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An diesem Abend wollte Ali Akbar nicht ins Bett gehen. Er wälzte bis spät in die Nacht seine heruntergeladenen Informationen über den Hoover Dam.

Dabei benutzte er die verschlüsselte Partition, die ihm Bill eingerichtet hatte. Ali hätte nie gedacht, dass es so etwas Raffiniertes an Verschlüsselungstechnologien gab. Bill hatte ihm gezeigt, dass sich, wenn er das erste Passwort eingab, auch eine Partition öffnete, allerdings nur ein harmloser Bereich. Mit Urlaubsbildern, persischen Rezepten, einer Liste von Restaurants, die er gerne besuchte und ganz versteckt ein paar anzügliche Bilder von irgendwelchen Schmuddelseiten. Der harmlose Bereich sollte dabei so echt wie möglich aussehen. Selbstverständlich musste Ali über dessen Inhalt Bescheid wissen. Bill hatte ihm es so verdeutlicht, dass wenn jemand mit der Pistole hinter ihm stünde oder drohte seine Familie zu Hause auszulöschen, könnte er dieses erste Passwort eingeben. Der Angreifer würde die Partition öffnen können und sich nicht belogen fühlen. Bill hatte ihm versichert, dass es technisch unmöglich zu erkennen war, dass es noch einen zweiten Bereich gäbe. Der einzige Haken an der Sache war, dass er den harmlosen Bereich nicht mehr aktualisieren durfte. Ali würde sonst Gefahr laufen, Daten im zweiten Bereich zu überschreiben. Daher legten Bill und er in regelmäßigem Abstand die Partitionen neu an und kopierten die bisher gewonnen Erkenntnisse.

In diesem sicheren Bereich lag auch der persönliche Zertifikatsschlüssel für die Mailbox, die ihm Bill eingerichtet hatte. Ali öffnete die Mailbox routinemäßig nach zwei Stunden Recherche. SPAM, schon wieder, dachte er. Wieso will mir eigentlich die halbe Welt Viagra andrehen?

Bill hatte Ali eindringlich gebeten auch die SPAM Mails anzusehen. Er erklärte ihm auch kurz, woher das Wort SPAM eigentlich kam. Bill hatte wohl ein Faible für die Briten. Er meinte, es wäre ein Monthy Phyton Sketch, bei dem immer das Wort SPAM vorkam. Eine übliche Abkürzung bei den Inselbewohnern für spiced pork and ham. Ein widerliches Frühstücksessen aus der Dose. Ali mochte weder die Engländer, noch ihre Küche.

Wenn Said Ali kontaktieren würde, wäre dies nach Bills Einschätzung wohl eine SPAM Email. Dies wäre am unauffälligsten.

Viagra, zum ersten, Viagra zum zweiten, vielleicht sollte ich das Zeug einfach mal kaufen, dann nerven die mich nicht mehr, sinnierte Ali.

Aber was war das? Es gab eine Reise zu gewinnen. Endlich mal kein Potenzmittel. Ali war kurz davor die Mail zu löschen, als er das Ziel sah. Die Reise ging nach Kanada, genauer gesagt in den Wells Grey Provincial Park. Jetzt klingelten Alis Alarmglocken. Vor ungefähr fünf Jahren hatte er Said von einem seiner Träume erzählt. Er wollte einmal nach Kanada und sich dort die Nationalparks ansehen. Besonders angetan hatte Ali von einem traumhaften Park erzählt, der in Prospekten und Reiseführern als Geheimtipp gehandelt wurde. Unendliche Natur. Er könnte tagelang Kanu fahren ohne jemanden zu treffen, wandern und viele Bären beobachten. Angeblich wimmelte es in dem Park nur so von den braunen Geschöpfen. Und er wollte den Wasserfall sehen, den er Said schon auf vielen Bildern gezeigt hatte, den Helmcken Fall.

Und genau auf dieses Bild starrte Ali jetzt. Er war sich sicher. Die Nachricht stammte von Said.

Er studierte die Email genauer und entschied sich auf den Ich-mache-im-Preisausschreiben-mit Knopf zu drücken.

Der Link führte ihn immer wieder über einen redirect, also einer Weiterleitung, auf eine neue Seite. Ali landete schließlich auf einer Seite der Washington Post, bei den Kleinanzeigen der Kontaktbörse. Neugierig ging er sie alle durch. Bei einer blieben seine Augen hängen.

„Suche kleinen Brillenträger für gemeinsamen Spaß. Garantiere Bombenstimmung. Ruf mich an unter 057 013 1430.“

Ali war sichtlich entzückt über Saids Wortwahl. Er erkannte ziemlich schnell die Codierung der amerikanischen Telefonnummer. Die ersten drei Zahlen müssen das Datum sein, siebter Mai im US-typischen Datumsformat. Der zweite Block war ihr vorher definierter Platz 13. Der dritte Block war die Uhrzeit, 14:30.

Übersetzt hieß das: übermorgen 07. Mai, 19:00 Uhr, „Golden Dragon“ Restaurant in China Town, San Fransisco.

Ali war in den letzten zwei Tagen nicht wirklich weitergekommen. Er war eher damit beschäftigt, sich zu überlegen wie er es Said am schonendsten beibringen konnte, dass seine Zelle noch keine sichtbaren Fortschritte gemacht hatte. Mit gesenktem Haupt betrat Ali das chinesische Restaurant.

„Ni hao. Darf ich Ihnen einen Tisch anbieten?“, wurde er freundlich von einer jungen Chinesin begrüßt. Sie hatte pechschwarze Haare und ein sehr blasses Gesicht.

„Ich warte noch auf einen Freund. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob er schon…“ Ali konnte den Satz gar nicht beenden, da sprudelte es schon aus der Asiatin heraus.

„Ah, ni shi Akbar. Bitte kommen Sie.“ Sie drehte sich mit einem breiten typisch asiatischen Lächeln um und verschwand in ein kleines Separee. Ali folgte ihr zu einem Tisch mit rundum rotem Sofa. Im hintersten Bereich saß Said im Halbschatten.

„Chi chi“, brachte Ali stockend heraus. Die einzigen chinesischen Worte, die er kannte. Aber er hatte bei seinen Besuchen in Chinatown schnell gelernt, dass diese Doppelsilbe Wunder bewirkte. Ein Thank You konnte da nicht mithalten.

Das junge Mädchen verschwand genau so schnell wie sie Ali zu Said gebracht hatte.

„Ali, mein Bruder. Schön, dass alles geklappt hat. Ist alles klar bei dir? Du siehst etwas bedrückt aus.“

„Said, ich will nicht ausweichen. Aber unsere Ergebnisse sind bisher nicht zufriedenstellend. Ich übernehme die volle Verantwortung dafür.“

„Eins nach dem anderem. Erzähle mir zuerst was ihr herausbekommen habt. Dann sehen wir weiter. Ach ja, ist Peking Ente ok? Ich habe sie schon einmal für uns vorbestellt.“

Wie konnte Said bei so einem Thema an die Essenswahl denken? War ihm das Thema nicht so wichtig? Alis Gedanken mussten sich erst sortieren, aber dann legte er los.

„Wir haben alle Möglichkeiten durchgerechnet. Eine Zerstörung ist nach unserer Einschätzung nicht möglich.“

Bewusst vermied Ali den Namen des Zielobjektes.

„Beschädigung ja, aber vollkommen nein. Da ist so viel Beton eingegossen, dafür könnten wir den ganzen Grand Canyon zubetonieren.“ Ali übertrieb, wobei Said keine Miene verzog und weiter lauschte.

„Wir haben Möglichkeiten durchgerechnet, die einen Beschuss aus der Luft, vom Land oder unter Wasser vorsehen. Bill und Patrick waren sogar vor Ort und haben alles ausgekundschaftet. Ich sag‘s mal so, wir würden hundert Möglichkeiten finden, die zu ärgeren oder zu irritieren, aber komplett pulverisieren, das geht nicht.

Was ist dein eigentliches Ziel? Ist es die Demütigung durch die Eliminierung der touristischen Sehenswürdigkeit, die Beeinträchtigung des Stromnetzes oder die der Wasserversorgung? Für ein oder zwei solche Ziele könnten wir etwas zusammenstellen. Aber das ganze Ding in Schutt und Asche zu legen, ist extrem aufwändig.“

Ali machte eine kurze Pause und Said legte ihm die Hand auf die Schulter.

„Ali Akbar, mein Bruder. Sei unbesorgt. Du wirst mich nie enttäuschen. Ich bin sehr zufrieden mit deiner Selbständigkeit. Ich sehe ihr habt Fortschritte gemacht. Ihr seid eine hervorragende Zelle, und du bist ein genialer Anführer.

Ali, ich werde deine Ergebnisse mit meinem Partner absprechen. Wenn du mich in der Zwischenzeit kontaktieren willst, antworte auf die SPAM mail. Und jetzt lass es dir erst mal schmecken.“

In diesem Moment kam die junge Bedienung in das Separee. Sie brachte eine sehr traditionelle Peking Ente. Nur die Haut, nicht das Fleisch.

Ali war überrascht von Saids Haltung. Er hatte gedacht es würde ein viel schwierigeres Gespräch geben. Schließlich hatte er keine verwertbaren Daten gesammelt und trotzdem lobte Said ihn in allen Tönen. War er, Ali Akbar, vielleicht wirklich ein so guter Führer? Aber wer war der Partner von Said? Ali war klar, dass Said eher sterben würde, als etwas über ihn zu erzählen, also fragte er erst gar nicht. Aber interessiert hätte es ihn schon. Vielleicht einer in der Hierarchie der Terrororganisation ganz oben? Vielleicht würde er, Ali Akbar, bald ebenfalls auf so einem Level mitreden.

Kaum hatten die beiden die Ente verspeist, wurde der Nachtisch, ein Obstsalat, serviert.

Eine halbe Stunde später verließ Ali Akbar das chinesische Restaurant, diesmal mit erhobenem Kopf.

Auf dem Fußweg zur nächsten Station der BART dachte er, wie nett Said zu ihm war. Said war ein guter Mensch, ein Grund mehr ihn zu unterstützen.

Im Zug setzte sich Ali direkt ans Fenster. Er sah die vorbeihuschenden Lichter des Tunnels nicht und starrte mit leerem Blick durchs Fenster. Obwohl es bereits dunkel war, konnte man am Geräusch erkennen, dass der Zug den Tunnel verlassen hatte und sich wieder an der Oberfläche befand.

Genau in diesem Moment durchzuckte Ali ein Geistesblitz.

Wieso hatte er daran vorher noch nicht gedacht? Das gab einen total neuen Ansatzpunkt. Sobald er nach Hause kam, würde er sich das Notebook schnappen und das nächstgelegene offene WLAN ansteuern. Diese neue Idee musste er unbedingt gleich googeln.

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