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Anfang August 2015 - USA: Charlotte - Lektion gelernt

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Als Rayan zum zweiten Mal an diesem Tag auf seinen Parkplatz unter dem Bürogebäude fuhr, war er wieder die Ruhe selbst. Der Schock über die wahre Ursache von Jacks Tod hatte ihm geholfen. Die derart unsensibel übermittelte Nachricht hatte ihn aus seinem Gefühlschaos gerissen und ihm deutlich vor Augen geführt, warum es besser war, seine Gefühle zu kontrollieren und dem logischen Denken zu folgen.

Kurz nach dieser Erkenntnis hatte sein analytischer Geist schon eine Vorgehensweise ausgeworfen. Nun galt es, seine beiden Kollegen von dieser Idee zu überzeugen. Denn deren Hilfe und volle Unterstützung benötigte er für die Umsetzung seines Planes.

Wie vereinbart warteten die beiden Freunde in seinem Büro auf ihn. Um diese späte Zeit schienen sie die einzigen drei Personen im ganzen Gebäude zu sein. Von einigen Wachleuten und eventuellem Reinigungspersonal vielleicht abgesehen. Beide Männer sahen ihn erwartungsvoll an, als er eintrat.

Wie üblich war ihr Telefonat vor einigen Minuten auf das Wesentliche beschränkt gewesen: Cho hatte das Gespräch mit einem: „Wo zu Teufel bist du, wir machen uns Sorgen um dich“, entgegen genommen. Lächelnd hatte Rayan geantwortet: „Dazu besteht kein Grund. Ich hatte etwas zu erledigen, das keinen Aufschub geduldet hat.“ Erleichtert hatte der Japaner den entspannten Tonfall des CEOs zur Kenntnis genommen. Zu Recht vermutete er, dass ihm seine „brandheiße Information“ schon bekannt war. Deshalb fragte er als Nächstes: "Ich habe vorhin einen Anruf von einem meiner neugierigen Freunde bekommen. Ich nehme an, du weißt bereits, was er mir erzählt hat?“

„Neugieriger Freund“ war ihr Codewort für einen Informanten. „Ja. Ich habe das geklärt. Wie gesagt: kein Grund zur Sorge. Aber wir müssen trotzdem reden. Wo seid ihr?“

Zufrieden versicherte Cho, dass er und Hummer auf ihn in seinem Büro warten würden.

Zu diesem Zeitpunkt war keinem von ihnen klar, dass in New York bereits eine Aktion angerollt war, die mit dem Tod Arthurs ein Ende finden würde.

Als Rayan jetzt in sein Büro ging, war er voller Tatendrang. Wie üblich hielt er sich nicht lange mit Vergangenem auf, und so winkte er nur ab, als Hummer mit zerknirschtem Gesicht zu einer Entschuldigung ansetzte, wegen der pietätlosen Art mit der er seinen Freund von der wahren Todesursache seines Vaters informiert hatte. Erleichtert stellte der Riese fest, dass ihr Kollege wieder „der Alte“ war.

Mit ruhiger Stimme bat der CEO dann Cho, ihm alles von ihren Ermittlungen zu erzählen. Der begann mit seiner rein intuitiven Vermutung, seinen darauf basierenden Untersuchungen am Wrack von Jacks Maschine und schließlich den Analysen an Rayans Transall. Als er seinen Bericht beendet hatte, schwiegen alle drei eine Weile. Dann sagte der Japaner: „Auch wenn es angesichts unseres aktuellen Themas nicht wichtig scheint, lass uns bitte darüber reden, was der Informant gesagt hat. Gerade weil wir ‚ihre‘ Hilfe bei unserem weiteren Vorgehen benötigen werden.“

Rayan nickte. Der in Amerika geborene Japaner hatte Recht. Und so gab Cho wortwörtlich das recht kurze Telefonat vom Nachmittag wieder. Zu seiner Überraschung schloss der CEO seine Augen auf einmal alarmiert. Er ließ seinen Kollegen zu Ende reden, dann fragte er gepresst: „Bist du dir absolut sicher, dass er sagte, dass jemand ‚nach Daten gräbt‘?“ Verwirrt nickte Cho bestätigend. „Absolut - wieso?“

„Dieser verdammte Narr!“, entfuhr es Rayan. „Jetzt rede endlich!“, motzte da auch schon Hummer, den die kurzangebundene Art seines Freundes oftmals auf die Nerven ging.

„Dieser Burt, der Kerl vom Flughafen. Ich habe gerade dem Idioten zum dritten Mal das Leben gerettet und ihm das Versprechen abgerungen, die Füße stillzuhalten. So habe ich es mit unseren Freunden von der Regierung vereinbart. Aber wenn es nur um die Anfrage der Beamten am Flughafen ginge, würden sie das nicht als ‚graben‘ bezeichnen. Also hatte der Texaner vermutlich in seinem Übereifer bereits jemanden eingeweiht.“

Er schüttelte ärgerlich den Kopf. Seine ‚Freunde‘ mussten bereits davon gewusst haben, als er mit ihnen telefoniert hatte. Aber wie üblich hatten sie sich nicht in die Karten schauen lassen. Rayan hatte vielleicht das Leben des Texaners gerettet, doch das seines Helfers war verspielt. Die Nachricht, die sie damit an sie sendeten, war klar: ihre Kontaktmänner in der Regierung ließen sich nicht kontrollieren. Sie waren diejenigen, die die Fäden zogen. Punkt.

Der CEO von TanSEC atmete tief durch. Er war hier nicht in seiner Heimat, wo er die Regeln vorgab. Das durfte er niemals vergessen. Vermutlich auch ein Punkt, den man ihm auf diese Weise hatte klarmachen wollen. „Lesson learned!“, dachte er grimmig.

In diesem Moment meldete sich Hummer zu Wort: „Leute, das ist bedauerlich für den armen Teufel, aber wir können daran jetzt nichts mehr ändern. Und bevor wir hier nun darüber reden, wie wir weiter vorgehen, möchte ich zuerst so viel wie möglich über diesen Texaner wissen. Also erzähl uns erst einmal, was du von ihm weißt. Wann habt ihr euch kennengelernt? Und wie war das genau am Flughafen heute?“

Auch Cho nickte zustimmend. Also berichtete Rayan knapp von seinen beiden heutigen Begegnungen mit dem Mann, zuerst am Flughafen und dann vorhin in dessen Auto. Im Anschluss lehnte er sich in seinem Sessel zurück und schloss die Augen. Er konzentrierte sich auf die Vergangenheit und begann zu erzählen.

Rayan - Der Stich des Skorpions

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