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Friedrich I. Barbarossa

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Konrads Nachfolger, sein Neffe Friedrich I. Barbarossa (Reg. 1152–1190) folgte dem Beispiel seines Onkels. Er rief sofort einen dauerhaften Landfrieden in Deutschland aus, was keine einmalige Handlung blieb. Er berief neue Herzöge, Markgrafen und Landgrafen, was die Position der traditionellen deutschen Herzogtümer weiter schwächte. In den 1170er-Jahren galten dem Hof alle geistlichen und weltlichen Vasallen als Reichsfürsten; Barbarossa selbst verglich sie mit dem römischen Kardinalskollegium: Sie waren Unterstützer und Berater der Krone.


Der Cappenberger Barbarossakopf, der noch zu Lebzeiten Kaiser Friedrichs I. entstand.

Traditionelle Darstellungen der Herrschaft Barbarossas hoben die angeblich langwierige Fehde mit seinem Vetter Heinrich dem Löwen, dem Herzog von Sachsen und Bayern, hervor. Heinrich war sehr viel wohlhabender als der König und benahm sich oft wie ein Monarch. Aber ihre Beziehung war gut, bis 1179 die sächsischen Bischöfe und Adligen den Herzog beschuldigten, ein Tyrann zu sein. Heinrich wurde zur Vernehmung vor ein Gericht geladen, weigerte sich aber, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Man verhängte über ihn die Acht und er wurde seines gesamten Besitzes enteignet. Nachdem er sich 1181 unterworfen hatte, erhielt er seine Allodialgüter (seinen Privatbesitz) zurück, aber seine Vasallen unterstanden nun dem König, was dessen Herrschaftsbereich auf ganz Nord- und Ostdeutschland ausdehnte.

Auch die Entwicklungen in Burgund stärkten Barbarossas Position. Die königliche Macht wurde dort (im Norden) durch die einflussreiche schwäbische Dynastie der Zähringer vertreten. 1156 heiratete Barbarossa erneut, diesmal Beatrix, die reiche Tochter und Erbin des Grafen von Burgund, woraufhin der König die Dienste seines Stellvertreters nicht mehr benötigte. Zwar verwandelte er 1169 Burgund in das Reichslehen Franche-Comté, eine Pfalzgrafschaft. Dennoch blieb sein Interesse an Burgund erhalten, und 1178 wurde er in Arles zum König gekrönt. Das Burgund hatte noch eine gewisse strategische Bedeutung für die Kontrolle über die Alpenpässe, doch der wichtigste Aspekt von Barbarossas Heirat mit Beatrix dürfte das Geld gewesen sein, das ihm ermöglichte, mit dem Herzog von Sachsen und Bayern pekuniär gleichzuziehen und die italienischen Feldzüge zu finanzieren, die für seine Herrschaft so zentrale Bedeutung erlangten.

Deutsche Historiker des 19. Jahrhunderts haben oft beklagt, dass die Hohenstaufen Ruhm in Italien suchten, der zulasten ihres Engagements in Deutschland ging. Doch solche Argumente sind den Wertsetzungen der Moderne verpflichtet. Das mittelalterliche Reich wurde als Gesamtheit der drei Königreiche verstanden, die seine konstituierenden Bestandteile waren. Ein imperium Romanorum ohne Rom war undenkbar. Barbarossa wurde bereits 1155 zum Kaiser gekrönt, schneller als jeder deutsche König vor ihm, und er unternahm nicht weniger als sechs Reisen nach Italien: Mehr als ein Drittel seiner Regierungszeit verbrachte er dort, um den honor imperii, die Rechte der Krone, wiederherzustellen. Was seinem Erfolg Steine in den Weg legte, waren erneute Konflikte mit dem Heiligen Stuhl über Prinzipien der Rechtsprechung, die Probleme des Königreichs Italien und das Vordringen der Normannen im Süden.

Im Vertrag von Konstanz (1153) versprach Barbarossa, die Besitztümer des Papstes zu schützen und nur mit seiner Zustimmung mit den Römern oder den Normannen Frieden zu schließen. Der Papst versprach im Gegenzug, die Krone zu unterstützen und ihre Gegner zu strafen. Beide Parteien einigten sich darauf, dem Kaiser von Byzanz keine Zugeständnisse zu machen. Doch gab es schon bald Streit wegen der Frage, wie die formellen Beziehungen zwischen Papst und Monarch beschaffen sein sollten.

Als Barbarossa im Oktober 1157 Erzbischof von Lund in Burgund entführen und einkerkern ließ, wurde er von Papst Hadrian IV. (Reg. 1154–1159) daran erinnert, dass er seine Macht ihm, Hadrian, verdanke. Aber Hadrians Bezeichnung des Reichs als beneficium wurde von Barbarossas Kanzler Rainald von Dassel – vielleicht böswillig – mit „Lehen“ übersetzt, was am Hof Empörung auslöste. Barbarossa wies die päpstlichen Ansprüche mit aller Entschiedenheit zurück, und seine Ratgeber betonten, es sei die einzige Aufgabe des Papstes, den von den deutschen Fürsten gewählten Monarchen zum Kaiser zu krönen.

Barbarossas Hartnäckigkeit führte zu fast zwei Jahrzehnten der Spannung zwischen Kaiser und Papst. Alexander III. (Reg. 1159–1181) exkommunizierte ihn zwei Mal und zwang ihn schließlich zu einem drei Wochen währenden Prozess öffentlicher Entschuldigung und Ehrerbietung in Venedig. Demgegenüber dürfte Canossa ein hübscher Winterspaziergang gewesen sein.

Auch das Königreich Italien war alles andere als einfach zu regieren. Als Barbarossa einige kleinere Städte gegen die Tyrannei von Mailand unterstützte, weckte er damit nur die Animosität anderer Ortschaften. In ganz Mittel- und Norditalien hatten die Städte im späteren 11. Jahrhundert ein starkes Bewusstsein kommunaler Identität entwickelt, und ihr wilder Stolz auf die Autonomie konnte sich gegen Mailands Hegemonie ebenso richten wie gegen den Kaiser. Auch der Adel hatte an Autonomie gewonnen und machte häufig gemeinsame Sache mit den Städten gegen jegliche Intervention oder Initiative des Monarchen.

1158 fand in Roncaglia bei Piacenza am Ufer des Po ein Hoftag statt, auf dem Barbarossa eine Übersicht über die Rechte der Krone in Italien in Auftrag gab. Seit Heinrich IV. war es unter der Abwesenheit von Monarchen zu einer Verminderung königlicher Prärogative gekommen, was nun behoben werden sollte. Barbarossas Beauftragte beriefen sich auf Vorschriften des römischen Rechts, um die insgesamt höhere Autorität des Monarchen, seine Herrschaftsbefugnis über das Königreich zu bekräftigen. Dazu gehörten auch die traditionellen königlichen Rechte der Münzprägung, Zoll- und Steuererhebung sowie die Oberherrschaft über alle Lehen, selbst nach deren Verkauf. Das roncalische Programm sollte die monarchische Herrschaft in allen drei Königreichen wiederherstellen, doch selbst die Umsetzung in Italien erwies sich als schwierig.

Am Ende von Barbarossas zweiter Italien-Expedition (1158–1162) war Mailand nicht vollständig unterworfen worden. 1164 sah er sich dem Veroneser Bund konfrontiert, zu dem sich die Städte Verona, Padua, Vicenza und Venedig zusammengeschlossen hatten, und ab 1167 stand ihm der lombardische Städtebund mit etwa 25 Mitgliedern, darunter Mailand, entgegen. Erst 1183 gelang es ihm, Frieden zu schließen und den lombardischen Bund zu einem Werkzeug der kaiserlichen Politik zu machen.

Unterdessen hatten die Bemühungen zur Wiederherstellung der monarchischen Rechte die Beziehungen zum Heiligen Stuhl beschädigt, da Barbarossa nun auch die Herrschaft über Städte im Kirchenstaat und sogar über Rom selbst beanspruchte. Die Auseinandersetzung wurde 1189 beigelegt, aber der Kaiser weigerte sich auch weiterhin, ein von seiner Herrschaft ausgenommenes päpstliches Territorium zu akzeptieren.

Die Beziehungen mit Rom wurden des Weiteren durch die wachsende Macht der Normannen in Süditalien belastet. 1130 hatte der Papst den Normannen geholfen, ein Königreich auf Sizilien zu errichten, und nun konnte Sizilien gegen den Kaiser ausgespielt werden, wenn der Heilige Stuhl es für nötig hielt. Allerdings wurde Hadrian IV. 1150 von einer byzantinischen Armee bedroht und von der römischen Bevölkerung aus der Stadt vertrieben. 1156 schloss er mit Wilhelm II. von Sizilien den Vertrag von Benevent. Darin wurde Wilhelms königliche Herrschaft über Sizilien ebenso anerkannt wie der Besitz von Festlandsitalien südlich von Spoleto und den päpstlichen Territorien (dem Kirchenstaat).

Mit Unterstützung aus Sizilien konnte Hadrians Nachfolger, Alexander III., die Wahl von vier Gegenpäpsten überleben. Die normannische Herrschaft in Sizilien stabilisierte sich unter Wilhelm II. (Reg. 1166–1189), und die byzantinische Gefahr wurde gebannt. Barbarossa blieb 1186 nur noch die Option eines Bündnisses mit Sizilien, als Wilhelms Tante Konstanze des Kaisers Sohn Heinrich (Heinrich VI., Reg. 1191–1197) heiratete. Bedingung war, dass Konstanze die designierte Erbin von Wilhelm sein sollte, falls er kinderlos blieb. Das war zu der Zeit nicht viel wert, weil Wilhelm erst dreißig und seine Gemahlin zwanzig Jahre alt war, doch wurde damit das Fundament für den nur einige Jahre später unternommenen letzten und spektakulärsten Versuch gelegt, ein wirklich ‚Römisches Reich‘ der Hohenstaufen zu errichten.

Im 19. Jahrhundert wurde Barbarossa als Begründer des deutschen Reichs gefeiert. Das war allerdings völlig unberechtigt, denn sein Ziel bestand darin, ein römisches Reich zu errichten, das mit der Kirche konkurrieren konnte. Signifikanterweise wurde der Terminus sacrum imperium zuerst von seiner Kanzlei 1157 benutzt, um ein Reich zu bezeichnen, das in sich selbst, unabhängig vom Papst, heilig war; um 1180 fand dann der Titel sacrum Romanum imperium Verwendung. Barbarossa förderte den Kult um Karl den Großen und brachte seinen Gegenpapst, Paschalis III. (Reg. 1164–1168) im Jahre 1165 dazu, den großen Vorgänger heiligzusprechen.

Der Kult dauerte noch lange fort, auch nachdem das Dritte Laterankonzil 1179 die Kanonisierung aufgehoben hatte.

Barbarossas Verehrung Karls als großen Feind aller Ungläubigen beruhte auch darauf, dass der erste Kaiser Pläne für einen Kreuzzug geschmiedet haben sollte. Zumindest darin kam Barbarossa dicht an sein Vorbild heran. Als nach dem Fall von Jerusalem 1187 zum Dritten Kreuzzug aufgerufen wurde, nahm Barbarossa in Mainz das Kreuz und machte sich mit 20.000 Rittern und 80.000 Mann auf den Weg. Aber er kam nie im Heiligen Land an, denn er ertrank am 10. Juni 1190 im Fluss Saleph in der Südtürkei. Da seine Knochen nicht gefunden wurden, entstand der Mythos von seinem Weiterleben.

Immerhin hatte er bereits 1169 dafür gesorgt, dass sein Sohn, der spätere Heinrich VI., zum deutschen König gekrönt wurde und so am Ostersonntag 1191 zum Kaiser geweiht und gekrönt werden konnte. Von entscheidender Bedeutung für seine Herrschaft war die Tatsache, dass seine Gemahlin Konstanze Ansprüche auf den Thron von Sizilien erheben konnte. Dieser war nach Wilhelms II. Tod im Jahre 1189 zunächst von Konstanzes Neffen, Tankred von Lecce (dem unehelichen Sohn von Herzog Roger III. von Apulien) widerrechtlich eingenommen worden. Doch nach Tankreds Tod 1194 geriet Sizilien in den Besitz der Hohenstaufen und Heinrich wurde in Palermo zum König gekrönt.

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