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Kapitel 14

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Nach drei Tagen durfte ich das Hospital verlassen. Meyers war es, der mich an diesem Samstagmorgen abholte. Es war ein bewölkter Frühjahrsmorgen, begleitet von tief hängenden Wolken, die uns den Himmel ein Stück näher brachten. Es war an diesem Tag aber nicht kalt, es regnete nicht und nur ein leichter Wind wehte durch die Straßen Hamlins. Vereinzelt hörte man Vögel zwitschern, die sich freuten, dass der Winter sich endgültig verabschiedet hatte und der Frühling den Sommer vorbereitete. Auf den Straßen war noch wenig los, nichts Ungewöhnliches für Hamlin um diese Uhrzeit. Meyers hatte ein SmallCab für uns reserviert. „Corner, sollen wir zu dir fahren oder noch irgendwo eine Kleinigkeit frühstücken?“ „Frühstück! Nach drei bewussten Tagen in diesem Krankenhaus würde mir ein richtiges Frühstück wirklich entgegenkommen.“ Meyers gab die Adresse im SmallCab an, Breakfast Isle, ein modernes Café im Stadtzentrum. Auf der Fahrt lieferte Meyers mir noch weitere Informationen zu unserer Kampagne. Er hatte versucht, sich Informationen zu beschaffen. Leider wusste keiner, nicht einmal Corinna, die sonst immer alles wusste, etwas wirklich Neues darüber. „Corner, Gerüchten zu Folge ist Noky Cell Phone wegen den aktuellen Ereignissen aus der Kampagne ausgestiegen. Sie fürchteten einen möglichen Imageschaden, wenn man die derzeitigen Ereignisse mit deiner Forschung in Zusammenhang bringen würde. Du weißt schon, Bewusstseinsstörungen durch Bewusstseinsbeeinflussung. Aber hör mal, das ist alles nur Gossip, einfaches Getratsche. Ich kann dir nicht sagen, ob da was dran ist.“

In diesem Moment fiel mir auf, wie fett Meyers geworden war. Er saß mir in diesem SmallCab gegenüber und sein Bauch lag auf seinen Schenkeln auf. Es sah ein bisschen aus, als hätte er einen dieser Medizinbälle verschluckt, die wir früher in der Schule für Übungen verwendetet hatten. Vielleicht trug er aber auch einen Elefanten in sich? Für mich war er nur richtig fett geworden, was mich darauf schließen ließ, dass es gerade weniger gut mit Frauen bei ihm lief. Seine Frühstücksportion sollte meine Beobachtungen später untermauern.

Das SmallCab hielt planmäßig vor der City, von wo aus wir zu Fuß weiter mussten. Es waren ungefähr 15 Minuten auf einem der vielen Transportbänder, die einen durch die Innenstadt bewegten. Wir stellten uns darauf und wurden langsam in Richtung Ziel geschoben, vorbei an mittlerweile größeren Menschenmengen. Die Innenstadt war um diese Uhrzeit bereits gut besucht und die Geschäfte zogen die Menschen wie Magneten an ihre Schaufenster. Mein Messenger begann in dieser Zone mit dem Senden von personifizierten Werbebotschaften. Nur eine der Botschaften passte nicht in dieses Konsum-Ambiente. Es war eine Nachricht des Städtischen Friedhofbetreuers Luke Derwall. Sie begann mit dem Satz „4th Reminder, Fam. Corner, 2890-7“. Ich öffnete die Nachricht, es war eine Rechnung. „Über 450 ECs. 450 Eurocoins, Luke ist verrückt! Edward, die wollen für das Grab meiner Eltern mittlerweile 450 ECs im Jahr und das, obwohl dort keine Sau mehr vorbeischaut. Mann, das kotzt mich an. Ich glaub, ich lass das einstampfen zum Jahreswechsel.“

“Corner, Corner, Corner, bleib locker, das sind deine Eltern, die da liegen und dein Gehalt in der Agentur lässt es dich verschmerzen, so viel dafür zu bezahlen. Vielleicht solltest du mal wieder vorbeischauen. Nach dem, was du erlebt hast, sicherlich nicht die blödeste Idee. Mach Urlaub, nimm Carla mit, fahr aufs Land und fahr vorbei. Mach mal wieder einen Besuch bei deinen Eltern. Glaub mir, die freuen sich, wenn du kommst!“ Meyers lachte über seinen naiven Witz, aber mir gefiel seine Idee. Warum nicht, somit könnte ich Carla ein wenig beeindrucken, wenn ich mich um solche Dinge sorgen würde. Um bei ihr zu punkten, war dies sicherlich gut geeignet. Ich speicherte die Idee als Event in meinem Kopf und Messenger für das nächste Wochenende ab. Nach einiger Zeit betraten wir das Breakfast Isle, eines der modernsten Cafés der Stadt. Sobald man in diesem Laden durch die Tür trat, strahlten einem die Tapeten mit leuchtenden, hellen Farben entgegen. Dieses Licht verlieh dem Café ein cremefarbenes Erscheinungsbild. Der Boden war aus einer rot fluoreszierenden Metalllegierung. Das Café selbst bestand aus einem großen Raum, in dem sich fast nichts befand. Eigentlich war der Raum leer. Nach dem Betreten nahm man sich links neben der Tür ein kleines und großes Quadrat aus einem Metall-Glasverbundwerkstoff mit. Damit konnte man sich in die speziell markierten Bereiche des Raumes bewegen. Die markierten Bereiche begannen, sobald sie durch eine Person aktiviert wurden, wie von Geisterhand zu schweben. Das kleinere Quadrat war mein Stuhl, das größere bildete den Tisch. Edward erklärte mir bei unserem ersten Besuch hier, dass dies durch erzeugte Magnetfelder funktionieren würde. Das faszinierende daran war, dass die Platten in jeder gewünschten Position verharrten. Egal, ob man sie auf fünfzig Zentimeter oder einem Meter Höhe platzierte.

Mittlerweile hatte ich mich daran gewöhnt, auf einer schwebenden Platte zu sitzen. Es hatte mich anfangs viel Überwindung gekostet, mich mit meinem Gewicht auf diese kleine Platte zu setzen. Ein Robotersystem nahm, ähnlich wie bei unserer Firmenkantine auch, die Bestellung entgegen. Der große Unterschied war nur, dass es sich hier um einen Roboter mit humanoider Gestalt handelte. Ein Humanotic, wie diese Generation der Roboter hieß. Diese waren in der Lage, sich menschenähnlich zu bewegen und konnten laut Hersteller einfache Emotionen wie Lachen wahrnehmen und interpretieren. Sie bildeten die Vorstufe künstlichen menschlichen Lebens. Ihre Zentralschalteinheit saß im Kopf und war ähnlich wie ein Gehirn aufgebaut. Der Speicher funktionierte über Moleküle und war einer der ersten, die transportabel gelagert waren. Die biologischen Speicher bildeten in der Speichertechnik eine Revolution. Es war eine Verbindung aus Biologie und Robotik. Früher nannte man dieses Gebiet der Wissenschaft Kybernetik. Diesen Begriff gebrauchte heutzutage niemand mehr. Es war eine gelungene Symbiose, die mittlerweile so gut funktionierte, dass man diese Generation perfekt bedienen konnte. Selbst das

Tablettabräumen war möglich. Ich war mir sicher, dass es in fünf bis zehn Jahren soweit war, dass die Humanotics Teil unserer Gesellschaft, ja sogar unserer Familien sein würden. Noch ein Schritt und es wäre möglich, Personendaten auf die Humanotics zu speichern, um ganze Persönlichkeiten wieder zu erwecken. Biografien könnten als Grundlage für einen perfekten Roboter dienen. Dieser Bereich der Wissenschaft interessierte mich schon, als ich ein Kind gewesen war. Mein Vater arbeitete lange Zeit für eines der ersten deutschen Roboterforschungszentren an den altehrwürdigen Fraunhofer Instituten in Hamlin. Er schwärmte, als ich noch ein Kind war, von einer gemeinsamen Zukunft mit Robotern und künstlichem, intelligentem Leben. Leben, das der Mensch geschaffen hatte. Er nannte sich und seine Zunft damals die Assistenten Gottes. Künstliches Leben zu schaffen war sein Traum. Dafür wäre er gestorben. Nun stand diese Epoche vielleicht kurz bevor und sein Sohn James sollte diese miterleben. Ich bekam meine News aktuell aus der monatlich erscheinenden Robotics Monthly – Future Trends. Ein Abonnement für Freaks, aber dafür bekam ich interne News über beispielsweise die Persönlichkeitsspeicherung mit. Ich hatte vor Jahren an einer Kampagne für die Vorgängergeneration der Humanotics mitgearbeitet und durch diese Zeitschrift mehr Hintergrundwissen zu diesem Thema erworben. Seitdem las ich sie regelmäßig. Ich hatte Infos darüber, dass die nächste Generation der Humanotics kurz bevorstand und ich wollte in deren Marketingkampagne mit einsteigen. Ich war mir sicher, dass es für die europäische Markteinführung nur eine Agentur gab, die dies entsprechend aufbereiten konnte: die, in der ich arbeitete. Und ich konnte durch mein Wissen glänzen, da war ich mir sicher.

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