Читать книгу 7/4 - Jack Timber - Страница 8
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ОглавлениеAls die BART in den Bahnhof des Civic Centers einfuhr, stand Ali Akbar von seinem Sitz auf. Die Zeitung klemmte er sich unter die linke Achsel. Nachdem der Zug angehalten hatte und er ausgestiegen war, warf er zuerst die Zeitung in den nächsten Mülleimer. Er wollte als Tourist erscheinen und Touristen lasen keine lokalen Zeitungen. Wenn er sich gleich mit Said treffen würde, wollte er das typische Bild abgeben, das man üblicherweise am Treffpunkt 37 vorfand.
Es war 08:15 Uhr am Morgen und der Berufsverkehr hatte die Stadt fest im Griff. Hupende Autos quälten sich durch die Straßenschluchten von Downtown San Fransisco. Er verließ die Market Street und bog in die Grove Street ein. Von hier waren es noch circa 25 Minuten bis zum Zielort. Er nahm eine direkte Fußverbindung, ohne Umwege. Mit der Digitalkamera um den Hals und der Baseballkappe gab er wirklich ein gutes Touristenbild ab. Er war auch nicht der einzige, der in diese Richtung lief und so konnte Ali in der Menge wie ein Fisch im Schwarm mit schwimmen.
Drei Minuten vor der ausgemachten Uhrzeit setzte sich Ali auf eine Parkbank im Alamo Square. Ein Baum gab ihm etwas Schatten. Eigentlich schade, er saß viel lieber in der Sonne. Die Tage hier waren doch meistens nebelig und trüb. Ali nutzte gerne jede Minute Sonnenlicht aus.
Sein Blick schweifte zu den „Painted Ladies“, die im 19. Jahrhundert im viktorianischen Stil erbauten Reihenhäuser. Jedes dieser Häuser leuchtete in einer anderen Farbe. Im Hintergrund erkannte man die angeblich erdbebensichere Transamerica Pyramide. Ali musste zugeben, dass dies ein schöner Fleck und er gerne hier war. Er blickte durch seine Digitalkamera, machte aber kein Foto. Er wollte ja keinerlei Spuren hinterlassen.
Wenige Augenblicke später setzte sich Said neben ihn. Er musste ihn beobachtet haben, ansonsten wäre es doch ein zu perfektes Timing gewesen.
Im Gegensatz zu Ali hatte Said eine deutlich dunklere Hautfarbe. Seine dunklen glatten Haare kämmte er sich mit Gel nach hinten. Sein sonnengegerbtes Gesicht wies auf der rechten Backe einige kleine Narben auf, die man auf der perfekt rasierten Haut gut ausmachen konnte. Da Said etwa einen Kopf größer war, schaute er leicht nach unten.
Ali brach als erster das Schweigen.
„Hast du heute die Zeitung gelesen? Die Amerikaner zweifeln langsam an dem sinnlosen Krieg.“
„Ja, habe ich. Und ich denke, wir haben nun den perfekten Zeitpunkt für unsere weiteren Aufgaben erreicht. Mit einem klaren Signal wird die Stimmung im Volk komplett kippen und der Abzug der Truppen aus unserer Heimat ist nur noch eine Frage von Wochen.“
Nachdem Ali ein nicht komplett überzeugtes Gesicht zeigte, fuhr Said fort.
„Wenn jetzt keiner etwas unternimmt, wird der Abzug auf unbestimmte Zeit hinausgezögert werden. Die Stimmung für und gegen einen militärischen Einsatz in unserem Land wird sich bald die Waagschale halten. Aber letztendlich wird es zu keinem radikalen Stimmungswechsel kommen. Mit einem klaren Zeichen jedoch wird das amerikanische Volk unsere Forderungen verstehen und unterstützen.“
Endlich zeigten Alis Augen das Funkeln, das Said schon bei vielen Ansprachen gesehen hatte. Das Funkeln, das ein Ziel widerspiegelte. Ein Ziel welches Said nun aufzeigen konnte.
„Unser Warten wird nun endlich belohnt. Ich stehe in Verbindung mit einem mächtigen Mann. Er hat mich beauftragt, dem amerikanischen Volk eine Lektion zu erteilen.“
Said machte eine kurze Pause und sah Ali nun fest in die Augen.
„In dieser Mission werde ich eine zentrale Rolle spielen, Ali Akbar. Ich habe unserem Freund aber auch gesagt, dass ich es nur mit fähigen Leuten schaffen kann. Ich habe gesagt, ich will unbedingt dich dabei haben, da ich dir blind vertrauen kann.“
Bei dem letzten Satz legt Said eine Hand auf Alis Schulter.
„Kann ich auf dich zählen, Ali?“
„Selbstverständlich, mein Bruder. Ich werde dich nicht enttäuschen.“
Said hatte mit keiner anderen Antwort gerechnet. Trotzdem nutzte er den theatralischen Effekt aus, um Ali sicher auf seine Seite zu holen. Noch hätte er aussteigen können. Ab jetzt aber waren die Weichen gestellt. Der „Point of no return“ war für Ali überschritten.
„Ali, ich gebe dir gleich einen Zettel auf dem unser Ziel steht. Es handelt sich um ein Objekt. Nachdem du es gelesen hast, will ich, dass du ihn aufisst. Es ist nicht viel zu lesen, aber sollte uns jemand belauschen, würden wir unser Ziel nicht verraten.
Zuvor aber gebe ich dir deinen Auftrag.
Finde eine Möglichkeit das Objekt zu zerstören. Bedenke alle Möglichkeiten. Plane den Auftrag äußerst sorgfältig. Nutze das Internet um dich über alle Daten und Fakten zu informieren.“
Ali hatte viele Fragen, aber eine platzte gleich aus ihm heraus.
„Ist es nicht zu gefährlich im Internet danach zu suchen? Man wird doch gleich auf mich aufmerksam werden.“
„Exakt. Deshalb wirst du einen Laptop von einem deiner neuen Brüder bekommen. Mit diesem Laptop wirst du dich in die WLAN Netze unserer Mitbürger einhacken können. Wenn du pro WLAN maximal eine halbe Stunde Informationen abziehst und dir täglich ein anderes Netz aussuchst, sehe ich keine Bedrohung.“
Neue Brüder? Hatte Ali gerade richtig gehört? Bevor er diesen Gedanken sortieren konnte, fuhr Said fort.
„Der Laptop ist darüber hinaus hochgradig verschlüsselt. Selbst wenn du ihn verlierst oder er dir gestohlen wird, kann niemand an die Informationen herankommen. Zumindest nicht in den nächsten Monaten, und das reicht uns.“
„Said, wen meinst du mit neuen Brüdern?“
„Ich stelle dir drei Gefolgsleute zu deiner Verfügung. Sie werden dich in ihren Spezialgebieten beraten. Bijan ist ein Experte in Gebäudekonstruktion, Patrick kennt nahezu jede Waffe auf diesem Planeten und Bill hat eine Menge Ahnung von Physik. Er wird dir auch den Laptop geben. Ich habe veranlasst, dass sie dich morgen um zehn Uhr besuchen. Aber keine Angst, sie werden nicht auffallen, Patrick und Bill gehen ohne weiteres als Amerikaner durch.“
Ich bekomme ein eigenes Team, dachte Ali. Said muss mich sehr schätzen.
„Ich weiß, du bist ein schlaues Köpfchen. Zusammen werdet ihr sicherlich einen akzeptablen Plan entwerfen. Ich werde mich in zwei Wochen wieder bei dir melden. Auf dem Laptop wird ein neuer Email Account für dich eingerichtet sein. Meine Email wird auf den ersten Blick nicht als von mir erscheinen. Beim genaueren Hinschauen wirst du meine Nachricht aber erkennen.
Ali, von nun an werden wir nie wieder telefonieren. Nicht mal im Notfall. Lösche heute noch deine komplette Sim-Karte, ich werde das gleiche bei mir tun. Handys kann man zu leicht orten und wenn sie einen von uns erwischen, rufen sie alle Nummern an und können auch den Standort des anderen Handys ermitteln. Auch wenn keiner rangeht.
Ali Akbar, mein Bruder. Wir werden unser Volk rächen und Gerechtigkeit auf diesem Globus bringen.“
Said drückte Ali einen kleinen zerknüllten Papierzettel in die Hand und stand auf. Ohne eine weitere Verabschiedung drehte sich Said um und verschwand hinter dem Hügel des Alamo Squares.
Alleine saß Ali auf der Bank. In seinem Kopf schwirrten die kühnsten Vorstellungen. Er bekam ein eigenes Team. Er war eine Schlüsselfigur in dem größten Kampf seiner Zeit. Vor lauter Gedanken hätte er beinahe den Zettel in seiner Hand vergessen. Mit zitternden Fingern faltete er ihn auseinander. Leichte Schweißperlen auf der Stirn verrieten seine Nervosität.
Alis Augen erfassten nur zwei Worte.
Er musste sich ein Pfeifen verkneifen. Das Ziel hatte es in sich. Jetzt verstand Ali warum Said ihm so viele Männer und so viel Wissen und Equipment zur Verfügung stellte.
Wie von Said befohlen, knüllte er den Zettel wieder zusammen und steckte ihn sich in den Mund. Sein Speichel vermischte sich langsam mit dem Papier. Allmählich zerkaute Ali den einzigen schriftlichen Beweis des Anschlagszieles. Mit einem großen Schluck wanderte der Fetzen in seinen Magen und würde in wenigen Minuten von der Magensäure unkenntlich zerfressen sein.
Er stand von der Bank auf und blickte auf das Panorama der Millionenstadt. Bald würde er, Ali Akbar, das Weltbild dieser Bewohner mächtig erschüttern. Und das der anderen 300 Millionen Amerikaner.
In Gedanken wiederholte er die beiden Worte, die er auf dem Zettel gelesen hatte:
„Hoover Dam“