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[63]4 Syntax: Gruppiertes 4.1 Grundbegriffe der Syntax

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Eine gängige Auffassung ist, Was ist Syntax?dass das Wort Syntax irgendwie als ›Satzbau‹ ins Deutsche zu übertragen ist. Das ist nur zum Teil richtig. Wenn wir die Etymologie des Wortes ›SyntaxSyntax‹ ernst nehmen, erhalten wir einen sehr allgemeinen Begriff, der allerdings der Wahrheit ziemlich nahekommt. Das Wort kommt aus dem Altgriechischen, es ist eine Nominalisierung des Verbs syn-tattein, was ›zusammen-stellen‹ heißt. Es geht in der Syntax also darum, Dinge zusammenzustellen, oder man könnte auch sagen, miteinander zu kombinieren. Und tatsächlich geht es in der Syntax um nichts anderes als darum, aus kleineren sprachlichen Einheiten größere Einheiten zusammenzustellen. Die größten dieser größeren Einheiten sind letztlich Sätze, insofern ist die intuitive Übertragung mit ›Satzbau‹ gar nicht so verkehrt.

Doch was sind diese kleineren sprachlichen Einheiten? Hier fängt es an, interessant zu werden. Die kleinsten denkbaren für die Syntax relevanten sprachlichen Einheiten der SyntaxEinheiten sind Wörter. Das heißt natürlich nicht, dass Wörter nicht noch weiter zerlegbar sind, es heißt nur, dass die interne Struktur von Wörtern für die Syntax unerheblich ist (mit Ausnahme der Flexionsmerkmale, die syntaktische Bezüge direkt anzeigen). Doch Syntax bedeutet nicht einfach, Wörter irgendwie zusammenzustellen. Manche Wörter haben einen engeren Bezug zueinander als zu anderen Wörtern, so dass sich aus Wörtern zunächst einmal Wortgruppen zusammenstellen lassen. WortgruppeWortgruppe ist hier als theorieneutraler Begriff gewählt, den wir später (vgl. Abschnitt 4.3) durch einen klarer definierten Begriff ersetzen werden. Wortgruppen können sich ihrerseits mit anderen Wortgruppen oder Wörtern zu anderen, größeren Wortgruppen kombinieren, bis irgendwann der Punkt erreicht ist, dass eine Kombination mehrerer Wortgruppen einen Satz ergibt.

Die Einheiten, die Sätze letztlich bilden, sind tatsächlich eher Wortgruppen als Wörter. Eine Wortgruppe kann nur aus einem Wort bestehen, wie die Wortgruppen in (4.1 a), sie können aber auch länger sein, vielleicht sogar eine innere Gruppierung erkennen lassen, wie in (4.1 b). Zur Veranschaulichung haben wir die Wortgruppen auf der Satzebene (und mögliche Gruppen innerhalb der Gruppen) mit eckigen Klammern markiert.


Zu beachten ist, dass auf der höchsten, der Satzebene, beide Sätze (4.1 a) und (4.1 b) eigentlich identisch strukturiert sind: Sie bestehen aus einem Subjekt, einem Verb, und einem Objekt, also aus drei Teilen (was unter diesen Begriffen zu verstehen ist, wissen die meisten Leserinnen und Leser sicher schon, wir erklären sie aber auf alle Fälle in Abschnitt 4.4 genauer). Wenn wir uns die Bedeutung der beiden Sätze anschauen, stellen wir fest, dass sie letztlich auf dasselbe hinauslaufen (vorausgesetzt, dass das Subjekt in beiden Fällen auf dieselbe Person referiert), in einem Fall nur etwas ausführlicher beschrieben wird, um wen und was es geht.

Beide sprachlichen Äußerungen in (4.1) sind also Sätze. Der Der SatzBegriff SatzSatz ist gar nicht so einfach zu definieren. Es kommt darauf an, aus welchem Blickwinkel man ›den Satz‹ betrachten will. Aus syntaktischer Sicht wird traditionell als ein (vollständiger) Satz ein Gebilde angesehen, das ein finites Verb aufweist, von dem die anderen Bestandteile in einer irgendwie gearteten Weise abhängen. Hier steht also die hierarchische Struktur des Satzes im Vordergrund. In der Pragmatik, die wir schon kennengelernt haben (vgl. Abschnitt 3.5), zeigt sich, dass die gleiche Funktion, die Sätze haben, auch von Äußerungen wahrgenommen werden können, die aus syntaktischer Sicht keine vollständigen Sätze sind, wie Stehenbleiben!, das im Wesentlichen dieselbe Funktion einnimmt wie z. B. Wir fordern, verdammt noch mal, dass Sie sofort stehenbleiben, anderenfalls beginnen wir zu schießen, oder huch!, das dieselbe ›Bedeutung‹ haben kann wie Weil ich gestolpert bin, habe ich mich erschreckt. Im ersten Fall ist eine gewisse Beziehung zwischen der ›Kurzform‹ und der ›Langform‹ zu erkennen, man könnte sogar annehmen, die ›Kurzform‹ ist dadurch entstanden, dass man aus der Langform alle möglichen Wörter und Wortgruppen herausgelöst hat, bis am Schluss nur noch eine Verbform übriggeblieben ist (solche und ähnliche ›Kurzformen‹ nennt man EllipsenEllipse). Im zweiten ist keine Beziehung zu sehen.

Schauen wir uns noch einmal (4.1 b) an. Wir sehen, dass der Satz aus Wortgruppen aufgebaut ist, die ihrerseits aus Wörtern und Wortgruppen aufgebaut sind. Wir sehen auch, dass ein Bestandteil der dritten Wortgruppe, nämlich die im frühen Hochsommer reif werden, selbst ein Satz ist, der seinerseits aus Wortgruppen und so weiter besteht. Diese Eigenschaft, dass Bauteile ihrerseits aus Bauteilen bestehen, die auf gleiche Weise gebaut sind (oder zu [65]zerlegen sind) wie die größeren Bauteile, und diese sich wieder auf dieselbe Weise in kleinere, gleich gebaute Bauteile zerlegen lassen, nennen Rekursivitätwir Rekursivität.Rekursivität Nahezu alle menschlichen Sprachen haben eine rekursiv aufgebaute Syntax, und selbst Sprecher von Sprachen, von denen behauptet wird, sie verfügten nicht über rekursive Strukturen, wenden Rekursivität beim Erlernen von (rekursiv gebauten) Fremdsprachen problemlos an.

Solche größeren Einheiten sollten so Kompositionalitätsprinzipzusammengebaut werden, dass nachher jeder versteht, was gemeint ist. Es ist ja nicht so, dass wir im Spracherwerb alle möglichen Sätze auswendig lernen und dann einfach, wenn wir z. B. Satz Nr. 10 687 hören, sagen: »Ach ja, das ist ja Satz 10 687, zu dem habe ich damals die Bedeutung ›Uller mag Himbeeren‹ gelernt.« Was das Kind beim Spracherwerb tatsächlich im engeren Sinne ›lernt‹, sind sprachliche Einheiten, die Lexikoneinträgen zugrundeliegen (vgl. Abschnitt 7.1), also zunächst einmal einzelne Wörter mit ihren Bedeutungen, dazu vielleicht größere Einheiten – idiomatische Ausdrücke idiomatischer Ausdruckoder Phraseologismen Phraseologismus(das sind Gebilde, in denen mehrere Wörter zusammen eine Bedeutung haben wie in auf den Wecker gehen, was streng genommen weder mit gehen noch Weckern etwas zu tun hat), mehr jedoch nicht. Aber das kann noch nicht alles sein.

Wenn man nun eine Anzahl von Wörtern irgendwie miteinander verbinden will, braucht man eine Bauanleitung – ganz ähnlich, wie wenn man in einem Möbelhaus ein flaches Päckchen kauft, aus dem später einmal ein Schrank werden soll, und nach Auspacken des Päckchens vor einer Menge an Brettern, Schrauben, Muttern und anderer Teile steht, denen man nicht direkt ansieht, wie sie zusammengehören. Üblicherweise (hoffentlich!) ist eine Bauanleitung mitgeliefert. Wenn wir Wortgruppen bis hin zu Sätzen bilden, wenden wir ebenfalls eine Art Bauanleitung an, die in unserem Kopf verankert ist. Das ist nun nicht ein schlecht kopiertes DIN-A4-Blatt wie bei unserem Schrank, sondern eine bestimmte ›Programmierung‹ im Hirn, die wir im Lauf des Spracherwerbs aus der Beobachtung unseres linguistischen Umfeldes – ein hochtrabender Name für alles, was wir an Sprache hören oder sonstwie aufnehmen – als die richtige Bauanleitung erschließen. Das Kind ist also eigentlich in derselben Situation, wie Sie, wenn Sie ein Möbel, dass Sie noch zusammenbauen müssen, kaufen und feststellen, dass keine Bauanleitung im Paket ist.

Eine ganz wichtige Regel zum Zusammenbau ist das so genannte Kompositionalitätsprinzip, Kompositionalitätsprinzipauch Fregeprinzip genannt nach dem Mathematiker, der es zuerst beschrieben hat. Es besagt, dass die Bedeutung einer komplexen (also: aus mehreren Teilen zusammengesetzten) sprachlichen Äußerung sich einerseits aus der Summe der Einzelbedeutungen ergibt, andererseits aus einem Bedeutungsbeitrag, der sich durch die Art der Kombination ergibt. Auf dieses Prinzip wird aus semantischer Sicht in Abschnitt 7.3 eingegangen; für den Syntaktiker ist der letzte Teil der Definition interessant, die Art der Kombination. Wenn ich einen Satz wie … dass das kratzbürstige Mädchen den Klavierspieler liebt äußere, hat er eine bestimmte Bedeutung. Diese Bedeutung erschließt sich aber nicht nur aus den Einzelbedeutungen der Wörter. Wenn ich eine Kleinigkeit ändere, nämlich den Fall des Artikels vor Klavierspieler, ergibt sich eine völlig andere Bedeutung: … dass das kratzbürstige Mädchen der Klavierspieler liebt. Es ergibt sich nicht nur eine andere Bedeutung, sondern auch das Gefühl, dass der Satz komisch klingt; besser würde er klingen, wenn ich ihn umstellte: … dass der Klavierspieler das kratzbürstige Mädchen liebt. Auf jeden Fall: Das Wortmaterial ist identisch. Der Bedeutungsunterschied kommt durch die Art der Zusammensetzung zustande, nämlich dadurch, dass ich im ersten Fall die Wortgruppe das kratzbürstige Mädchen als Subjekt und die Wortgruppe den Klavierspieler als Objekt mit dem Verb verbunden habe, im zweiten genau umgekehrt: Hier ist das kratzbürstige Mädchen das Objekt, der Klavierspieler das Subjekt.

Zurück zur Bauanleitung. Tatsächlich ist die Bauanleitung, die das Kind beim Spracherwerb lernen muss und die wir als Verwender der Sprache tagtäglich mehrere hundert Male anwenden, nicht ganz so einfach, das Kompositionalitätsprinzip ist nur ein Bestandteil davon. Da diese Bauanleitung jedoch nirgendwo notiert ist, sondern nur in unseren Köpfen existiert, ist es für den Sprachforscher nicht leicht, an diese Anleitung heranzukommen. Deshalb benutzen GrammatiktheorienSprachforscher Theorien zur Grammatik. Es gibt einige Theorien auf dem Markt, die wir hier nicht alle anführen wollen; wir werden uns auf einige beschränken. Eine Theorie (die Valenzgrammatik)Valenzgrammatik geht beispielsweise davon aus, dass das Verb die absolute Keimzelle des Satzes ist und alles bestimmt, was sonst in dem Satz passiert. Eine andere Theorie (die Generative Grammatik)Generative Grammatik geht davon aus, dass es ein paar wenige Bildungsregeln gibt, die alle Wortgruppen und Sätze erzeugen können (die generative Grammatik ist sehr verbreitet, weshalb wir es für hilfreich halten, in diesem Kapitel in diese Theorie einzuführen). Wieder eine andere Theorie geht davon aus, dass Satztypen und Phrasentypen ganz ähnlich wie Wörter als Ganzes im Lexikon gespeichert sind, genauer gesagt, als Form-Funktionspaare, und bei Bedarf hervorgeholt werden (Konstruktionsgrammatik)Konstruktionsgrammatik. Und wieder eine andere Theorie geht davon aus, dass die Funktion von Äußerungen das wichtigste ist und die Form der Äußerungen sich aus der Funktion direkt ergibt (funktionale Grammatik)funktionale Grammatik. Das sind nur ein paar relativ prominente Vertreter von Theorien.

Es kommt manchmal – leider viel zu häufig – vor, dass sich die Vertreter verschiedener Theorien mit fast zelotischem Eifer bekämpfen, als ob es sich um (Ersatz-)Religionen handelte. Hier ist tatsächlich eine gewisse Gelassenheit wesentlich zielführender. Es gibt sicher nicht die Theorie, die alles restfrei erklärt und darum allen anderen überlegen ist. Theorien sind an sich nichts anderes als Versuche, die mentalen Prozesse, die die Sprache erzeugen, irgendwie modellhaft sinnfällig zu machen. Manche haben ihre Stärken in einem Aspekt, andere in einem anderen Aspekt, aber solange sie in sich logisch ist, ist keine Theorie von vorneherein ›besser‹ oder ›schlechter‹ als die andere.

[67]Bevor wir aber eine Theorie entwickeln können, benötigen wir zuerst einmal Daten. Diese Daten stammen in der Syntax in der Regel entweder aus der Beobachtung tatsächlich produzierter sprachlicher Äußerungen oder aus der Beurteilung von Äußerungen, die zu exakt dem Zweck der Beurteilung ›gebastelt‹ wurden. Je nachdem, ob Sprecher der zu untersuchenden Sprache – z. B. des Deutschen – bestimmte Sätze als akzeptabel oder nicht akzeptabel einstufen, lässt sich einiges über den Aufbau der Sprache sagen.

EinGrammatikalität Beispiel: Betrachten wir den Satz in (4.2 a). Ich gehe davon aus, dass Sie diesen Satz als völlig akzeptabel beurteilen: Sie können sich vorstellen, einen Satz dieser Form schon einmal gehört zu haben, können sich vielleicht auch vorstellen, so einen Satz in einem passenden Zusammenhang selbst zu äußern. Ein solcher GrammatikalitätSatz ist grammatisch. Grammatisch kann man umschreiben mit: Die Regeln der Sprache sind in der Lage, diesen Satz hervorzubringen.


Wie ist es dagegen mit Satz (4.2 b)? Ich könnte mir vorstellen, dass Sie diesen Satz schlichtweg falsch finden. Sowas würden Sie nie sagen, und Sie könnten sich auch nicht vorstellen, dass Sie so einen Satz jemals gehört haben. Solch ein Satz ist ungrammatisch, das heißt: Die grammatischen Regeln der Sprache sind nicht in der Lage, diesen Satz hervorzubringen. Wir markieren solche ungrammatischen Sätze in linguistischen Veröffentlichungen in der Regel mit einem vorgesetzten Asterisk, einem Sternchen.

Was ich hier gemacht habe, ist tatsächlich recht einfach: Ich habe bei jeder Wortgruppe die Reihenfolge der Wörter innerhalb der Wortgruppe [68]umgedreht, also aus ›nach Köln‹ ›Köln nach‹ etc. gemacht. Man sieht: Auch das Falsche kann System haben. Tatsächlich wären diese Abfolgen im Deutschen zwar undenkbar, es ist aber theoretisch möglich, dass es andere Sprachen gibt, die solche Abfolgen ganz grammatisch finden und die bei uns gängigen als ungrammatisch beurteilen. Im Japanischen z. B. wäre die Stellung des richtungsanzeigenden Elements nach dem Bezugsnomen die einzig mögliche Reihenfolge.

Ungrammatikalität muss nicht einmal mit dem Verständnis zusammenhängen. Vielleicht wären Sie sogar in der Lage, aus (4.2 b) den intendierten Sinn herauszulesen. Die Wörter kennen Sie alle, es sind genau die gleichen Wörter wie in (4.2 a). Umgekehrt würden Sie einen Satz wie (4.2 c) vermutlich niemals akzeptieren. Was soll das denn heißen? Der Satz ist in sich voller Widersprüche, die Bedeutungen passen nicht zueinander. Die Unverständlichkeit und die daraus AkzeptabilitätGrammatikalität, Akzeptabilität und ›Stil‹resultierende Inakzeptabilität hat aber nichts mit der GrammatikalitätGrammatikalität zu tun: Rein syntaktisch betrachtet, ist an dem Satz nichts auszusetzen: das Verb schlafen hat ein Subjekt, wie es sich gehört, es wird durch ein Adverbial modifiziert, und dass Substantive durch Adjektive näher bestimmt werden, ist ja auch ganz normal. Nur die Semantik ist eben unsinnig. Solche Sätze würden deshalb nie als ungrammatisch markiert werden. Der Satz stammt übrigens aus einer frühen Publikation von Noam Chomsky (Chomsky 1957), einem der Väter der generativen Grammatiktheorie, der genau diesen Satz (auf Englisch, natürlich) zur Illustration des hier besprochenen Befundes verwendete.

Wie ist es nun mit einem Satz wie in (4.2 d)? Vielleicht wurde Ihnen beigebracht, dieser Satz sei falsch: Wegen hat mit Genitiv zu stehen, nicht mit Dativ. Tatsächlich aber ist dieser Satz nach unserer Definition ein völlig grammatischer Satz des Deutschen, denn die Beobachtung dessen, was in der Sprache tatsächlich vorkommt, lehrt uns, dass die Konstruktion der Präposition wegen mit dem Dativ sehr häufig benutzt wird. Wie die Beobachtung zeigt, ist der Kasusgebrauch hier variabel: Grundsätzlich lässt das System beide Kasus zu. Die Variation ist aber nicht völlig frei, sondern hängt in diesem Fall vom Register Registerab, also der Stilebene, wenn Sie so wollen: Im Schreiben und in eher formalen Kontexten wird eher der Genitiv verwendet, in der alltäglichen Sprache der Dativ. Konservativ eingestellte Sprachbenutzer bemerken, dass es vor mehreren hundert Jahren diese Variation nicht gab und leiten daraus ab, dass die ›neuere‹ Variante falsch sein muss. Dass dieser Schluss unlogisch (und damit die Behauptung unsinnig) ist, liegt unter anderem daran, dass Variation eine ganz normale Sache in der Sprache ist, ebenso wie jede Sprache ständig Veränderungen unterworfen ist – wir werden im Kapitel zum Sprachwandel [69](Kapitel 12) darauf zurückkommen. Die Prämisse ist also falsch: es ist einfach nicht der Fall, und es ist nicht einmal wünschenswert, dass nur eine bestimmte Variante richtig und alle anderen falsch sind.

Regeln der Art ›Nach wegen hat man den Genitiv und nicht den Dativ zu gebrauchen‹ kann man als präskriptive Regeln RegelpräskriptiveDer Regelbegriff in der Linguistikbezeichnen: Sie geben Hinweise, wie man zu schreiben oder zu sprechen hat, wenn man bestimmte stilistische Standards erfüllen will. Präskriptive Regeln interessieren den Linguisten nicht, höchstens in der Form, dass der Linguist schließen kann, dass eine bestimmte sprachliche Form im System existiert, wenn es eine präskriptive Regel gibt, die diese Form verbietet. Das ist sehr nützlich, wenn man z. B. historische Sprachen untersucht.

Diejenigen Regeln, die den Linguisten interessieren, sind Regeldeskriptivedeskriptive Regeln, also Beschreibungen des Ist-Zustandes, im Idealfall Generalisierungen Generalisierungüber die Gesamtmenge der sprachlichen Äußerungen, aus denen man etwas über das sprachliche System oder die Funktionsweise des Hirnes lernen kann und im Idealfall zu generativen RegelnRegelgenerative, also Bauanleitungen, kommen kann.

Wir werden nun im Folgenden einige Aspekte der Syntax zu beleuchten versuchen. Ausführlichere Darstellungen finden sich in Lehrbüchern wie Dürscheid (2007), Pittner/Berman (2013) oder Wöllstein-Leisten et al. (1997). Sehr zu empfehlen sind auch die neueren Versionen der Dudengrammatik, z. B. Duden (2016). Wir werden zu den einzelnen Themen weitere Lesehinweise zur Vertiefung geben.

Deutsche Sprachwissenschaft. Eine Einführung

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