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Friedrich II. und Italien

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Da Heinrich VI. (Reg. 1191–1197) wusste, dass sein Sohn Friedrich ihm auf dem Thron von Sizilien, nicht aber unbedingt auf dem deutschen folgen würde, hatte er vor, Deutschland in eine Erbmonarchie umzuwandeln. Auch schien er anzudeuten, er wolle Sizilien zum vierten Königtum seines Reiches machen. Aber sein ultimatives Ziel war noch viel höher gesteckt: Er wollte der „Friedenskaiser“ sein, der Ost und West versöhnte, die Länder der Heiden im Orient eroberte, die Juden zum Christentum bekehrte und das Ende der Welt einläutete. Den deutschen Fürsten versprach er, ihre Lehen erblich zu machen, und dem Papst bot er die lukrativsten Pfründe in jedem deutschen Bistum an. Die Fürsten hielten zwar von diesen Plänen herzlich wenig, wählten dann aber trotzdem den zweijährigen Friedrich ohne Murren zu ihrem König. Heinrich hatte unterdessen Truppen für einen weiteren Kreuzzug ausgehoben, doch bevor er sich ins Heilige Land aufmachen konnte, starb er im September 1197 in Messina an der Malaria.


Stupor mundi, das Staunen der Welt: Kaiser Friedrich II. auf dem Dedikationsbild zu der Handschrift „De arte venandi cum avibus“ (Von der Falkenjagd).

Der frühe Tod Heinrichs VI. destabilisierte die Herrschaft der Hohenstaufen in Italien und Deutschland gleichermaßen. Der junge Friedrich wurde zu Pfingsten 1198 zum König von Sizilien gekrönt, aber als seine Mutter später im Jahr starb, ging die Regentschaft auf Papst Innozenz III. über, der den Kirchenstaat schleunigst aus der Reichweite kaiserlicher Kontrolle brachte. Auf Sizilien schmiedeten regionale Warlords hinterhältige Pläne, um ihren Landbesitz zu mehren. Sie wetteiferten um Einflussnahme auf den jungen Herrscher und schwächten die Zentralmacht. In Deutschland gewann eine gegen die Staufer gerichtete Bewegung an Boden, was zu einer doppelten Wahl führte: Einige Fürsten unterstützten Philipp von Schwaben, den jüngeren Sohn Barbarossas, andere votierten für Otto IV., den Sohn Heinrichs des Löwen. Papst Innozenz schlichtete den Streit zugunsten Ottos, der im Juli 1198 in Aachen gekrönt wurde.

Die Einmischung des Papstes wurde von Behauptungen über die Rechte des Heiligen Stuhls bei deutschen Königswahlen begleitet. Das erzürnte die deutschen Fürsten, die sich selbst als zur Wahl rechtlich befugt ansahen. Die entscheidende Unterstützung wurde Otto durch drei rheinländische Erzbischöfe und den Pfalzgrafen bei Rhein zuteil. Diese Gruppe hatte schon bei vorangegangenen Wahlen den Anfang gemacht; nun ergriffen sie die Initiative bei einer umstrittenen Wahl. Es war ein entscheidender Schritt hin zur Bildung einer besonders definierten Gruppe, aus der später das Kurfürstenkollegium hervorging. Aber Ottos energischer Vorstoß rief schon bald in Deutschland wie in Italien Widerstand hervor, und 1212 wurde er zugunsten Friedrichs von Sizilien abgesetzt. Die Kaiserchronik nannte Friedrich das „Kind von Apulien“. Seine Herrschaft begann recht eigentlich mit der Königskrönung 1215 in Aachen.

Der neu gewählte König verbrachte fast seine gesamte Regierungszeit in Italien. Er verließ Deutschland 1220 und besuchte es erst wieder 1235/36 und 1237. Mit den bahnbrechenden „Konstitutionen von Melfi“ 1231 stellte er die Regierung des Königreichs Sizilien auf eine neue Grundlage. Die Konstitutionen waren die erste Rechtskodifikation seit dem Codex Iustinianus aus dem 6. Jahrhundert. Wie Heinrich VI. entwickelte auch Friedrich II. eine welthistorische Vision seiner Bedeutung als Herrscher. Er trotzte dem Papst und wurde exkommuniziert, als er Sizilien mit dem Reich vereinigte.

War ihm Italien wichtiger als Deutschland? Immerhin brauchte er die deutsche Königskrone, damit er sich zum Kaiser krönen lassen konnte, was 1220 in Rom geschah. Auch die Nachfolge war von entscheidender Bedeutung. Bevor er nach Italien aufbrach, hatte er dafür gesorgt, dass sein Sohn Heinrich VII. (geb. 1211) zum König gewählt worden war. Außerdem war er bereits Herzog von Schwaben und Rektor [königlicher Stellvertreter; d. Ü.] von Burgund. Als Heinrich später in Deutschland dazu neigte, unabhängig zu handeln und sich sogar zu Beginn der 1230er-Jahre mit den italienischen Feinden seines Vaters verbündete, ersetzte Friedrich ihn durch seinen jüngeren Sohn Konrad.

Aber Friedrich benutzte Deutschland nicht einfach nur, um seine italienischen Ambitionen zu fördern. In seinen frühen Jahren als reisender König in Deutschland blieb er der traditionellen Politik deutscher Könige treu. Er weitete seine Reiseroute über die Regionen von Mittel- und Oberrhein bis nach Ulm, Augsburg und Nürnberg aus. Zu den Gebieten, die sich direkt in königlichem Besitz befanden, gehörten nun auch das Elsass im Westen sowie, angrenzend an Thüringen und Böhmen, das Egerland und das Pleißenland im Osten. Die Regierungstätigkeit oblag weitgehend Beamten und Ministerialen, die nach 1220 der Kontrolle durch Regenten unterstanden, zuerst dem Erzbischof von Köln, dann dem Herzog von Bayern. Mit der „Goldenen Bulle“ von Rimini (1225) unterstrich die Krone ihre fortgesetzte Unterstützung für die Kolonisierung und Christianisierung des Ostens, indem sie den Deutschordensrittern Privilegien und Protektion zusicherte. Allerdings war keine Rede davon, diese östlichen Gebiete in das Reich einzugliedern oder sie formell zu „kolonisieren“.

Friedrich vermied es, sich mit dem Adel anzulegen. In seinen Anfangsjahren gründete er allein in Südwestdeutschland 39 Städte, was die zu dieser Zeit stürmisch sich vollziehende Urbanisierung ebenso deutlich macht wie den fortgesetzten Druck königlicher Revindikationspolitik. 1235 verkündete er in Mainz einen neuen, zeitlich unbegrenzten Reichsfrieden. Erneut wies er auf die königlichen Vorrechte hin, während er zugleich die Rechte der Fürsten bekräftigte. Friedrich setzte das deutsche System in wirksame Funktion, jedenfalls bis seine Position in Italien in den 1240er-Jahren unsicher zu werden begann.

Italien war eine völlig andere Sache als Deutschland. Zuallererst musste er seine Herrschaft auf Sizilien sichern. Dann geriet er in einen Konflikt mit Mailand und dem lombardischen Städtebund. Probleme mit dem Papst konnten zunächst in den Hintergrund treten, weil der Papst den Wunsch äußerte, Friedrich möge einen Kreuzzug anführen, denn der Vierte und Fünfte (1201–1204 bzw. 1217–1218), an denen kein Fürst teilgenommen hatte, waren fehlgeschlagen. Friedrich versprach einen Kreuzzug für 1225, den er jedoch verschob, woraufhin Papst Honorius III. (Reg. 1216–1227) ihn exkommunizierte. Nichtsdestoweniger eroberte Friedrich Jerusalem und krönte sich dort 1229 zum König.

Der päpstliche Bann wurde 1230 aufgehoben, aber nachdem Friedrich in die Lombardei einmarschiert war, wurde er von Papst Gregor IX. (Reg. 1227–1241) exkommuniziert und dann wieder 1245 von Papst Innozenz IV. (Reg. 1243–1254). Kaiser wie Papst betrieben die Kontroverse als einen heiligen Krieg: Der Kaiser kämpfte als malleus mundi (Hammer der Welt), um die Kirche in ihre ursprüngliche Verfassung zurückzubringen, während der Papst Krieg führte gegen den Antichrist, das „Schlangennest“ auf seiner Türschwelle. Mit dem Tod Friedrichs im Jahre 1250 endete der Konflikt. Seine Erben konnten weder in Italien noch in Deutschland Fuß fassen. Die Vision der Hohenstaufen, ein Kind der ehrgeizigen Absichten der Ottonen und Salier, hatte sich in nichts aufgelöst.


Seine letzte Ruhestätte fand der Kaiser in Italien: Sarkophag Friedrichs II. im Dom von Palermo.

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