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1. Die Bücher Moses.

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1. Name. Die Bücher Moses führen im Alten Testamente ihren Namen teils von ihrem Inhalt, teils von ihrem Ursprung. Von dem Inhalt tragen sie den Namen „das Gesetzbuch“ (Dt. 31, 26. Jos. 1, 8 u. ö.) oder kurzweg „das Gesetz“ (Neh. 8, 2 u. ö.), hebräisch „die Thora“, welches Wort „die Unterweisung“ bedeutet; nach ihrem Ursprung aber heißen sie „das Gesetzbuch des Herrn“ (2 Chr. 17, 9. Neh. 9, 3), hebräisch „die Thora Jehovas“, auch Gesetzbuch Gottes (Jos. 24, 26. Neh. 8, 18), oder auch „das Gesetzbuch Moses“ (Jos. 8, 31 u. ö., Neh. 8, 1), auch kurzweg „das Buch Moses“ (2 Chron. 25, 4. Neh. 13, 1).

Die Juden nennen die Bücher Moses „die Thora“ oder „die fünf Fünfteile der Thora“; die LXX und Vulgata endlich „Pentateuch“, d. i. „das fünfteilige Buch“.

2. Gliederung. Dieses Schriftwerk zerfällt in fünf Bücher, welche sich durch ihren selbständigen Inhalt bestimmt von einander abgrenzen. Die Juden benennen jedes der fünf Bücher gewöhnlich mit dem Anfangsworte desselben, also z. B. das erste Buch mit dem Worte Bereschith; die LXX und Vulgata entlehnen die Namen von dem Hauptinhalte der Bücher. Diese Namen lauten also: Genesis (der Anfang), Exodus (der Auszug), Levitikus (das Priesterbuch), Numeri (die Zählungen), Deuteronomium (die Wiederholung des Gesetzes).

3. Verfasser. Das Fünfbuch trägt den Namen seines Verfassers nicht ausdrücklich an seiner Stirn; wenn Moses der Synagoge wie der Kirche als Autor gilt, so beruht dies auf anderweitigen Schriftaussagen, besonders der historischen Bücher, in Verbindung mit der lebendigen Tradition des jüdischen Volkes, welches durch dieselbe angewiesen war, im Pentateuch das Gesetzbuch Moses zu sehen, in gleicher Weise wie wir durch ähnliche Tradition angewiesen sind im 3. Evangelium z. B. das Werk des Lucas zu erkennen. – Die meisten Citate der Geschichtsbücher beziehen sich auf das Deuteronomium (Josua 8, 31 auf Dt. 27, 5–6; 2 Kge. 14, 6 auf Dt. 24, 16; Neh. 13, 1 auf Dt. 23, 3; 2 Chron. 35, 12 auf Dt. 16, vielleicht auch Ex. 12); dagegen Esra 6, 18, wo von der Bestellung des regelmäßigen Gottesdienstes nach dem Buch Moses die Rede ist, muß sich auf die Gesamtheit des Pentateuchs beziehen, der auch der Verlesung von Neh. 8, 13 ff. muß vorgelegen haben. Allgemein lautet auch das Citat Josua 23, 6; der folgende Vers mit seinem charakteristischen „ihr sollt nicht gedenken noch schwören bei dem Namen ihrer Götter“ hat die Bundesurkunde als mosaisches Gesetz Ex. 21 bis 23 zur Voraussetzung, denn jenes citierte Gesetz findet sich nur Ex. 23, 13.

Im Gegensatz zu diesen Aussagen stellt die moderne Kritik 3 Sätze auf: Moses kann nicht der Verfasser des Pentateuch sein. Der Pentateuch ist kein einheitliches Werk. Der Pentateuch ist so, wie er vorliegt, die litterarische Fälschung einer späteren Zeit.

Allerdings ist der Pentateuch so, wie er vorliegt, nicht aus Moses Hand hervorgegangen; seinen eigenen Tod Dt. 34 hat er nicht beschrieben; der Dt. 3, 14 mitten in seiner Rede (auch Num. 32, 41) erwähnte Vorgang fällt nach Richt. 10, 4 in die Richterzeit; Gen. 36, 31 ist doch wohl erst geschrieben worden, als Israel Könige hatte; die Stadt Dan, Gen. 14, 14, bis wohin Abraham den Kedor Laomor verfolgte, führt diesen Namen doch wohl erst seit dem Richt. 18, 29 erzählten Ereignis; Ex. 16, 35 ist nach Jos. 5, 12 erst nach dem Einzug ins gelobte Land geschrieben. – Schon jüdische Gelehrte des Mittelalters haben auf diese und ähnliche Stellen hingewiesen; später auch Theologen des Reformationsjahrhunderts, endlich auch der jüdische Philosoph Spinoza. – Doch können solche Zusätze oder Einschiebungen dem Ganzen den Charakter eines Werkes Moses nicht nehmen, zumal nach Josua 24, 26 Zusätze zu dem vorhandenen Gesetzbuch in späterer Zeit gemacht wurden.

Man will gegen Moses Urheberschaft geltend machen, daß dieselben von einander unterschiedenen schriftstellerischen Eigentümlichkeiten, die man im Pentateuch wahrzunehmen glaubt und aus welchen man auf verschiedene Quellen desselben schließt, auch in Josua sich fänden. Aber so weit dies der Fall ist, geht daraus doch bloß hervor, daß eine Beziehung zwischen beiden Büchern besteht; die Geschichtschreibung Josuas und der späteren histor. Bücher kann sich ja auch durch die Weise eines schon vorliegenden mosaischen Werkes haben bestimmen lassen, was zum Mindesten wahrscheinlicher ist, als das Umgekehrte.

Man behauptet ferner, daß gewisse aus dem Kontext des Pentateuchs unabtrennbare Stellen oder Ausdrücke einen Autor aus späterer Zeit verrieten. Allein es lassen jene Stellen, aus welchen man auf einen späteren Autor schließt, mehrfach Erklärungen zu, vermöge welcher ein Zwang, dieselben einem späteren Autor zuzuschreiben, nicht besteht. Es ist deshalb größere Zurückhaltung geboten. Weil es z. B. in der historischen Einrahmung des Deuteronomiums (1, 1, 5; 4, 41–49) öfters heißt bei Bezeichnung des Ostjordanlandes: jenseits des Jordans, so schließt man daraus, daß der Standpunkt des Verfassers das Westjordanland ist. Aber warum schreibt denn dann der Verfasser des Josuabuches, dessen Geschichte doch im Westjordanland spielt, c. 5, 1 gleichfalls: jenseits des Jordans, wenn er das Westjordanland bezeichnen will? Sieht man die betreffenden Stellen näher an, so findet man, daß „jenseits des Jordan“ ein neutraler Ausdruck ist und beide Seiten bezeichnen kann, daher auch, wenn die betreffende Seite sich aus dem Zusammenhang nicht unmittelbar ergibt, immer noch hinzugefügt wird: ostwärts oder westwärts oder eine andere verdeutlichende Ortsbestimmung. – Ebensowenig Kapital läßt sich gegen mosaische Urheberschaft daraus schlagen, daß Ex. 27, 12 der Westen mit „meerwärts“ ausgedrückt wird. Oder lag das Meer, durch welches hindurch die Israeliten zum Sinai gingen, nicht westlich von ihrem Lager? oder könnte das nicht eine aus Kanaan mit nach Ägypten genommene Bezeichnung des Westens sein? – Ein anderes Beispiel: Das Citat Num. 21, 14–15 aus dem Buch der Kriege des Herrn, sagt man, wolle belegen, daß der Arnon in jener Zeit die Grenze Moabs bildete, ein solcher Beleg aber war für die Zeitgenossen Moses, die den Arnon ja selber überschritten hatten, überflüssig. Aber weit entfernt, daß die Pentateuchstelle durch das Citat belegt werden soll, wird vielmehr die citierte Stelle, die an sich nicht ganz deutlich wäre, von der Pentateuchstelle aus klar, und zu diesem Zweck ist sie hier mit einem „Darum“ nicht mit einem „Denn“ beigefügt. Allerdings tritt uns damit das „Buch der Kriege Jahves“ als früheres Geschichtsdenkmal entgegen. – Gen. 12, 6 und 13, 7 heißt es in der Geschichte Abrahams: Die Kanaaniter (und Pheresiter) war damals im Lande. Dies „Damals“ führe mit Sicherheit in die Zeit nach Eroberung des Landes. Aber waren denn seit Abrahams Einzug nicht 6 Jahrhunderte vergangen; konnten da keine Veränderungen und Besitzverschiebungen stattgefunden haben? Bei der Einnahme des Landes durch Israel treten die Amoriter mächtig hervor, so sehr, daß sie sogar moabitisches und ammonitisches Gebiet eingenommen hatten, während die in Genesis neben den Pheresitern genannten Kanaaniter nicht mehr in der Gegend von Sichem und Bethel sich finden. Man wird dabei nicht behaupten dürfen, der Ausdruck „Kanaaniter“ müsse als Gesamtbezeichnung der Bewohner des Landes verstanden werden; es stehen ja die Pheresiter dabei und Gen. 15 werden die Kanaaniter unter einer ganzen Schar anderer Völkerschaften genannt. Auf das jeweilige Vorkommen großer Veränderungen in Kanaan läßt auch die Nachricht der Kundschafter Num. 13, 33: „Kanaan fresse seine Einwohner“ schließen.

Man macht weiter geltend gegen die mosaische Urheberschaft: Es sei nicht wahrscheinlich, daß Moses seine und seines Bruders Genealogie mit den jetzt Ex. 6, 26–27 stehenden Worten geschlossen habe. Allerdings möchten wir meinen, der Nachwelt hätte es näher gelegen, Moses Genealogie zu erforschen, als ihm selber, deren Kenntnis den Späteren zu vermitteln. Allein es ist zu bedenken, daß Moses wie ein Fremder in Israel hereintrat, zunächst als Sohn der Tochter Pharaos, dann als ein aus der Ferne Kommender. Da war es wohl angezeigt, daß er seine Herkunft nachwies, und damit sich in seiner Zugehörigkeit zum h. Volk, in welchem die Abstammung von größerer Bedeutung war, als irgendwo anders, legitimierte. Zwei nachweisbar echte rechte Israeliten waren es, welche die Sache Israels vor dem ägyptischen König führten, oder, wie er sich auf das Bescheidenste ausdrückt: die mit Pharao „redeten“.

Num. 12, 3 wird wider die Urheberschaft Moses ins Feld geführt, eine Stelle, die übersetzt wird mit: der Mann Mose war sehr sanftmütig, mehr als alle anderen Menschen auf der Erde. Solches Selbstlob hätte Moses nicht von sich schreiben können. Aber warum bleibt man nicht bei der lutherischen Übersetzung: Moses war ein geplagter Mann u. s. w., ein Mann, der seine Last zu tragen hatte? In diesem Sinne kommt das Wort in verschiedenen Stellen des Psalters vor, während man für „sanftmütig“ nur die in Frage stehende anführt. Wie Luther übersetzt, konnte Moses wahrheitsgemäß schreiben und ohne Übertreibung; denn was gibt es Schwereres, als den Kampf eines Seelsorgers mit dem widerspenstigen natürlichen alten Wesen seiner Gemeinde? Und ähnlicher Art war die Stellung Moses, nur umfangreicher als jede andere. Er hatte aber Anlaß, diese seine Lage zu betonen, weil sich daraus das scharfe Eintreten des HEerrn erklärt wider die, welche ihm sein Amt, statt zu erleichtern, noch mehr erschwerten. Sie überlasteten Mose; daher das plötzliche Strafgericht. Auch sie hatten sich denen zugesellt, die stets wider Mose sich auflehnten und sein Amt mißachteten. –

Nach der gegebenen Ausführung erscheint also in der Verwertung jener Stellen wider die Autorschaft Moses größere Zurückhaltung geboten. Zu anderen Gegengründen, die aus der Art und Weise der Zusammensetzung der 5 Bücher hergeleitet werden, vergl. die Ausführung weiter unten.

Fragen wir nach den Anhaltspunkten, welche die 5 Bücher Moses selber für die Behauptung der mosaischen Urheberschaft darbieten, so trägt zunächst das Deuteronomium den Stempel mosaischer Urheberschaft deutlich an der Stirn. Indem es Mose in der 1. Person redend einführt, will es nichts Anderes sein als die unmittelbare authentische Wiedergabe seiner letzten Unterweisung, von den Gesetzen der übrigen Bücher aber heißt es immer ausdrücklich, daß sie Mose von Gott empfangen habe, oder Mose und Aaron; einmal auch bloß Aaron Num. 18.

Von etlichen Teilen dieser Gesetzgebung wird berichtet, daß Moses sie seinerzeit aufgeschrieben habe, so den Anfang der Gesetzgebung, die sogenannte Bundesurkunde Ex. 24, 4; oder die Reisen Israels Num. 33, 2. – Bezüglich anderer Stücke bekam er den göttlichen Auftrag, sie zu schreiben; hierher gehört das zweite Bundes-Gesetz Exod. 34, 27. So wird er sie auch wohl geschrieben haben. – Aber wir haben ein ausdrückliches Zeugnis dafür, daß die Gesamtheit der dem Deuteronomium vorausgehenden Gesetze auf die Urschrift Moses zurückgehe, im Pentateuch selbst, und zwar im Deuteronomium. Denn der Ausdruck „dies Gesetz“ Deut. 1, 5 will nicht, wie man meinen könnte, vorwärts weisen auf das Deuteronomium (noch auf einen besonderen Teil in demselben, etwa auf das c. 12 anfangende „Gesetz“, wie man es nennt. Denn dieser Abschnitt läßt sich nicht so streng von dem I. Teil scheiden; er hat ebenso in sich geschichtliche Erinnerungen, vergl. z. B. c. 12, v. 8; 18, 16; c. 23, 1–8; 24, 9; 25, 17; wie umgekehrt der erste Teil gesetzliche Bestimmungen; es ist ein Ganzes; auch wird die Beziehung auf c. 12, 1 etc. durch c. 6, 1 etc. verwehrt); er weist vielmehr zurück auf die vorhergehenden Bücher, sintemal doch das Auslegende von dem Ausgelegten, die Erklärung von dem Erklärten, die Exegese vom Text unterschieden ist. Das Deuteronomium aber will die Erklärung eines Gesetzes sein, folglich ist es nicht das Gesetz selber und weist also „dies“ auf die übrige pentateuchische Gesetzgebung hin. (Vergleiche zu diesem rückweisenden Gebrauch des Demonstratives Num. 30, 17; Lev. 27, 34; 26, 46; 15, 32; 7, 37 u. s. w.) Anders würde sich die Sache verhalten, wenn das betreffende Wort mit „kundthun“ zu übersetzen wäre; aber das Deuteronomium ist ja nicht etwas ganz Neues. – Haben wir nun mit unserer Beziehung des „dies“ recht, so lag nach Deut. 31, 9 und 24 nicht allein für das sogenannte Deuteronomium eine Urschrift Moses vor, sondern zugleich auch für die übrige pentateuchische Gesetzgebung. Denn weil das Deuteronomium ja nur eine Erklärung des bereits vorhandenen Gesetzes sein will, so sieht der Ausdruck des 24. Verses nicht allein zurück auf das Deuteronomium, sondern auf die ganze Gesetzgebung. Bezeichnenderweise schließt der 24. Vers im Hebräischen mit dem Wort „ganz“. (Es geschah, als Moses vollendet hatte zu schreiben die Worte dieses Gesetzes auf ein Buch bis zu ihrer Fülle.) Es dürfte hierin auch eine Hinweisung darauf liegen, daß es sich um eine umfangreiche Arbeit handelte. Wenn es sich bloß um das 5. Buch Moses gehandelt hätte, könnte man dies weniger sagen, wohl aber begreift sich der Ausdruck, wenn es die sämtlichen 5 Bücher waren.

Daß dies der wirkliche Sachverhalt ist, ergibt sich aus der Vergleichung des Deuteronomiums mit der vorhergehenden Gesetzgebung. Denn wie das Deuteronomium einerseits erklärt und ergänzt, so setzt es andererseits in seinen Ergänzungen auch eine frühere Gesetzgebung voraus. Denken wir z. B. an die Verordnung in Betreff des Passahfestes. Wenn nicht mehr darüber bekannt war, als was Deut. 16, 1–8 steht, so war ja nicht einmal der Tag des Festes bekannt, geschweige daß von der Vorbedingung der Teilnahme an der Feier geredet wäre. – Ein so grundlegender Brauch, wie die Beschneidung hätte gar keine gesetzliche Begründung gehabt, wenn bloß das Deuteronomium schriftlich vorgelegen hätte.

Nach allem Vorstehenden werden wir also annehmen dürfen, daß die gesamte Gesetzgebung von der Hand Moses geschrieben vorlag. Was wir besitzen, ist jedoch nicht die Urschrift Moses, sondern es sind seine Schriften aufgenommen und hineingearbeitet in das Geschichtswerk, das in Josua, Richter, Samuelis etc. sich fortsetzt. Der 1. Abschnitt jenes Werkes d. h. eben der Pentateuch kann deswegen doch als das Gesetzbuch Moses bezeichnet werden. Dies ist das Gesetzbuch Gottes, in welches Josua c. 24, 26 schrieb, was er am Ende seines Lebens mit Israel verhandelte; beides nach dem Vorbild seines Meisters; denn Josua kannte mehr als bloß Deuteronomium (vergl. oben 1. Absatz). Das ganze Gesetz ist es, was die Könige sich sollten abschreiben lassen, denn wie konnten sie in ihrer Rechtsprechung z. B. Ex. c. 21–22 entbehren? Nicht dies „andere“ Gesetz nämlich sollten sie sich abschreiben lassen, Deut. 17, 18, sondern eine „Abschrift“ dieses d. h. des pentateuch. Gesetzes. Nach dem ganzen Gesetz wurde von Josia 2 Kge. 23, 21–23 das Passah gehalten, wie es das ganze Gesetzbuch war, das bei der Restauration des Tempels gefunden wurde. Das ganze Gesetz war es, aus dem am Laubhüttenfest von den Heimgekehrten unter Esra und Nehemia (Neh. c. 8) gelesen wurde.

Der 2. Satz der modernen Kritik lautet: Die 5 Bücher Moses sind kein einheitliches Werk. Die moderne Kritik erklärt den Pentateuch für ein Werk, welches mindestens aus 4 Quellenschriften zusammengesetzt ist, von denen jede durch sprachliche Eigentümlichkeiten sich deutlich von der andern unterscheide.

Zum erstenmale wurde dies nicht bloß ausgesprochen, sondern auch der Versuch einer eingehenderen Begründung dieser Behauptung gemacht durch J. Astruc, Arzt und Professor der Medizin in Paris, geb. 1684, † 1766. Es fiel ihm auf, daß in gewissen Abschnitten der Genesis Elohim als Gottesname ausschließlich oder vorwiegend gebraucht werde (c. 1. 5. 7–9 17. 23), in den anderen gleicherweise Jehova (Jahve). Er schloß daraus auf verschiedene Urkunden. – Eichhorn, Professor in Göttingen († 1827) meinte feststellen zu können, daß sich mit den verschiedenen Gottesnamen auch ein verschiedener Sprachgebrauch verbinde (für die elohistische Urkunde ist besonders wichtig nach dieser Seite Gen. 17). – Ilgen, Rektor zu Pforta, wollte und zwar an c. 20 der Genesis noch einen zweiten, von dem Verfasser der obengenannten elohist. Stücke verschiedenen elohistischen Verfasser entdecken. Seine 1798 ausgesprochene Anschauung hat ein halbes Jahrhundert später H. Hupfeld näher begründet und ihr Anerkennung verschafft in weiteren Kreisen. – H. Ewald in Göttingen, † 1875, wollte 1831 nachweisen, daß die beiden Hauptquellen, die elohistische und die jehovistische nicht bloß bis Ex. 6, 2 zu erkennen seien, sondern auch in den andern Büchern des Pentateuch. Diese Behauptung wurde auch auf das Buch Josua ausgedehnt. Als Eigentum des ersten elohist. Geschichtsschreibers (jetzt gewöhnlich „Priesterkodex“ [PC] genannt) bezeichnet man in Genesis außer den bereits angeführten Stücken alles Chronologische und alles mit Chronologie verbundene Genealogische; in Exodus die Geschichte der sogenannten 2. Berufung Mosis c. 6, 2–7, 13. Das Passahgesetz c. 12. Das Gesetz von der Stiftshütte und Priesterkleidung, sowie Priesteropfer samt dem Bericht über die Ausführung der beiden ersten Gesetze c. 25–31 und 35–40. Levitikus gehöre ganz dem genannten Verfasser. Numeri im wesentlichen, mit Ausnahme etwa des Berichts der Reise von Sinai bis Kades c. 11–12 und der Geschichte von Bileam und des 2. Teils des Wüstenzuges von Kades bis zur Grenze des Landes c. 21–24. (Alles nur in großen Zügen angegeben.) Hingegen die Geschichte des Sündenfalls, der wichtigste Teil der Patriarchengeschichte, die Berufung Moses, die Geschichte des Auszugs aus Ägypten, die Gesetzgebung am Sinai (c. 19–24), die Geschichte mit dem goldenen Kalb und jene in Numeri befindlichen, dem Elohisten abgesprochenen geschichtlichen Berichte, alles dies gehöre dem Jehovisten und dem seit c. 20 der Genesis sich zu ihm gesellenden und mit ihm sich verschmelzenden zweiten Elohisten an, der so genau von seinem Genossen nicht mehr geschieden werden könne. Im wesentlichen kommt es danach so zu stehen, daß von Genesis bis Numeri zwei Haupturkunden erscheinen, eine mit Vorwiegen des gesetzlichen Stoffes, der Elohist oder Priesterkodex, und eine zweite, in welcher das Geschichtliche der wichtigste Bestandteil ist, der Jehovist.

Vom Deuteronomium hatte de Wette 1805 und 1806 bereits nachgewiesen, daß es sich seinem ganzen Charakter nach wesentlich von den vorhergehenden Büchern unterscheide; gegenwärtig wird das Deuteronomium so gut wie allgemein als selbständige Quellenschrift angesehen.

Den von der Kritik gemachten Wahrnehmungen fehlt es nicht an wirklicher Grundlage in gar manchen Stücken; aber eine andere Frage ist, ob die daraus gezogenen Folgerungen unanfechtbar sind. Was z. B. die verschiedenen Gottesnamen betrifft, so kannte Moses beide. So gut ein und derselbe David Psalmen gedichtet hat, in denen nur der Gottesname Elohim vorkommt (9 im Ganzen, darunter Ps. 51), dann wieder viele andere, in denen er nur Jehova (Jahve) gebraucht (Ps. 22; 40), endlich nicht wenig solche, in denen beide Bezeichnungen sich finden (Ps. 16; 18), ebensogut konnte Mose wechseln und verbinden, ohne daß daraus auf verschiedene Verfasser zu schließen wäre. – Es ist richtig, daß gewisse Partien bestimmten Sprachgebrauch aufweisen und dadurch von anderen sich unterscheiden. Aber der verwandte Sprachgebrauch erklärt sich aus der Verwandtschaft der Materien. In Gen. 17 haben wir einen Bundesschluß mit seinen Verpflichtungen und Verheißungen; naturgemäß zeigt also dies Kapitel Ähnlichkeiten mit Levitikus. Und was die Verschiedenheit der Materien anlangt, so kann ein und derselbe Geschichtschreiber Ereignisse beschreiben und Gesetze mitteilen, wie wir z. B. an den Büchern der Chronika sehen; ein und derselbe kann geschichtliche Entwicklung darstellen und Genealogien seinem Werk einverleiben, dazu auch gesetzliche Vorschriften und Lehren; sonst müßte man den Evangelisten Lukas in 3 Verfasser zerspalten. – Allerdings finden sich innerhalb der gesetzlichen Verordnungen selber Unterschiede, wie zwischen Ex. 21–23 und Levitikus. Aber auch St. Paulus schreibt nicht immer in derselben Weise, sondern richtet sich nach den Verhältnissen. Ex. 21, 1 sollte das Volk sich schlüssig machen, ob es auf Grund eines ihm vorzulegenden Gesetzes den Bund mit Jehova schließen wollte. Da bedurfte es einer kurzen, summarischen Zusammenfassung der in das Volksleben einschneidenden Gesetze. Die Verordnungen über das Detail des Gottesdienstes und der gottesdienstlichen Einrichtungen, die wir im Levitikus haben, mußten sich davon ihrer ganzen Natur nach unterscheiden.

Zur Begründung der Hypothese von verschiedenen Quellenschriften weist man auf die verschiedene Gemütsstimmung hin, die in den verschiedenen Partien sich finde; in der Erzählung vom Sündenfalle herrsche eine schwermütige, düstere; eine fröhlichere Ansicht der Dinge zeige c. 1 und andere Teile des sogenannten Priesterkodex. Wenn man aus diesen Merkmalen auf zwei verschiedene Verfasser schließen soll, dann gehört auch Luc. 2, 28–35 zwei verschiedenen Verfassern an; auch Deut. 32 und 33. Ja das Christentum selber und der Christ wird in zwei verschiedene Teile auseinander gerissen werden müssen.

Das alttestamentliche Volk Gottes bedurfte, wenn seine Fortentwicklung gesichert werden sollte, ebenso einer schriftlichen Überlieferung von seiner Entstehung und von den Ordnungen, in denen sein Leben sich bewegen sollte, wie das neutestamentliche. Zwar hatte jenes das ständige Prophetentum im Unterschied von letzterem; aber dasselbe hatte nicht die Aufgabe, die Grundlage des Volkstums zu schaffen, sondern im Anschluß an die bereits vorhandene das Volk dem göttlich bestimmten Ziel zuzuführen. Nochmals wiederholen wir: wenn diese Entwicklung sicher gestellt werden sollte, so bedurfte Israel einer heiligen Urkunde, welche ebenso wie die neutestamentlichen Urkunden sowohl die Führungen Gottes als auch sein Gesetz, samt genealogischen Reihen und genealogischen Daten enthielt. Daß eine solche Urkunde aus der Hand der beteiligten Personen von Anfang an vorhanden war, die Existenz einer solchen erscheint als historische Notwendigkeit. Daß die verschiedenartigen Bestandteile einer solchen Urkunde auf einen und denselben Verfasser zurückgehen können, zeigt das neutest. Analogon. Das Deuteronomium aber, in dem untrennbar Geschichte und Verordnung mit einander verbunden ist, zeigt, daß in der Sache selber keine Nötigung liegt, für Abfassung der vorhergehenden Bücher des Pentateuch einen andern Autor als Moses anzunehmen.

Abgesehen von dem verschiedenen Sprachgebrauch glaubt die neuere Kritik auf verschiedene Quellen schließen zu können aus dem Grund, weil deutlich an mehreren geschichtlichen Berichten die Zusammensetzung wahrnehmbar sei; so schließt man z. B. aus Deut. 11, 6, wo nur Dathan und Abiram, aber nicht Korah unter den Aufrührern erwähnt wird, es habe dem Verfasser des Deut. über jenen Aufstand ein besonderer Bericht vorgelegen, der von Korah nichts enthielt. Spuren dieses besonderen Berichtes will man auch in Num. 16 finden, welches Kapitel, wenn man näher zusehe, zweierlei Aufstand unterscheide, den Korahs und anderer gegen das Priestertum Aarons, den Dathans und Abirams gegen die Führerschaft Mosis. Aber folgt denn aus dem zusammengesetzten Charakter einer revolutionären Bewegung auch die Zusammensetzung des Berichtes derselben aus verschiedenen Quellen? Und war denn Moses Deut. 11, 6 verpflichtet, auch Korah zu erwähnen? Wie? wenn ihn die unmittelbar vorher erwähnte Thatsache, daß Feinde Gottes vom Meere verschlungen wurden, vermittelst des Gesetzes der Ideenassociation auf einen dem verwandten Vorgang gebracht hätte, von gleicher außerordentlicher Art, nämlich daß in einem andern Fall die Erde die Feinde Gottes verschlang? Was hat da Korahs Geschick, der im Unterschied von den Genannten Ähnliches erlitt, wie die beiden erstgeborenen Söhne Aarons, zu thun? Und warum sollte nicht auch Moses die Kinder Korahs, ein frommes Geschlecht, mit der Erinnerung an jenen sie betrübenden Vorgang verschonen?

Am meisten macht den Eindruck eines Parallelberichtes Exod. 6, 2–7, 7, in seinem Verhältnis zum Vorherigen. Aber es ist kein zweiter Bericht von der Berufung Moses, sondern eine Einleitung zur Erzählung von dem Kampf Moses mit Pharao, eine Einleitung, die zugleich eine Überleitung von dem Bericht über die Berufung Moses am Horeb zu dem Bericht über jenen Kampf ist. Infolge dieses überleitenden Charakters rekapituliert dieser Abschnitt das Frühere und zieht zusammen; insofern er auf Neues vorbereitet, hat er dabei Eigentümliches an sich. Wie viel bei einem und demselben Schriftsteller möglich ist, wenn er zusammenziehen will, zeigt Luc. c. 24 in seinem Verhältnis zu Act. 1. Nach dem Evangelium könnte man meinen, die Himmelfahrt sei noch am Osterabend erfolgt, nach Act. 1 liegen 40 Tage dazwischen. Über die Himmelfahrt selber ergänzen sich beide Berichte. Keiner ist ganz vollständig. Wie verschiedenartig sind die Berichte des Apostels Paulus von seiner Bekehrung in der Apostelgeschichte! Sie stammen trotzdem von Einem. – So mag es sich auch mit dem sogenannten Doppelbericht über die Berufung Mosis verhalten.

Die 3. Behauptung der modernen Kritik lautet: Der Pentateuch, so wie er vorliegt, ist eine litterarische Fälschung einer späteren Zeit. Dieser Satz wird in der neueren Zeit vorzugsweise von Prof. Wellhausen vertreten (Geschichte Israels 1878; umgearbeitet in Prolegomena zur Geschichte Israels 3. Ausgabe 1886) und seinem großen Anhang. – Wellhausen läßt im Gegensatz zu den oben genannten Kritikern die jehovist. Grundschrift zuerst entstanden sein und zwar in der Blütezeit des israelit. Königtums, während die zweite, das Deuteronomium, in der Zeit des Königs Josia verfaßt sein soll; die elohistische aber oder der Priesterkodex, wie er sie nennt, ist nach ihm erst nach dem Exil zur Zeit des Esra und Nehemia entstanden. Er hatte in diesen Anschauungen bereits Vorgänger: E. Reuß, † 1891, L. George, W. Vatke, † 1881, K. H. Graf, † 1869, welche mit Ausnahme des letzteren erst durch das Aufsehen, welches die Schriften Wellhausens machten, bekannter geworden sind. Wellhausen hat den Anstoß erhalten durch Graf und dieser wieder durch Reuß.

Die Bedeutung des Auftretens Wellhausens liegt nicht in der neuen Ordnung, welche er den Quellenschriften anwies, sondern in seinem Urteil über ihren materiellen Inhalt. Sie sind ihm nicht Sammlungen von bisher noch nicht gesammelten und geordneten Geschichten und Gesetzen, sondern Sagenbücher und Tendenzschriften. Er denkt sich ihre Entstehung folgendermaßen: In der Königszeit dachte das israelitische Volk unwillkürlich darüber nach, wie wohl seine Vergangenheit möchte gestaltet gewesen sein. Es hielt dafür, so, wie zu dermaliger Zeit die einzelnen Stämme in Israel zu einander ständen, und zu Israel wieder die Nachbarvölker, so sei es auch in grauer Vergangenheit bei den Ahnherrn gewesen. So bildeten sich Sagen, in welchen das Volk die Gegenwart hineintrug in die Vergangenheit. Diese im Volksmund umlaufenden Sagen wurden gesammelt und so entstand zunächst die jehovistische Urkunde. Teilweise liegen den Erzählungen alte geschichtliche Thatsachen zu Grunde (z. B. in der Geschichte Josephs), aber im Ganzen erfahren wir aus dem Jehovisten nicht, wie es in der Patriarchenzeit aussah, sondern vielmehr, welche Verhältnisse in der Königszeit bestanden. Die Patriarchengeschichte ist nichts anderes, als der Schatten, den der Körper der Königszeit in die Vergangenheit hineinwirft. Danach kann Abraham für eine geschichtliche Person nicht gehalten werden; eher könnte er noch eine freie Schöpfung unwillkürlicher Dichtung sein. (Proleg. S. 332.) – Der Jehovist enthält auch Gesetzgebung Ex. 20–23 und 34. In den ersten Jahrhunderten des geteilten Reiches bestand das religiöse Herkommen z. B. in Betreff des Ortes der Gottesverehrung darin, daß Gott an verschiedenen heiligen Orten gedient werden durfte. Diesen Brauch sanktioniert das jehovistische Gesetz Ex. 20, 24 bis 26, und die Patriarchengeschichte bestätigt ihn durch Verherrlichung der verschiedenen gottesdienstlichen Stätten, wie Bethel, Beerseba, indem es denselben die Weihe geschichtlicher Vergangenheit gibt.

Die nächste Urkunde, die in Betracht kommt, ist das Deuteronomium. Es ist in der Zeit verfaßt, in der es entdeckt wurde, also in der des Königs Josia. Es galt den Kultus zu reformieren, der an den verschiedenen gottesdienstl. Stätten immer die Neigung zu entarten hatte. Als Mittel zur Reform desselben sollte die Konzentration des Gottesdienstes in der Hauptstadt dienen. Priester und Propheten wirkten zu dieser Reform zusammen; ihre Bestrebungen kommen im Deuteronomium zum Ausdruck. Obwohl es das jehovist. Gesetz zur Vorlage hat, tritt es in einem Punkt ihm doch entgegen, indem es nämlich den Gottesdienst auf einen einzigen Ort beschränkt. Das alte Material, das der Verfasser sonst benützt, gestaltet er überall nach dieser Rücksicht um (so wenn er z. B. gestattet zu schlachten ohne zu opfern, Deut. 12). Aus dem geschichtlichen Anlaß der Reformbewegung ist es entstanden, und in den geschichtlichen Prozeß war es bestimmt einzugreifen. Es liegt nahe zu glauben, daß eben das Deuteronomium jenes Buch gewesen sei, welches den König Josia zur Reform bestimmte, da es wie kein anderer Teil des Pentateuchs die Forderung der Einheit des Gottesdienstes zum Ausdruck bringt.

Zuletzt entstand der Priesterkodex oder die elohist. Quelle. Aus dem Exil war Israel zurückgekehrt, nicht als Volk, sondern als einheitliche religiöse Gemeinde, eine Heiligherrschaft mit Zentralheiligtum, mit festbestimmten Opfern, Festen und organisiertem Klerus. Das israelitische Altertum zeigte nicht eine dem entsprechende Gestalt, soweit es in Geschichtsbüchern vorlag. Die nachexilische Zeit schuf sich daher für ihren dermaligen Zustand, den sie für den normalen hielt, eine entsprechende Grundlage historischer Art im Priesterkodex; dieser rückt denselben hinauf bis in die Anfänge der Theokratie, bis in die Wüstenwanderung; auch damals war schon alles so wie jetzt; so erdichtet er eine der nachexilischen Zeit entsprechende Vergangenheit; er hält sich dabei so streng innerhalb der von ihm angenommenen geschichtlichen Situation, daß es ihm gelingt, seine wahre Abfassungszeit vollständig (!) zu verschleiern. Er steht auf dem Erfolg, den die Reformpartei mit dem Deuteronomium hatte. Das Deuteronomium lag ihm bereits als ein mit dem Jehovisten verbundenes Werk vor. Nach dieser Vorlage arbeitete auch er die Geschichte in sein Buch, welches eigentlich bloß Wüstengesetzgebung sein wollte, mit herein. In der Patriarchengeschichte kennen die dem Priesterkodex angehörigen Stücke keine Altäre, keine Opfer; die Patriarchen halten sich von allem fern, wodurch sie dem Privileg des einzig wahren Heiligtums vorgreifen könnten. Die ganze vormosaische Geschichte zielt nach dem Priesterkodex auf den Bund am Sinai. Abgesehen von den verschiedenen Bundesschließungen mit Adam (?), Noah, Abraham (c. 17) besteht der Zusammenhang der Vorgeschichte im Priesterkodex in Genealogie und Chronologie; die Individualität der Erzählungen ist im Priesterkodex abgestreift, wie die lokale Färbung; der ganze Stoff der Sage ist legislativen Zwecken untergeordnet. Dem Geist der Sage, in dem der Jehovist lebte, ist der Verfasser des Priesterkodex vollständig entfremdet. Moses ist dem Priesterkodex nicht der Erlöser aus Ägypten und Führer durch die Wüste, sondern lediglich der Religionsstifter und Gesetzgeber, dessen Thätigkeit in diesen Stücken aufgeht. In der Geschichte des Wüstenzuges zeigt der Verfasser eine besondere Vorliebe für unfruchtbare Namen und Zahlen; man sollte dieselben für historisch halten; aber die unglaubliche Nüchternheit ist dennoch Phantasie. Er spiegelt eben das Wesen des späteren Mosaismus ab, der ihn hervor[g]ebracht hat.

Soweit Wellhausen. Seine Aufstellungen wären von der größten Tragweite, wenn sie durch unumstößliche Gründe gesichert wären. Den Beweis für dieselben will er aus der israel. Geschichte bringen, soweit der Verlauf derselben uns aus anderweitigen, unverdächtigen Zeugnissen bekannt ist. Dieser Verlauf zeige aber dieselben 3 Entwicklungsstufen des religiösen Lebens, wie sie in den 3 Pentateuchquellen zum Vorschein kommen: eine Zeit sozusagen natürwüchsigen Gottesdienstes, da man nach altem Herkommen Gott an verschiedenen heiligen Stätten verehrte; eine spätere Zeit, da man denselben zentralisierte; eine späteste, da man denselben und das ganze Leben des Volkes in die Fesseln eines strengen, starren Gesetzes einschnürte, d. h. die vorprophetische Zeit, die der (späteren) Propheten und des Königs Josia, und die nachexilische Zeit. Die Geschichtsbücher enthalten indes manche Partien, die der Anschauung Wellhausens widersprechen, z. B. Ri. 19–21 oder 2 Kge. 18, 4, 22. Hier hilft sich W. mit der von ihm freilich unbewiesenen (vgl. die Einleitung zu den histor. Büchern) Behauptung, daß wir es an solchen Stellen mit späteren Überarbeitungen zu thun hätten. Jene Heiligherrschaft des Pentateuchs trage nämlich allzuwenig die Züge eines wirklichen frisch aufstrebenden Volkstums an sich; und „das Buch als Grundlage des geistigen Lebens“ lasse sich wohl als Versuch begreifen, den Inhalt des Lebens einer entschwundenen Zeit in der Erinnerung festzuhalten, aber nicht als Ausgangspunkt einer Entwicklung.

Es ist an dem letzteren Satz etwas Richtiges. So lang die Lebensquellen unmittelbar fließen, bedarf es keiner schriftlichen Grundlage. Allein W. bedenkt nicht, daß ein Unterschied in den Zeiten ist. Es gibt schöpferische Perioden und solche der Aneignung des Geschaffenen. Das Resultat der ersteren kann wohl in Schrift festgehalten werden, und die so entstandenen Schriften können dann der Ausgangspunkt einer neuen Entwicklung werden, die deswegen durchaus nicht den Charakter des Starren, Mechanischen an sich tragen muß. So ist das neue Testament die Grundlage der Entwicklung der Kirche geworden. – Analogien zeigt auch die Profangeschichte. Weit entfernt, daß z. B. bei den Römern die Bräuche des Kultus auf mündlicher Überlieferung ruhten! Die Entwicklung des röm. Volkes hat keine solche Unterbrechung erfahren, wie die des jüdischen durch das babylon. Exil, und doch ist auch bei ihm, was religiös rechtens war, in Schrift vorhanden; und diese Schriften sind nicht etwa erst im Lauf der Zeit entstanden, sondern sie reichen in die Zeit der Bildung des röm. Volkes zurück. Die Pontifikalbücher, in denen die Götter und ihre Verehrung, die heiligen Ceremonien, Opfer und Opferstätten, die Obliegenheiten der öffentlichen Priester, das religiöse und auch das Privatrecht (der alten Zeit) beschrieben war, werden bis auf Numa Pompilius zurückgeführt (Liv. I, 20). Ebenso ruhte die Wissenschaft der Weissagung auf alten Büchern, die zu Ciceros Zeit Gegenstand gelehrter Arbeiten seitens der röm. und etruskischen Altertumsforscher waren, cf. Pauly, Realencyclopädie der klass. Altertumswissenschaft Bd. 6 Religio; 5, 2 Pontificii libri; 4, 1 Juris consulti; 2. Divinatio. – Um so eher aber konnte Israel ein geschriebenes Gesetz haben, als es inmitten der alten Kulturwelt lebte.

Auch daß sein Volkstum von Anfang an ein priesterlich verfaßtes war, hat nichts unwahrscheinliches. War denn nicht auch Ägypten priesterlich verfaßt? Ist es das indische Volk nicht noch bis zum heutigen Tag? War denn nicht das ganze öffentliche Leben der Römer von Religion durchzogen? Denken wir uns Delphi mit seinem Priesterorakel hinweg, was bleibt von der griechischen Geschichte? – Darum daß Israel priesterlich verfaßt war, fehlten ihm die Züge eines wirklichen Volkstums nicht. Es hatte seine Stämme mit ihren Obersten, es bildete eine streitbare Macht, es erfreute sich politischer Freiheit und Selbständigkeit, es war ausgezogen, um ein Land einzunehmen und eine Heimat sich zu erkämpfen und hatte bereits vor dem Übergang über den Jordan den Anfang dazu gemacht. So erscheint Israel im Pentateuch, sonderlich in Numeri. In allen diesen Beziehungen unterscheidet es sich zugleich wesentlich von der nachexilischen Gemeinde, die Projektion entspricht nicht dem projicierenden Gegenstand.

Im Priesterkodex sieht W. die schriftliche Fixierung der heiligen Praxis, die sich vor dem Exil ausgebildet hatte. Er gesteht zu, daß nach der allgemeinen Meinung der vorexilischen Zeit der Kultus alter Brauch sei. Die Anschauung aber, daß es nur eine Weise des Gottesdienstes geben könne, nämlich nur die im Priesterkodex fixierte, erklärt er für eine Nachwirkung der unter Josia geschehenen Centralisierung des Kultus. – Die Annahme eines Zusammenhangs dieser Anschauung mit irgend einer Centralisation dürfte etwas Richtiges an sich haben. So sehen wir die Uniformierung des röm. Kultus heutzutage sich vollziehen infolge der von den Jesuiten jetzt wieder besonders geltend gemachten Centralstellung Roms. Ein solcher Prozeß, wie ihn W. annimmt, setzt aber doch voraus, daß eine Einrichtung, wie sie Josia getroffen hat, sich einlebt, eine geschichtliche, selbständige Realität und so im Volksbewußtsein eine Macht wird. Das kann man von der Einrichtung Josias gar nicht sagen. Nicht ganz 13 Jahre nach seiner Reformation ist Josia gefallen; es folgten nun Zeiten unaufhörlicher Verwirrung, in denen sich schwerlich eine feste Tradition bilden konnte, auch wenn die folgenden Könige dem Vorgänger gleich gewesen wären, was bekanntlich nicht der Fall war. 22 Jahre nach Josias Tod ging Juda überhaupt zu Grunde. – Es mußte also der „nach dem Untergang Jerusalems fixierten Tradition“ ihr ausschließliches Ansehen anders woher kommen, als aus der Centralisierung Josias, nämlich aus der Zeit einer früheren Centralisierung, jene Kultusordnung muß schon früher einmal vom ganzen Volk als ausschließlich richtige anerkannt worden sein. Es bleibt hiefür keine andere Zeit übrig, als die Zeit, da Israel unter Moses und Josua einheitlich zusammengefaßt war. – Gegen das Vorhandensein des Opferkodex in vorexilischer Zeit führt W. Aussprüche der Propheten an. Opfer nämlich seien zwar immer gebracht worden, aber worauf der Priesterkodex den Nachdruck lege, sei dies, daß dabei doch immer der richtige Ritus eingehalten werde. Wenn derselbe nun als mosaischer, d. h. göttlich verordneter, gegolten hätte, so hätten sich die Propheten nicht so wegwerfend darüber äußern können. Aber die von W. angeführten prophet. Stellen Amos 4, 4 etc., Hos. 8, 1 etc., Jes. 1, Micha 6, 6, Jer. 7, 21 etc. reden gar nicht vom Ritual, sondern vom Opfer überhaupt. Sie wollen vom Opfer Israels überhaupt nichts wissen, nämlich vom Opfer, das nicht in rechter Gesinnung gebracht wird. Mit einem Schein von Recht könnte einer daraus schließen, daß Gott überhaupt kein Opfer geboten habe, nimmermehr aber, daß kein bestimmtes Ritual verordnet gewesen wäre; denn vom Ritual ist eben nicht die Rede. Übrigens verkennt W. ganz die innere Notwendigkeit eines Rituals auf alttestamentlichem Boden. Die Zeit des alten Testaments war eine Zeit der Erziehung. Für diese gibt es in der ganzen Welt feste Normen, an die der Zögling sich zu halten hat.

Der Priesterkodex ist nach W. ferner deswegen der späteste Bestandteil des Gesetzes, weil in ihm die Einzigkeit des gottesdienstlichen Ortes als etwas Selbstverständliches erscheine. Das Deuteronomium, sagt er, entstammt der Reformbewegung zu gunsten der Centralisation des Kultus, welche unter Josia zum Sieg gelangt ist; es steht in dieser Hinsicht im Gegensatz zur jehov. Gesetzgebung, welche eine Vielheit heiliger Orte kennt. Was aber im Deuteronomium sich erst noch durchkämpfen will, hat der Priesterkodex bereits als vollendete Thatsache vor sich. Die Einzigkeit des gottesdienstlichen Ortes ist ihm etwas Selbstverständliches, das einer besonderen Betonung gar nicht mehr bedarf. Dieser Gang der Dinge lasse sich auch in der Geschichte nachweisen. – W. beruft sich besonders auf Ex. 20, 24: „an jedem Ort, wo ich meines Namens Gedächtnis stiften werde, will ich zu Dir kommen und Dich segnen.“ Der Spruch ist eine Verheißung. Er enthält die Zusicherung der Gebetserhörung für jeden Ort, den der Herr für seinen Dienst ausersehen hat. Der Herr ist zwar fern von ihnen, im Himmel; aber wie der Himmel die Erde allenthalben umgibt, so kann auch er ihnen an jedem Ort, wo er will, nahe sein. Das ist die eine Lehre, die diese Stelle für Israel enthält; und die andere: daß es bei der Verehrung ihres Gottes nicht auf ihre gute Meinung ankäme, daß sie nicht jeden Ort, der ihnen gefiele, zu einer Stätte der Gottesverehrung machen dürften (wie sie hernach Hosea 10, 1 thaten), sondern sie müßten sich die Stätten der Verehrung von Gott geben lassen. Darin liegt doch wohl mehr als nur dies, daß damit die „Freiheit, überall zu opfern, etwas eingeschränkt werde“. Jene Freiheit existiert für Israel überhaupt nicht. Es kennt aber auch schon die jehov. Gesetzgebung die Centralisation der Gottesverehrung. Wenn es Ex. 23, 17 heißt: „Dreimal im Jahr sollen erscheinen vor dem Herrn dem Herrscher alle Deine Mannsbilder,“ so muß doch ein einzelner Ort vorhanden sein, wo sie ihrem Gott ihre Huldigung bezeigen, wie es denn auch v. 19 heißt: Die Erstlinge Deiner Früchte sollst Du in das „Haus“ des Herrn, Deines Gottes bringen. Über allen Zweifel aber wird dieser Verstand der Verordnung erhoben durch Ex. 34, 24. Hier wird Israel beruhigt über die möglichen politischen Gefahren, die eine solche Versammlung der ganzen männlichen Bevölkerung an einem Ort im Gefolge haben könnte: Niemand soll Deines Landes begehren, wenn Du hinaufgehst zu erscheinen vor dem Herrn. Somit enthält also schon der Jehovist den Gedanken der Centralisation. – Der Priesterkodex soll diese Centralisation für etwas Selbstverständliches ansehen; man meint, deswegen ihn nach dem Deuteronomium ansetzen zu müssen. Nach dem Obigen ist das nicht nötig; ja wir finden gerade hier einen Zug, der zum Gegenteil nötigt. Auch der Priesterkodex schärft nämlich das Gebot ein, daß der Herr nur an einem Ort verehrt werden solle, vgl. Lev. 17, 1–9. Solches Einschärfen stimmt nun freilich nicht zu dem Entwicklungsbild, wie W. es zeichnet. Dem Gewicht dieser Stelle sucht daher W. sich so zu entziehen: „Früher war Opfer und Schlachtung immer verbunden. Bei solcher Sachlage war eine Centralisation des Kultus nicht möglich. Eben deswegen trennt Deut. 12 die beiden Akte ausdrücklich von einander. Aber das Volksbewußtsein konnte sich von dem Gedanken der Zusammengehörigkeit beider nicht losmachen (notabene trotzdem, daß Israel nun 70 Jahre im Exil zugebracht und diese ganze Zeit über auf Opfern hatte verzichten müssen). Daraus erwuchs die Gefahr, daß sich unter der Hand eine Vielheit der Altäre wieder einschlich; daher die „unpraktische“ Verordnung von Lev. 17.“ – Allerdings „unpraktisch“ dürfte bei den nachexilischen Verhältnissen, da ein großer Teil der Juden in der Diaspora lebte, diese Verordnung wohl gewesen sein. Abgesehen von Jerusalem und seiner Nachbarschaft war den Juden dadurch der Fleischgenuß mit Ausnahme der drei hohen Feste entzogen; wer aber nicht zu denselben kommen konnte, mußte ganz verzichten. – Indessen war wirklich das Volksbewußtsein nach dieser Seite so gebunden, wie W. es darstellt? Bereits der Jehovist kennt sehr wohl den Unterschied zwischen Schlachten und Opfern, wie aus der Patriarchengeschichte erhellt; vgl. die Bereitung des Mahles, welches Abraham seinen drei Gästen in Mamre bereiten ließ Gen. 18, 7 oder das Essen, das Jakob seinem Vater hineintrug Gen. 27, 9; 1. Sam. 14, 34 aber bringt Saul die Schlachttiere nicht als Opfer dar, sondern er verhindert nur, daß Blut gegessen werde. Warum ist dann aber Deut. 12 so ausdrücklich das Schlachten erlaubt? Dies begreift sich bloß im Gegensatz zur Praxis, die während der Wüstenwanderung statt hatte. Da konnte jede Schlachtung ein Opfer sein, denn das ganze Volk wohnte ja in einem einheitlichen Lager zusammen. Mit dem Einzug ins Land änderten sich die Verhältnisse, daher die Bestimmung Deut. 12. Übrigens läßt schon Lev. 17 durchblicken, daß das Schlachten nicht verboten worden wäre, wenn die Israeliten nicht (was sie in Ägypten wohl geübt hatten) dabei den Feldteufeln geopfert hätten. – Mit der Meinung W.’s stimmt auch schlecht zusammen die Äußerung des nachexilischen Propheten Maleachi, c. 1, 11, der sogar vom Opfer in Aussicht stellt, daß es nicht auf einen Ort werde eingeschränkt sein, sondern an allen Orten der Erde unter allen Heiden werde gebracht werden. – Abstrakte Centralisation des Kultus kennt aber auch das Deuteronomium selber nicht. Dasselbe Buch, das c. 12 so ernstlich forschen heißt nach dem Ort, den Gott erwählen würde, gebietet doch c. 27, 5–7, unbekümmert um die vorigen Verordnungen, in Gilgal einen Altar für Brandopfer und Dankopfer zu errichten.

Was den geschichtlichen Nachweis, den W. bringen will, anlangt, so beruft er sich auf die Zeiten Samuels und Elias. Und in der That mangelt es da an Centralisation des Gottesdienstes; aber es mangelten da auch die Bedingungen einer solchen. Zur Zeit Samuels war Silo um sein Heiligtum gekommen, und zur Zeit Elias sind es zwei getrennte Reiche, politisch und religiös getrennt. Wenn da außerordentliche Verhältnisse herrschen, so ist es kein Wunder. Es gibt aber auch solche Stellen, die für das Vorhandensein jenes Gesetzes sprechen; an Gideon wird die Errichtung eines Afterheiligtums gerügt; aber hier muß eine spätere Entstellung des Ursprünglichen vorliegen, wiewohl dann der Sturz des Hauses Gideons unerklärt bleibt. In der Bestrafung der Leute zu Gibea Ri. 19–21 tritt deutlich die Centralstellung Silos hervor, doch diese Geschichte gehört nach W. der Zeit des Deuteronomiums an, freilich kennt sie schon Hosea c. 10, 9 ca. 100 Jahre vor der angeblichen Entdeckung des Deuteronomiums. Am meisten Schwierigkeit macht W. 2 Kge 18, v. 4 und v. 22. Hier wird ausdrücklich berichtet, daß die Opferstätten, die neben dem Tempel bestanden, von Hiskia abgeschafft worden seien, und durch die Rede des Assyrers Sanherib wird dies bestätigt; aber auch hier wird der deuteronomistische Redaktor thätig gewesen sein. – Von den Propheten, meint W., sei die Reformbewegung ausgegangen; auf ihr authentisches Zeugnis sei das größte, ja das einzige Gewicht zu legen. – Aber auch die Propheten kennen die religiöse Centralstellung Jerusalems wie das Unrecht des Höhendienstes. Jesajas läßt ebenso wie Micha von Jerusalem Gesetz und Belehrung ausgehen in alle Welt. c. 2, 3 läßt er die Heiden sagen: Kommt, laßt uns auf den Berg des Herrn gehen, zum Hause des Gottes Jakob, daß er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Stegen. Von der Bekehrung Israels weissagt er c. 17, 8, daß es dann nicht bloß auf Astarten und Sonnensäulen, sondern auch auf die Altäre, das Werk seiner Hände, nicht mehr sehen werde. Damit stimmt auch c. 27, 9. Der Ausdruck lautet hier, wie an der früheren Stelle, so absolut, daß man die Weissagung nicht auf Götzenaltäre beschränken kann. Die Errettung von Sanherib geht aus von dem Gott, der zu Zion ein Feuer und zu Jerusalem einen Herd hat (c. 29, 1–2 und 31, 9); die Errettung geschieht also um der religiösen Bedeutung Jerusalems willen. Von welchem Ort würde Ähnliches ausgesagt? Umgekehrt, wenn Jerusalem sich versündigt, so soll es ihm nicht helfen, daß dort der Tempel des Herrn steht; so sagt nicht erst Jeremia c. 7, sondern schon Micha c. 1, 4. Jerusalem wird da in eine Linie gesetzt mit den vom Herrn gehaßten Höhen, ja es ist die schlimmste, neben welcher die anderen gar nicht in Betracht kommen, ähnlich wie Samaria die Frevel des ganzen Zehnstämmereichs in sich faßt.

Die spätere Entstehung des Priesterkodex will W. auch daraus nachweisen, daß seine Bestimmungen im Gegensatz sich befänden zur sonst nachweisbaren Opferpraxis. Früher seien die Opfer zugleich Mahlzeiten gewesen, im Priesterkodex würden sie lediglich Mittel des Kultus. – Aber schon die früheste Zeit kannte neben Opfern mit Mahlzeit auch solche ohne dieselben, vergl. das Bundesopfer Gen. 15, das Brandopfer Gen. 22 und daneben Gen. 31, 54. Exod. 18, 12 haben wir Brandopfer und Schlachtopfer neben einander. Ex. 24, 5 Brandopfer und Dankopfer. – Früher, meint W., seien die Opfer durchweg fröhlicher Natur gewesen, ein sich Freuen vor Jahve, bei Sang und Klang; kein größerer Gegensatz dazu, als der monotone Ernst des sogenannten mosaischen Kultus, mit seiner Hervorhebung der Sünde und ihrer Sühnung. – Er beruft sich dabei auf Hosea 9, 1, wo von Erntefesten die Rede ist, die natürlich fröhlicher Art waren; aber derselbe Prophet kennt auch c. 4, 8 die Sündopfer (samt den Bestimmungen über den Anteil der Priester) sehr wohl. Ein Schuldopfer für bestimmte Verfehlung kommt 1. Sam. 6 vor bei Rückgabe der Bundeslade von seiten der Philister. Außerdem aber redet Ezechiel von Schuld- und Sündopfern wie von einer wohlbekannten Sache. Dies könnte er nicht, wenn sie neuen Datums wären. Im übrigen tritt in der Geschichte an mehr als einer Stelle hervor, daß man durch Opfer den um Versündigungen willen zürnenden Gott gnädig stimmen wollte, vgl. Ri. 2, 5; 20, 26; 21, 4. – Die Idee von Schuld und Notwendigkeit der Sühnung derselben und zwar nach bestimmten Regeln ist auch in außerisraelitischen Religionen reichlich bezeugt (vgl. Döllinger, Heidentum und Judentum pag. 202 etc., 532–40), besonders bei den Römern; bei den vielfachen Analogien zwischen dem israelit. und außerisraelit. Kultus müßte es auffallen, wenn ein so wichtiges Stück erst nach dem Exil eingefügt worden wäre.

Schließlich will W. sogar innerhalb des Priesterkodex selber eine Stufenfolge in der Bildung desselben nachweisen. Vom Räuchern wisse die frühere Zeit nichts; erst von Jeremia an werde dasselbe erwähnt. So sei auch der Rauchopferaltar erst später dazugekommen. In der Beschreibung der Stiftshütte Ex. 25–29 finde er sich nicht; erst c. 30. Warum das? Der Verfasser von c. 25–29 hat eben nichts davon gewußt. Das werde dadurch bestätigt, daß er gerade an der Stelle, wo es sich um das heiligste Rauchopfer handelt, Lev. 16 nicht zu entdecken ist. – Aber letzteres ist ein Irrtum; Lev. 16 handelt es sich nicht um Darbringung eines Rauchopfers als eines selbständigen Aktes, sondern um den Eingang des Hohenpriesters in das Allerheiligste, da Gott auf dem Gnadenstuhl thronte und am Versöhnungstag in einer Wolke erscheinen wollte. Der Hohepriester hatte aber ins Allerheiligste zu gehen, um das Blut des Sündopfers gegen den Gnadenstuhl zu sprengen, wie denn die Reinigung des Heiligtums mit Blut die eigentliche Aufgabe war, die der Hohepriester an diesem Tag vollziehen mußte. Das bei diesem Eingang und Reinigungswerk sich findende Rauchopfer ist ein begleitender Umstand; durch den Nebel des aufsteigenden Rauchwerks sollte ihm der Gnadenstuhl verhüllt werden, daß er nicht stürbe. Sonach erklärt es sich wohl, daß der Rauchaltar hier nicht vorkommt, er hat hier keinen Raum. Das Gebot: er solle das Rauchwerk innerhalb des Raumes bringen, in dem der Gnadenstuhl sich befand, heißt ihn recht eigentlich vom Rauchaltar an diesem Tag Umgang nehmen. Im übrigen wird der Rauchaltar ja nicht bloß Exod. 30, sondern auch in der Opferthora Lev. 4 ausdrücklich erwähnt und Exod. 30, 10 steht nicht im Gegensatz zu Lev. 16, sondern stimmt mit letzterem zusammen und ergänzt es. – Warum wird der Rauchaltar aber nicht Exod. 25–29 erwähnt, erst c. 30? Diese Frage könnte aufgeworfen werden, wenn seine Erwähnung c. 30 an einem ungeschickten Platz stünde; dies ist jedoch nicht der Fall. Nachdem am Schluß des c. 29 von der Weihe des Brandopferaltars und dem täglichen Dienst an demselben gehandelt worden ist, schließt sich ganz natürlich daran der Rauchaltar und der Dienst, den der Priester an diesem zu vollbringen hat.

Ein besonders günstiges Vorurteil für den geschichtlichen Wert des Priesterkodex enthält der Umstand, daß gerade er das Gesetz des für die Geschichte Israels so wichtigen Passahfestes enthält. W. sucht den geschichtlichen Charakter des Passah zu bestreiten: Dasselbe erkläre sich auch ohne geschichtliche Grundlage, sei ein Frühlingsfest, an dem die Erstlinge des Viehes der Gottheit geopfert wurden als Dank für den Segen der Viehzucht. Die geschichtliche Motivierung sei erst vom Deuteronomium vollzogen; der Name Passah komme eigentlich erst im Deuteronomium vor; die jehov. Gesetzgebung könne nach c. 22, 29, 30 dieses Fest gar nicht gekannt haben. Exod. 34, 25 sei wegen 23, 18 nicht für ursprünglich zu halten. – Was W. mit der letzteren Behauptung will, ist unerfindlich; denn die zwei Stellen handeln von zwei ganz verschiedenen Dingen. Ex. 23 redet von den an den Festen Gott dargebrachten Opfern, speziell von den Dankopfern, wovon die Fettteile auf den Altar kamen. Analog der Verordnung Lev. 7, 25 wird bestimmt, daß die Darbringung am selben Tage geschehen soll. Letzteres kam nun beim Passahlamm gar nicht in Frage, indem hiebei – im Gegensatz zu allen anderen Opfern – das ganze Tier gebraten werden sollte, und nur das Blut Opferverwendung fand. Also bleibt Ex. 34, 25 in seinem geschichtlichem Wert; also kennt auch die jehov. Gesetzgebung das Passah. Desgleichen stört auch Ex. 22, 29 u. s. w. die Feier des Passah nicht, da am Passah nicht die Erstgeburten geopfert wurden, sondern nur ein einjähriges Lamm, wenn man nämlich Passah im eigentlichen Sinn nimmt. Freilich gegen die Anschauung W.’s, Passah sei ursprünglich das Frühlingsfest der Opfer der Erstlinge gewesen, legt Ex. 22, 29, 30 ein nicht aus dem Wege zu räumendes Veto ein, sintemal die Frühlingslämmer nicht alle gerade 7 Tage vor dem Fest dürften zur Welt gekommen sein. Somit werden wir sagen dürfen: dem Bundesbuch ist das genannte Frühlingsopferfest W.s nicht bekannt gewesen. Wenn nun dies Fest in der jehov. Periode gar nicht vorhanden war, wie konnte denn das Deuteronomium einem Nichtseienden eine geschichtliche Grundlage geben? – Ein Frühjahrsopferfest, in dem regelmäßigen Verlauf der Jahreszeiten begründet (Proleg. p. 91) könnte Israel ja gehabt haben. Nur ist bei dieser Annahme der Auszug aus Ägypten unmöglich; denn dann hat es ja dies Fest, sei es in Ägypten, sei es außerhalb, immer gefeiert und konnte die Forderung Moses nicht als eine Neuerung erscheinen. Mit einem Fest, das gefeiert werden sollte, wurde freilich die Forderung des Auszugs begründet, aber dieses Fest war nichts Hergebrachtes, sondern etwas Neues; es war auch nicht das Passah; denn dieses wurde ja in Ägypten selber gehalten. Die Erstgeburt der Ägypter aber wurde geschlagen, nicht weil Jehovah von den Ägyptern die ihm gebührenden Erstgeburtsopfer vorenthalten wurden – wurde ja doch auch die Erstgeburt unter dem Vieh Ägyptens geschlagen – sondern weil sie Israel, den erstgeborenen Sohn Gottes, nicht ziehen lassen wollten. Vgl. Ex. 19, 5 und 6; Amos 3, 2; Hos. 11, 1 etc. und Exod. 4, 22.

Der geschichtliche Charakter des Passahfestes wird auch bestätigt durch den Charakter des Festes der süßen Brote. Zwar W. sucht auch dieses zu einem Jahreszeitenfest zu machen, nämlich zum Fest des Anhiebs der Sichel in die Saat, aber vergeblich. Denn Exod. 34, welche Stelle er hier gelten läßt, während er sie beim Passah verdächtig fand, wird dies deutlich als geschichtliches Fest von den beiden Erntefesten unterschieden. Deut. 6, 9 wird das Fest der Getreideernte nicht berechnet, wie W. unterlegt, vom Fest der süßen Brote aus, sondern vom Tag, wenn man anfängt mit der Sichel in der Saat. Letzterer Akt fällt zwar nach Lev. 23, 9–22 – denn hier erkennt W. im Widerspruch mit seinem sonstigen Verfahren den Priesterkodex als glaubwürdige Quelle an – in die Festwoche des Mazzothfestes, aber nicht auf den Festtag selber, noch auf seine Oktave. Auch wird ja in der ganzen Welt nicht der Anfang der Ernte zu einem Fest gemacht, sondern der Abschluß. Was also gefeiert wird, kann nicht der Anfang der Ernte sein, und mit süßen Broten oder wie W. meint, aus dem neuen Getreide gebackenen Notbroten kann derselbe erst recht nicht gefeiert werden. Denn erstens kommt es doch nur bei kleinen Leuten vor, daß der Mehlvorrat bis zum Termin der Ernte aufgezehrt ist; zweitens darf ja am Tag der süßen Brote selber noch gar nicht vom neuen Getreide gegessen werden. So bleibt es dabei, daß das Fest der süßen Brote an den Auszug aus Ägypten erinnern soll, ebenso wie das Passah.

Im allgemeinen steht nach W. der Priesterkodex auf der vom Deuteronomium geschaffenen Grundlage; W. findet aber in ihm auch Differenzen von jenem. So wird eine Hauptdifferenz konstruiert zwischen Deuteronomium und Priesterkodex in Bezug auf das Verhältnis der Priester und Leviten zu einander. Ersteres stelle die beiden Bezeichnungen Priester und Levit einander gleich; sie bezeichnen dasselbe z. B. c. 17, 9. 18 etc. Ezechiel c. 44, 9 etc. degradiere die Leviten zu Gehilfen der Söhne Zadok, welches ihm die eigentlichen Priester seien; der Priesterkodex stelle diesen Unterschied als von jeher bestehend dar. – Indes das Deut. gebraucht die genannten Bezeichnungen nicht für gleichbedeutend, wie man aus dem Fehlen des Artikels in c. 21, 5 sieht; es will vielmehr durch den Zusatz „Söhne Levi’s“ die betreffenden „Amtsträger“ (denn dies dürfte der ursprüngliche Sinn des dort gebrauchten, gewöhnlich mit „Priester“ übersetzten Wortes sein) als die für den Kultus bestimmten unterscheiden von anderen weltlichen; denn es führten auch solche diesen Titel, wie man aus 2 Sam. 8, 18 sieht. Daß sich dies so verhält, sieht man eben aus Ezechiel. Nachdem er „den Leviten“ den Priesterstand untersagt hat, kann er nicht fortfahren c. 44, 15: Und die Priester, die Leviten, Söhne Zadoks etc., sondern es muß übersetzt werden: Und die levitischen Priester, Söhne Z.s etc. Die Stelle aus Ezechiel sieht freilich aus wie eine Degradation der andern Leviten gegenüber den allein berechtigten Söhnen Z.s; nur sieht man dann nicht ein, wie der Priesterkodex neben den Zadokiden auch noch das Geschlecht Ithamar nennen kann, was auch Esra 8, 2 und Neh, 10, 6 ausdrücklich genannt wird. Aber es ist nicht notwendig, die Stelle von einer Degradation zu verstehen. Die Leviten werden ihre Schmach tragen, grade so wie Israel selber c. 39, 26 seine Schmach und Sünde tragen wird: die Thatsache, daß sie abgefallen sind, kann niemals mehr aus der Welt geschafft werden. Es ist wohl möglich, daß bei der künftigen Veränderung der Verhältnisse, die Ez. in Aussicht stellt, vgl. nur c. 47, 22–23, für die Leviten nach 1 Tim. 3, 13 noch etwas Besseres vorgesehen war; doch sie haben sich dessen nicht würdig erwiesen. Was aber den Priesterkodex anlangt, so weiß er nicht nur von der Scheidung zwischen Priester und Leviten, wie Ezechiel, sondern auch von der engen Zusammengehörigkeit beider. Num. 17, da gezeigt werden soll, wen der Herr zum Priester unter den Stämmen erwählen wolle, wird der Name Aarons auf den Stecken Levis geschrieben. Der priesterliche Zehnte gehört 18, 21 den Kindern Levis. Nicht den Aaroniden werden Num. 35 Wohnstädte für sich bestimmt, sondern den Leviten, 48, unter diesen die 6 Asylstädte; erst Josua 21, 1 etc. hören wir, daß unter diesen Levitenstädten 13 den Priestern gegeben wurden. – Dieser Sachverhalt entspricht gleicherweise Exod. 32, 29 wie Deut. 33, 8–11. Übrigens bezeichnet Maleachi c. 2, 8 den Bund Gottes mit den Priestern als einen Bund mit Levi. Ist nun der Priesterkodex noch jünger als Maleachi und stellt er sich in Gegensatz zu ihm? Oder ist nicht vielmehr keines von beiden der Fall und vielmehr Wellhausens Anschauung unrichtig?

Noch ein kurzes Wort über die Anschauung Wellhausens von der Patriarchengeschichte: sie sei nichts anderes, als die Projektion der Königszeit und ihrer zeitgeschichtlichen Verhältnisse ins Altertum. Wir erfahren aus ihr nicht wie es im Altertum ausgesehen hat, sondern erkennen aus ihr die Zustände der Königszeit. So W. Es fällt schon auf, daß die Patriarchen so friedliche Erscheinungen sind, während die Zeit der Könige so kampfesreich war, sonderlich während der Dynastie Jehus. Zur Erklärung dieser Disharmonie nimmt W. das Vorhandensein einer gewissen Kampfesmüdigkeit nach so vielen Kriegen in Israel an. Indes nach den erfolgreichen Kriegen, durch welche stufenweise verlorenes Besitztum zurückerobert und Israel immer mächtiger wurde, dürfte wohl bei Erreichung des Ziels Befriedigung und freudiger Stolz (im schlimmen Fall: Überhebung und Hochmut), aber nicht Ermattung und Unlust eingetreten sein. Aber auch im einzelnen stimmt Urbild und Abbild nicht. In der Patriarchengeschichte z. B. erscheint Esau als der Mächtigere, der gefürchtet wird; er lebt in Feindschaft mit dem Bruder, doch nicht ohne Grund, ist aber gutmütig und läßt sich leicht umstimmen und hält dann dauernden Frieden Gen. c. 36, 6. Von allem diesem zeigt das Bild des nachmaligen Volkes Edom das Gegenteil. Es schreckt nicht durch seine Macht, sondern muß alle Kräfte anstrengen, um sich der Übermacht des Bruderstammes zu erwehren; es ist nicht leicht umzustimmen, sondern wird vielmehr in den Propheten seiner Unversöhnlichkeit wegen gestraft. Nach der Patriarchengeschichte müßten die Philister durch die Sanftmut des nachbarlichen Verhaltens Israels und durch die Fülle göttlichen Segens, die es über Israel ausgegossen sah, freiwillig zu friedlichem Einvernehmen mit Israel haben bestimmen lassen. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Ammon und Moab waren in der Königszeit infolge der Übermacht Israels zinspflichtig. Man sieht nicht ein, wie es von diesem geschichtlichen Boden aus zu der Vorstellung und der Sage von der friedlichen Scheidung Lots von Abraham gekommen sein soll. Das damaszenische Syrien stand mit Israel in viel lebhafteren Beziehungen als Ammon und Moab. Dennoch wird kaum der Name genannt (Abrahams oberster Knecht war aus Damaskus). Laban ist kein damaszenischer, sondern ein am Euphrat wohnender Syrer. Wellhausen bezieht auf die Syrerkämpfe Gen. 49, 23–24. Ganz recht. Nur haben wir hier nicht Geschichte, in die Vergangenheit zurückgetragenes Bild der Zeit, sondern eine Weissagung. In einer Weissagung konnte sich allenfalls die Hoffnung des Sieges über die Syrer projizieren, wie sie etwa zur Zeit des Königs Joas von Israel bestand. Da aber die Volksphantasie schwerlich im geschichtlichen Moment selber gedichtet haben dürfte, sondern erst, als Israel den Ereignissen schon ferner war, so war unterdessen die Hoffnung bereits Realität geworden und es muß auffallen, daß gerade von dem Wichtigeren keine Spur in der „Projektion“ sich findet. Schließlich ist noch zu bedenken, daß eine Zeit bewußten geschichtlichen Lebens, in welcher die Geschichte der Gegenwart geschrieben wird, keine Sagen mehr bildet; sie schreibt vielleicht geschichtliche Romane, macht dieselben aber nicht zu geschichtlichen Quellen.

Von der modernen Kritik wird auch noch dies zu Ungunsten der herkömmlichen Datierung der Pentateuchschriften verwertet, daß aus den älteren historischen Schriften für das Vorhandensein besonders des sogenannten Priesterkodex und seine Beobachtung sich allzuwenig Beweis beibringen lasse. Aber wir haben zu bedenken, daß wir in den älteren Geschichtswerken, von den Büchern Samuelis abgesehen, nur kurze Exzerpte vor uns haben, die natürlich auf das, was stehende Ordnung ist, einzugehen, weder Raum noch Anlaß haben. Gelegentliche Bemerkungen aber zeigen an, daß auch die Gesetze des Priesterkodex in Übung waren; vergl. z. B. 1 Sam. 21, 5–7 mit Lev. 10, 10; Ex. 25, 30 etc.; Lev. 24, 5. Der Priesterkodex enthält eine Reihe von Gesetzen, die nach dem Exil keine Existenzmöglichkeit haben z. B. die Gesetze über die Fremdlinge und ihren Schutz und Stellung Lev. 19, 33 etc., c. 25, 47; vergleiche dazu Neh. 9, 36 bis 37. Dazu gehört auch die Verordnung der Freistädte Num. 35. Somit entstammt also der Priesterkodex der Entstehungszeit des Volkes Israel. –

Daß der Priesterkodex nicht das Deuteronomium zur Voraussetzung hat, ist aus den bereits gegebenen Ausführungen zu ersehen; es ist vielmehr der umgekehrte Sachverhalt anzunehmen; die frühe Existenz des Deuteronomiums selber wird durch einen Blick auf die geschichtliche Zeit, in der es nach W. entstanden sein soll, bestätigt. Was sollen in Josia’s Zeit die Verordnungen über Ausrottung der Kananiter Deut. 20, 16 oder Amalekiter 25, 17 etc.; über Eroberungen 20, 10–15; Kriegführung 20, 19 etc.? Deuteronomium spricht freundlich von Edom, vergleiche dagegen Jes. 34 und 63, Jer. 49, 17 etc., Obadja.

Wir werden also recht thun, die Ordnung, in welcher die einzelnen Teile der pentateuchischen Gesetzgebung im Kanon aufeinanderfolgen, zugleich für die chronologische zu halten. Das bezeugen auch Stellen wie Lev. 27, 34; Num. 36, 13.

Nach allem Vorstehenden sind die Resultate der neueren Kritik nicht derart, daß sie bestimmen könnten, von den herkömmlichen kirchlichen Anschauungen über die 5 Bücher Moses abzuweichen, oder ihren Inhalt in einem andern Sinn aufzufassen, als er selber aufgefaßt sein will, sintemal er das Siegel der Wahrheit in der Unbestechlichkeit, die keine Person ansieht, an sich trägt und vom neuen Testament in seiner Wahrhaftigkeit bestätigt wird. Für den, der das neue Testament annimmt, ist die Annahme des Pentateuchs, so wie er vorliegt als des authentischen zuverlässigen Denkmals der Gründung des Volkes Israel und als der Grundlage seines Daseins eine notwendige Folge. An der Geschichtlichkeit der Person Abrahams z. B. hängt schlechterdings auch die Prophetenautorität Christi; man denke nur an Ev. Joh. 8. Es bleibt nur die Wahl zwischen zwei Alternativen: entweder beide Testamente anzunehmen oder beide zu verwerfen. Als Zeugnis Christi für das Vorhandensein auch von Mose selber stammender Schriften kommen in Betracht Stellen wie Joh. 5, 45–47; Lucä 20, 37.

Zur Litteratur vergl. Einleitung in das Alte Testament von Dr. H. L. Strack, München, O. Beck 1895. p. 204. Für die Abwehr der modernen Kritik siehe die dortgenannten Schriften von E. Rupprecht: Die Anschauung der kritisch. Schule Wellhausens vom Pentateuch, Leipzig 1893. Das Rätsel des Fünfbuchs Mose und seine falsche Lösung. Gütersloh 1894. Des Rätsels Lösung. Gütersloh 1895 und 1896.

4. Zweck und allgemeine Kennzeichnung. Die Niederschrift alles dessen, was den Inhalt des Pentateuchs ausmacht, geschah zu dem Zweck, daß dadurch im heiligen Volk das Bewußtsein von der wunderbaren Entstehung seines Volkstums und seiner damit zusammenhängenden einzigartigen Stellung zu Gott und seiner Bedeutung für die Welt lebendig erhalten und für die Bewahrung der ihm anvertrauten und anbefohlenen göttlichen Verheißungen und Gebote eine sichere Grundlage geschaffen würde. – Daher ist Geschichtserzählung und Offenbarung im Wort in diesem Grundbuch Israels unzertrennlich mit einander verbunden. In der Genesis ist mehr Verheißungswort mit Bericht von geschichtlichen Ereignissen verbunden; aber auch streng Gesetzliches fehlt nicht, vgl. c. 17. In den übrigen Büchern mehr Geschichte und Gesetz; aber auch Verheißung fehlt nicht, vgl. Ex. 19, 4–6; 20, 24; 23, 20 ff.; 29, 43–46; 34, 10. Lev. 18, 5; 20, 24; 26, 3–13 und 42–45 u. s. w. Den Charakter eines Gesetzeskodex trägt am meisten Levitikus; aber selbst dies Buch ist von Geschichtlichem durchbrochen cf. c. 8–10; c. 17, 7; 18, 27–28; 24, 10–23. In Numeri überwiegt das Geschichtliche den gesetzlichen Teil. Von mancher Seite ist diese Unterbrechung des Ganges der Geschichte durch Stücke gesetzlichen Inhalts als störend empfunden worden, insofern dadurch das Ganze ungenießbar werde; aber es ist eine Grundeigentümlichkeit des ganzen Werks, in der recht augenfällig zum Vorschein kommt, daß Israels Religion und Gesetz im Unterschied von andern Völkern geschichtlicher Art ist. Verheißung wie Forderung stehen im Zusammenhang mit Ereignissen und erwachsen auf dem Boden historischer Thatsachen, vgl. z. B. Gen. 22, 16, Exod. 20, 2. – Von dem Gang der Geschichte ließ sich auch der Verfasser des Pentateuchs in der Zusammenstellung der einzelnen Teile desselben leiten, vgl. Lev. 8, 38; 27, 34; Num. 36, 13; Deut. 1, 5.

Als Ziel der ganzen geschichtlichen Erzählung erscheint die Erhebung Israels zum Volke Gottes; die Grundlage liegt in der Erwählung der Väter; aber eben die Geschichte der Väter zeigt, daß Israels Bestimmung nicht in der Entfaltung und Vollendung der eigenen Volksindividualität aufgeht – was man nach dem Bundesschluß auf Sinai und nach dem Inhalt der Gesetzgebung meinen könnte, sondern daß ihm eine Bedeutung für die ganze Welt zugedacht ist. Die Grundlagen sind umfangreicher angelegt, als daß der Gesetzesbund schon der Abschluß des angefangenen Werkes sein könnte. Wie die Offenbarung Gottes in Israel mit dem gesamten Heilswerk Gottes durch Gen. c. 2–11 in Beziehung gesetzt wird, so ist Israels Bestimmung die: ein Segen für die gesamte Welt zu werden. Dies ist ein Gedanke, der in keines Volkes Herz gekommen ist und von Natur keinem Volke ferner liegt, als dem Israel nach dem Fleisch. Insofern erscheint die Genesis als ein Buch, das über das mosaische Gesetz hinausweist; zu den Grundlagen der Patriarchenzeit bringt erst das Neue Testament die Erfüllung, mit welchem dieselbe auch innerlich wesensverwandt ist, vgl. Gen. 15, 6 mit Röm. 4 und Gal. 3.

Wie nach vorwärts, so hat auch nach rückwärts die Genesis umfassende Bedeutung. Bei allen Völkern sind die Fäden der Überlieferung zerrissen, welche die individuelle Volksexistenz an das Dasein der Gesamtheit anknüpfen. Nur die Genesis enthält die bis an den Anfang der Dinge zurückreichende geschichtliche Überlieferung. Durch dieselbe werden die allenthalben unter den Völkern in mannigfacher Entstellung sich findenden Reste der Urüberlieferung von Schöpfung, Paradies, Sündenfall, verheißenem Erlöser, Sintflut, Nimrods Gewaltherrschaft erst verständlich und in ihrem Wesen erkannt.

Im übrigen hat die Genesis noch dies Besondere, daß sie die allgemein menschlichen Lebensverhältnisse, das Familienleben in seinen manchfaltigen Beziehungen in das Licht des göttlichen Wortes stellt. Für das Leben in der Grundordnung der menschlichen Gemeinschaft würden uns, wenn wir die Genesis nicht hätten, die biblischen Beispiele und Vorbilder fehlen.

Der Inhalt der Genesis stammt jedenfalls aus der mündlichen Überlieferung der Väter. Neuere Beispiele (vgl. die Sammlung der deutschen Hausmärchen durch die Brüder Grimm) zeigen noch heute die Möglichkeit genauer Überlieferung auch umfangreicherer Stücke. Die schlichte Einfalt ihrer Erzählung ist für die biblische Geschichtserzählung überhaupt mehr oder weniger maßgebend geworden bis zu den synoptischen Evangelien.

Exodus erzählt die Geburt des h. Volkes. Nur unter schweren Wehen gelangt Israel zu einer selbständigen Stellung unter den Völkern, indem es Gott durch Mose aus Ägypten erlöst und auf dem Sinai seinen Bund mit ihm schließt. Wie kein anderes Volk hat Israel das beglückende Gefühl der Befreiung aus Fremdherrschaft erfahren; in der Erhebung desselben folgt es seinem Gott in die Wüste und erlebt dort das außerordentliche Ereignis der persönlichen Offenbarung Gottes. Gott redet mit ihm von Angesicht zu Angesicht; es sind die 10 Gebote die Grundlage alles Gesetzes und aller Sittlichkeit; Gott schließt mit ihnen seinen Bund und gibt ihm sein Gesetz. Damit ist die seit dem Sündenfall eingetretene Scheidung zwischen Gott und Menschen aufgehoben. Gott will unter seinem Volk wohnen, von ihm sich priesterlich dienen lassen und es segnen. Unter schreckenden Zeichen ist Gott seinem Volk erschienen, aber im Vordergrund seines Wesens steht doch die Barmherzigkeit, Gnade und Treue. – Die Einwohnung Gottes in seinem Volk ist die Vollendung seiner Gnadenthaten. Da begreift sich die Ausführlichkeit, mit der von der Wohnung Gottes und ihrer Herstellung gehandelt wird, liegt doch in der Einwohnung Gottes alles Glück und alle Herrlichkeit Israels beschlossen. – Exodus ist das Dokument seines Bundesverhältnisses zu Gott.

Levitikus zeigt in seinem ersten Teil, wie dem unter seinem Volke wohnenden Gott durch Opfer gedient werden soll. Das Opfer ist das alttestamentliche Gnadenmittel. In einem weiteren Teil aber lehrt dies Buch, wie sich Israel in seinem Leben verhalten soll. Der heilige Gott will unter einem heiligen Volk wohnen. Das große Wort: „Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig“ entstammt dem Levitikus. Einen großen Umfang nehmen ein die Verordnungen über Bewahrung vor äußerer leiblicher Verunreinigung und Beseitigung vorhandener Unreinheit. Dieser Abschnitt mutet fremdartig an, aber wir müssen bedenken, daß wir hier auf dem Boden der vorchristlichen Zeit, der Vorbereitungszeit auf das Evangelium stehen. Für das neue Testament haben jene Bestimmungen ihre Bedeutung verloren Gal. 4, 8–11, Kol. 2, 16. Von größter Wichtigkeit aber waren sie in der Zeit der Erziehung auf das Evangelium. Sie waren das stärkste Zeugnis über den verderbten Zustand der menschlichen Natur und schließen sich unmittelbar an Gen. 3 an. – Diese Bestimmungen und Gesetze sind übrigens nicht Israels alleiniges Eigentum, sondern finden sich als ein aus der Urzeit herkommender gemeinsamer Besitz noch heute bei allen nichtchristlichen Völkern, wie einst bei denen des Altertums, ebensowohl wie das Gottesbewußtsein und eine, wenn auch nur stückweise Erkenntnis der zehn Gebote. Alter Besitz scheint aufgefrischt, gereinigt und vervollständigt. Während aber bei anderen Völkern Religion und Moral auseinanderfällt und die Volksanschauung meint, mit äußerem Dienst der Gottheit Genüge thun und ihr Wohlgefallen sich erwerben zu können, ist im israelitischen Gesetz Religion und Moral eng miteinander verbunden vgl. z. B. Levit. c. 19.

Wie in Exodus der Gott Israels sich als Schöpfer der Welt durch das Gebot des Sabbats in Erinnerung bringt, so in Lev. 18 und 20 durch seine Verordnungen über die Ehe.

Numeri, hauptsächlich geschichtlichen Inhalts, blickt vorwärts nach dem gelobten Land. Das Volk wird zu einem Heer des Herrn geordnet, das Heiligtum in der Mitte. Israel zieht aus zur Einnahme Kanaans. Aber schon unterwegs hat Israel mehrmals den Zorn des Herrn erregt und im Angesicht des ersehnten Ziels bringt sich die aus Ägypten ausgezogene Generation durch ihren Unglauben um den Einzug nach Kanaan. Hiermit stehen im inneren Zusammenhang die mannigfachen Empörungen wider Mose und Aaron, die durch das unmittelbare Einschreiten Gottes in außerordentlichen Gerichten niedergeschlagen werden, eine erschütternde Verwarnung späterer Geschlechter. – Ein Hauch freudiger Erhebung durchweht den zweiten Teil des Buches. Der zweite Versuch zur Einnahme des Landes gelingt. Feinde werden überwältigt; das Ostjordanland wird in Besitz genommen; aus dem Munde eines Propheten aus der Heidenwelt empfängt Israel die Anerkennung seiner bevorzugten Stellung und die Bestätigung der göttlichen Verheißungen. – An passender Stelle ist im 1. Teil das Gesetz über die durch Berührung eines Toten entstehende Unreinigkeit und deren Beseitigung eingefügt; es ist gegeben inmitten des Absterbens der 1. Generation. Passend schließen sich an den 2. Teil Verordnungen über die Grenzen und Verteilung des Landes; Israel ist ja im Begriff, sein Land einzunehmen, und hat zum Teil schon Heimat gefunden. – Die 2. Zählung, welche keine Mehrung aufweist, zeigt, daß das Volk die 38 Jahre unter dem göttlichen Gericht gestanden ist, aber an Zahl doch nicht wesentlich zurückgegangen ist. Nach dem dermaligen Bestand wird das Land verteilt werden. Die 2. Zählung war also notwendig.

Deuteronomium enthält den Abschied, den Mose mit seinem Volk macht, dem er Befreier, Führer, Bundesmittler und Gesetzgeber gewesen ist. Nach Seite der gesetzlichen Bestimmungen ergänzt und vervollständigt es die frühere Gesetzgebung, so z. B. im Abschnitt über das Prophetentum; im übrigen aber sucht es Israel in das Verständnis seiner durchlebten Geschichte und in das eigentliche Wesen des Gesetzes einzuführen. Aus jener soll Israel die über ihm waltende Gnade erkennen, die eigenes Verdienst ausschließt, so daß es zur dankbaren Liebe gegen seinen Gott erweckt wird, welche die Grundlage und Inbegriff aller Gesetzeserfüllung ist. – Diese letzte Unterredung Mosis mit seinem Volk hat die Bedeutung eines wiederholten Bundesschlusses.

Der Schluß faßt die Zukunft Israels ins Auge: Abfall wird die unausbleibliche Strafe Gottes zur Folge haben, aber den Bußfertigen steht immer der Zugang zu Gottes Gnade offen. Das darauffolgende Lied Moses stellt in allgemeinen Umrissen den Gang der Geschichte Israels dar, und ist so die Grundlage der späteren Prophetie geworden. Der Segen Moses aber preist das Glück Israels, das in seiner Erwählung liegt.

Das Deuteronomium enthält das Testament eines scheidenden geistlichen Vaters und Seelsorgers, der das ihm anbefohlene Volk mit allen Mitteln der Ermahnung auf dem rechten Weg erhalten möchte, doch aber über das Wesen des ihm anbefohlenen Volkes nicht im Unklaren ist und daher mit prophetischem Scharfblick voraussieht, was kommen muß; der aber anderseits auch einen tiefen Einblick in das Wesen des Bundes-Gottes Israels hat und daher mit unerschütterlichem Vertrauen an dem schließlichen heilvollen Ausgang der Geschichte seines Volkes festhält.

5. Übersicht des Inhalts.

Erstes Buch. Genesis oder das Buch der Anfänge.

I. Die Urgeschichte der Menschheit bis zur Aussonderung Abrahams c. 1–11.

1. Einleitung: Die Schöpfung Himmels und der Erde, 1, 1–2, 3.

2. Die Geschichte der adamitischen Menschheit bis zur Sintflut 2, 4–8, 22.

Der Urstand der Menschheit im Paradiese (2, 4–25); der Sündenfall, die Strafen und Verheißungen Gottes (c. 3); die Spaltung der einen adamitischen Menschheit in ein Geschlecht der Gottlosen, Kainiten, und in ein Geschlecht der Frommen, Sethiten; Blüte weltlicher Kultur im Hause Lamechs, des Kainiten, während die dem Henoch widerfahrene Gnade den Segen der Gottesfurcht zeigt, von welcher die Nachkommen Seths durchdrungen sind. (4, 1–5, 31); die natürliche Entwicklung der Menschheit gestört durch den Fall überirdischer Mächte, Umsichgreifen der Sünde in der ganzen Menschheit, das Vertilgungsgericht und die Auswahl Noahs (c. 6–8).

3. Die noachitische Menschheit und ihre Zerteilung in Völker bis zur Auswahl Abrahams c. 9–11.

Der Bund Gottes mit Noah und seinen Nachkommen (9, 1–17); die Trennung der einen noachitischen Menschheit in drei Hauptrichtungen mit verschiedener Bestimmung und Zukunft (9, 18–29) und ihre Ausbreitung über die Erde (c. 10); die Vereinigung der einen noachitischen Menschheit im Abfall von Gott, das Gericht der Sprachenverwirrung und die Völkertrennung (11, 1–9); die Aussonderung Abrahams (11, 10–32).

II. Die Urgeschichte des Bundesvolkes c. 12–50.

1. Die Geschichte Abrahams 12, 1–25, 11.

a. Abrahams Glaubensgehorsam, dessen erste Erprobung und Bewährung c. 12–14.

Abraham wird vom Herrn berufen, sein Vaterhaus zu verlassen und ein neues Geschlecht zu gründen. Im Glaubensgehorsam wandert er aus und kommt in das Land der Verheißung (12, 1–9). Sein Neffe Lot mit ihm. In der Teuerung sucht er in Ägypten eine Bergung, und wird samt seinem Weibe bewahrt und gesegnet (12, 10–20). Trennung von Lot. Während nun Lot das Zeitliche sucht, läßt Abraham die Verheißung sich genügen (c. 13). Die Liebe zu seinem Verwandten macht ihn zu einem heldenmütigen Streiter im Kriege gegen Kedor Laomor, der Herr aber läßt ihn siegen und durch Melchisedek, den priesterlichen Vertreter vorisraelitischer Gotteserkenntnis, als seinen Gesegneten begrüßen (c. 14).

b. Der Bund zwischen Jehova und Abraham c. 15–21.

Der Herr verheißt Abraham nun einen Leibeserben und von diesem eine große Nachkommenschaft und Kanaan als Erbland (c. 15). Nicht aber Hagars Sohn ist der rechte Erbe, denn er ist der Sohn der Vorhaut (des Fleisches) (c. 16), sondern ehe der rechte Erbe geboren wird, muß Abraham den Bund der Beschneidung übernehmen, damit der Sohn der Beschneidung und nicht der Sohn der Vorhaut der Träger der Bundesverheißung werde. Wunderbar wird und muß die nun anhebende Geschichte sein, von der Allmacht ermöglicht; darum hier zum erstenmal die Bezeichnung: ich bin der allmächtige Gott (c. 17). Der Sara wird aber noch sonderlich, um auch sie zum Glauben zu bringen, die Verheißung eines Leibeserben erneuert (18, 1–15). Während Lots Geschlecht durch Fürbitte Abrahams vom Vertilgungsgericht über Sodom und Gomorrha, in welchen Städten es trotz ihrer Sünden wohnen geblieben war, mit Mühe gerettet (18, 16–19, 29), und vom heiligen Geschlechte ausgesondert ins Heidentum zurücksinkt (19, 30-38); so wird die Mutter des verheißenen Samens trotz Sünde und Schwachheit inmitten des Heidentums bewahrt (c. 20), der verheißene Same wird geboren, Ismael aber aus dem heiligen Geschlechte ausgestoßen (21, 1–21), endlich Abraham gesegnet und gegen Abimelech geschützt (21, 22–34).

c. Abrahams Vollendung und die göttliche Bundesbesiegelung (22,1–25,18).

Abrahams Glaube vollendet sich in der Hingabe des Teuersten an Gott, in der Opferung Isaaks, wofür ihm die Verheißung durch einen Eid versiegelt wird (22,1–19), und empfängt die Unterpfänder der künftigen Verheißung 1. in der Kunde von Nahors Familie, welche Isaak ein Weib geben wird (22, 20–24): 2. in dem durch Saras Tod veranlaßten Erwerb eines Erbbegräbnisses im Lande Kanaan (c. 23); 3. in der unter sichtbarer Fügung des Herrn geschehenen Verehelichung des Erben der Verheißung (c. 24). Abraham erhält nunmehr noch reichen Kindersegen von Ketura und stirbt (25, 1–11), indem er nach Ausscheidung des Ismael und der anderen Kinder vom heiligen Geschlecht Isaak als Erben hinterläßt (25, 12–18).

2. Die Geschichte Isaaks 25, 19–26, 35.

Nach langem Harren schenkt der Herr der Rebekka die erbetene Leibesfrucht, und zwar Zwillinge, aber von ungleicher Art (25, 19–28). Esau verkauft an Jakob sein Erstgeburtsrecht (25, 29–34). Dem Isaak wird die dem Abraham gegebene Verheißung übertragen und bewährt 1. durch die Behütung Rebekkas in Gerar (26, 1–11), 2. durch Segen an irdischem Gut trotz der Philister Neiden und Hassen, das Isaak geduldig trägt (12–23), 3. durch wiederholte Zusage göttlichen Segens und Schutzes (24–25), also daß Abimelech in Isaak den Gesegneten des Herrn erkennen und sein Bündnis suchen muß (26–31), zu dessen Gedächtnis Isaak den Brunnen Beersaba nennt (32–33).

3. Die Geschichte Jakobs und Josephs c. 27–50.

a. Jakob erlistet sich den Segen und muß in die Fremde ziehen 26, 34–28, 9.

Trotz seines ungöttlichen Sinnes (26, 34–35) soll Esau nach Isaaks fleischlichem Willen Erbe des Segens werden, aber Jakob erlistet sich den Erstgeburtssegen und wird so auf ungöttliche Weise, aber doch in Übereinstimmung mit Gottes Rat und Willen der Erbe der Verheißung (27, 1–29), während Esau mit der Aussicht auf künftige Befreiung vom Joch des Bruders sich begnügen muß (27, 30–40). Jakob muß vor Esau welchen (27, 41), und wandert nach Mesapotamien, woselbst er sich ein Weib suchen soll (27, 42–28, 5); Esau aber nimmt noch ismaelitische Frauen (28, 6–9).

b. Jakobs Wanderschaft 28, 10-32, 2.

Auf dem Wege empfängt Jakob die Bestätigung der Verheißung Abrahams (28, 10–22). Jakob muß in Haran um Rahel und Lea dienen, wird aber vom Herrn in Erfüllung der Verheißung und trotz seiner Sünde mit zwölf Kindern und mit großem Herdenreichtum gesegnet (28, 1–30, 43). Vor Labans Neid muß er zuletzt entfliehen (31, 1–21) aber der Herr behütet ihn vor des Schwähers Rache (31, 22–55) und tröstet ihn durch die Erscheinung der Engelheere (32, 1–2).

c. Jakobs Kampf und Sieg 32, 3–35, 29.

Jakob kehrt nach Kanaan zurück. An der Grenze des Landes muß er im Kampf mit dem Herrn von seiner Unlauterkeit gereinigt werden, Gottes Zorn überwinden. Er steht fest im Glauben und erlangt durch Gebet den Segen (32, 3–32). Nunmehr behütet ihn der Herr vor Esaus Rache und läßt ihn im Frieden im Lande der Verheißung wohnen (c. 33). In Dinas Fall und der Söhne Mordthat an den Sichemiten wird das ins heilige Geschlecht eindringende Heidentum und die Notwendigkeit einer Bergung in Ägypten erkennbar (c. 34). Erst nach dieser Heimsuchung erfüllte Jakob sein Gelübde und empfing dafür die Erneuerung der väterlichen Verheißung (35, 1–15). Jakob verliert Rahel über Benjamins Geburt, erlebt an seinem Sohne Ruben Blutschande und kehrt zu seinem Vater Isaak zurück (16–27). Isaak stirbt und seine Söhne begraben ihn (35, 28–29).

Jakob ist der Erbe der Verheißung, Esau aber wird der Gründer des Edomitischen Völkergeschlechts (c. 36).

d. Josephs Erniedrigung und Erhöhung c. 33–41.

Jakob begünstigt Joseph vor den andern Brüdern; Joseph selber reizt durch Träume von seiner künftigen Oberhoheit die Brüder, daß sie ihn verkaufen (c. 37). Während Judas Heirat mit der Kananiterin und die Blutschande mit der Thamar das eingedrungene Verderben im Hause Jakobs kundmachen und aufs neue auf die Notwendigkeit hinweisen, das heilige Geschlecht von den heidnischen Kananitern abzusondern und in fremdem Land vor Rückfall ins Heidentum zu bewahren (c. 38) wird Joseph in Ägypten, wohin ihn Gott geführt, zum Knecht erniedrigt, bewährt sich aber im Unglück und gelangt durch die Schmach und Trübsal des unverschuldeten Gefängnisses hindurch (c. 39) unter dem Segen Gottes, der ihm die Gabe der Traumumdeutung schenkt (c. 40), auf seine Auslegung der Träume Pharaos hin zu der von Gott zum Heile seines Geschlechts zuvor versehenen Hoheitsstellung (c. 41).

e. Joseph und seine Brüder c. 42–45.

Die Brüder, welche vor ihm erscheinen, um Speise zu kaufen, prüft er, ob sie noch des alten Sinnes seien; in der Bedrängnis kommen sie zur Erkenntnis und Umkehr, und nachdem er ihre Sinneswandlung erkannt (c. 42–44), stellt er sich als ihren Bruder dar und lädt sie ein, mit Jakob nach Ägypten zu ziehen (45, 1–24).

f. Jakobs Übersiedlung nach Ägypten c. 45, 25–47, 27.

Jakob zieht nach Ägypten und wohnt im Lande Gosen (45, 25–46, 30). Joseph stellt seine Brüder und seinen Vater dem Pharao dar und versorgt sie dann reichlich, während die Ägypter, um nur zu leben, Pharaos Leibeigene werden mußten (46, 31–47, 27).

g. Jakobs und Josephs Ende c. 47, 28–c. 50.

Aber dennoch begehrt Jakob nicht, in Ägypten zu bleiben, sondern will in Kanaan begraben werden (47, 28–31); er segnet Joseph in seinen Söhnen Ephraim und Manasse mit doppeltem Segen (c. 48) dann thut er seinen Söhnen insgesamt ihr zukünftiges Geschick kund, gibt insonderheit Juda die Herrschaft unter seinen Brüdern und die messianische Verheißung vom Schilo (c. 49), stirbt dann und wird im Lande der Verheißung bei den Vätern feierlich bestattet (50, 1–13). Joseph tröstet seine Brüder, verordnet seine künftige Bestattung in Kanaan und stirbt (50, 14–26).

Zweites Buch. Exodus oder die Erlösung Israels.

I. Der Auszug aus Ägypten, c. 1, 1–15, 21.

1. Israels Drangsal c. 1.

Israel, aus einer Familie zum Volke erwachsen, flößt den ägyptischen Königen Sorge ein, und diese suchen seine Vermehrung zu verhindern; der Herr aber wehrt es (c. 1).

2. Die Anstalten des Herrn zur Erlösung Israels c. 2, 1–6, 27.

a. Zur Zeit der höchsten Not wird Mose geboren und vom Herrn wunderbar erhalten (2, 1–9). Am ägyptischen Hof erzogen (10) verläßt er sein Volk nicht, sondern nimmt sich seiner an und muß darüber fliehen (11–15). In Midian lebt er bis zum Tode des Pharao, jetzt aber erscheint ihm der Herr im feurigen Busch am Horeb und beruft ihn, Israel aus Ägypten zu führen (2, 16–3, 10), beglaubigt ihn durch die Offenbarung und stärkt ihn durch die Verheißung des Gelingens für seine Sendung (3, 11–22), beglaubigt ihn ferner durch Mitteilung von Wunderkräften (4, 1–9, und ermutigt den Verzagten (10–17). Nun zieht Mose, hierzu noch ausdrücklich angewiesen, wieder nach Ägypten, indem er Weisung erhält, was er Pharao vom Herrn zu sagen habe (4, 18–23). Nachdem er selbst noch unterwegs dem Bundesgesetze Genüge gethan, findet er unterwegs zum Zeichen, daß der Herr es war, der ihm erschien, den Aaron; das Volk nimmt ihn als Gesandten Gottes gläubig auf (4, 24–31).

b. Mose richtet seinen Befehl vom Herrn bei Pharao aus, wird aber abgewiesen und das Volk wird desto härter gedrückt (5, 1–21). Durch des Volkes Klagen entmutigt erscheint er vor dem Herrn, wird aber von diesem mit tröstlichen Verheißungen an Israel entsendet (5, 22–6, 9) und dann beauftragt, nochmals zu Pharao zu gehen (6, 10–13). Nunmehr ist seine Ausrüstung vollendet, er tritt nun in das große Werk ein, und deshalb berichtet er hier von seiner Abstammung, damit man wisse, wer es sei, den der Herr zur Erlösung Israels sandte (14–27).

3. Der Kampf Jehovas mit Pharao um das Volk Israel c. 6, 28–13, 16.

Mose erscheint auf Gottes Befehl vor Pharao und erweist seine göttliche Sendung mit den Wundern an seinem Stabe und am Wasser des Nils, aber da sie von den Zauberern auch gethan werden, so bleiben sie wirkungslos (6, 28–7, 25). Die zweite Plage der Frösche bewegt Pharao, Mosen um Hilfe bei Jehova anzugehen, aber nach empfangener Hilfe weigert er den Gehorsam (8, 1–15). Die dritte Plage der Stechmücken erweist Jehovas Macht über die Götter der Ägypter, aber vergebens (16–19). Die vierte Plage der Hundsfliegen bewegt Pharao, gegen das Versprechen der Befreiung von der Plage die Erlaubnis zum Auszuge zu geben, aber nach erlangter Befreiung nimmt er sein Wort zurück (20–32). Die fünfte Plage der Viehpest (9, 1–7), und die sechste Plage der Geschwüre, hervorbrechend in Blattern (8–12), bleiben ohne jeglichen Erfolg, die siebente Plage des Hagels (13–35), die achte der Heuschrecken (10, 1–20), die neunte der Finsternis (21–29), wirken nur augenblickliche Rührungen, bis endlich der Herr ankündigt, daß er die Erstgeburt der Ägypter schlagen werde (c. 11), zugleich aber den Kindern Israel gebietet, das Passahmahl, das Mahl der Erlösung und der Weihe zum heiligen Volk, zu halten (12, 1–28). Als nun der Würgengel die Erstgeburt Ägyptens schlug, da trieben die Ägypter selbst die Israeliten aus Ägypten (29–41). Darum feiert man in Israel das Passah zum Gedächtnis an den Auszug aus Ägypten (42–51); darum muß, weil der Herr die Erstgeburt Ägyptens schlug und die der Kinder Israels verschonte, diese letztere dem Herrn geheiligt werden (13, 1–16).

4. Der Zug durchs rote Meer und Pharaos Untergangs c. 13, 17–15, 21.

Unter der Leitung des Herrn zieht das Volk in der Richtung nach dem Schilfmeer (13, 17–22), als der Herr gebietet, wieder landeinwärts zu ziehen, um Pharao zur Verfolgung anzulocken (14, 1–4). Pharao verfolgt auch wirklich Israel; dieses wird durchs rote Meer trocken hindurchgeführt, während Pharao mit seinem Heere darinnen umkommt (5–31). Da singen Mose und die Kinder Israel dem Herrn ein Danklied. Die machtvolle Errettung aus der Hand Pharaos ist ihnen ein Unterpfand des Sieges über alle feindliche Gewalt, die sie an der Einnahme Kanaans hindern will (15, 1–21).

Kurzgefaßte Einleitung in die heiligen Schriften

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