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3. Ich

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Als Frühgeburt lag ich als Kind einer Mutter, die schon während der Schwangerschaft Alkohol konsumiert hatte, zwei Wochen im Brutkasten. Mein Erzeuger war nicht da, dafür mein Stiefvater, aber genau weiß ich es nicht. Ich bin in einem Ort in Brandenburg, der bis zu meinem achten Geburtstag noch zum Osten gehörte, aufgewachsen. Für meine Mutter war ich das unerwünschte Kind. Ich bin mit meinem zwei Jahre älteren Bruder, der aber nicht den gleichen Vater hat, aufgewachsen. Unsere gegenseitige Beziehung hatte nicht wirklich etwas mit Geschwisterliebe zutun. Das hat sich bis heute nicht geändert. Mein Bruder erlebte das genaue Gegenteil von mir. Er war der gewünschte Sohn, wie mir meine Mutter öfters im Alkoholrausch offenbarte. Er hatte kaum Verpflichtungen, konnte raus, durfte fernsehen und bekam so gut wie alles, was er sich wünschte.

Mein Stiefvater, der bis heute noch mit meiner Mutter zusammenlebt, war und ist bis heute eine wichtige Person in meinem Leben, auch wenn er das nicht weiß und vermuten mag. Er war früher immer da. Er war der positive Punkt in unserer Familie. Ich vermisse ihn, denn unsere Beziehung hatte lange Zeit auf eisgelegten und auch heute noch ist sie zerbrechlich. Mein Vater ist Co-Abhängiger. Trotz all dem Versagen und den Fehltritten ist mein Vater meiner Mutter treu geblieben. Seine Aufopferung ist bewundernswert, aber leider versperrt es ihm die Wege zu etwas Neuem.

Meine Mutter war laut meinem Vater schon immer Alkoholikerin, nur nicht offensichtlich. Dass sie bereits während meiner Schwangerschaft getrunken hat, entnahm ich den Informationen aus meinem Impfausweis. Ich habe eine angeborene Muskelschwäche aufgrund von Alkoholismus während der Schwangerschaft. Als ich neun war, kurz nach der Wende, verlor sie ihren Arbeitsplatz. Seitdem habe ich ihre Alkoholsucht täglich zu spüren bekommen. Sie war bereits betrunken, wenn ich aus der Schule kam. Dann sagte sie mir, welche Hausarbeiten ich erledigen soll, und schlief bis zum Abend. Oft schickte sie mich zum nächsten Konsum, um ihre eine Flasche Goldkrone zu kaufen. Ich hatte es gehasst und e mich dafür geschämt.

Heute hat sie zwei Chemotherapien hinter sich. Die Tumore konnten operativ entfernt werden. Trotz allem lebt sie noch.

Meine Großeltern waren in jener grauen Zeiten meine Rettungsbojen. Wann immer ich konnte, war ich bei ihnen. Leider konnte ich nur in den Ferien längere Zeit bei ihnen sein und musste die schöne Zeit mit meinem Bruder teilen, der ebenso gern zu meinen Großeltern wollte. Meine Oma hatte zwei oder drei Schlaganfälle hinter sich. Sie war ein Pflegefall und mein Opa kümmerte sich rührend um sie. Da sie leider im vierten Stock wohnten, kam sie immer seltener raus. Mein Opa, ach wie hab ich ihn geliebt, war ein herzensguter Mensch und erkannte die wahre Person, die meine Mutter war. Er merkte auch, dass es mir zu Hause nicht gut ging. Leider weilt er nicht mehr unter uns. Mein Großvater erzählte mir mal, dass meine Mutter ihn vor die Wahl gestellt hätte: Sie oder ich. Seine Entscheidung wäre auf mich gefallen, da er wusste, dass er seinen Sohn, mein Stiefvater, nicht verlieren würde. Bevor er seine Entscheidung meiner Mutter mitteilen konnte, ist er gestorben. Ich habe lange getrauert. Die Guten gehen immer zuerst. Ich habe ihn immer für die Kraft und die Liebe, die er in sich trägt, geliebt und bewundert. Ich hoffe, dass er etwas davon auf mich übertragen hat.

Als ich dieses Buch begann, war ich 29 Jahre alt. Trotz all der Steine, die sich mir in den Weg legten, habe ich ein Großteil meiner Träume erfüllt. Ich habe meine Ausbildung als Erzieherin abgeschlossen und arbeite in einer Grundschule. Mein Sohn ist fünf. Ich lebe mit ihm und unserem Hund in einem Haus, das ich mir lange ersehnt habe, auch wenn es nur zur Miete ist. Mein Leben verläuft in ordentlichen Bahnen, wenn es auch noch immer von negativen Einflüssen begleitet wird, die mir meine Energie rauben. Ich trage einen schwer beladenen Rucksack mit mir herum. Er hat sich bisher noch nicht geleert, was ich hoffentlich mit diesem Buch schaffe.

Mein Kampf, das Leben

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