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Nelson Rodrigues fühlte sich gut. Er ließ die Puppen tanzen und lebte wie im Rausch. Seine Frau war glücklich, da sie eine Menge Geld zum Ausgeben bekam. Sie war den ganzen Tag in der Stadt unterwegs und kaufte ein. Rodrigues war dafür die ganze Nacht unterwegs. Seine Frau wusste, dass er sie mit Prostituierten betrog. Aber sie hatte dafür einen Geliebten und eben Geld. Woher es kam, war ihr egal, solange es nur kam. Dafür hielt sie den Mund und machte kein Gezeter. Beide waren mit ihrer Übereinkunft sehr zufrieden.

Rodrigues hatte für den Abend drei Nutten und ein Penthouse gemietet. Der Vermittler sagte ihm, dass wäre die neueste und schönste Ware und das Penthouse purer Luxus in bester Lage. Die Mädchen wären erst gestern gekommen und noch unverbraucht. Rodrigues konnte es kaum abwarten bis es Abend wurde. Bis dahin vertrieb er sich die Zeit in seiner Lieblingsbar und gönnte sich ein paar Gläser Bier. Unterbrochen von Toilettenbesuchen, bei denen er sich immer nur eine kleine Line auflegte, damit er nicht zu sehr zugedröhnt war. Er wollte den Abend noch genießen. Wollte jetzt nur vorglühen.

Nach einer Weile war es dann soweit. Die Sause sollte in einer halben Stunde beginnen. Er war schon so geil, dass er kaum noch laufen konnte.

Das Taxi kam und fuhr ihn zum Penthouse. Dieses war perfekt. Es war sehr geräumig, hatte eine tolle Aussicht und eine große Terrasse. Es gab einen Whirlpool und eine Bar. Die Räume waren geschmackvoll eingerichtet und mit dicken Teppichen ausgestattet, in die man regelrecht einsank. Der Vermittler hatte ihm nicht zu viel versprochen. Hier konnte er viel Spaß haben.

Zum Einstimmen legte er sich erst einmal zwei schöne Lines auf. Das Koks, das er besaß, war von besonderer Qualität. Er hatte es von einem Dealer, der ihn damit für sein Stillschweigen bezahlte. Der Mann verfügte immer über gute Ware. Rodrigues hielt es nach den Prinzipien der »vier Affen«: Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen und die Hand aufhalten.

Er beugte sich über den Tisch und setze ein Plastikröhrchen an, als er plötzlich einen Schlag auf den Hinterkopf bekam. Das Röhrchen brach und ein Teil rammte sich in seine Nasenscheidewand. Blut schoss ihm aus der Nase. Rodrigues wusste nicht wie ihm geschah. Bevor er zu einer Reaktion fähig war, bekam er den nächsten Schlag auf den Kopf. Diesmal war es ein harter Gegenstand, der ihn traf. Er kippte seitlich nach vorne, stürzte auf den Boden und sah anstatt der Nutten - drei Männer. Einer hatte ihm seinen Pistolenknauf auf den Kopf geschlagen und zischte ihn an: »Du blöde Sau, hast meine schöne Knarre total versaut. Na, dir werde ich helfen«, und hechtete sich auf Rodrigues. Die anderen beiden Männer lachten laut auf.

»Was wollt ihr von mir?«, stammelte Rodrigues benommen und trat aus Reflex mit den Beinen nach dem Mann, der ihn geschlagen hatte und sich auf ihn stürzte.

Schon stürmten die anderen zwei auf ihn los. Einer der beiden holte mit einem Teleskopstock aus und schlug mit voller Wucht mehrmals auf Rodrigues‘ Beine. Nach dem dritten Schlag brach dessen rechtes Schienbein. Rodrigues schrie vor Schmerz laut auf. Sofort wurde er gepackt und mit Panzertape gefesselt. Ein Stück Stoff wurde in seinen Mund gedrückt und mit dem Klebeband um seinen Kopf fixiert. Dann falteten sie eine große Plastikplane auf dem Boden aus, holten einen Stuhl, den sie darauf stellten und banden Rodrigues mit dem Tape fest, so dass er weder Arme noch Beine bewegen konnte.

»Du kleiner Spitzel wirst nun das Schrecklichste erleben, was du je gehört oder gesehen hast«, flüsterte der Anführer der Männer teuflisch und fing auch schon an, Rodrigues zu traktieren. Sie schnitten, stachen und quälten ihn, aber immer so, dass er es überleben konnte und doch die größtmöglichen Schmerzen hatte. Er wurde über Stunden schrecklich gefoltert und grausam verstümmelt.

Irgendwann kam Sérgio Machados respekteinflößende Gestalt in das Penthouse und setzte sich daneben und beobachtete reglos und schweigend das Geschehen. Seine kalten blauen Augen, eingerahmt von seinem silbergrauen Haar und dem markanten Kinn, fixierten sein Gegenüber gleichgültig. Dann sprach er: »Ah, wie ich sehe, hast du deine Fingerchen und Zehen ja noch, aber ich denke, die brauchst du jetzt nicht mehr.« Er gab ein Zeichen und schon wurde einer nach dem anderen von den Folterern abgetrennt, aber immer mit einer Pause dazwischen: »Damit du es genießen kannst«, wurde der Gepeinigte aufgeklärt.

Nach einer geraumen Zeit, die für Rodrigues unendlich war, sah Machado auf seine Uhr und befand dann: »Wir machen jetzt Schluss, ich habe einen Termin.« Dann wandte er sich seinem kaum noch lebenden Opfer zu: »Na, du kleiner Wurm …, jetzt schaust du ziemlich jämmerlich aus der Wäsche. Aber du bist ziemlich zäh, das muss man dir lassen. Dafür sollst du nun auch erfahren, warum du so zugerichtet wurdest.«

Nach einer Kunstpause erklärte er dem Sterbenden, der ihn in seinem Leben zuvor noch nie gesehen hatte: »Du hast Valdir de Souza verraten. Und somit hast du mich verraten. Das hättest du lieber nicht machen sollen.«

Rodrigues stöhnte nur noch leise. Er war so zugerichtet, das er schon fast tot war.

»Du hast einen großen Fehler begangen, einen, den du nicht wieder gutmachen kannst. Nun werde ich dir noch das Augenlicht nehmen. Das brauchst du jetzt auch nicht mehr, denn deine Nutten werden nicht mehr kommen. Aber ich denke, das weißt du selbst.« Rodrigues wandte sich noch einmal mit aller Kraft in seinem Stuhl, doch die Fesseln hielten ihn in seiner Position. Machados Männer packten seinen Kopf und fixierten ihn wie in einem Schraubstock. »Ganz ruhig, Nelson, ich bin noch nicht fertig«, meinte Machado höhnisch, tätschelte den blutigen Kopf seines Opfers und fuhr fort: »Außerdem möchte ich nicht, dass du auch noch im Jenseits herumschnüffelst. Und dagegen kann ich vorbeugen, denn das Augen ausschneiden ist eine Sitte aus China, die besagt: Wenn einem Verurteilten im Diesseits das Augenlicht genommen wird, wird er auch im Jenseits blind sein. Und man weiß nie, vielleicht stimmt es ja. Da war noch was mit dem mittleren Zeh, aber daran kann ich mich jetzt nicht mehr erinnern. Aber das ist jetzt auch egal, deine Zehen hast du ja schon verloren.«

Sérgio Machado gab erneut ein Zeichen und einer der Helfer setzte sein Messer an

Stach zu und

Blendete Rodrigues.

Der stöhnte nochmals laut auf und wurde dann ganz still.

Nun ließ Machado etwas Zeit verstreichen: »Damit du die Schmerzen noch ein wenig mehr auskosten kannst. Das ist wie bei einem guten Essen, das muss man nachwirken lassen«, erklärte er mit triefenden Sarkasmus.

Dann kam der Schlussakt.

Langsam und genüsslich, wie ein Metzger bei der Arbeit, tranchierte derjenige, der den Gemarterten geblendet hatte, dessen letzten Reste. Als Nelson Rodrigues schließlich tot war, befahl Machado kurz: »Packt den Scheißkerl zusammen und nehmt ihn mit.« Rodrigues‘ Teile wurden mit der Plastikplane in einen großen Plastiksack geschmissen, dann verließ die Gruppe das Penthouse.

Am nächsten Tag wurde er gefunden. Sie hatten den Sack mit seinen Überresten nachts an einem Platz vor einer Zufahrtsstraße zur Rocinha aus dem Auto geschmissen und auf einem Zettel eine Nachricht hinterlassen. Eine Botschaft, die allen sagte, dass sich der Dono der Rocinha entweder mit den Falschen angelegt hatte und nun ein Problem hat, oder dass es Verrückte gab, die unbedingt sterben wollten.

Auf dem Zettel stand:

Für Reizho

Auf dem Hügel sprach sich die Neuigkeit rasend schnell herum. Am Nachmittag wussten alle Favelados, was passiert war, und dass sich das Leben in Rocinha ändern würde.

Es roch nach Gewalt.

Jeder, der Reizho kannte, wusste: Dieser Mord würde gerächt werden. Es würde ein Gemetzel geben. Zur Sicherheit gingen alle in Deckung und machten sich rar. Die Leute verließen das Haus nur noch, wenn es nötig war, denn es konnte jederzeit losgehen.

Tödlicher Samba

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