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Susanne wartete, auf was eigentlich? Sie saß in diesem kleinen Wartezimmer im Krankenhaus, während Frank behandelt wurde. Sie empfand die Wartezeit wie Stunden und irgendwie beschlich sie das Gefühl, man habe sie sowieso längst vergessen. Das leise Sprechen anderer Wartender erinnerte sie an das Plätschern und Murmeln des Flusses. Sie nahm sich vor, nur noch fünf Minuten abzuwarten, dann würde sie nachfragen, oder sich wenigstens bemerkbar machen. Diese fünf Minuten nahm sie sich mehrmals vor. Sie fühlte Angst, Angst vor dem Ergebnis der Untersuchung, obwohl doch längst ein Herzinfarkt diagnostiziert worden war. Angst vor ihrer Frage nach seinem Befinden, hinauszögern einer endgültigen Antwort, als könnte es sich alleine dadurch nur um einen Irrtum handeln.

Irgendwann steckte eine Krankenschwester den Kopf zur Tür herein und fragte: „Ist eine Frau Schnells hier?“

Erschreckt erhob sich Susanne und ging ihr entgegen. Die Knie zitterten und ihre Stimme hörte sich heiser an als sie antwortete: „Ja, das bin ich.“

„Dann kommen Sie mit. Ihr Lebensgefährte wartet auf Sie.“

Mein Lebensgefährte, Susanne atmete auf, hört sich gut an, und sie lief der vor ihr hereilenden Schwester nach.

Frank lag in einem schmalen Bett und lächelte ihr entgegen, streckte seine freie Hand nach ihr aus und bat: „Komm setz dich ein wenig zu mir. Tut mir leid, wenn ich euch den Rest des Tages verdorben habe. Wie du siehst, hat man mich gerade an einen Tropf gefesselt. Ich soll mich für heute Nacht verabschieden von dir, dann bekomme ich ein Schlafmittel, angeblich ist morgen alles wieder gut. Ich hätte Glück gehabt, sagte man mir, es war nur mein Kreislauf, also kaum der Rede wert.“

„Nur? Schlimm genug“, fand Susanne. Erleichtert drückte sie ein Kuss auf seine Stirn und strich zärtlich durch sein Haar. „Dann ist’s ja gut. Bleib aber lieber einen Tag länger hier als zu kurz, lass dich gründlich untersuchen. Ich habe dich gerade erst gefunden, da möchte ich dich nicht schon wieder verlieren!“

„Keine Chance, Susilein!“ Frank lachte und Susanne stimmte ein. Schnell noch eine innige Umarmung und sie verabschiedete sich: „Dann fahre ich jetzt nach Hause und komme morgen wieder her, schlaf gut.“

Nachdenklich entfernte sich Susanne vom Klinikgelände. Ein Taxi, ich brauche ein Taxi, erkannte sie und sah im nächsten Moment, es waren nur wenige Schritte bis zum Taxistand. Sie stieg in den ersten Wagen ein und nannte dem Fahrer ihre Adresse.

Während der Fahrt im Taxi kam ihr mit einem Mal ihre Kinderzeit in den Sinn, wie es war, als ihr Vater eine neue Arbeitsstelle angenommen hatte und die kleine Familie von Worms nach Kiel umzog. Wieso sie gerade jetzt daran denken musste? Sie war noch klein gewesen, trotzdem gefiel es ihr in der neuen Gegend nicht und musste das wohl auch damals lautstark zum Ausdruck gebracht haben. Selbstverständlich nahm niemand darauf Rücksicht, sie blieben in der neuen Umgebung wohnen.

Schon sehr früh hatte sie begonnen zu malen. Dabei war immer wieder etwas in ihren Bildern vorgekommen, welches ihre Eltern und Großeltern für schlichtweg recht einseitige Kinder-Fantasien hielten. Rosa Gras und grüne ziemlich hohe, fast Säulen ähnliche Gebilde, die sie ganz stur als Bäume bezeichnete. Eben Fantasien, wie sie wohl nur ein Kind entwickeln kann. Fantasien, die mit der dazugehörigen laschen Handbewegung als erledigt abgetan waren. Da Opa und Oma weiterhin in Worms wohnten, durfte sie zweimal im Jahr, später in den Sommerferien, für einige Wochen zu ihren Großeltern reisen. Opa war es dann auch, der eines Tages glaubte, ihre Bilder sollten altersgemäß berichtigt werden: ‚Du malst sehr gut für dein Alter, wirklich, nur es gibt kein rosa Gras, Gras ist grün und das weißt du auch, also male es zukünftig auch grün!‘ Susanne liebte ihren Opa und so gehorchte sie. Außerdem fand er diese immer wieder kehrenden merkwürdigen Bäume seltsam und zeigte ihr eine Tanne. Es war anscheinend im Winter gewesen, denn ab da fehlte in ihren Bildern nie mehr mindestens eine teilweise mit Schnee bedeckte Tanne. So vergingen einige Jahre und diese Fantasie-Gemälde gerieten ganz allmählich in Vergessenheit. Doch bevor dies geschehen konnte, löste sich durch einen besonders denkwürdigen Zufall das Rätsel auf erstaunliche Weise. Eines Tages, Susanne war inzwischen elf Jahre alt, besuchten die Großeltern die kleine Familie für zwei Wochen in Kiel. In diese Zeit fiel eine Einladung der Nachbarn, zwei Häuser weiter wohnend, zum Geburtstags-Kaffee des Hausherrn. Für Susanne war es das erste Mal, dass sie mit ihren Eltern zu diesen Nachbarn ging. Es war eher umgekehrt, diese netten Nachbarn kamen öfter zu ihren. Aber an diesem besagten Tag betrat Susanne erstmalig deren Wohnzimmer und dort fiel sofort ihr Blick auf ein Ölbild in einem prächtig verzierten goldfarbenen Rahmen, eine Landschaft mit rosa Gras und Säulenbäumen! Sie war davor stehen geblieben und minutenlang nicht ansprechbar gewesen, völlig vertieft in dieses Bild, in diese Landschaft. Rosa Gras? Oh nein! Es war Heidekraut, und Säulenbäume, das waren ganz einfach hochgewachsene, schlanke Lebensbäume, Zypressen, Thujas, was auch immer. Später konnte sie sich nur noch daran erinnern, dass ein lautes Stimmengewirr von Opa unterbrochen worden war: ‚Lasst das Kind in Ruhe!‘ Ihrer Familie war es geradezu unheimlich erschienen, es lag auf der Hand, sie versuchte offenbar immer wieder eine solche Heidelandschaft zu malen. Das war eindeutig! Aber woher kannte sie von klein auf eine derartige Landschaft, in die nie jemand mit ihr gereist war? Spekulationen, Verständnislosigkeit der Familie! Schließlich, nach Opas barschen Worten, nannte man es ihre ‚besondere Vorliebe‘ und ‚vielleicht hat sie mal irgendwo solch ein Bild gesehen‘. Immerhin bekam sie damals die Erlaubnis der Nachbarn, das Bild zu malen. Dazu durfte sie sich in deren Wohnzimmer an den Tisch setzen, direkt dem Bild gegenüber. Einen ganzen Nachmittag hatte sie dafür gebraucht, nicht ohne diverse Änderungen bei ihrem Gemälde vorzunehmen, weil die Landschaft ihrer Erinnerung nicht mit dieser Vorlage identisch war, auch nicht sein konnte. Die Entdeckung dieses Bildes hatte zwar eine Sehnsucht ihrer Kindheit erfüllt, doch gleichzeitig blieb unbewusst eine unbeantwortete Frage offen.

Als ihr Opa starb, war sie vierzehn und sie brauchte sehr lange, um damit fertig zu werden. Weiterhin reiste sie zu ihrer Oma in den Ferien. So war es auch vor ihrem letzten Schuljahr gewesen, den letzten Sommerferien. Soeben war ihre erste Woche bei der Großmutter vergangen, da erhielten sie ein Telegramm aus Kiel, von jenen befreundeten Nachbarn mit dem Heidebild. Ein Telegramm, welches knapp und allzu deutlich vom Bootsunglück ihrer Eltern berichtete, mit tödlichem Ausgang. Fast wortlos packten sie die Koffer. Susannes Erinnerung war hier nur noch extrem bruchstückhaft vorhanden, vieles verdrängte sie offenbar. Nur die Bahnfahrt war ihr unendlich lange vorgekommen. Und die schwarz gekleideten Menschen am Grab bei der Beerdigung, die sie heute noch wie eine Bedrohung vor ihrem geistigen Auge sah, verfolgten sie wochenlang in ihren Träumen. Oma war eine starke Frau, sie regelte alles, von Beerdigung bis Auflösung der Wohnung. Es hatte auch nie der kleinste Zweifel für sie bestanden, sie würde ihre Enkelin für immer mit nach Worms nehmen. Die Schule beendete Susanne deshalb mit sechzehn, sie wäre auch zu dieser Zeit nicht fähig gewesen, noch für ein Jahr eine fremde Schule in Worms zu besuchen. Oma wusste auch wieder Rat und mit ihren Beziehungen bekam Susanne eine Anstellung in der großen Kunsthandlung, nur wenige Straßen entfernt. Das Malen selbst gab sie lange schon auf, sie fand nicht mehr die nötige Zeit dazu. Und irgendwie war es auch mit der Erkenntnis über jene Heidelandschaft und dem bewussten Festhalten im eigenen Gemälde ein beruhigender Abschluss gewesen. Mit achtzehn Jahren bezog sie ihre erste kleine Wohnung im Dachgeschoss eines alten fünfgeschossigen Stadt-Hauses, nicht weit von Großmutters Wohnung entfernt. Ihr Chef, Herr Bosch, war es gewesen, der sie eines Tages zu einer Auktion nach Hamburg einlud. Dort wollte sie versuchen bei der Ausstellung ein Heidebild zu finden, aber es gab keines. Dann geschah etwas völlig Unvorhersehbares auf der Rückfahrt: Eine Raststätte, irgendwo an der Autobahn und Herr Bosch brauchte unbedingt eine Pause. Ob es Absicht war, weil er Susannes sogenannte Vorliebe kannte, oder wirklich nur Zufall, konnten Chef und Angestellte später nie klären. Der Rastplatz lag in der Lüneburger Heide. Nach einer Pause bei Getränken, Broten und Obst, war sie plötzlich wie von einem inneren Impuls gelenkt, wofür sie bis heute keine Erklärung fand, beinahe wie von einem Magnet angezogen, zwischen den Büschen und Birken hindurch gegangen und da war dieser Blitz gewesen. Ein Blitz in ihrem Kopf, so empfand sie es, der ihr die augenblickliche Erkenntnis brachte: Hier war ich schon einmal, alles kenne ich, hier habe ich gelebt! Und so, als hätte dieser Blitz in ihrem Inneren eine bisher verschlossene Türe aufgestoßen, war dieses plötzliche Wissen des wieder ‚Gefundenen‘ da gewesen. Ein Wissen ohne Zweifel, ein wahnsinnig starkes Empfinden, von einer Sekunde zur anderen verspürt. Niederkniend verstand sie, es war immer da gewesen, tief in ihrem Unbewussten, von Anfang an und solange sie denken konnte suchte sie wohl unwissend danach. Es war keine Fantasie, keine besondere Vorliebe, wie es nach der Bewunderung des Ölgemäldes bei den Kieler Nachbarn genannt worden war. Sie empfand es auch heute noch als ein Wunder, was es ihrer Meinung nach war. Aber auch als Trost für die Jahre nach dem Verlust ihrer Eltern. Ihre Seele konnte eine schöne Erinnerung tief verschlossen im Innern aufbewahren. Wer immer sie auch gewesen sein mochte, es spielte keine Rolle, aber dieses Wissen, dieses Wunder würde ihr in diesem Leben nie mehr verloren gehen! Jetzt, auf dieser Taxifahrt, fiel ihr alles in Kurzfassung wieder ein und so wie ihr dieses Wissen: ‚Unsere Seele stirbt nicht‘, auch Stärke nach dem Tod ihres Mannes gab, so würde sie immer wieder daraus schöpfen können. Längst war ihr bewusst, die Lüneburger Heide musste es nicht unbedingt gewesen sein, aber doch ein Heideland, irgendwo, nur so konnte es überhaupt geschehen, dieses Wunder des Wiederfindens so intensiv zu erleben. Sie bezeichnete es nicht als Wiedergeburt, verstand es immer nur als einen Teil eines ihrer früheren Leben. Sie war auch nie auf die Idee gekommen, Nachforschungen anzustellen, wie manche Leute es sogar mit Hypnosen und TV-Begleitung veranlassten, nein, das wäre ihr zu anmaßend gewesen. Und es war ihr längst klar, ohne Umzug nach Kiel, ohne die erste Begegnung mit jenem Bild bei den Nachbarn, wäre vielleicht irgendwann einmal diese wichtige tiefe Erinnerung in ihrem Unterbewusstsein verloren gewesen.

Ein leichter Ruck, das Taxi stand vor ihrem Haus. Susanne zahlte und zwang sich zurück in das Hier und Jetzt. Sie schloss die Haustüre auf und wunderte sich über die Stille. „Wo seid ihr? Ich bin wieder da, hallo“, rief sie laut, erhielt jedoch keine Antwort. Es war auch nicht der geringste Laut zu hören. Susanne blickte irritiert zur Uhr, erst 19:04 Uhr, nicht unbedingt Schlafenszeit, nicht einmal für Rosi. Da fand sie den kleinen Zettel am Tisch.

Wir sind alle bei Herrn Scholz, er hat uns zum

Abendbrot eingeladen, komm nach!

Na, so was, dachte Susanne, sieht aus, als wäre das eine weitere Annäherung zu einer freundschaftlichen Nachbargemeinschaft.

Michael öffnete die Haustüre bei Herrn Scholz nach dem Schellen seiner Mutter. „Hallo Mama, du hast uns also gefunden“, stellte er fest und machte einen leichten Diener mit einladender Handbewegung. Und als gehöre er hierher, führte er seine Mutter bei der Hand in die geräumige Wohnküche. Wie eine Familie saßen alle um den Tisch, der wohl reichlich gedeckt gewesen war, inzwischen aber auch etwas geplündert aussah.

„Guten Abend zusammen. Das sieht ja toll aus!“ Susanne ging auf Herrn Scholz zu. „Danke, Herr Scholz, besten Dank, dass Sie sich so liebevoll um meine Familie kümmern.“

„Gerne, gerne, das war doch selbstverständlich, bitte.“ Susanne bekam den noch freien Platz zugewiesen und wurde aufgefordert zuzugreifen.

Dann kam die Frage nach Frank Hauffs Befinden.

„Es geht im ziemlich gut, es war wohl ein Kreislaufkollaps, kein Infarkt, jetzt schläft er und morgen sehen wir weiter“, beruhigte Susanne sie.

Brigitta stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. „Gott sei Dank!“ Sie mochte Frank und machte sich in der Zwischenzeit ziemlich sorgenvolle Gedanken um seine Gesundheit, die nun mit einem weiteren lauten Seufzer davon zu fliegen schienen.

Rosi schmiegte sich an sie, die sie ja Tante nannte, wie auch Helene und Susanne. Darüber lächelte Herr Scholz, für ihn war das neu, und er fragte das Kind aus einem inneren Impuls heraus, wohl auch um von Krankenhaus und Sorgen abzulenken: „Und mich, wie nennst du mich, wer bin ich denn?“

Dumme Frage, das hätte er sich aber auch denken können. „Opa! Du bist Opa Scholz!“ Für Rosi schien das völlig selbstverständlich.

„Ja, das gefällt mir, das hört sich gut an. Also dann, ab sofort bin ich für euch alle Opa Scholz! Und noch was, zu einem Opa sagt man du!“ Otto Scholz reichte jedem einzeln die Hand und damit ward eine weitere neue Freundschaft in der Siedlung abgemacht und besiegelt.

Es ging auf 21 Uhr zu und sie verabschiedeten sich. Michael war gewohnt, spätestens um 22 Uhr zu Bett zu gehen. Nur Rosis Zubettgehzeit war inzwischen überschritten, aber wenigstens war heute Abend das Thema: Wo schläft Rosi?, nicht mehr so ganz dringend. Das konnte getrost auf den nächsten Tag verschoben werden.

Helene blieb noch, um abzuräumen und zu spülen. Und Opa Scholz begleitete seine Gäste oder nun die neuen Freunde hinaus und blieb noch ein Weilchen am Gartenzaun stehen. Er winkte ihnen hinterher, als sie sich noch einmal umdrehten.

Otto Scholz hatte mittags von Helene Weber erfahren, dass sie heute noch bei Schnells reinschauen wollte. Als sie kurz nach 14 Uhr Feierabend machte, war er ein paar Schritte mit ihr gegangen, um sie zu verabschieden. Eine Weile blieb er noch am Gehweg stehen, bis Helene Weber seinen Blicken entschwunden war. Gäbe es Rex noch, würde er mit ihm eine Runde drehen, aber so? Da hörte und sah er einen Mercedes in die Einfahrt Schnells fahren. Kaum stand der Wagen, da stieg dieser Herr Hauff auch schon aus und sprang mit riesigen Schritten auf die Haustüre zu. Aha, dann war wohl doch noch alles glimpflich ausgegangen. Natürlich wusste er durch Frau Weber, von dem Verdacht der Unterschlagung, welches sie ihm empört erzählte. Otto Scholz war durch Helene Weber voll im Bilde über die Geschehnisse in der Siedlung Bergstraße und er war zurück ins Haus gegangen.

Ja, mit seiner Haushälterin konnte Otto Scholz voll zufrieden sein, nicht nur mit der Verrichtung ihrer Pflichten, sondern auch mit ihrer Gesellschaft. Langweilig wurde es nie mit ihr, immerzu gab es jede Menge Gesprächsstoff. Und wenn er so darüber nachdachte, eigentlich freute er sich auch auf jeden neuen Tag mit ihr. Als dann später ein Martinshorn erklang, welches ihn an die Haas-Geschichte erinnerte, warf er sich eine Jacke über die Schultern und ging beunruhigt erneut hinaus. Ein Rettungswagen hielt bei Schnells. Hin und her gerissen überlegte er, sollte er näher gehen, oder würde man ihn neugierig nennen? Niemand schaute in seine Richtung, also wartete er ab. Er sah, wie dieser Frank Hauff mit einer Liege in den Krankenwagen hinein gerollt wurde und Susanne Schnells stieg mit ein. Das sah ja gerade so aus, als wäre der Freund von Frau Schnells unerwartet krank geworden. Gleich darauf fuhren Notarzt- und Rettungswagen in Richtung Stadt davon. Schließlich hielt er es nicht mehr aus und ging zu Schnells. Otto Scholz war erschüttert, als er von Frank Hauffs Herzinfarkt hörte. Und um die beiden Frauen, natürlich auch die Kinder, abzulenken, lud er sie spontan zum Abendbrot ein. Ja, und trotz dem traurigen Anlass war es dann noch ein recht gemütlicher Abend mit schönem Ausklang geworden.

Otto Scholz, oder richtiger gesagt, ab sofort Opa Scholz, fühlte sich recht glücklich. Schade nur, dass Frank Hauff erst leiden musste, um ihm so etwas wie eine neue zweite Familie in der Nähe zu geben. Merkwürdig, so sah das genau aus, ohne diesen Zwischenfall oder Zufall hätte es nicht bei ihm das gemeinsame Abendbrot gegeben. Sehr seltsam, das machte Otto Scholz doch etwas nachdenklich.

Nachdem nun auch Helene gegangen war, zum zweiten Mal für heute ‚tschüss‘ gesagt hatte, griff er zum Telefon und rief bei seinem Sohn, Hans-Peter, an. Er war viel zu aufgekratzt, diese Neuigkeit musste er unbedingt sofort loswerden, die konnte nicht bis morgen warten.

Marga meldete sich und war erstaunt. „Nanu Vater, so spät noch, ist alles klar bei dir?“

„So klar wie noch nie!“ Er machte eine Pause, um es noch spannender zu machen und fuhr dann fort: „Kannst dir gar nicht vorstellen, was heute alles passiert ist, überhaupt in letzter Zeit. Jetzt habe ich nicht nur euch, meine richtige Familie, jetzt habe ich auch seit heute Abend eine zusätzliche Familie, eine Nachbarfamilie!“

„Aha, und wer ist das, kenne ich die?“

„Dem Namen nach wirst du sie kennen, Hans-Peter kann es dir aber noch genauer erklären. Es ist natürlich Helene Weber, ihre Nachbarin und Freundin Susanne Schnells mit Sohn Michael und Pflegetochter Rosi, ja und Brigitta aus Spanien. Wir haben alle gemeinsam bei mir Abendbrot gegessen und die kleine Rosi hat mich Opa Scholz getauft. Du siehst, ich bin in guten Händen!“

„Ja, sieht wirklich so aus, freue mich für dich. Aber sag mal, gibt es denn außer dem Jungen, diesem Michael, keinen Mann in der Clique?“

Vater Scholz lachte laut auf. Die Frage sah Marga ähnlich. „Doch gibt es, der liegt nur mal eben im Krankenhaus, Frank Hauff. Deshalb ist die Clique, wie du es nennst, erst entstanden. Er wurde nämlich heute Nachmittag mit Tatütatü abgeholt.“

„Meine Güte, Papa, bei dir ist ja was los. Wenn ich das Hans-Peter erzähle, hoffentlich kriege ich alles richtig zusammen, der wird vielleicht noch nachhaken bei dir wie ich ihn kenne.“

„Kann er. Wo ist er eigentlich?“

„Kegeln, Papa. Heute ist Kegelabend!“

„Ach so, na dann grüß mal schön, auch Jessica und Jonas. Mach’s gut Marga, schlaf schön.“

„Danke Papa, du auch.“

Unabwendbare Zufälligkeiten

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