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4. Mein Leben zu Hause

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Ich kann mich an früher kaum noch erinnern. Die meisten Eindrücke sind negativ geprägt. Etwas Gutes aus dieser Zeit ist kaum noch in meinem Gedächtnis. Bevor ich dazu etwas schreiben konnte, musste ich lange in mich gehen. Es sind nur Bruchstücken, an die ich mich erinnern kann. Einmal fuhren wir mit einem Dampfer. Ich weiß auch noch, dass ich mit meinen Eltern im Zoo war und mich ewig im Streichelgehege bei den Ziegen und Schafen aufgehalten habe. Wenn ich darüber nachdenke, wird mir warm ums Herz und ein Lächeln kommt über meine Lippen. Mehr fällt mir zu diesen Ausflügen nicht ein, aber allein meine Gedanken daran sagen mir, dass es auch schöne Zeiten bei uns gab.

Mein Bruder hatte mit zwölf Jahren einen Unfall. Er war für meine Mutter Getränke kaufen, als er zurückkam, schubsten ihn zwei oder drei ältere Jungs die Treppe hinunter. Die Flaschen zerbrachen und die Scherben schnitten ihn seinem Oberarm auf. Er musste sofort ins Krankenhaus und genäht werden. Obwohl ich sehr viel Mitleid für ihn empfand, genoss ich die Zeit seines Krankenhausaufenthalts. Es war eine Zeit der Freiheiten, wo ich raus konnte, solange ich wollte. Ich habe mit den anderen Kindern bis in die späten Abendstunden gespielt, und das Schönste war, dass es Sommer war. Eine Zeit ohne großen Verpflichtungen und Hausarbeiten. Mein Vater war zu dieser Zeit viel zu Hause, um sich gegenseitig über dieses Schicksal hinweg helfen. Vor allem für meine Mutter muss es schwer gewesen sein, da sie ihn ja zum Einkaufen geschickt hatte. Wahrscheinlich machte sie sich große Vorwürfe. Aber davon habe ich nicht allzu viel mitbekommen, schließlich war ich mit dem Genuss meiner neu gewonnenen Freiheit beschäftigt. Das war eine Zeit, in der ich mich mal wieder richtig als Kind fühlte. Mein Glück hielt aber nur für zwei Wochen an.

In den Zeiten, als meine Mutter arbeitslos war und viel getrunken hatte, machte sie es sich zur Aufgabe, mich vor meinen Freunden zu blamieren. Zweimal rief sie die Polizei, weil sie der Meinung war, wir wären zu laut. Da hatte ich schon wenig Zeit für Freunde und dann schaffte sie es auch noch, diese zu vergraulen. Es war mir immer sehr unangenehm.

Als ich noch daheim wohnte, nahm ich ab einer gewissen Zeit einfach nur noch zu. Kein Wunder. Ich konnte als Zwölfjährige drei Döner essen. Mit meinen 1,40 m wog ich ganze 70 kg. Es gab zwar noch ein dickeres Mädchen, das auch eine Freundin von mir war, aber ich war trotzdem einfach nur pummelig und sah dazu immer noch wie ein kleines Kind aus, auch noch, als ich auf dem Gymnasium war.

Es lag nicht nur an meiner Gestalt, sondern auch an meinem Kleidungsstil. Ich hatte nicht viel Einfluss darauf, denn ich musste viele Sachen von meiner Mutter tragen. Am schlimmsten waren diese Karottenhosen, die mir viel zu lang und zu weit waren. Meine Mutter war knapp dreißig Zentimeter größer als ich und viel schlanker. Die Hosen hingen wie ein Sack an mir. Ich hasste sie.

Ich weiß nicht mehr wie alt ich war, aber dieses Erlebnis schwirrt heute noch in meinem Kopf herum. Der Vater des besten Freundes meines Bruders Paul hatte einen ähnlichen Tagesablauf wie meine Mutter. Beide tranken gern, viel und am liebsten den ganzen Tag. Irgendwann geschah etwas, das mir mein Herz zerbrach und meinen Bruder fast die Freundschaft zu seinem besten Freund kostete. Meine Mutter bat dessen Vater, Glühbirnen zu wechseln. Nachdem er das erledigt hatte, konsumierten die beiden weiter zusammen Alkohol, was dazu führte, dass die beiden nicht mehr Herr ihrer Sinne waren. Da ich als Einzige noch in der Wohnung war und das Kinderzimmer genau neben der Wohnstube lag, konnte ich sie genau hören. Ich vernahm irgendwann seltsame Geräusche. Da ich sie damals nicht zuordnen konnte, bekam ich Angst um meine Mutter. Als ich rüberging, um nachzuschauen, was passiert war, erwischte ich sie beim Sex. Ich war entsetzt und konnte es nicht verstehen. Sie haben mitbekommen, dass ich im Raum war, aber meine Mutter kam nicht zu mir, um die Situation zu klären. Also ging ich nach draußen. Zu meinem Pech saß vor dem Haus mein Bruder und Paul. Ich wollte meinen Bruder allein sprechen, aber er bestand darauf, es vor Paul zu sagen. Ich tat es. Danach kassierte ich von beiden eine Ohrfeige. Mein Bruder lief in die Wohnung und Paul nach Hause. Er wohnte nur einen Hausaufgang weiter. Kurze Zeit später stand die Mutter von Paul vor unserer Tür. Auch von ihr kassierte ich eine Ohrfeige und von meiner Mutter. Pauls Vater ging mit seiner Frau nach Hause. An mehr kann ich mich nicht erinnern.

Jahre später sah ich Pauls Vater wieder. Er sah fertig aus. Er hatte wegen seiner Trunksucht Frau und Kind verlassen müssen.

Meine Mutter erlaubte sich einen weiteren Fehltritt, bei dem ich ebenfalls anwesend war. Sie hatte eine Entziehungskur hinter sich. Ich glaube, es war die Erste. Sie war schon einige Wochen daheim, als sie mich bat, einen Mann anzurufen und ihn zu ihr zu bitten. Sie hatten sich bei der Entziehungskur kennengelernt. Er kam der Aufforderung nach und sie schlief mit ihm. Ich fühlte mich schrecklich, denn ich hatte das Ganze eingeleitet, und konnte es nicht mehr rückgängig machen. Diese Last erdrückt mich schier.

Mein Kampf, das Leben

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