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Aufsicht

Das Schwein soll den Umbau des Bauhauses allein beaufsichtigen. Es ist traurig, weil es wieder wochenlang von mir getrennt wird, aber „ich fühle ja Ihre Fesseln und den Nasenring, Herr.” Das Sackeisen darf es ohne Schloss behalten. Es hat sich so daran gewöhnt, dass ein Schloss nicht mehr nötig ist.

Es bekommt Taschengeld, das Auto, seine Ingenieursuniform mit Helm, seine Lederjacke gegen die herbstliche Kälte, soll im Gasthof wohnen und täglich telefonisch berichten. Und es bekommt noch eine besondere Aufgabe, über die es erschrickt, weil eine solche Aufgabe neu ist und sich nicht gut einordnen lässt in was es bisher lernen musste. Lehrjahre sind nun einmal zum Lernen da, und wenn alles gleich bleibt, kann man nichts Neues lernen. Es soll den Bauunternehmer verführen. Der soll es täglich oral befriedigen, aber nicht wissen, dass ich das angeordnet habe. Das Schwein wird bestraft für jeden Tag, an dem das nicht gelang. Es wird ganz still, als es diesen Auftrag hört. „Schwein! Das tust du für mich!”– „Ja, Herr.”

Am ersten Abend erfahre ich, dass der junge Koch im Gasthof das Schwein schon unverhohlen angemacht hat. Es ist aber nicht darauf eingegangen. Ich befehle dem Schwein, mit dem Koch abends nach Berlin zu fahren, falls der es dazu einladen sollte. Es soll aber selbst keine Initiative nehmen.

Den Bauunternehmer hat es heute noch nicht getroffen. Es ist ja erst nachmittags angekommen. Der erste Tag dauert noch bis morgen Nachmittag.

Am folgenden Vormittag ist es dann schon gelungen. „Herr, der Mann interessiert mich nicht, aber ich habe die ganze Nacht nachgedacht, wie ich es mache, weil Sie es wollen. Und der Gedanke, dass ich auch so etwas für Sie kann, macht mich stolz.” Es hat die Gelegenheit abgewartet bis es mit dem Unternehmer zusammen außer Sicht seiner Arbeiter war und gesagt: „Entschuldigung, ich muss mal mein Wasser lassen.” – „Herr, wie drückt man so etwas nur aus, gegenüber einem Firmenbesitzer in einem rückständigen Dorf?” – Dann hat es sich Schwanz und Sack aus der Hose geholt und gepisst. Der gute Mann hat natürlich höflich weggeschaut, jedenfalls so getan als ob. Aber Ring und Sackeisen hat er eben doch gesehen, und einige Stunden später, beim folgenden „Wasser lassen” konnte er sich nicht einhalten, zu fragen, ob das denn nicht weh täte, ob es medizinische Gründe hätte, Hodenhochstand oder so, und, eh, ja, also, ob so ein großer Ring vorne drin denn nicht, eh, na ja eben. „Probieren Sie es doch selbst”, hat das Schwein nur gesagt, „der verfängt sich schon nicht am Zäpfchen.” Es sei so glücklich, dass es so mutig und geistreich war. Nicht aus Angst vor Strafe, nein, weil es fühlt, dass sein Herr so stolz auf es sein kann.

Am nächsten Tag ist, wie beim Bauen üblich, einiges schief gegangen. Falsches Material, fehlende Maschinen und so weiter. Bei so etwas ist das Schwein in seinem beruflichen Element. Und als dann nachmittags der Bauunternehmer selbst kam und sich entschuldigte, hat sich das Schwein breitbeinig hingesetzt, ausgeatmet und gesagt: „Nach so einem anstrengenden Tag kann man Entspannung gebrauchen, nicht?” So einfach!

Ihm fehle dennoch die Nähe zu mir, und weder ein notgeiler junger Koch noch ein verwirrter Bauunternehmer sei ein Ersatz. Sein Herr lasse sich durch nichts ersetzen. Es brauche die Führung, die Härte, die Konsequenz, kein Techtelmechtel. Es habe sich nun einmal hingegeben und fühle sich in seiner Position stark und sicher. Ja, stark, weil sein Herr mit seiner Konsequenz und Härte es immer stärker mache, und sicher, weil es vom ersten Tage an das uneingeschränkte Vertrauen habe, dass ich auf es aufpasse. „Herr, nur bei Ihnen fühle ich mich geborgen und gefordert.”

Und darum, nur darum, verführt es den armen Mann täglich und bittet mich auch um Instruktionen für den Fall, dass der junge Koch mit ihm nach Berlin wolle.

Jedenfalls ist es gut, dass jemand von uns vor Ort ist. Dauernd ist etwas zu regeln. Vor allem sind die Dorfbauarbeiter überfordert von unserem minimalistischen Konzept. Sie wollen ständig Waschbecken, Gardinenleisten, Kacheln und Türen anbringen, die sie im Plan vermissen. Das Schwein fährt viel hin und her wegen der richtigen Sorte Schiefer, der Sanitärblöcke und so weiter.

Am wohlsten fühle es sich trotz der Kälte in der offenen Lederweste. Die Leute wären das nicht gewohnt, einen halbnackten Oberkörper im Herbst, und es fühle dauernd ein Kribbeln zwischen den Beinen, weil es wisse dass ich es gerne so sehe.

Der Konvent

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