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Kapitel 15

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Der Passagier, auch noch ein Landsmann, konnte zum Glück beruhigt werden. Das Flugzeug hebt ab. „Endlich wieder frei!“ sagt Sebastian und stupst seine Schwester an. „Jetzt atme mal auf!“

„Erst, wenn wir in Europa sind.“

Das Bild auf Kanal Vier ist wieder schwarz. Ich bin irgendwie erschöpft und gehe duschen.

Nara will noch was von mir. `Ich muss dir was sagen, jetzt geht das ja. Ich bin bereits ein Schutzengel, wie dir vielleicht aufgefallen ist und es wären nur ganz persönliche Welten untergegangen, hättest du mir nicht geholfen.´

Egal, Nara, ich bin dir nicht böse, ich bin viel zu kaputt dazu!

Der nächste Tag. Es regnet, was hier ja nichts neues ist. Ich habe mich aus irgendeinem Grund spontan ins Bistro Brigitte gerettet und sitze vor einem Tee. Ich hätte ja auch nebenan reingehen können. Meine Haare sind ein wenig nass und damit viel dunkler geworden. Ich muss jetzt so aussehen wie dieser Schauspieler, dessen Namen ich mir nicht merken kann. Da kommen sie durch die Tür. Rahel und Sebastian. Nara hat gar nichts gesagt! Ich bin starstruck. Rahel sieht aus nächster Nähe noch so viel hübscher aus. Zerbrechlich, petite. Sie stehen an der Theke und lesen sich durch die Karte, die dort angeschrieben ist. Sebastian trägt schließlich das reichhaltig gefüllte Tablett zum Tisch neben meinem. Ich versuche, Nara zu erreichen, ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll. Aber sie kommt nicht. „Kann ich das Salz haben?“ fragt mich Sebastian auf einmal. Es ist, als wenn jemand aus einer Kinoleinwand heraustreten würde, echt seltsam.

„Gerne!“ Ich reiche es ihm. Er lächelt mich breit an. Ich lächle zurück, Nara wird auf mich aufmerksam. Das schöne, gewinnende Lächeln liegt wohl in der Familie. „Cats and dogs, ha?“ sagt sie. Ich nicke. „Ist das hier immer so?“ will sie wissen. Sebastian mischt sich ein: „Hey, das ist Irland und nicht Kalifornien.“

Rahel zieht einen verführerischen Schmollmund. „Warum hat uns Nara nicht dorthin geschickt?“

„Ich weiß nicht, irgendwas muss hier sein, vielleicht der berühmte Topf voll Gold!“

„Am Ende des Regenbogens?“

„Hey, da sind gerade zwei!“ rufe ich aus, und zeige Richtung Norden. Die beiden beugen sich über mich, um aus dem Fenster zu sehen. Sie duftet ja tatsächlich nach Vanille! Lecker!

Rahel: „Meinst du, es gibt ihn, den Goldtopf?“

Ich nicke grinsend. Was könnte ich anderes tun?

Es ist der Moment, in dem wir uns zum ersten Mal in die Augen sehen. Es ist irgendwie vertraut, und doch neu und elektrisierend. Ihre Augen sind helles Bernstein. Die Wimpern sehr weiblich gebogen und lang. Da ist etwas trauriges in ihrem Blick, kein Wunder bei dem Ehemann, denke ich, aber ich spüre, da ist noch etwas anderes.

Sie lächelt mit geschlossenem Mund, dann öffnet sie ihn atemberaubend schön und sagt:

„Hi, ich bin Rahel, freut mich, dich kennenzulernen!“

Sie reicht mir ihre zarte Hand. Ob Nara sie auch manipuliert hat? Egal, ich nehme ihre Hand so sanft es geht und sage: „Walter, Walter Gulliver.“

„Wie aus der Geschichte mit Lilliput?“

„Genau!“

„Witzig!“ findet Rahel und stellt mir Sebastian vor. „Das ist mein Bruder Sebastian.“

„Freut mich!“ Und es freut mich wirklich, wie hab ich doch mit ihm mit gezittert!

„Seid ihr auf Reisen?“ will ich wissen. Und weiß es in Wahrheit doch so viel besser.

„Nein, wir sind hier, um ein neues Kapitel zu schreiben“, gibt sich Sebastian bedeutungsschwer.

Rahel setzt hinzu: „Eine lange, sehr unglaubwürdige Geschichte!“

„Irland ist bekannt für besondere Geschichten!“

„Hab ich gehört, weißt du, wie man hier an eine Wohnung kommt?“

„Zeitung. Internet, so wie überall sonst auch, schätze ich.“

„Ja, gut, aber wenn du was hörst,dann…“

„Sag ich Bescheid, aber dafür muss ich deine Nummer haben!“ O je, wie aufdringlich! Denkt sie jetzt schlecht von mir?

„Kein Problem!“ antwortet Rahel, während Sebastian die Augen verdreht. Sie schreibt mir die Nummer vom Bed and Breakfast auf einen Zettel. Ich weiß ja, warum sie kein Handy hat.

„Hier!“

Das ist schön, denke ich und freue mich wahnsinnig, dass das so einfach war.

Sie konzentrieren sich wieder auf ihr Essen. Und ich? Trinke meinen kalten Kaffee und träume von

Rahel und mir im Kornfeld.

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