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4. Nachtrag 2016
ОглавлениеMan kann James Buchanan viele Verdienste zuschreiben:
Mit seinen Schriften hat er wesentlich dazu beigetragen, das Anwendungsgebiet ökonomischer Analyse von der Wirtschaft auf die Politik auszudehnen.
Gerade damit hat er der Finanzwissenschaft, der ökonomischen Analyse staatlicher Ein- und Ausgaben sowie staatlicher Aktivitäten, viele neue Impulse gegeben.
Zudem hat Buchanan neue Brücken für eine interdisziplinäre Verständigung geschlagen, insbesondere zwischen Verfassungsökonomik und Verfassungsphilosophie sowie zwischen Institutionenökonomik und Institutionenethik.
Aber auch der ökonomischen Theorie selbst hat Buchanan wertvolle Dienste geleistet. Diese betreffen sowohl die positive als auch die normative Analyse.
Buchanan hat mit seiner Distinktion von „choices within rules“ und „choices among rules“ die alte ordnungstheoretische Erkenntnis international re-aktiviert, derzufolge zwischen einem Ordnungsrahmen (= Spielregeln) und den Handlungen innerhalb des Ordnungsrahmens (= Spielzügen) zu unterscheiden ist, so dass man die positive Analyse grundsätzlich auf mindestens zwei Ebenen |40|ansetzen muss, um der institutionellen Verfasstheit menschlicher Interaktionen angemessen Rechnung zu tragen.
In normativer Hinsicht hat Buchanan darauf hingewirkt, das grundlegende Konzept zur wissenschaftlichen Herleitung wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Empfehlungen radikal umzustellen von Effizienz auf Konsens. In Buchanans „Constitutional Political Economy“ steht nicht die Optimierung individueller Spielzüge im Vordergrund, sondern die Einigung auf gemeinsame Spielregeln. Hierfür ist die Unterscheidung zwischen (konfligierenden) Handlungsinteressen und (konsensuellen) Regelinteressen von grundlegender Bedeutung – ein methodologischer Hobbesianismus, dessen Leistungsfähigkeit für eine demokratische Politikberatung leider immer noch vielfach verkannt wird. Aber auf genau diesem Gebiet liegt das wohl wichtigste wissenschaftliche Vermächtnis von James Buchanan: Mit diesem methodologischen Hobbesianismus und der damit ermöglichten Konsensorientierung macht er die Ökonomik kategorial anschlussfähig an die Diskurse der demokratischen Öffentlichkeit.
James Buchanan ist bis ins hohe Alter hinein ein produktiver Arbeiter geblieben, der seine Ideen in zahlreichen Veröffentlichungen niedergelegt hat. Das Spätwerk betrachtend, ist vor allem ein in Ko-Autorschaft verfasstes Buch zur Prinzipienorientierung liberaler Politik hervorzuheben.[54] Abschließend hinzuweisen ist auf die Gesamtausgabe seiner Schriften[55], auf ein informatives Buch über sein Leben und Werk[56], auf einen kurzen Aufsatz[57], der Buchanans politische Einstellung nachzeichnet, auf Buchanans autobiographische Auskunft als Nobelpreisträger[58] sowie auf ein ausführliches Interview[59], das Karen Horn mit ihm geführt hat.