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Das Buch der Richter.

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1. Der Name bezieht sich auf den Inhalt. Unser Buch stellt nämlich die Geschichte der Theokratie zur Zeit und unter der Leitung der Richter dar.

2. Was die Abfassung des Buches anlangt, so geht die jüdische (talmudische) Überlieferung dahin, daß es der Prophet Samuel aus vorhandenen Einzelerzählungen redigiert habe; c. 4 und 5 insonderheit sei von ihm aus dem Buche der Kriege Gottes (vgl. Num. 21, 14) entnommen worden. Richtig ist hier, daß das Buch aus verschiedenen alten, und zwar meist lokalen Quellen zusammengestellt ist. Was aber die Abfassungszeit des ganzen vorliegenden Buches betrifft, so kommt hier alles auf das Verständnis der Stelle c. 18, 30 an, wo gesagt ist, daß die Nachkommen jenes dem Micha entführten Leviten Priester im Stamme der Daniter waren „bis an die Zeit, da sie aus dem Lande gefangen geführt wurden“. Wenn diese Worte nicht eine in das schon vollendete Buch gekommene Glosse sind, zu welcher Annahme kein genügender Anhaltspunkt vorliegt, so kann man hier nur an die Wegführung in die assyrische Gefangenschaft denken, und die Zusammenstellung des Buches hat dann erst nach dem 2 Kge. 15, 29 erwähnten Zug Thiglath-Pilesers gegen König Pekah stattgefunden. Die auf Richt. 1, 21 sich berufende Behauptung, die Abfassungszeit dürfe man sich nicht später denken als in den ersten sieben Regierungsjahren Davids, weil nur solange die Jebusiter noch Jerusalem inne hatten, übersieht, daß jene Stelle nur für das Alter der Quellenschrift, in der sie sich vorfindet und mit welcher sie in das Richterbuch gekommen ist, Beweiskraft hat.

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3. Der Zweck des Buches ist, wie aus der Einleitung desselben hervorgeht, kein anderer, als nachzuweisen, daß Israel, so oft es von dem Herrn abfiel, in die Gewalt der Feinde geriet, sobald es aber bußfertig sich zum Herrn bekehrte, wieder Gnade fand und durch von Gott gesandte Richter aus der Drangsal befreit wurde. Man hat diese Weise der Geschichtsbetrachtung zu einer besonderen Eigentümlichkeit des „deuteronomistischen“ Bearbeiters der Richtergeschichten gestempelt und Mißfallen daran bezeigt. Indes ist es auch sonst schon Völkern in großen Momenten zum Bewußtsein gekommen, daß Unglück und Glück nicht zufällig komme und daß in der Geschichte die Hand Gottes im Spiele sei. Es tritt uns eben hier die religiöse Geschichtsdarstellung zum erstenmal entgegen. Der dieselbe leitende Gedanke ist dem Verfasser durch die einzelnen Geschichten selber unmittelbar nahe gelegt. Die Wiederholung der gleichen Vorgänge ist nur auf den ersten Blick auffallend; sie erklärt sich daraus, daß wir es in der Geschichte der Richter mit der Erziehung Israels zu thun haben; übrigens verteilen sich die erzählten Ereignisse auf die verschiedensten Teile Israels.

Die Richterzeit war nicht bloß von mancherlei Druck heimgesucht, sie hat auch von herzerhebendem Aufschwung zu berichten; es ist eine aufstrebende Zeit, vgl. c. 3, 2; sie ist das Jünglingsalter Israels, die Zeit kraftvoller, heldenhafter Persönlichkeiten; sie hat daher manches mit dem Heroenzeitalter andrer Völker gemein. Doch ist das nur ihre eine Seite. Es herrschte anderseits doch viel religiöse und politische Zerfahrenheit. Insofern in dem Buch dieser Mangel offenbar wird (besonders in den Anhängen), ist es zugleich ein Hinweis auf den Segen des Königtums. Vgl. c. 17, 6. 18, 1. 19, 1. 21, 25. – Von übelwollender Kritik wird besonders die Geschichte Gideons in Anspruch genommen. Die Erzählung von c. 8, 4 etc. gehe von andern Voraussetzungen aus, als die vorhergehende. c. 7, 23 habe Gideon ein großes Heer zusammen, c. 8, 4 bloß 300. – Aber auch c. 8, 1–3 hat er nicht mehr; im andern Fall hätten die Ephraimiten bescheidener mit ihm geredet und Gideon hätte nicht begütigend antworten müssen: Eure Nachlese ist besser als meine Ernte. Übrigens brachte ihm die eigene Nachlese keinen geringeren Gewinn (vgl. c. 8, 12). Weiter sagt man: In dem einen Bericht erscheine Gideon als von Gott berufen zum Rächer Israels; in dem andern erscheine er in eigenem Interesse handelnd und den Pflichten der Blutrache genügend. Allein gerade der betreffende Vers c. 8, 19 zeigt, daß Gideon noch aus andern Gründen ihnen nachgejagt hat. Der Sieger kann von Möglichkeit einer Schonung reden, nicht der Bluträcher. Er redet auch mit den Leuten von Suchoth und Pnuel nicht als Privatperson, sondern in allgemeiner obrigkeitlicher Autorität.

4. Inhaltsübersicht.

I. Einleitung c. 1, 1–3, 6.

Israel macht nach Josuas Tod einen guten Anfang mit der Ausrottung der Kananiter, erlahmt aber bald und muß durch den Engel des Herrn in Bochim dafür gerügt und vor der Verführung durch die Kananiter gewarnt werden (c. 1, 1–2, 5). Diese Warnung war vergeblich; die Kananiter wurden dem Volke Israel zum Strick, so daß es die ganze Richterzeit immer wieder abfiel und von Gott gedemütigt werden mußte; doch errettete er das Volk allezeit wieder, so bald es sich bußfertig zu ihm kehrte (c. 2, 6–3, 4).

II. Die Drangsale Israels durch seine Feinde und Gottes Erlösungsthaten durch die Richter, c. 3, 5–16, 31.

1. vom Beginne des Abfalls und der Knechtung bis zur Befreiung von der Herrschaft Jabins. Othniel, Ehud, Samgar, Barak und Debora c. 3, 5–c. 5.

Zuerst wird Israel unterdrückt von dem mesopotamischen Könige Kuschan Rischathajim und zwar 18 Jahre lang, bis Othniel Rettung und 40 Jahre Ruhe schaffte (3, 7–11); sodann von dem moabitischen König Eglon und zwar 18 Jahre lang, bis Ehud diesen König tötete und die Moabiter schlug und also demütigte, daß das Land 80 Jahre Ruhe genoß (3, 12–30), während innerhalb dieser Zeit Samgar auch eine Schar von Philistern schlug (3, 31); endlich von dem kananitischen Könige Jabin von Hazor und zwar 20 Jahre lang, bis Barak auf den Ruf der Prophetin Debora und mit ihrer Hilfe ein Heer sammelte und diesen Feind aufs Haupt schlug (c. 4). Da sang Debora ihr Triumphlied (c. 5). Nach einer allgemeinen Aufforderung zum Preise des Herrn für die mutige Erhebung des Volkes zum Kampfe wider seine Feinde (v. 2) preist die Sängerin Debora 1. die Bedeutung des Siegs (v. 3–11), indem sie a) die glorreiche Zeit der Erhebung Israels zum Volke des Herrn (3–5), b) die schmachvolle Erniedrigung dieses Volks in der jüngsten Vergangenheit (6–8), c) die erfreuliche Wendung der Dinge mit ihrem Auftreten (9–11) in lebhaften Farben schildert. Nach neuer Aufforderung zum Jubel und zur Siegesfreude (12) folgt 2. ein lebensvolles Gemälde von dem Kampf und Siege, in welchem a) das mächtige Herzuströmen der Tapferen im Volke zum Kampfe (13–15), b) die Feigheit der vom Kampfe Ferngebliebenen und die Todesverachtung der wackeren Kämpfer (15c–18), c) der siegreiche Ausgang (19–22) lebendig dargestellt wird. 3. folgt v. 23–31 die Schilderung des herrlichen Erfolges dieses Kampfes und Sieges, indem nach Verfluchung der unpatriotischen Bürger von Meros (23) die Tötung des feindlichen Feldherrn durch die Jael gepriesen (24–27) und die getäuschte Erwartung der Mutter Sisseras auf reiche Beute verspottet wird (28–30), worauf das Lied mit der aus diesem Sieg geschöpften Hoffnung des Untergangs aller Feinde des Herrn und der immer kräftigeren Erhebung Israels (v. 31) schließt.

2. Die midianitische Bedrängnis und die Rettung durch Gideon. Dessen Geschlecht. Thola und Jair. c. 6, 1–10, 5.

Für den wiederholten Abfall wird Israel durch die Midianiter – und zwar viel schwerer als früher – heimgesucht. Auf ihr Flehen um Hilfe straft sie der Herr durch Propheten-Wort (6, 1–10), dann aber erweckt er Gideon, dem er selbst erscheint, um ihm anzukündigen, daß er in der Kraft Gottes Israel aus der Midianiter Hand erretten solle (6, 11–24), nachdem er zuvor den Baalsaltar seines Vaters zerstört und Jehova ein Opfer dargebracht (25–32). Gideon sammelt, vom Geiste des Herrn getrieben, ein Heer aus den nördlichen Stämmen, und erbittet sich und erhält von Gott Zeichen für den Sieg (33–40). Das versammelte Heer mustert Gideon (7, 1–8); mit einer kleinen ausgewählten Schar zieht er in den wundersamen nächtlichen Kampf und gewinnt den Sieg (9–22). Er verfolgt die Feinde bis an den Jordan, wo sie von den Ephraimiten, die den Jordan besetzt hielten, erwartet und geschlagen wurden (7, 23–8, 3). Um sie ganz aufzureiben verfolgt Gideon die Entronnenen bis an die Ostgrenze von Gilead und schlägt sie da aufs Haupt (4–12). Auf der Rückkehr züchtigt er die Städte Sukkoth und Pnuel und tötet die gefangenen Könige Midians (13–21). Nach diesem Siege wollte das Volk dem Gideon das erbliche Königtum übertragen, aber Gideon wies es ab; dagegen meinte er, in seiner Stadt, da ihm Gott erschienen war, ein Heiligtum errichten zu dürfen (22–27). Dafür ereilte aber sein Haus das Gericht Gottes, denn nachdem Gideon selbst in gutem Alter gestorben, vergaß man der Dankbarkeit gegen die Seinen (28–35); dazu warf sich Abimelech durch Ermordung seiner Brüder mit Hilfe der Sichemiten zum Könige auf (9,1–6). Jotham, der einzige von Gideons 70 Söhnen, der dem Blutbade entgangen war, hält in einer Parabel den Sichemiten ihr Unrecht am Hause Gideons vor und droht ihnen Gottes Strafe (7–21), welche kurze Zeit darnach zuerst über Sichem hereinbrach (22–49), sodann aber auch den Abimelech erreichte (50–57). – Nach Abimelech verwalteten Thola und Jair die Stämme Israels (10, 1–5).

3. Die Unterdrückung Israels durch die Ammoniter und Philister. Jephtas und Simsons Thaten 10, 6–c. 16.

a) Als Einleitung zu diesem ganzen Abschnitt wird c. 10, 6–18 berichtet der wiederholte Abfall Israels (6) und dann summarisch die gleichzeitige Strafe durch die Philister und Ammoniter (7–9), endlich die göttliche Zurechtweisung des götzendienerischen Israels (10-16). Mit v. 17 und 18 wird die Geschichte Jephtas eingeleitet, c. 11, 1–11 erzählt uns Jephtas Herkunft und seine Erwählung zum Fürsten und Richter Israels, v. 12–28 die Verhandlung Jephtas mit dem Könige der Ammoniter, v. 29–33 wie Jephta, weil die Verhandlungen vergeblich bleiben, zum Schwert greift und die Ammoniter schlägt, wobei er ein Gelübde thut, das er nach v. 34–40 bei seiner Rückkehr mit der Opferung seiner eigenen Tochter erfüllt. – Die Ephraimiten, wieder eifersüchtig wie unter Gideon, überfallen Jephta und die Gileaditen, weil diese die Ammoniter allein bekriegten, werden aber völlig geschlagen (12, 1–6). Jephta richtete noch sechs Jahre das Volk (v. 7). Auf ihn folgen als Richter Ebzan, Elon und Abdon (v. 8–15).

b) Während Jephta das Ostjordanland befreite, lag das Westjordanland unter dem Drucke der Philister (13, 1). Zur Hilfe in dieser Not erweckte der Herr den Simson, dessen wunderbare Geburt ihn als einen Auserwählten Gottes zu erkennen gibt (c. 13). Um an die Philister zu kommen, ehelicht er eine Philisterin und er findet bei der Hochzeitsfeier Anlaß, den Philistern seine Übermacht zu zeigen (c. 14). Die Treulosigkeit seines Weibes und ihrer Eltern reizt Simson zu Rachethaten (15, 1–8). Von Judäern gebunden an die Philister ausgeliefert, zerreißt er die Bande und schlägt die Philister mit einem Eselskinnbacken (9–17). Den müden Streiter erquickt der Herr auf wunderbare Weise (18–20). Aber durch seine Erfolge sicher gemacht, mißbraucht Simson seine gottgeschenkte Kraft zum Dienst der Fleischeslust und verliert sie deshalb (16, 1–21). Er gerät in tiefes Elend, erfüllt aber noch mit seinem Tode seinen Beruf und erweist die Macht Gottes über die Feinde seines Volks (22–31).

III. Zwei Anhänge: Michas Bilderdienst (c. 17 und 18) und Gibeas Schandthat (c. 19–21).

1. Die Erzählung von der Einrichtung des Bilderkultus oder der Verehrung Jehovas unter einem Gußbilde durch den Ephraimiten Micha (c. 17), welches die aus ihrem Stammgebiet auswandernden Daniten auf ihrem Zug ihm raubten und in die von ihnen eroberte Stadt Lais-Dan verpflanzten (c. 18), zeigt uns, wie schon nicht lange nach Josuas Tode im Volke die Neigung zu abgöttischer Verehrung Jehovas hervortrat, und wie dieser Kultus, welcher längere Zeit im Norden des Landes fortbestand, von Anfang an mit Sünde und Ungerechtigkeit befleckt war.

2. Die Schandthat, welche die Bewohner Gibeas an dem (dort übernachtenden) Leviten verüben wollten und dann an seinem Kebsweibe in so schrecklicher Weise wirklich verübten (c. 19), und der Rachekrieg des ganzen Volkes Israel gegen den die Frevler in Schutz nehmenden Stamm Benjamin (c. 20), offenbaren zwar einerseits, wie frühzeitig schon die Sittenverderbnis der Kananiter unter den Israeliten da und dort tiefe Wurzeln geschlagen, anderseits aber auch, wie damals noch die Gemeinde Israels im allgemeinen sich hievon frei zu erhalten trachtete und eingedenk ihrer Berufung zum heiligen Volke Gottes das in ihre Mitte eingedrungene Verderben wieder auszurotten bestrebt war. Endlich aber zeigt die Erhaltung des Stammes Benjamin durch Versorgung der Übriggebliebenen mit Weibern (c. 21), wie damals die Stämme sich noch als ein Ganzes fühlten und keines Gliedes beraubt sein mochten.

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