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Sueli wurde zum Wrack. Unkontrollierbar zuckte und zitterte sie. Kratze sich fast ständig, da es an ihrem gesamten Körper ununterbrochen juckte. Überall an ihrem Leib waren offene Wunden, die nicht mehr heilen wollten. Mit weniger als fünfundvierzig Kilo bei 1,70 Meter Körpergröße, fielen ihr nun auch die Zähne aus. Sie konnte kaum noch essen und hatte oft Durchfall. In letzter Zeit häuften sich auch die Halluzinationen.

Ihr Rausch war nicht mehr wie anfangs, als er all ihre Sorgen weggeblasen hatte. Sie hatte zunehmend Einsamkeitsgefühle, wenn sie drauf war und wurde extrem aggressiv. Aber das Verlangen nach einem Zug an der Pfeife war so stark, dass sie nicht anders konnte.

Sie musste rauchen.

Den Rausch befeuern.

Sie durfte nicht auf Turkey kommen.

Das war die Hölle.

Die pure Hölle.

Dagegen tat sie alles, was in ihrer Macht stand.

Trotzdem hatte sie schon oft gedacht, und auch laut zu Leuten gesagt: »Morgen höre ich auf. Morgen stehe ich das durch. Morgen habe ich die Kraft!«

Aber das war alles nur Schall und Rauch. Der Rauch, den sie sich morgens als erstes reinzog. »Das Morgen« verschob sich oft, denn sie schlief öfter zwei oder drei Nächte überhaupt nicht und fiel dann in einen komaähnlichen Schlaf. Öffnete sie wieder die Augen, begann ihr Ritual erneut. Egal, was sie sich tags zuvor vorgenommen hatte. Sie suchte die Crackreste zusammen und stopfte sich eine Pfeife.

Mittlerweile wachte sie auch aus dem ohnmachtsähnlichen Schlaf zitternd auf. Sie war schon so abhängig, dass die Entzugserscheinungen sie weckten und sie sich eine Pfeife stopfen musste, damit sie weiterschlafen konnte. Manchmal gelang es, manchmal aber auch nicht und sie fand keinen Schlaf mehr. Dann begann ein neuer grausamer, langer Tag.

Obwohl Crack billig war, brauchte sie viel Geld. Sehr viel Geld, denn ihr Konsum stieg ins Maßlose. Was mit einem Stein pro Tag begann - etwas mehr als ein Zehntelgramm - war nun auf das Doppelte - oder mehr - innerhalb einer Stunde gewachsen. Ein Steinchen kosteten sie zwei Reais. Sie hatte noch Glück, denn sie bekam einen Vorzugspreis, da sie viel kaufte und mit ihren Dealern oft auch Sex hatte. Und sie war gut im Bett. Zudem war der Reais seit seiner Einführung stabil geblieben. Wäre die Inflation so stark gewesen wie bei den vorigen brasilianischen Währungen, wäre das katastrophal für sie gewesen. So hatte die hohe Politik unbeabsichtigt selbst für sie gesorgt.

Ihre Stimmungswechsel, von euphorisch zu zutiefst depressiv, waren einer permanenten Depression gewichen. Nur selten stellte sich nach einem Zug an der Pfeife noch das Gefühl einer Zufriedenheit ein. Die Wirkung des Cracks war immer schwächer geworden. Manchmal kam es ihr so vor, als würde es sie nicht mehr berauschen. Die Dosis war immer größer geworden, doch solche Kicks, wie sie sie am Anfang hatte, bekam sie nicht mehr. Egal, wie viel Crack sie in die Pfeife stopfte und rauchte.

Es war ein Teufelskreis.

Sie wusste, sie brauchte Hilfe. Aber wenn jemand sie darauf ansprach, dann rastete sie für gewöhnlich aus. Ihre Schwestern hatten versucht, mit ihr zu reden, aber nicht einmal Adélia war es gelungen. Selbst die hatte sie angeschrien und ihr gesagt, sie solle sich verpissen. Sogar einer ihrer Dealer sagte ihr besorgt, sie solle langsamer treten, sonst gäbe es Crack nur noch für Geld und nicht mehr für Sex. Kameradschaftlich sagte er ihr, sie würde richtig scheiße aussehen und jetzt, wo sie auch noch ihre Zähne verlor ... Sie sollte mal wieder von ihrem Trip herunterkommen. Er hatte Mitleid mit ihr. Aber das war Sueli egal. Dann würde sie eben bezahlen. Was sollte sie auch machen, die Droge hatte sie vollkommen im Griff. Inzwischen schlief sie mit jedem, der ihr Geld oder Crack gab.

Es war ihr egal.

Sie machte alles, auch das war ihr egal.

Ohne Kondom, egal.

Hauptsache die Bezahlung passte.

Hin und wieder wurde sie geschlagen oder nicht bezahlt. Aber immer seltener. Sie war mit der Zeit so fertig geworden, dass selbst die Zuhälter, die sie früher abkassierten - manche waren früher auch ihre zeitweiligen Freunde - sie nun in Ruhe ließen. Aber dafür musste sie sich jetzt selbst schützen. Zu Hilfe kam keiner mehr, doch sie hätte es auch nicht anders gewollt. Das war ihr Charakter, ihr letzter Rest Stolz. Nie würde sie am Tropf eines Mannes hängen. Sie war keine Püppy. Nachdem ein Typ sie fast tot geprügelt hatte, besorgte sie sich eine kleine Pistole. Kürzlich hätte sie diese aber beinahe gegen Crack eingetauscht.

Das war nun ihr Leben.

Ein Leben auf der Suche.

Der Suche nach

Crack

Tödlicher Samba

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