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Kapitel 4

»Hey, Alda! Noch ’nen Hörnertee?« Sven Bohmert hielt die Flasche mit dem Hirschkopf auf dem Etikett hoch und stierte seinen Kumpel Markus Winter dabei aus geröteten Augen an.

Der rülpste vernehmlich und schüttelte dann den Kopf. »Nee, danke. Ich muss morgen früh raus. Um sechs Uhr geht der Wecker.« Als er auf seine Armbanduhr schaute, erschrak er und schnaufte erschöpft. Viertel nach zwei. Wenn er es jetzt schaffte, hier zügig die Kurve zu kratzen, bekäme er mit viel Glück vielleicht noch drei Stunden Schlaf.

»Melanie will morgen Nachmittag nach Bielefeld ins LOOM zum Shoppen, und ich habe ihr versprochen, dass ich sie hinfahre.« Mit taumelndem Kopf grinste er seinen Kumpel an. »Und Frauen soll man ja nichts versprechen, was man nicht halten kann.«

Sven schnaufte missbilligend. »Frauen ja, aber doch nicht der Schlampe!«

»Moment mal!« Markus glaubte, sich verhört zu haben. »Was hast du gerade gesagt? Melanie ist eine Schlampe?«

Sven kippte den nächsten Schnaps runter. »Hast richtig gehört. Das weiß doch jeder, nur du anscheinend nicht.«

Markus sprang so abrupt auf, dass der kleine Gartentisch ins Schwanken geriet und Bierflaschen und Gläser umstürzten. »Sag das noch mal und ich hau dir eine rein, du Arschloch!«, fauchte er seinen Kumpel an. Er nahm eine drohende Haltung ein und sein Gesicht wurde zornesrot.

Sven blieb gelassen. Ihn schien dieser Ausbruch entweder nicht zu beeindrucken oder aber er konnte die aufkommende Gefahr aufgrund seines Alkoholkonsums nicht richtig einschätzen. »Mensch, Alter, reg dich doch nicht so auf. Die Kuh vögelt doch mit jedem rum, der nicht bei drei auf dem Baum ist.« Unter alkoholschweren Lidern schaute er zu seinem Freund hoch.

Statt einer Antwort stürzte der sich auf ihn und die beiden kippten mitsamt Svens Stuhl nach hinten. »Komm mit raus! Dann schlage ich dir deine dumme Fresse ein«, schrie Markus mit Schaum vor dem Mund. »Los, du feige Sau, steh auf und wiederhol dann noch mal, was du gerade gesagt hast.«

Markus hatte sich aufgerappelt und ein paar Schritte zur Tür neben dem Rolltor gemacht. Hier in der ehemaligen Lkw-Werkstatt trafen sich die beiden Freunde regelmäßig, um nun an klapprigen Autos zu schrauben. Meist endeten diese Schraubertreffen allerdings erst in den frühen Morgenstunden und selten nüchtern, also genau wie heute.

Eigentlich waren die beiden wirkliche Freunde, aber seit Markus sich in Melanie verguckt hatte, war er bei diesem Thema sehr dünnhäutig. Dabei hatte er früher über jede lockere und freizügigere Frau heftig hergezogen. Obwohl seine Melanie sehr locker und sehr freizügig war, so stand sie für ihn doch plötzlich über allen anderen und jede Kritik an ihr war so etwas wie eine Gotteslästerung. Wäre er nüchtern gewesen und hätte ein paar Minuten nachgedacht, dann hätte er sich eingestehen müssen, dass sein Kumpel nicht ganz Unrecht hatte. Melanie legte in Bezug auf Sex tatsächlich mehr Wert auf Quantität, als auf Qualität. Doch voll mit Bier und hochprozentigem Kräuterschnaps war er weder in der Lage, das alles sachlich zu sehen, noch sich zu beherrschen.

»Was ist nun, du Spacke?« Er öffnete die Tür und wankte in die Einfahrt. Seine Wut steigerte sich noch, als er sah, dass er sich bei dem Sturz die Hose aufgerissen hatte.

Sein Kumpel Sven, ebenfalls auf die Beine gekommen, torkelte soeben hinter ihm aus der Werkstatt. »Mensch, hör doch mal zu …«, setzte er an, kam aber nicht weiter, weil Markus ihm mit dem Edelstahlrohr in den Magen schlug, mit dem sie normalerweise das große Tor offen hielten. Sven krümmte sich zusammen, riss die Hände vor den Bauch und ging augenblicklich zu Boden. Noch im Fallen begann er zu würgen und übergab sich.

Erschrocken taumelte Markus zurück und ließ das Rohr los, das mit schepperndem Tönen die schräge Einfahrt hinunterrollte und im Rinnstein liegen blieb. Fassungslos sah er zu Sven herunter, dem auf dem Boden liegend plötzlich Blut aus dem Mund floss.

Verdammt, was hatte er da getan? Mit einem Schlag war er so ernüchtert, dass seine Rage augenblicklich verflog und er sich Vorwürfe machte. Was sollte er jetzt machen? Er hatte noch eine Bewährungsstrafe wegen einer anderen Schlägerei offen, und wenn Sven ihn jetzt wegen dieser Körperverletzung anzeigte, dann saß er womöglich bald im Knast.

Panisch sah er sich um. Anscheinend hatte niemand etwas mitbekommen. Also weg hier und hoffen, dass Sven sich später an nichts erinnern konnte. Einen Moment lang stutzte er. Oder sollte er dafür sorgen, dass Sven sich tatsächlich an nichts mehr erinnern würde? Eine Gehirnerschütterung sollte da ja Wunder wirken. Er sah auf seine schweren Arbeitsschuhe mit den Stahlkappen. Dann fiel ihm das Rohr wieder ein. Leicht schwankend begab er sich zum Rinnstein und wollte es schon aufheben, da schoss ihm ein anderer Gedanke durch den Kopf.

Der Tod der blauen Wale

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