlung der Nonnen von dem ursprünglichen Standort nahe der Elbe (heutiges Altona) ins Jungfrauenthal.

Es soll jetzt und in Zukunft bekannt sein, dass wir (Johann und Gerhard von Holstein), die wir uns ueber die zuverlaessige Treue unseres getreuen Herrn Friedrich von Haselthorpe freuen, die ihm deutlich bei allen gerechten und vernünftigen Dingen hoeren wollen, alle unsere Rechte, die er bei seinen Guetern, die er aus unseren Haenden als Lehen hatte und die entweder uns oder unseren Erben gehoerten, zu seinem Gutduenken und seinem Wohlgefallen dem Herrn Friedrich und seiner gluecklichen Jungfrau Marie in Hamborch (Kloster Harvestehude) zu ewigem Besitz uebertragen haben.

Das sind folgende Besitzttuemer: die Haelfte des Zehnten in Ostersteinbeck und Steinbeck, Boberg, Hanevalle, den ganzen Zehnten in Spitzerdorf in Trockenheit und Sumpf, den ganzen Zehnten in Rissen, ebenso in Tinsdahl und der ganzen Ortschaft Holm mit dem Zehnten und den Menschen, die dort wohnten.

Der Vater der Holsteiner Grafen Adolf IV. von Schauenburg, Gründer von Kiel und Itzehoe, hatte 1227 in der Schlacht von Bornhöved mit einem Koalitionsheer die Grafschaft Holstein von dem Dänenkönig Waldemar zurückerobert und ist dann seinem Gelübde gemäß nach der siegreichen Schlacht und der Teilnahme an einem Kreuzzug in Livland 1239 in das Franziskanerkloster Maria-Magdalenen in Hamburg eingetreten.


1244 wird er in Rom zum Priester geweiht, 1261 verstirbt er im Kieler Franziskanerkloster.

Vor dem Klostergarten des Kieler Klosters steht ihm zur Erinnerung heute eine Bronzeplastik, die seine Wandlung vom Ritter zum Bettelmönch zeigt.


Graf Adolf IV. – Aufbahrung – Museum für hamburgische Geschichte

Eine Verkaufsurkunde: 1348

Am 8. September 1348 weist eine zweite Urkunde aus, dass Graf Adolf VII. von Holstein und Schauenburg die Rechte am Dorf Rissen für 100 Mark mit Rückkaufsrecht an das Harvestehuder Kloster verkauft – „villam nostram dictam Rysene pro centis marcis Hamburgensium denariorum“.

100 Mark klingen in unseren Ohren nach einem Schnäppchen, aber das trifft nicht zu. Für 100 Mark konnte man zu jener Zeit ungefähr 25 Ochsen oder 12 Wirtschaftspferde oder 160 Mäntel erwerben.

Für 200 Jahre schweigt dann die Überlieferung. Erst Steuerlisten, Gerichtsnotizen, erste Landkarten und ein Tafelbild aus dem 15. und 16. Jahrhundert werden es erlauben, ein kräftigeres Bild vom Alltagsleben des Dorfes Rissen zu zeichnen.

Geschichte des Elbdorfes Rissen

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