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Konsolidierung und Kirchenreform

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Heinrich III. war sogar noch ehrgeiziger als sein Vater, und in seiner Regierung drängte er auf stärkere Eigenständigkeit des politischen Bereichs. So war z.B. die Hofkanzlei, die Quelle aller kaiserlichen Dokumente, nach einiger Zeit nicht mehr Bestandteil der Hofkapelle, sondern wurde zu einem politischen Amt unter Leitung des Erzkanzlers. Heinrich war tiefgläubig und neigte dazu, die Buße für seine Sünden öffentlich zu demonstrieren. Er sah sich als vicarius Christi mit dem Auftrag, die Welt zu befrieden. Seine Aufrufe zwischen 1043 und 1046 zu einem dauerhaften Frieden stießen auf die Resonanz einer in Westeuropa weitverbreiteten Bewegung, die während des vorangegangenen halben Jahrhunderts für zahlreiche lokale und regionale Bündnisse gesorgt hatte. Doch weckten seine Initiativen auch Misstrauen, denn Heinrichs überaus hartes Vorgehen gegen alle, die sich eines Vergehens schuldig gemacht hatten, schien den Fürsten und Adligen, ja sogar den Bischöfen ihre Rechte abzusprechen.

Wie Heinrich zu Beginn seiner Regierung bei der Berufung von Bischöfen vorging, zeigt seinen Hang zur Kirchenreform. Diese Bewegung hatte ihren Ursprung im Benediktinerkloster zu Cluny, das 910 gegründet worden war. Nach und nach hatte sie in den deutschen Klöstern Fuß gefasst und überall in der Kirche Anhänger gewonnen. Es ging dabei hauptsächlich um die weltliche Kontrolle über die Kirche und die Moral der Geistlichkeit: Simonie (Kauf oder Verkauf von kirchlichen Pfründen) und Nikolaitismus (Heirat von Geistlichen) waren kirchenrechtlich verboten.

Die bisherigen Monarchen, wie auch ihre Vasallen, hatten ganz selbstverständlich Simonie betrieben, schließlich waren die von den neu berufenen Bischöfen geleisteten Vergütungen eine überaus wichtige Einkommensquelle. Aber in den 1040er-Jahren hatte sich die Einstellung gewandelt, und Heinrich gehörte zu denen, die dafür eintraten, diese Sünde auszumerzen. Seine Italienexpedition 1046 war nicht nur eine zwingende Folge seiner Reisen durch Deutschland und Burgund, sondern auch die Gelegenheit, aktiv zu werden.

Sein Ziel war es, im Norden als König von Italien gehuldigt, in Rom zum Kaiser gekrönt und im Süden als Herrscher anerkannt zu werden. Zur Vorbereitung traf er Entscheidungen über strategische Berufungen für die drei großen norditalienischen Metropolitensitze: Mailand, Aquileia und Ravenna. Bei seiner Ankunft berief er eine Synode nach Pavia ein, wo er den Verkauf von Pfründen anprangerte. Auf einer weiteren Synode, die im Dezember in Sutri stattfand, beendete er eine seit zwei Jahren währende Papstkrise, indem er drei miteinander konkurrierende Päpste absetzte und stattdessen Bischof Suidger von Bamberg als Klemens II. (Reg. 1046–1047) zum Pontifex erhob.

Nachdem Klemens am 25. Dezember 1046 Heinrich und dessen Frau Agnes gekrönt hatte, exkommunizierte er alle, die sich der Simonie schuldig gemacht hatten. Die Bevölkerung von Rom verlieh Heinrich den Titel Patricius, womit er Schutzherr Roms war und an der Papstwahl mitwirken konnte. Er meinte, damit ein Recht auf Nominierung eines Papstkandidaten zu haben, was er in der Folge dreimal zugunsten deutscher Bischöfe ausnutzte. In Süditalien aber gelang es ihm nur, die normannischen Warlords zu Vasallen zu machen, was ihre wachsende Macht aber nicht beschränkte.

Dafür, dass Heinrich die kaiserliche Oberhoheit über die Kirche und die drei Königreiche wiederhergestellt hatte, empfing er posthum viel Lob. Doch seine Intervention in Rom veranlasste viele Bischöfe, sein Recht, der Kirche ihr Handeln zu diktieren, infrage zu stellen. Einige führten an, dass der Ostkaiser mit der Konstantinischen Schenkung dem Papst die Oberhoheit über den Westen gegeben habe. Andere bestritten, dass Heinrichs Weihung der eines Bischofs gleichkomme, und bezweifelten die Heiligung seines Königtums.

Diese Angelegenheiten wuchsen sich während der langen Regierungszeit seines Sohns, der im Alter von sechs Jahren als Heinrich IV. (Reg. 1056–1106) sein Nachfolger wurde, zu schwerwiegenden Problemen aus. Die Regentschaft von Kaiserin Agnes wurde anfänglich durch die Erzbischöfe von Köln und Mainz sowie den Bischof von Augsburg unterstützt. Auch schien Agnes ihre Herrschaft dadurch sichern zu können, dass sie die drei vakanten Herzogtitel an mögliche Gegner vergab: Bayern ging an den sächsischen Grafen Otto von Northeim, Schwaben an Rudolf von Rheinfelden, der auch Agnes’ Tochter Mathilde heiratete, und Kärnten bekam, wie von Heinrich III. versprochen, der schwäbische Graf Berthold von Zähringen. Tatsächlich beschwor die erneute Etablierung mächtiger Herzogtümer Gefahren herauf, doch was Agnes’ Position wirklich ins Wanken brachte, war ein schwerwiegender Fehler im Umgang mit der Kirche.

Der Reformkurs hatte in Rom während der vorangegangenen Jahrzehnte kräftige Fortschritte gemacht. Den Feldzug zur Bekämpfung der Simonie und für die Einhaltung des Zölibats hatte sich das Papsttum zu eigen gemacht und betrieb ihn mit dem Schlachtruf libertas ecclesiae – Freiheit der Kirche. Außerdem verlieh Leo IX. (Reg. 1049–1054) der päpstlichen Rolle ein anderes Gewicht. Hatten seine Vorgänger Rom kaum jemals verlassen, so reiste er hingegen wie ein Monarch und demonstrierte damit die Oberherrschaft des Bischofs von Rom über die Kirche nachdrücklicher als je zuvor. Zur selben Zeit bot der Aufstieg der Normannen die Möglichkeit militärischer Unterstützung nicht nur gegen lokale Gegner in Rom, sondern auch gegen den Kaiser. Nikolaus II. (Reg. 1058–1061) wollte die Unabhängigkeit der Päpste durch ein Dekret stärken, dem zufolge ab jetzt die Kardinäle den Papst wählen sollten, während die Akklamation durch die Geistlichkeit und Laienschaft Roms rein symbolisch war. Der römische Adel und seine kirchlichen Unterstützer überredeten daraufhin Kaiserin Agnes, die Wahl eines von ihnen favorisierten Gegenpapstes zu fördern. Doch daran wurde sie von den reformgesinnten deutschen Bischöfen gehindert, sodass nun de facto der Erzbischof von Köln zum Regenten wurde.


Stammtafel der salischen Herrscher, dargestellt in der Weltchronik des Ekkehard von Aura. Zu sehen sind u.a. Konrad II. (thronend mit Reichsapfel und Krone) und in der Mitte Heinrich IV. mit seiner zweiten Ehefrau Adelheid.

Als Heinrich IV. 1065 mündig wurde, sah er sich sogleich in Deutschland und Italien mit schwerwiegenden Problemen konfrontiert. Gerüchte über eine Verschwörung zur Ermordung des Königs lenkten den Verdacht auf Otto von Northeim, den Herzog von Bayern. Er wurde 1070 vor ein kaiserliches Gericht zitiert und sollte in einem Duell seine Unschuld beweisen. Als er das verweigerte, nahm man ihm das Herzogtum und seine sächsischen Allodialgüter (d.h. sein Privateigentum im Gegensatz zu Lehnsbesitz). Dieses rücksichtslose Vorgehen provozierte 1073 einen Aufstand in Sachsen.

Von dieser Opposition profitierte Otto von Northeim. Heinrich forderte, wo immer es nur ging, die Rückgabe von zuvor vergebenem königlichem Eigentum. Wie herrschaftlicherseits damals üblich, ließ er sich seine Lehen teuer bezahlen und verwandelte Gemeindeland (Allmenden) wie z.B. Wald in herrschaftlichen Gutsbesitz. Zunehmend wurden Burgen auf Hügeln oder Berggipfeln erbaut, was den Eindruck einer drückenden Machtkonzentration verstärkte, denn diese Anlagen schienen eher für die Beherrschung einer Region denn als Zufluchtsort für die Bevölkerung gedacht, wie es früher der Fall gewesen war. Sie wurden zumeist mit königlichen Beamten besetzt, die aus Schwaben oder anderswoher kamen; einige gehörten nicht einmal zum Adel. Da der König darauf beharrte, dass sie Töchter sächsischer Adliger heirateten, gab es Beschwerden über die Entführung und Vergewaltigung sächsischer Frauen.

Das sächsische Herzogtum, das sich gerühmt hatte, der wichtigste Stützpfeiler der ottonischen und frühen salischen Monarchie zu sein, zeigte sich nun über die häufigen Besuche des Königs alles andere als begeistert. Viele behaupteten, Sachsen sei für den König nicht viel mehr als eine Küche, die den hauptsächlich nicht sächsischen Hof ernähre.

Da Heinrich sich weigerte, die Beschwerden der Sachsen anzuhören, kam es zu einem Aufstand. Er floh nach Worms, wo die Stadtbevölkerung gerade den Bischof verjagt hatte. Heinrich versprach Privilegien, was gut ankam. Doch sein Glück wandte sich erst zu seinen Gunsten, als eine Gruppe sächsischer Bauern die Gräber von Angehörigen der Königsfamilie schändete. Das spaltete die sächsische Opposition und überzeugte süddeutsche Fürsten und Bischöfe davon, Heinrich zu Hilfe zu kommen. Im Juni 1075 brachte er den von Otto von Northeim angeführten sächsischen und thüringischen Bauern eine vernichtende Niederlage bei. Die Anführer der Rebellen wurden eingekerkert und enteignet. An Weihnachten beschloss eine Zusammenkunft von Fürsten zu Goslar, Heinrichs Sohn Konrad, der gerade ein Jahr alt war, zum König zu wählen. Otto bat Heinrich erneut um Vergebung, woraufhin er sein bayrisches Herzogtum zurückerhielt und zum Verwalter des Herzogtums Sachsen ernannt wurde.

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