Читать книгу Mein Kampf, das Leben - Ines Glantz - Страница 12

9. Mein zweiter Suizidversuch

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Im Heim entdeckte ich das Gefühl des Verliebtseins. Irgendwie war jeder mal mit jedem zusammen. Die Beziehungen hielten dadurch auch nicht lange. Aber ich denke, das ist in der. Pubertät normal. Mit fünfzehn hatte ich meinen ersten Freund außerhalb des Heims. Er war einige Jahre älter als ich, arbeitete schon und fuhr Motorrad. Er war lieb und verständnisvoll, drängte mich nicht. Einmal durfte er mit mir und einer befreundeten Heimbewohnerin und deren Freund bei uns zelten. Es war ein lustiger Abend, an dem ich zum ersten Mal viel Alkohol trank. Glücklicherweise machte mich der Apfelkorn nicht ganz so betrunken, wie es die beiden anderen von Goldkrone waren. So kam es nur zu unendlich vielen Knutschflecken. Es waren so viele, dass ich die nächsten Tage ein Halstuch tragen musste. Nach einigen Monaten kam leider auch die Zeit, da mein Freund mit mir schlafen wollte. Ich war verliebt und er wollte zum Schluss nur noch mit mir schlafen. Er konnte nicht verstehen, warum ich mich dagegen wehrte. Kurz danach endete die Beziehung und ich hatte meinen zweiten Suizidversuch. Ich verstand nicht, warum alle nur meinen Körper wollten. Da waren wieder dieser Druck und der Zwang, den auch meine Mutter auf mich ausgeübt hatte. Ich hatte bis dahin noch nicht über dieses Erlebnis gesprochen und verstand nicht, warum Sex so wichtig war. Das Gefühl war erdrückend. Ich sah keinen anderen Ausweg, als Tabletten zu nehmen, um meinem Gefühlschaos ein Ende zu bereiten. Ich wollte diese Angst und den Druck des Verlassenwerdens nicht mehr spüren.

Ich weiß nicht mehr, wie ich an die Tabletten gelangt war, aber ich hatte fünfzehn Paracetamol bei mir und nahm sie, eine nach der anderen. Nach der Dritten war mir vom Geschmack der Tabletten schon übel, aber ich schluckte auch den Rest. Ich lag in meinem Zimmer im Bett, denn ich wollte schlafend sterben. Irgendwann kam eine Heimbewohnerin und wollte mich zum Essen holen. Sie fand mich schwach und blass vor. Als sie mich fragte, was passiert war, gestand ich ihr meine Tabletteneinnahme. Sie ging sofort zur Erzieherin. Ich weiß noch, dass ich Milch trinken sollte, worauf es mir schlecht wurde. Dann brachte mich der Krankenwagen ins Krankenhaus. Dort verabreichten wir die Ärzte etwas, damit ich mich übergab. Im Krankenhaus war es angenehm. Ich hatte eine ältere Dame im Zimmer, die mir Süßigkeiten gab. Einmal kam auch meine Mutter, weil sie etwas unterschreiben musste. Sie sagte, dass sie mich nicht verstehen würde. Dann hörte ich, wie sie mit der Krankenschwester redete und sich erkundigte, ob man mir die Pille verschreiben könnte, weil ich ja stets mit Jungs schliefe. Wut und Scham kochten in mir. Wie konnte sie behaupten, dass ich ein Flittchen sei. Sie war doch die Schlampe, die mit fremden Männern und ihrer eigenen Tochter schlief. Ich fühlte mich bloßgestellt. Tränen liefen mir über das Gesicht und ich hoffte, dass sie mich so nicht sehen würde. Diesen Triumph sollte sie nicht davontragen.

Nach einigen Tagen konnte ich zurück ins Heim.

Mein Kampf, das Leben

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