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VOM ICH ZUM WIR

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Geschwister entwickeln sich unterschiedlich, manchmal sogar gänzlich anders. Und weil man ja einzigartige, unvergleichliche Kinder haben will, ist es wichtig, sie auch so anzunehmen und zu begleiten. Dies bedeutet – wir haben es eben ausgeführt –, die Entwicklungsaufgaben, die ein Kind gerade erfüllt oder noch nicht erfüllen kann, stärker zu berücksichtigen. Ein Kleinkind in seiner egozentrischen Phase kann noch nicht teilen und löst seine Konflikte noch nicht im verbalen, sondern im handgreiflichen Austausch. Auseinandersetzungen bei jüngeren Kindern sind deshalb auch häufig so lautstark und klingen so unversöhnlich.

Eltern macht das häufig ratlos, denn sie haben sich doch vorgenommen, Probleme gemeinschaftlich zu lösen. Das ist wichtig, spielt aber im Denken und Handeln des Kindes eine eher untergeordnete Rolle. Es sieht nur sich, alles dreht sich nur um die eigene Person. Alles andere ist ihm egal! Der Weg vom Ich zum Wir ist ein langer, gespickt von vielen Umleitungen, Sackgassen und Schlaglöchern, denn jüngere Kinder erlernen soziale Fähigkeiten erst allmählich.

Sich in andere Menschen hineinzuversetzen und Situationen aus deren Sicht zu sehen, braucht Zeit, braucht Erfahrung. Ein Satz – an einen Dreijährigen gerichtet – wie »Du willst doch auch nicht, dass deine kleine Schwester dich haut« wird mit einem Stirnrunzeln, einem ungläubigen Staunen, einem verlegenen Grinsen beantwortet, als wollte das Kind ausdrücken: »Was soll das nun schon wieder?« Und selbst wenn das Kind durch schnelles Nicken Einverständnis signalisiert, bedeutet das noch lange nicht, dass es die Botschaft »Man schlägt nicht!« verstanden hat.

Gehört ist nicht verstanden! Verstanden ist nicht behalten! Behalten ist nicht umgesetzt! Und umgesetzt ist nicht verinnerlicht!

Jüngeren Kindern muss man es immer und immer wieder sagen, erklären und zeigen. Das Prinzip der Wiederholung steht an oberster Stelle. Übrigens ein Prinzip, das Kinder, egal welchen Alters, auch praktizieren. Sie wiederholen bestimmte Handlungen so lange, bis sie schließlich das Gefühl haben: »Jetzt haben meine Eltern die Botschaft verstanden.«

Wer Geschwisterkinder ins Leben begleitet, tut gut daran, die Entwicklungsbesonderheiten im Blick zu behalten. »Aber wird man dadurch nicht handlungsunfähig?« Oder: »Führt das nicht dazu, dass Kinder einem auf der Nase herumtanzen?« Fragen über Fragen! Und berechtigt! Ein Kind kann teilen lernen, ein Kind kann lernen, sich zu entschuldigen, ein Kind kann lernen, sich in andere hineinzuversetzen – nur braucht es Zeit und Geduld, ihm das zu vermitteln, immer und immer wieder! Das erfordert Kraft und jede Menge Kreativität. Aber, so unsere Beobachtung, viele Eltern haben beides.

Geschwister - eine ganz besondere Liebe

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