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Am nächsten Morgen stand Ali Akbar etwas früher auf als sonst. Wie in fast allen Orten in diesem Land ließ er die Kaffeemaschine laufen und gönnte sich eine heiße Tasse des koffeinhaltigen Getränks. Dazu aß er die typisch amerikanischen Bagels mit Frischkäse. Nach dem Frühstück rasierte er sich und putzte sich die Zähne. Von außen betrachtet erschien Ali wie ein typischer amerikanischer Durchschnittsbürger. Im Inneren allerdings formierten sich Gedanken, die die Vereinigten Staaten in ihren Grundmauern erschüttern sollten.

Um halb acht rief er bei seiner Firma an und meldete sich krank. Er sagte, er wolle noch beim Arzt vorbeischauen, hoffte aber, dass es nichts Ernstes sei und morgen wieder auf der Matte stünde. Ali liebte landestypische Redewendungen. Er wirkte wie ein perfekt integrierter Gastarbeiter.

Kurz nach dem Telefonat verließ Ali seine Wohnung. Er ging wie jeden Morgen zu seinem Kiosk und kaufte eine Zeitung, die „USA today“. Dieses Blatt lasen viele Amerikaner und es hatte ein praktisches Format, einige Bilder und leicht verständliche Texte. Ali hasste Zeitungen, die man von vorne bis hinten lesen musste und nachher trotzdem kein Wort verstanden hatte.

„Hey Ali, du schaust gut erholt aus. Wirkst ja richtig glücklich.“ Tom, der Zeitschriftenhändler, kannte Ali schon seit mehreren Monaten. Für ihn war Ali ein treuer Kunde, der sich wie er auch für Baseball und Football interessierte.

„Du weißt doch, die 49ers haben gestern so richtig das Haus gerockt. Ich fand das Spiel Klasse. Hast du es auch verfolgt?“

„Nein, leider nicht. Meine Frau war mit ihren Freundinnen aus und ich musste auf die Kinder aufpassen. Shit happens.“

„Du sagst es. Aber weißt du was? Beim nächsten Spiel kaufe ich uns Karten und wir gehen rüber ins Stadion. Wäre das nicht eine tolle Entschädigung?“

„Wow, das wäre Klasse. Ali, du bist ein guter Mensch. Ich wünschte es gäbe mehr von deiner Sorte.“

Mit einem heimlichen Grinsen verabschiedete sich Ali von Tom. Er wusste genau, dass es zu diesem Termin nicht kommen würde. Genauso wenig wie er sich gestern dieses alberne Spiel angeschaut hatte. Aber es machte einen guten Eindruck, wenn man sich für die lokalen Sporthelden interessierte.

Mit der Zeitung unter seinem Arm bestieg Ali die BART, die Nahverkehrsverbindungen in der San Francisco Bay Area. In Oakland, seinem Wohnort, war er nur wenige Meilen von Downtown San Francisco entfernt. Er schätzte die doch verhältnismäßige ruhige Stadt und den Vorzug binnen Minuten in der seiner Meinung nach wohl schönsten und beeindruckendsten Stadt der USA zu sein.

Ali saß am Fenster und schaute sich die Skyline der Metropole im aufgehenden Sonnenlicht an. Die Wolkenkratzer spiegelten sich golden und ein leichter Dunst lag über der Stadt. Normalerweise lag hier alles im Nebel. Es gab nur wenige Tage die solch ein Panorama zuließen. Der Zug beschleunigte und rauschte in den Tunnel, der unter dem Meer Richtung Downtown führte. Ali blickte nun auf seine Zeitung. Mit großen Buchstaben stand auf der Titelseite „Why are we still there?“. Das Bild darunter zeigte etliche Särge, die mit dem Star-Spangled Banner, der amerikanischen Flagge, abgedeckt waren. Gemeint war der Afghanistankrieg. Im Bericht stand, dass täglich sehr viel Geld verloren ginge und es dem US Bürger keinen sichtbaren Nutzen brächte. Im Gegenteil, in den Staaten stiege die Arbeitslosigkeit und an allen Ecken und Enden würden die Gelder fehlen. Krankenversicherung wurde als ein Beispiel genannt. Im Bericht wurden noch weitere Parallelen zum Vietnamkrieg gezogen. Ein Zitat eines Vietnamveteranen kurz vor Beginn des Krieges im Nahen Osten spielte sarkastisch auf die momentane Lage an: Wenigstens kann sich der Feind nicht im Laub verstecken. Wir können alle ausräuchern, die haben ja keine Chance sich zu verstecken.

Dieser Kommentar ärgerte Ali sehr. Wie dieser Veteran so herablassend über sein Volk redete gefiel ihm gar nicht. Als ob wir keine Menschen wären. Aber immerhin sahen es nun auch einige Journalisten in den USA, dass dieser Krieg nicht zu gewinnen war. Eine weitere Schlappe für die größte Militärmacht der Welt. Dieser Gedanke befriedigte Ali wieder etwas.

Er konnte nicht tatenlos zusehen, wenn er von diesen ganzen Wahnsinn und diese Ungerechtigkeit hörte. Er war heilfroh Said kennengelernt zu haben. Mit ihm hatte er die Chance seines Lebens. Egal wie es für ihn auch ausgehen würde, er würde seinen Platz in der Geschichte bekommen. In seiner Heimat würde man die Kinder ehrenvoll nach ihm benennen. Er durfte nur keine Fehler machen, musste Geduld zeigen. Said würde ihn sicherlich nicht enttäuschen. Es konnte losgehen, er war bereit.

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