Читать книгу Geschwister - eine ganz besondere Liebe - Jan-Uwe Rogge - Страница 36

AUS DEM FAMILIEN-LOGBUCH

Konstantin schreibt: »Jedes Kind ist außergewöhnlich, aber manchmal ist meins noch außergewöhnlicher!« Und er fährt in der Geschichte fort:

»Als ich heute im Abholstress die Marie einsammelte, stand ich für einen Moment in der Garderobe der Kita. Eine eingemummelte Frau sprach mich an. Erst als sie sich mir zuwandte, erkannte ich Maries Erzieherin.

›Es fehlen noch Kamera, Handy und Teddy, den dürfen Sie nicht vergessen. Ich schau kurz im Gruppenraum nach. Also, Ihre Tochter ist eine wunderbare Zeichnerin und überhaupt so kreativ und inspirierend.‹

Ich sagte ›Ja, ja‹ und fühlte mich schlecht – so viel Lob. Doch dann dachte ich auf dem Rückweg, dieses Lob sei genau richtig für mich und es treffe zu. Das häufig miese Gefühl gegenüber all den anderen wunderbaren Kindern der Welt und ihren Eltern und auch meinen eigenen zwei großen Kindern war mit einem Mal zu einer leichten Feder geworden und flog davon. Denn, ja, wir haben ein Wunderkind!

Eines von diesen Wundern, das spät noch wach ist. Eines, das uns alle, auch die Geschwister, fordert. Eines, von dem ich hoffe, dass die Gesetze der kindlichen Gehirnentwicklung ausgehebelt sein mögen. Dass sie sich ob ihrer wunderbaren Sprachkompetenz, die sie bereits seit gut zwei Jahren hat, auch an alles erinnern möge. Allzu gern würde ich mich nämlich später mit ihr über all ihre Erlebnisse als Kleinkind unterhalten.

Und wahrlich, ihr Erinnerungs- und Sortierungsvermögen ist ungeheuerlich. Größer als das der anderen Geschwister, als diese gleichaltrig waren. Sie erinnert sich noch an die alte Kita, in die wir seit neun Monaten nicht mehr gehen, und an die alte Wohnung, die seit einem halben Jahr andere bewohnen. Erst heute sagte sie: ›Wenn das rote Auto repariert ist, können wir das ja auch wieder fahren.‹ Und manchmal traue ich mich schon gar nicht mehr, all ihre Fragen zu beantworten, weil sie sich alles so gut merken kann.

Ich habe eben heute das beste Kleinkind der Welt. Vor drei Jahren hatte ich übrigens auch schon ein Wunderkind – das war der Mittlere. Und vor mehr als neun Jahren habe ich mein erstes Kind im Feenkostüm aus der Kita abgeholt – in dem Wissen: Mein Kind ist ein Wunderkind.«