Читать книгу Die Missionen 101-110 der Raumflotte von Axarabor: Science Fiction Roman-Paket 21011 - Jan Gardemann - Страница 46

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Oberst Sogruta stand vor dem dicken Glasfenster und starrte hinaus in den Weltraum. Was für ein trostloser Anblick, dachte er. Um die Aussicht war es nicht schade. Wer interessierte sich für den Anblick von ein paar funkelnden Sternen? Er hatte noch so viele Pläne, aber angesichts seiner derzeitigen Situation würde sich keiner davon erfüllen. Oberst Sogruta war ein harter Mann. Und ein entschlossener dazu. Er hatte in zahlreiche Schlachten gekämpft und fast ebenso viele Auszeichnungen erhalten. Er war ein Mann, der die grausame Wirklichkeit des Krieges kannte, die nichts mit den romantischen Schilderungen der Filme gemein hatte, die auf den Multimediageräten gezeigt wurden.

Doch nun waren all diese Dinge bedeutungslos. Genau wie das Raumschiff, auf dem er sich befand. Er konnte sich nicht einmal daran erinnern, wie er hierhergekommen war. Das erste, was er bewusst wahrgenommen hatte, waren die Fremden, die in der Halle aufgereiht standen. Diese Wesen waren nicht menschlich. Sie waren sogar weit davon entfernt. Das kleinste von ihnen war mindestens einen Kopf größer als Oberst Sogruta. Sie gingen auf zwei Beinen und hatten zwei Arme. Damit endete die Ähnlichkeit mit menschlichen Wesen. Und auch mit jedem anderen, das er im Laufe der Jahre gesehen hatte.

Diese Wesen waren ihm vollkommen fremd. Er konnte sich nicht daran erinnern, sie jemals in den Datenbanken von Axarabor gesehen zu haben. Sie trugen nahtlose, einteilige Kleidungsstücke, die dunkelblau waren bis auf die roten Ärmel und Beine. Diese Kleidungsstücke bedeckten sie vom Hals bis zu den Zehen und von den Schultern bis zu den Fingerspitzen, konnten aber nicht verbergen, dass die Arme und Beine, die sie verdeckten, eindeutig zu viele Gelenke für seinen Geschmack besaßen. Ihre Hände und Füße waren im Verhältnis zu ihren Körpern größer als die von Menschen.

Die Kleidung endete an der Kehle. Sie verbarg nicht die schuppige, braune Haut der Gesichter mit den schlitzförmigen gelben Augen oder den echsenartigen Kamm, der die Köpfe mit den breiten Mündern krönte. Trotz ihres grotesken Aussehens fehlte ihnen die boshafte Ausstrahlung einer Bedrohung. Sie sprachen kein Wort. Sie standen nur da und starrten Sogruta an. Dann lösten sich zwei aus der Formation, kamen auf ihn zu und führten ihn in einen anderen Raum.

Dieser war viel kleiner als der erste, mit Wänden aus bronzenem Metall. Die Decke war deutlich niedriger, aber kaum zu erkennen. Wenn er aufsah, gab es dort nur ein schimmernd glühendes Licht. Es war seltsam, genau wie alles andere, was mit ihm geschah. Das Licht schien nicht aus einer einzigen Quelle zu stammen, sondern aus einem tiefen Schacht. Sogruta senkte den Blick, zwinkerte mit den Augen und registrierte, dass er trotz der gleißenden Helligkeit nicht geblendet war. Er hatte die Information gerade zu den anderen seltsamen Dingen abgelegt, als eine mechanische Stimme zu ihm sprach.

„Kleidung ablegen und in den Fächern verstauen“, ordnete sie an.

Die glatten Wände erwachten plötzlich zum Leben. Türen öffneten sich. Sogruta trat zu der Nächsten und untersuchte das Fach mit den Regalböden.

„Kleidung ablegen und in den Fächern verstauen“, wiederholte die Stimme.

Oberst Sogruta schnitt eine Grimasse. Dieser Befehl gefiel ihm nicht, aber er sah keine andere Möglichkeit, als zu gehorchen. Die Fächer verschwanden in jenem Augenblick, als er das letzte Kleidungsstück darin abgelegt hatte. Sogruat überraschte das kaum, aber er war keineswegs erfreut, als sie verschwanden. Seine Waffe hatte man ihm schon vorher abgenommen. Als er aus seiner Bewusstlosigkeit erwachte, befand sie sich nicht mehr im Holster. Er fühlte sich verwundbar und erniedrigt.

„Sie werden jetzt gereinigt“, erklärte die Stimme.

Dichter Dampf erfüllte den Raum. Er stieg vom Boden auf, erhob sich rasch über Knie und Schenkel und wand sich um seine Hüften. Er war warm, hatte eine beinahe beruhigende Wirkung. Sogruta merkte, wie er sich entspannte, als er komplett eingehüllt wurde. Es war fast, als würde man in ein heißes Bad steigen, doch es ging ein Prickeln damit einher, als würden knetende Finger Haut und Muskeln massieren. Dann stieg der Dampf über seinen Kopf. Er atmete tief ein und sog das Gefühl von Sauberkeit tief in seine Lungen.

Er war sich später nicht sicher, wie lange er in diesem Dampf gestanden hatte. Er bezweifelte, dass es so lange gewesen war, wie es ihm vorkam. Der Dampf verzog sich ebenso rasch, wie er aufgestiegen war. Sogruta fühlte sich wie ein Mann, der aus tiefem Schlaf erwachte. Seine Müdigkeit war verschwunden. An der gegenüberliegenden Wand öffnete sich eine Tür.

„Hindurchgehen“, sagte die Stimme.

Er folgte der Anweisung und gelangte in einen ovalen Raum. In der Mitte stand ein Tisch, auf dem frische Kleidungsstücke und Schuhe lagen. Er zog sich an. Dann brachte man ihn in diese Unterkunft, in der sich bereits sechs andere Männer befanden. Er kannte jeden einzelnen von ihnen. Sie gehörten zum Führungsstab der Streitkräfte von Axarabor aus diesem Teil des Reiches.

Sogrutas Gedanken kehrten in die Gegenwart zurück langsam wandte er sich um. Seine kurze, breitschultrige und etwas vornübergebeugte Gestalt war ein grotesker Schatten in dem Dämmerlicht, das den Raum erfüllte. Seine sechs Mitgefangenen hatten ihre Sessel in einer Reihe nebeneinander aufgestellt, als seien sie hierhergekommen, um eine interessante Show zu beobachten. Major Huska Ayinde, ein beachtlicher Hüne, betrachtete gelangweilt seine manikürten Fingernägel. Rechts neben ihm saß Major Vokar Tumeri. Neben ihm hatte sich Hauptmann Trihan Kalisada niedergelassen. Links von Major Lobat Uray saß Major Skor Banaro und tat so, als würde er schlafen. Generalmajor Luc Pedecar stürzte sich auf die rechte Lehne seines Sessels.

Dafür, dass der rechteckige Raum im Grunde genommen einen Teil ihres Gefängnisses darstellte, war er mit erstaunlichem Komfort eingerichtet. Ein heller Kunststoffteppich bedeckte den Boden. Für jeden der sieben Gefangenen war ein bequemer Sessel vorhanden. Den Mittelpunkt des Raums bildete ein ovaler Tisch. An der Wand, die dem Fenster gegenüberlag, gab es eine Tür, die zu den Schlafräumen der Gefangenen führte.

„Kann sich irgendjemand daran erinnern, wie wir hierhergekommen sind?“, fragte Ayinde.

Sogruta lächelte nachsichtig. „Nein, leider nicht. Das einzige, was ich noch weiß, ist, dass ich mich mit einem Schiff auf dem Weg nach Arano befand. Warum fragen Sie?“

Ayinde ging nicht darauf ein. Er wandte sich an seinen rechten Nebenmann. „Und Sie, Major Tumeri?“

„Ich weiß es ebenfalls nicht“, antwortete er, ohne die Blickrichtung zu ändern.

Ayinde wandte sich nach links. Banaro zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich weiß nur noch, dass ich zu Bett gegangen bin und hier aufwachte.“

Ayinde lachte ärgerlich und sprang in die Höhe. „Jeder von uns wurde entführt, ohne sich den Kopf über den Grund zu zerbrechen. Was mögen diese ... diese Wesen nur mit uns vorhaben? Es ist mit Sicherheit nichts Angenehmes. Deshalb sollten wir uns langsam Gedanken darüber machen, wie wir von hier fliehen können.“

„Ich bin ganz Ihrer Meinung“, sagte Kalisada. „Es wird Zeit, das wir endlich etwas tun. Die Sache wird nicht ungefährlich sein, aber ich denke, dass wir etwas Spielraum haben. Wir sind für den Gegner wichtig. Er wird uns nicht ohne Weiteres töten, selbst wenn er unsere Fluchtpläne entdeckt.“

Tumeri blinkte ihn spöttisch an. „Woher nehmen Sie diese Hoffnung?“

„Aber ich bitte Sie. Wir stellen einen guten Prozentsatz der lokalen militärischen Elite von Axarabor dar. Uns bringt man nicht so einfach um. Wir sind ...“

Auf einmal wusste er nicht mehr, was er sagen sollte. Banaro fing an zu lachen. Kalisada bedachte ihn mit einem verwirrten Blick.

„Machen Sie sich nichts vor“, meinte Ayinde. „Jeder von uns war bewusstlos, als er auf dieses Schiff gebracht wurde. Keiner von uns weiß, was während dieser Zeit mit uns geschah. Wir wissen nicht einmal, weshalb man uns entführt hat.“

Kalisada setzte sich wieder hin. Auch Oberst Sogruta hatte sich inzwischen einen Sessel herangezogen und saß nun neben dem schweigsamen Pedecar. Ayinde warf einen kurzen Blick durch das Glasfenster.

„Wir fangen am besten damit an, uns über unsere Lage klarzuwerden“, begann er. „Wir wissen, dass wir uns in einem Raumschiff befinden. Und wir kennen das Aussehen unserer Entführer. Es dürfte außerdem als sicher gelten, dass sie nicht aus dem Einflussbereich von Axarabor stammen. Oder sind sie jemandem bekannt? Aber woher kommen sie dann? Und was wollen Sie von uns?“

Er schwieg. Seine Zuhörer musterten ihn verwundert. Es war nicht Ayindes Art, lange Reden zu halten. Um so stärker war der Eindruck, den er erzeugt hatte. Pedecar meldete sich zum ersten Mal zu Wort. „Sie scheinen zumindest die Umrisse eines Plans zu haben“, sagte er mit kühler Stimme. „Wollen Sie uns darüber aufklären?“

Ayinde schüttelte den Kopf. „Nein, habe ich nicht. Ich wollte Ihnen nur einen Denkanstoß liefern. Es muss einen Ausweg geben. Wir wissen, von welchen Grundlagen wir ausgehen können. Es wäre doch lächerlich, wenn es uns nicht gelänge, einen vernünftigen Plan auszuarbeiten.“

„Ich fürchte, ich muss Tumeri recht geben“, sagte Oberst Sogruta. „Aus eigener Kraft können wir nicht entkommen. Wir brauchen Hilfe von außen. Unser Problem ist also, wie wir uns diese Hilfe verschaffen.“

„Da meldet sich der analytische Verstand“, entgegnete Kalisada. „Wie wollen Sie das machen, Oberst? Wer soll uns helfen? Da draußen ist das absolute Nichts. Tausende von Lichtjahren weit. Wen wollen Sie um Hilfe rufen? Unsere Entführer?“

Ayinde wurde wütend. Was sie in ihrer Lage am wenigsten gebrauchen konnten, war ein Pessimist, der ihnen mit seinen Bemerkungen den Mut nahm. Er hatte eine scharfe Erwiderung auf der Zunge, aber bevor er zum Sprechen kam, wurde die Tür geöffnet. Mit dröhnenden Schritten, die ihre körperliche Schwere erahnen ließ, drangen drei Wachen mit vorgehaltenen Waffen in den Raum ein und zerrten die Gefangenen nach draußen. Es war sinnlos, sich ihnen zu widersetzen. Die Männer erhoben sich und verließen ihr Gefängnis.

Draußen im Gang warteten weitere bewaffnete Wesen. Sie hatten zahlreiche Vorsichtsmaßnahmen getroffen, weil sie genau wussten, dass ihre Gefangenen jede Chance zur Flucht nutzen würden. Man brachte die Männer in einen fast quadratischen Raum, in dem einige Dutzend Fremde arbeiteten. An den Wänden waren Tische und Regale angebracht. Den Mittelpunkt des Raums bildete eine Energieanlage, an die zahlreiche Maschinen und Geräte angebracht waren.

Zwei Wesen packten Sogruta und führten ihn zu einem Tisch. Mühelos hoben sie ihn hoch und legten ihn auf die Platte. Er wurde mit Metallklammern fixiert. Sogruta konnte den Kopf noch ein bisschen bewegen. Er sah, dass die anderen Männer mit dem Gesicht zur Wand standen. Ein großer Fremder tauchte neben dem Tisch auf. Mit seinen schweren Händen drückte er Sogrutas Kopf nach unten und zog wortlos seine Augenlider zurück. Dann leuchtete er ihm mit einer Handlampe ins Gesicht.

Etwas gefiel ihm nicht, denn er brummte unwillig. Auf einem Wink von ihm brachte ihm einer seiner Assistenten einen helmförmigen Gegenstand, den er Sogruta über das Gesicht stülpte. Der Oberst wollte sich aufbäumen, doch die Metallklammern hielten ihn fest. Ein eigenartiger Geruch stieg ihm in die Nase. Sie wollen mich betäuben, dachte er bestützt. Davor hatte Sogruta Angst, denn er befürchtete, dass er unter dem Einfluss der Narkose militärische Geheimnisse ausplaudern könnte. Nach ein paar Minuten wurde die Haube wieder von seinem Gesicht entfernt. Er fühlte sich benebelt, war aber immer noch bei Sinnen.

Der Fremde starrte auf ihn herab. Gedankenverloren strich er sich mit einer Hand über seinen Kamm. Sogruta fragte sich, was sie mit ihm und den anderen Männern vorhatten. Vor allem wusste er immer noch nicht, vorher diese Wesen stammten. Das war ein Geheimnis, das sie möglichst bald lösen mussten, wenn sie überleben wollten. Das Wesen legte eine Hand flach auf Sogrutas Stirn.

„Aufgrund Ihrer körperlichen Beschaffenheit kann ich feststellen, auf welcher Art von Planet Sie aufgewachsen sind.“ Die Stimme klang schrill und emotionslos, was vermutlich an dem Übersetzer lag, den das Wesen an einer schmalen Kette um den Hals trug. Sie beherrschen also die axaraborianische Standardsprache, überlegte Sogruta. Wir dürfen ihre Klugheit nicht unterschätzen.

„Das ist für unsere Untersuchungen jedoch völlig unwesentlich“, fuhr das Wesen fort. „Mich interessieren eher andere Dinge. Sie verstehen, was ich meine?“

„Nein“, sagte Sogruta gedehnt.

„Ich kann verstehen, dass Sie versuchen, mir die Wahrheit zu verheimlichen. Das wird jedoch nichts daran ändern, dass ich Ihre Geheimnisse früher oder später herausfinde.“

„Sie wollen mich foltern?“

„Nein, so etwas lehnen wir ab.“

„Sehr freundlich von Ihnen“, erwiderte der Oberst spöttisch.

Das Wesen blieb vollkommen ernst. „Es geschieht nichts aus Freundlichkeit. Ich befürchte nur, dass es in Ihrem Gehirn einen Sicherheitsmechanismus gibt, der verhindert, dass Sie Aussagen unter Gewalteinfluss machen. Diese Erfahrung haben wir schon bei vielen Völkern gemacht, mit denen wir zusammentrafen.“

Oberst Sogruta überlegte, wie viele Unschuldige diese Fremden schon gefoltert hatten. Wer waren sie überhaupt und welche Ziele verfolgten sie? Er lächelte bei dem Gedanken, dass er weitaus mehr unbeantwortete Fragen zu bewältigen hatte, als das Wesen, das ihm seine Geheimnisse entlocken wollte.

„Wir werden jetzt die Tests fortsetzen.“

Sogrutas Körper wurde mit Stromstößen erschüttert. Anschließend überprüfte man seine Reflexe. Er wurde in allen nur denkbaren Stellungen durchleuchtet. Sogruta hatte Angst. Das Ende der Testreihe bedeutete gleichzeitig das Ende für ihn, weil die Fremden dann ihre Pläne durchführen würden. Er wurde losgeschnallt, doch man brachte ihn nicht in das Gefängnis zurück. Zwei bewaffnete Wesen führten ihn zu der Stelle, wo die anderen Männer standen.

Die Tür des Labors glitt zur Seite. Ein Behälter schwebte auf Antigravitationsfeldern herein. Durch das Sichtglas konnte man eine milchige Brühe erkennen, in der ein paar undeutlich sichtbare Gegenstände herumschwammen.

„Was ist das?“, flüsterte Tumeri.

Kalisada zuckte mit den Schultern. Der Behälter wurde vor die Maschinen gebracht. Einige Wesen umringten ihn. Sie machten einen aufgeregten Eindruck.

„In diesem Behälter befindet sich etwas, das sie gegen uns einsetzen wollen“, sagte Sogruta leise.

„Zügeln Sie Ihre Fantasie“, erwiderte Tumeri.

Die Wesen bemerkten, dass ihre Gefangenen sich unterhielten, und warfen ihnen drohende Blicke zu. Die Männer zogen es vor, zu schweigen. Sogruta fragte sich, wann man ihn zurückbringen würde. Das Wesen, das ihn untersucht hatte, kam zu ihnen herüber. Es blieb vor Pedecar stehen.

„Sie sind der Anführer“, stellte er fest.

„Ich bin der Ranghöchste“, gab Pedecar zurück.

Der Fremde trat ein Stück zur Seite, sodass Pedecar in Richtung Behälter blicken konnte.

„Sie können sich und Ihren Begleitern viele Unannehmlichkeiten ersparen, wenn Sie mit uns kooperieren und sich voll und ganz auf unsere Seite stellen“, sagte er.

„Sie sind höchst sonderbar“, entgegnete Pedecar. „Nachdem Sie uns zunächst höflich behandelten, dann rücksichtslos untersuchten, versuchen Sie es jetzt mit Drohungen und Versprechungen.“

„Wir suchen immer nach dem effektivsten Weg.“

Diese Äußerung ließ Sogruta erkennen, dass die Fremden eine von den Menschen vollkommen unterschiedliche Mentalität besaßen. Ihre Ethik, ihre Wertebegriffe – alles unterschied sich von denen der Menschen. Trotzdem waren sie an ihren Gefangenen interessiert.

„Sie werden jetzt hierbleiben“, sagte das Wesen. „Sie sollen miterleben, was mit Ihnen geschieht.“

Pedecar nahm die Ankündigung gelassen hin. Er antwortete nicht. Dagegen konnte Kalisada seine Furcht nicht verbergen. Er zitterte. Immer wieder verkrampften sich seine Hände. Kalisada besaß wenig Kampferfahrung. Er gehörte zu jenen Männern, die ihre Karriere hauptsächlich ihren Beziehungen verdankten. Die meiste Zeit seines militärischen Lebens hatte er in Büros verbracht. Niemand konnte ihm seine mangelnde Selbstbeherrschung in dieser Situation vorwerfen.

Das Wesen, das Oberst Sogruta untersucht hatte, gab seinem Assistenten einige Befehle. Zwei Wachen verließen das Labor. Sogruta ahnte, dass sie weitere Gefangene bringen würden.

„Dieser seltsame Behälter wurde unsertwegen hierher gebracht“, flüsterte Tumeri. „Ich möchte wissen, was sich darin befindet.“

Die Männer beobachteten, dass die Wesen Vorbereitungen trafen. Die Geräte, die sie benutzten, waren jedoch zu fremdartig, als das man hätte erkennen können, was sie vorhatten. Sogruta bedauerte, dass der Behälter so weit von ihm entfernt stand. Er konnte nicht erkennen, was darin aufbewahrt wurde. Vermutlich handelte es ich um Gift. Das Wesen, das die Untersuchung vorgenommen hatte, trat an den Behälter und blickte hinein. Es gab seinen Assistenten ein Zeichen, worauf diese einige Schläuche an der Außenwand anschlossen.

Die Flüssigkeit, die man durch das Sichtglas deutlich erkennen konnte, schien aufzuschäumen. Nun erst war das Wesen zufrieden. Der Behälter wurde neben den Untersuchungstisch gebracht, auf dem Sogruta gelegen hatte. Seine Aufmerksamkeit wurde von einer Gruppe Fremder abgelenkt, die mit vier Männern hereinkamen. Einen von ihnen erkannte der Oberst sofort wieder. Barga Gnatak, seinen Adjutanten. Bei den drei anderen handelte es sich um die Besatzungsmitglieder des Schiffes, mit dem er nach Arano aufgebrochen war

Alle vier blickten erstaunt zu ihm herüber. Sie schienen erleichtert zu sein. Offenbar hatten sie befürchtet, den Oberst in viel schlimmerer Verfassung wiederzusehen. Vielleicht hatten sie auch mit seinem Tod gerechnet. Die vier Männer mussten mit dem Gesicht zur Wand ein paar Meter von den anderen Gefangenen Aufstellung nehmen. Dann packte einer den Fremden den größten von ihnen am Arm. Es handelte sich um Captain Ranishi Friloc. Er gehörte einer weitverzweigten Sippe von Raumfahrern an und hatte als persönlicher Navigator von Oberst Sogruta eine gut bezahlte Stelle, um die ihn viele seiner Kollegen beneideten.

Seinen Untergebenen gegenüber benahm er sich stets fair, aber auch ein bisschen zurückhaltend. Friloc galt als ruhiger und besonnener Mann, doch jetzt war nichts davon zu sehen. Er sträubte sich gegen die Griffe des Wesens, obwohl er keine Chance hatte, sich loszureißen. Wie alle Angehörigen der Raumflotte von Axarabor, trug auch Friloc eine enganliegende Kombination. Sein Kopf war kahlgeschoren, was sein kantiges Gesicht hart wirken ließ.

Friloc sah zu Sogruta und den anderen Männern hinüber, als erwarte er Hilfe von ihnen. Der Oberst wandte sich ab. Was sollte er für ihn tun? Der Fremde, bei dem es sich vermutlich um einen Arzt handelte, kam zu den Männern herüber.

„Passen Sie gut auf!“, empfahl er ihnen. „Das Schicksal dieses Mannes werden alle Gefangenen teilen.“

Kalisada warf den Kopf zurück. „Warum kooperieren wir nicht mit ihnen?“, fragte er mit unsicherer Stimme. „Dadurch können wir uns viel ersparen.“

„Sie werden ihre Pläne auf jeden Fall ausführen“, erwiderte Tumeri, ohne ihn anzusehen. „Unser Schicksal hängt nicht davon ab, ob wir kooperieren oder nicht.“

„Wir müssen versuchen, uns zu retten“, beharrte Kalisada. „Sollen wir uns umbringen lassen, um etwas zu beweisen, was uns keinen Vorteil einbringt?“

„Ruhe!“, befahl Tumeri scharf.

Kalisada biss sich auf die Unterlippe und warf Sogruta einen hilfesuchenden Blick zu. Der Oberst zuckte mit den Schultern. Es gab nichts mehr zu sagen. Sie mussten warten, was mit Friloc geschah. Vielleicht versuchten die Fremden nur einen Bluff. Der Captain wurde gewaltsam auf den Untersuchungstisch gelegt. Die Halteklammern schnappten über seinem Körper zusammen. Noch immer versuchte er, loszukommen. Die Wesen beobachteten ihn. Sie waren ihrer Sache absolut sicher. Friloc konnte ihnen nicht entkommen.

Allmählich erlahmten seine Bewegungen. Er schien zu erkennen, dass seine Anstrengungen vergebens waren. Sein Kopf sank zurück. Der Arzt trat an den großen Behälter heran und öffnete ihn. Sogruta und die anderen Männer konnten nicht sehen, was er tat. Als er sich aufrichtete, hielt er eine flache Schale in den Händen. Sogruta glaubte, etwas Lebendiges darin zu sehen, aber er konnte sich auch täuschen. Der Arzt ging zu dem Tisch hinüber, auf dem Friloc gefesselt lag. Zwei andere Wesen beugten sich zu dem Captain hinab und drehten seinen Kopf zur Seite.

Der Arzt griff nach einem großen Instrument, das wie eine Zange geformt war. Er tauchte sie in die Schale und schnappte nach dem zappelnden Ding, das darin lag. Friloc stieß einen gellenden Schrei aus. Der Arzt hielt seinen Arm jetzt so, dass die anderen Männer erkennen konnten, was er aus der Schale geholt hatte. Es war ein kleiner, dicker Wurm.

„In diesem Behälter wimmelt es von diesen Dingern“, sagte Tumeri mit unheimlicher Ruhe. „Die reichen für uns alle.“

Kalisadas Nerven versagten im gleichen Augenblick, als sich der Arzt mit der Zange über Friloc beugte. Mit einem wilden Schrei sprang der Hauptmann das nächststehende Wesen an. Schon beim ersten Schlag brach er sich die Hand. Er hätte ebenso gut auf einen Granitfelsen losgehen können. Kalisada schrie vor Schmerzen. Das Wesen war über den unverhofften Angriff so verblüfft, das es zunächst kaum an eine Gegenwehr dachte. Das war auch gar nicht nötig, denn Kalisada krümmte sich vor Schmerzen und hielt seinen Arm fest. Die anderen Wesen starrten zu ihm herüber.

Da begann Tumeri zu handeln. Mit wenigen Schritten durchquerte er das Labor, zog den Kopf zwischen die Schultern und rammte den Arzt. Es gelang ihm, den Arm des schweren Wesens zu erschüttern. Die Zange öffnete sich. Der Wurm fiel zu Boden und zappelte. Bevor der Arzt es verhindern konnte, trat Tumeri zu. Das Tier starb unter seinem Stiefelabsatz. Friloc begann wie ein wahnsinniger an seinen Fesseln zu zerren. Tumeri warf sich über ihn und wollte ihn befreien, doch da erwachte der Arzt aus seiner Starre. Er packte Tumeri am Nacken und riss ihn zurück. Mühelos hob er ihn hoch und zog ihn zu sich heran. Tumeri wehrte sich verbissen.

„Los!“, schrie Sogruta den Männern zu, die man mit Friloc zusammen ins Labor gebracht hatte. Doch jetzt waren die Fremden wachsam. Keiner der Männer kam weiter als ein paar Schritte, dann wurden sie von den Wesen gestoppt. Mit einer blitzschnellen Bewegung gelang es Sogruta, einem Wächter zu entkommen, der nach ihm greifen wollte. Er rannte zu dem Tisch hinüber, auf dem Friloc lag.

„Versuchen Sie zu entkommen!“, schrie Tumeri ihm zu.

Sogruta warf sich herum. Mit einem Blick erkannte er, dass alle Ausgänge besetzt waren. Er hatte keine Chance, an den Posten vorbeizukommen. Auch Tumeri sah, das es keine Möglichkeit gab.

„Der Behälter!“, schrie er. „Wir müssen ihn zerstören!“

Sogruta stürmte darauf zu. Er wusste nicht, wie er diesen Kreaturen Schaden zufügen konnte. Vielleicht genügte es schon, wenn er einige Kabel abriss. Er kam jedoch nicht dazu, sein Vorhaben zu verwirklichen. Zwei Schritte vor dem Behälter wurde er von einem der Wächter eingeholt. Sein Schlag traf den Oberst im Nacken und warf ihn zu Boden. Ein scharfer Schmerz zuckte durch Sogrutas Körper. Er befürchtete, sich das Rückgrat gebrochen zu haben, doch als das Wesen ihn packte und hochzog, konnte er sich bewegen.

In diesem Augenblick war es Sogruta auch gleichgültig, ob er sich eine Verletzung zugezogen hatte, denn das Schicksal, das ihm bevorstand, war vermutlich weitaus schlimmer. Inzwischen hatte der Arzt Tumeri an einen seiner Assistenten übergeben und holte einen zweiten Wurm aus dem Behälter.

„Das war vollkommen sinnlos“, sagte er zu Tumeri, als er auf den gefesselten Captain zuging. „Sie konnten dadurch nichts ändern.“

In Frilocs Augen stand der Irrsinn, als der Fremde ihm den Wurm in den Nacken drückte. Sogruta konnte sehen, wie das kleine Wesen noch ein paarmal zuckte und sich dann festsaugte. Es saß ungefähr in Höhe des siebten Nackenwirbels.

Sogruta und die anderen Offiziere mussten zusehen, wie ein Gefangener nach dem anderen einen Wurm erhielt. Die meisten Männer wehrten sich verzweifelt jedoch ohne Erfolg. Dann wurden Sogruta, Tumeri, Kalisada, Uray, Banaro und Pedecar aus dem Labor geführt. Der Arzt hatte ihnen den Grund für die Unterbrechung nicht genannt.

Die Missionen 101-110 der Raumflotte von Axarabor: Science Fiction Roman-Paket 21011

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