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IV

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Eines Tages begab ich mich ziemlich früh zu ihm, und fand ihn noch in seinem Cabinette. Er rief mich aus dein Nebenzimmer an, aus welchem ein Schnauben und Plätschern an mein Ohr drang. Fustofs begoß sich jeden Morgen mit kaltem Wasser und machte daraus eine Viertelstunde lang gymnastische Uebungen, in denen er eine große Meisterschaft erlangt hatte. Uebertriebene Sorge für die Gesundheit seines Körpers ließ er nicht zu, allein das Nothwendige vergaß er nicht (»Vergiß Dich selbst nicht, rege Dich nicht auf, arbeite mit Maaß,« war sein Wahlspruch). Fustoff war noch nicht erschienen, als die Thür des Zimmers, in welchem ich mich befand, sich weit öffnete und ein Mann von ungefähr 50 Jahren in einem Uniformfrack hereintrat; er war stark, untersetzt, hatte milchig weiße Augen, ein bräunlich-rothes Gesicht und eine förmliche Mütze von grauem, krausem Haare. Dieser Mensch blieb stehen, sah mich an, riß seinen großen Mund weit auf, brach in ein lautes, metallisches Gelächter aus, und schlug sich mit der flachen Hand hinten auf den Schenkel, wobei er den Fuß hoch in die Höhe warf.

»Ivan Demjanitsch?« fragte mein Freund hinter der Thüre.

»Er ist es selbst,« antwortete der Hereintretende. »Aber was machen Sie denn da? Beendigen Ihre Toilette? Ist Recht! ist Recht! (Die Stimme des Menschen, welcher Ivan Demjanitsch genannt wurde, hatte einen metallischen Klang, wie sein Lachen.) Ich beabsichtigte zu Ihrem Bruder zu gehen und ihm eine Stunde zu geben; aber er hat sich erkältet, niest fortwährend. Er kann sich nicht beschäftigen. Da bin ich denn einstweilen zu Ihnen eingekehrt, um mich zu erwärmen.

Ivan Demjanitsch brach wieder in dasselbe seltsame Lachen aus, klatschte sich wieder laut auf den Schenkel, zog ein quadrirtes Tuch aus der Tasche, schnaubte sich laut, die Augen wild dabei verdrehend und schrie, in das Tuch speiend, aus vollem Halse: Tfu–u–u!

Fustoff trat ins Zimmer und fragte uns Beiden die Hand reichend, ob wir einander kennen?

»Nein, gar nicht,« donnerte Ivan Demjanitsch sogleich hervor, »der Veteran aus dein Jahre 12 hat nicht die Ehre!«

Fustoff nannte mich zuerst und sagte dann auf den »Veteranen aus dem Jahre 12« zeigend:

»Ivan Demjanitsch Ratsch, Lehrer . . . verschiedener Gegenstände.«

»Ja, namentlich, namentlich verschiedener Gegenstände,« unterbrach ihn Herr Ratsch. »Was habe ich, wenn ich darüber nachdenke, nicht schon Alles gelehrt, und was lehre ich nicht Alles noch! Mathematik, Geographie, Statistik, italienische Buchhalterei. Ha – ha – ha – ha! Und Musik! Sie zweifeln mein Herr?« warf er plötzlich dazwischen. Fragen sie Alexander Daviditsch, wie ich mich auf dem Fagott auszeichne? Was wäre ich denn im entgegengesetzten Falle für ein Böme, Czeche, nämlich? Ja, mein Herr, ich bin Czeche, und meine Heimath ist – das alte Prag! Apropos, Alexander Daviditsch, wie kommt es, daß Sie sich so lange nicht gezeigt haben? Wir hätten ein Duo zusammen gespielt . . . Ha – ha! Gewiß!«

»Ich bin vorgestern bei Ihnen gewesen, Ivan Demjanitsch,« antwortete Fustoff.

»Das nenne ich eben selten. Ha – ha!«

Wenn Herr Ratsch lachte, so rollten seine Augen seltsam unruhig hin und her.

»Ich sehe, junger Mensch, daß mein Benehmen Sie in Erstaunen setzt,« wandte er sich wieder zu mir. »Das kommt daher, weil Sie mein Temperament noch nicht kennen. Erkundigen Sie sich bei unserm guten Alexander Daviditsch nach mir. Was wird er Ihnen sagen? Er wird sagen, daß der alte Ratsch ein Einfaltspinsel ist, ein Russacke dem Geiste, wenn auch nicht der Abstammung nach, ha – ha! Bei der Taufe erhielt ich den Namen Johann Dietrich und werde gerufen – Ivan Demjanoff! Was mir im Sinn ist, habe ich auf der Zunge; das Herz liegt mir, wie man zu sagen pflegt, auf der flachen Hand; alle diese verschiedenen Ceremonieen kenne ich nicht, und will nichts von ihnen wissen. Gott mir ihnen! Kommen Sie einmal gegen Abend zu mir, und Sie werden selbst sehen. Mein Weib – meine Frau, das heißt, ist auch von den Einfachen; sie wird für uns kochen, und braten . . . ich sage Ihnen! Alexander Daviditsch, spreche ich die Wahrheit?«

»Machen Sie nicht den Stolzen, dem Alten gegenüber, kommen Sie zu mir an,« fuhr Herr Ratsch fort. »Und jetzt . . .« (Er zog eine dicke silberne Uhr aus der Tasche und hielt sie vor sein weit aufgerissenes, rechtes Auge) »ich glaube, ich muß fort. Ein anderer Taugenichts erwartet mich . . . dem lehre ich, weiß der Teufel was . . . Mythologie, bei Gott! Und wie weit der Erbärmliche wohnt! Beim rothen Thor! Gleichviel: werde es zu Fuß ablaufen, zumal ihr Bruder zu pipsen beliebt und den Fünfzehner im Sacke behielt! Ha – ha! Bitte uni Vergebung meine Herren, auf Wiedersehen! Sie aber, junger Herr, sprechen Sie bei mir vor . . . Nun, was denn? . . . Wir müssen jedenfalls ein Duo abspielen!« rief Herr Ratsch aus dem Vorzimmer, indem er geräuschvoll seine Galloschen anzog, und zum letzten Male erschallte sein metallisches Lachen.

Die Unglückliche

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