Читать книгу Die Unglückliche - Иван Тургенев - Страница 13

XlI

Оглавление

Ich brachte jenen ganzen Tag in Gedanken über Fustoff, Susanne und ihre Verwandten zu. Mir schwebte dunkel etwas wie ein Familiendrama vor. So viel ich urtheilen konnte, war Susanne meinem Freunde nicht gleichgültig. Aber sie? Liebte sie ihn? Warum war sie so unglücklich? Was war sie überhaupt für ein Geschöpf? Diese Fragen kamen mir immer wieder in den Sinn. Ein dunkles aber deutliches Gefühl sagte mir, daß ich mich nicht an Fustoff zu wenden habe, um ihre Lösung zu erlangen. Das Ende davon war, daß ich mich am folgenden Tage in das Haus des Herrn Ratsch begab.

Sobald ich mich in dem kleinen dunklen Vorzimmer befand, schlug mir mein Gewissen und ich war verlegen. Sie wird sich am Ende nicht einmal zeigen, blitzte es mir durch den Kopf, und ich werde mit jenem abscheulichen »Veteranen« und seiner Frau – Köchin sitzen müssen . . ., und endlich, selbst wenn sie erscheint . . . was dann? Sie wird sich nicht einmal mit mir unterhalten . . . Sie hat mich neulich zu unfreundlich behandelt! Warum bin ich hergekommen? Während ich Alles dieses dachte, war der kleine Kosake hineingelaufen, um mich anzumelden, und, nach einigen fragenden »Wer da? Wer, sagst Du?« wurden schwere, schlurrende Pantoffel hörbar, die Thür wurde ein wenig geöffnet, und in der Spalte, zwischen den beiden Flügeln derselben, erschien das Gesicht Ivan Demjanitsch’s, ein verzerrtes, finsteres Gesicht.

Er sah mich unverwandt an, und veränderte seinen Ausdruck nicht sogleich . . . Herr Ratsch hatte mich offenbar nicht gleich erkannt; aber plötzlich rundeten sich seine Wangen, die Augen verengten sich, und aus dem geöffneten Munde platzte, mit einem Gelächter zugleich, der Ausruf: »Ach, mein verehrter Herr! Sie sind es? Seien Sie mir willkommen!«

Ich folgte ihm um so weniger gerne, als es mir vorkam, daß der heitere, zuvorkommende Herr Ratsch mich in seinem Innern zum Teufel sandte. Allein jetzt war nichts mehr zu ändern. Er führte mich in’s Gastzimmer, und dort – im Gastzimmer saß Susanne an einem Tische vor dem Einnahme- und Ausgabebuch. Sie sah mich mit ihren dämmerigen Augen an, und biß ein ganz klein wenig die Nägel ihrer linken Hand . . . dies war ihre Gewohnheit, die Gewohnheit vieler nervöser Menschen, wie ich bemerkt habe. Außer ihr war Niemand im Zimmer.

»Sehen Sie hier,« fing Herr Ratsch an, und gab sich einen Schlag auf den Schenkel, – bei welcher Beschäftigung Sie Susanna Ivanowna und mich finden: Wir sehen Rechnungen durch. Meine Frau ist nicht sehr stark in der »Arithmetik«, und ich, aufrichtig gestanden, schone meine Augen. Ohne Brille kann ich gar Nichts sehen, was wollen Sie machen? So mag denn die Jugend arbeiten. Ha – ha! Die Ordnung verlangt es. Uebrigens-, die Arbeit hat keine Eile . . .«

Susanne machte das Buch zu und wollte sich entfernen. – »Warte doch, warte,« sagte Herr Ratsch. – »Was thut es denn, daß Du nicht in Toilette bist» . . . « (Susanne hatte ein sehr altes Kleidchen, fast ein Kinderkleid mit kurzen Aermelchen, an.) »Unser theurer Gast wird es uns nicht übel nehmen, und, wenn ich nur die Rechnung für die Verflossene Woche aufräumen könnte . . . Sie erlauben?« wandte er sich zu mir. – »Wir stehen ja nicht auf so ceremoniellem Fuße miteinander!«

»Seien Sie so gut, beunruhigen Sie sich deßhalb nicht,« rief ich aus.

»Also! verehrtester Herr; Sie wissen selbst: der in Gott ruhende Kaiser Alexis Michailowitsch . Romanow pflegte zu sagen: »Der Arbeit – die Zeit; dem Vergnügen – der Augenblick!« Wir aber wollen der Arbeit selbst blos eine Minute weihen . . .Ha – ha! Was sind denn dies für 13 Rubel 30 Kopeken Silber?« fügte er halblaut hinzu, indem er mir den Rücken zuwandte.

»Fictor hat dieselben von Eleonore Karpowna genommen; er sagt, Sie hätten sie ihm bewilligt,« antwortete Susanna ebenfalls halblaut.

»Er hat gesagt . . . gesagt . . . bewilligt . . .« murmelte Ivan Demjanitsch – »Mir scheint, ich bin persönlich hier zugegen. Hättet mich fragen sollen. Aber wer hat denn diese 17 Rubel Silber erhalten?«

»Der Möbelhändler.«

»Der Möbelhändler . . . Wofür denn?«

»Auf Abrechnung.«

»Auf Abrechnung Zeige her!« – Er riß Susannen das Buch aus der Hand, setzte eine runde Brille in silberner Fassung auf die Nase und fuhr mit dem Finger die Zeilen entlang. – »Dein Möbelhändler . . . dem Möbelhändler . . . Wenn Ihr nur das Geld aus dem Hause bringen könnt! Dann seid ihr glücklich! . . . Wie die Croaten! Aqubrechnung! Uebrigens,« fügte er laut hinzu, die Brille von der Nase ziehend und sich mir wieder zuwendend – »was thue ich denn eigentlich da? Dieses langweilige Zeug kann auch später vorgenommen werden. Susanna Ivanowna, schleppen Sie diese Buchhalterei an ihren Platz zurück, und kommen Sie dann wieder her, ich bitte, und entzücken Sie das Ohr dieses unseres liebenswürdigen Gastes durch Ihr musikalisches Werkzeug, nämlich durch Ihr Clavierspiel . . . Eh?« –

Susanne wandte den Kopf ab.

»Ich wäre sehr glücklich,« sagte ich schnell, – »es wäre mir außerordentlich angenehm, Susanne Ivanowna spielen zu hören. Aber ich möchte Sie für Nichts in der Welt belästigen.«

»Was, belästigen! Wie das? Nun Susanne Ivanowna, eins, zwei, drei!«

Susanne antwortete nicht, und ging hinaus.

Die Unglückliche

Подняться наверх