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Kapitel 6
ОглавлениеSechs Wochen später: Paul saß bei seiner Hütte am Wasser und warf gelangweilt Steine ins Wasser. Er sah müde und ungepflegt aus.
Eine kräftige Brise wehte über die Wasseroberfläche. Das Rauschen des Windes in den Bäumen regte zum Nachdenken an. „Ring“, klingelte Pauls Handy.
„Hallo Sam…, du bist fertig…? Bin gleich da“, und legte auf.
Plötzlich wehte der Wind einen Zeitungsabriss, direkt vor Pauls Füße. Zu lesen war bloß „Gott teilt deinen Schmerz und schenkt Liebe im Krieg und im Frieden“. Paul fokussierte vier Wörter: Krieg, Frieden, Liebe und Gott. Plötzlich schoss ihm der alte Mann wieder in den Kopf. Er kramte die Karte des alten Mannes hervor und rief an.
Es war 10.27 Uhr, als Pauls schwarzer SUV vor der Fahrschule hielt, wo Sam bereits wartete. Er sprang wortlos in den Wagen. „Hallo, mein Sohn, begrüßte er Sam. „Ich habe bestanden“, hielt Sam seinen Führerschein hoch.
„Ist es in Ordnung, wenn wir noch einen kleinen Abstecher machen? Ich möchte jemanden besuchen und hätte dich gern dabei, fragte Paul. „Wenn es sein muss. Ist besser, als zu Hause die Wände anzustarren“, willigte Sam ein. „Ich wäre aber dafür, wenn du vorher mal duschst“, ergänzte Sam und runzelte die Nase. Paul lächelte etwas beschämt.
„Möchtest du nach Hause fahren?“ „Ernsthaft?“ „Ich habe es dir versprochen.“ Sie tauschten die Plätze und fuhren los. Paul genoss das Lächeln in Sams Gesicht. Das hatte er seit langer Zeit vermisst. Eine Stunde später verließen sie das Haus Richtung Autobahn.
Sie fuhren auf der Autobahn und es dämmerte bereits. Sam durfte auch mal fahren. Paul war überrascht, wie gut er bereits fahren konnte. „Einen kleinen Abstecher?“, fragte Sam zähneknirschend. Paul versuchte zu beruhigen.
Wusste er doch, wie schwer die ersten drei Wochen nach der Beerdigung waren. Doch Paul hielt an Sam fest und gab nicht auf. Er wollte nicht auch noch ihn verlieren. Doch das Verhältnis war immer noch brüchig. Mit dem Besuch des alten Mannes hoffte Paul, etwas Abwechslung hinein zu bringen.
„Laut Navi noch ungefähr eine Stunde“, antwortete Paul.
Als sie die Autobahn verließen, zog ein Unwetter auf und es begann wie aus Eimern zu schütten. Paul blieb plötzlich am Seitenstreifen der Landstraße stehen. Der Regen prasselte auf das Auto. „Laut Navi sind wir da“, sagte Paul verdutzt und starrte auf das Navigationsgerät. „Hier ist doch nur Wald und sonst nichts“, sagte Sam und versuchte irgendein Orientierungslicht zu finden.
Paul bemerkte plötzlich einen Wegweiser, wenige Meter vor sich. Er fuhr langsam näher heran, um es zu erkennen. „Nullius-Villa, 2 Kilometer“, las Sam vor. Ein Pfeil darunter deutete in einen Waldweg. Beide sahen den schlammigen Weg und blickten sich einen kurzen Moment fragend an. „Besser, als zu Hause die Wände anzustarren“, sagten beide gleichzeitig und mussten dabei lachen.