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2.1. Die chronologische Ordnung im masoretischen Text

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Die Ereignisse fallen in die Zeit zwischen Ahasveros’ drittem und zwölftem Jahr. Einige absolute chronologische Angaben erwähnen das Jahr, den Monat und den Tag. Das Jahr ist immer das Jahr X der Regierungszeit von Ahasveros. Der Monat wird durch eine Kombination seiner Ordnungszahl und seines hebraisierten babylonischen Namens gekennzeichnet: „Im ersten Monat, dem Monat Nisan“ (Est 3,7).

Des Weiteren macht der Text Angaben zur Dauer bestimmter Ereignisse232 sowie relative Zeitangaben, wonach ein Ereignis nach einem bestimmten Geschehen (2,1; 3,1) oder in unmittelbarer Folge auf ein anderes Ereignis (5,4; 6,1.10.14; 8,1) eintritt.

Die chronologische Ordnung des MT von Ester ist vollkommen schlüssig. Um ihre Logik und damit die Art und Weise zu verstehen, wie die Redaktoren ihr System entwickelt haben, ist von drei Dingen auszugehen: 1. Wenn eine Angabe keinen Monat oder Tag erwähnt, muss sie sich auf den ersten Monat des Jahres oder auf den ersten Tag des Monats beziehen. 2. Etwas, das „nach diesen Begebenheiten“ geschah (2,1; 3,1), geschah am folgenden Tag. 3. Der Text geht von einem Jahr mit zwölf Monaten zu je dreißig Tagen aus – einer irrigen Rechnung, die sich aber auch in der Fluterzählung wiederfindet, bei der fünf Monate 150 Tagen entsprechen.233

Chronologische Ordnung des MT von EsterNarrative Eröffnung, der König sitzt auf seinem Thron in Susa (1,1–3) 3. Jahr / 1. Monat / 1. Tag
Erstes Festmahl mit einer Dauer von 180 Tagen (1,4) 3. Jahr / 1.–6. Monat
Erstes Festmahl mit einer Dauer von sieben Tagen (1,5) 3. Jahr / 7. Monat / 1.–7. Tag
Waschtis Weigerung, Beschluss und Erlass der Verstoßung 3. Jahr / 7. Monat / 7. Tag
Schönheitswettbewerb, Beginn mit der ersten Versammlung junger Frauen 3. Jahr / 7. Monat / 8. Tag
Esters Erscheinen vor dem König und ihre Krönung (2,16) 7. Jahr / 10. Monat / 1. Tag
Dies findet vier Jahre, zwei Monate und 23 Tage nach dem ersten Eintreffen der jungen Frauen statt (2,3.8).
Esters Krönungsbankett (2,18). Dauer von sieben Tagen (// 1,5.9) 7. Jahr / 10. Monat / 1.–7. Tag
Zweite Versammlung junger Frauen (2,19) 7. Jahr / 10. Monat / 8. Tag
Esters letztes Erscheinen vor dem König (4,11) 11. Jahr / 12. Monat / 13. Tag
Dies findet zur Zeit der Anzeige der Intrige gegen den König (2,21–23), am 13. Adar, statt, ein Jahr vor dem Termin des Massakers an den Juden durch deren Feinde.
Hamans Amtseinführung und Thronbesteigung (3,1) 11. Jahr / 12. Monat / 14. Tag
Ziehen der Lose zur Bestimmung des Termins der Katastrophe für die Juden (3,7) 12. Jahr / 1. Monat / 1. Tag
Dies findet vier Jahre, zwei Monate und 23 Tage nach dem zweiten Eintreffen der jungen Frauen statt (2,19).
Ausgabe des Erlasses gegen die Juden (3,12) 12. Jahr / 1. Monat / 13. Tag
Esters Fasten (4,16). Dauer von drei Tagen 12. Jahr / 1. Monat / 13.–15. Tag
Esters Erscheinen vor dem König und ihr erstes Gastmahl (5,1–8) 12. Jahr / 1. Monat / 15. Tag
Esters zweites Gastmahl, Hamans Tod, Mordechai (7,1–8,2) 12. Jahr / 1. Monat / 16. Tag
Esters Erscheinen vor dem König und der Gegenerlass (8,3–17, bes. 8,9) 12. Jahr / 3. Monat / 23. Tag
Dies findet siebzig Tage nach dem Erlass gegen die Juden statt.
Massaker an den Feinden der Juden (9,1.17–19). 12. Jahr / 12. Monat / 13.–14. Tag
Purimfest zur Feier des Massakers (9,17–19.21) 12. Jahr / 12. Monat / 14.–15. Tag

Besonders auffällig ist, dass der MT die Hauptereignisse der Erzählung (3,12–8,2) mit dem Auszug aus Ägypten parallelisiert, da sie zur Zeit des Pessachfests geschehen. Im MT von Est 3,12 wird der Erlass von Haman am 13. Nisan (dem ersten Monat) verkündigt. Die folgenden Ereignisse schließen sich bruchlos an, sodass das Gespräch zwischen Mordechai und Ester am selben Tag stattfindet. Das dreitägige Fasten dauert vom 13. bis zum 15. Nisan, und Esters Vorsprechen beim König trägt sich am 15. Nisan („am dritten Tag“, vgl. 5,1) zu. Das Fasten ersetzt somit die Rituale der Vorbereitung auf Pessach und betont die radikale Bedrohung, die über dem Judentum schwebt. Darüber hinaus entspricht Esters Erscheinen vor dem König, das am 15. Nisan die Rettung einleitet, dem Exodus aus Ägypten, der am selben Tag stattfand (Ex 12).234 Hamans Tod tritt am folgenden Tag ein (5,8; 7,2).

Der zweite Schlüsseltermin ist der 13. Adar, womit der Triumph der Juden über ihre Feinde auf das gleiche Datum fällt wie der Triumph der Makkabäer über Nikanor (1 Makk 7,39–50; 2 Makk 15,1–36). Das zeitweise Fernhalten von Ester (4,11) erinnert an dasselbe dramatische Datum. Weil vor 4,11 Esters letztes Erscheinen vor dem König in 2,22 erwähnt wird, kann man schließen, dass Ester seit dem Aufdecken der Intrige der Eunuchen nicht mehr zum König gerufen worden war. Da Hamans Beförderung „nach diesen Begebenheiten“ erfolgte (3,1), muss sie am 14. Adar stattgefunden haben. Mordechai bleiben also sechzehn Tage, sich nicht niederzuwerfen (3,4), bevor im zwölften Jahr am 1. Nisan das Los geworfen wird (3,7).

Es bleiben zwei rätselhafte Daten: Esters Krönung (2,17) und das Inkrafttreten von Mordechais Erlass (8,9). Esters Krönung (am ersten Tag) im zehnten Monat des siebten Jahres (Est 2,16MT) bringt zwei Daten in Kontrast zueinander: einerseits Esters Thronbesteigung, die darauf hindeutet, dass die Lage für die Juden günstiger werden könnte, und andererseits Hamans Werfen der Lose, um die Katastrophe für die Juden in Gang zu setzen. Tatsächlich beginnt eine Versammlung der jungen Frauen am achten Tag des siebten Monats des dritten Jahres (sie beginnt „nach diesen Begebenheiten“ in Kapitel 1) und führt vier Jahre, zwei Monate und dreiundzwanzig Tage später zur Thronbesteigung von Ester (2,16). Nun wird aber in 2,19 eine zweite Versammlung von jungen Frauen erwähnt, die am achten Tag des zehnten Monats des siebten Jahres beginnt235 und somit um die gleiche Zeitspanne vom Tag des Werfens der Lose in 3,7 getrennt ist: vier Jahre, zwei Monate und dreiundzwanzig Tage.

Zuletzt kann auch das Datum der Bekanntmachung des Erlasses von Mordechai, der dreiundzwanzigste Tag des dritten Monats des zwölften Jahres, auch theologisch erklärt werden. Siebzig Tage trennen den Erlass, der das Unglück der Juden ankündigt, und den Erlass, der ihre Rettung auf den Weg bringt, voneinander. Die Zahl 70 wird häufig mit Zeiten der Bedrängnis in Verbindung gebracht.236

Ester

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