Читать книгу Martin Boos, der Prediger der Gerechtigkeit die vor Gott gilt: Sein Selbstbiograph. - Johannes Gossner - Страница 23

Die Einfalt vor dem Richterstuhle der Inquisition.

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Die Einfalt vor dem Richterstuhle der Inquisition.

Ein gerader, einfacher Landkrämer, der auch erweckt und gläubig an den Herrn geworden war, wurde vor die Inquisition zitiert und verhört. Hier hat er unter Anderm auf die vorgelegten Fragen also geantwortet. (Da man sich die Fragen aus den Antworten selbst denken kann, so will ich sie der Kürze halber weglassen, weil ohnehin in den Fragen nichts, aber in den Antworten Vieles liegt.)

1.Deswegen schreiben wir nur an diese Leute: Bruder! Schwester! weil es in der ganzen Welt Brauch ist, dass man in Briefen nur die Leute anredet, an die man schreibt. (die Kommisare lachten.)

2. Meinen Herrn Pfarrer halte ich eben für keinen Pharisäer: aber es fällt mir eben oft ein: Gerade so haben es die Pharisäer gemacht, wie er. Ich schlage es mir aber wieder aus dem Sinne, als wie die bösen Gedanken, und mag ihn für keinen Pharisäer halten.

3. Zu Seeg (bei Feneberg) habe ich weiter nichts getan als meine Not und die Verfolgung meines Pfarrers geklagt, und da hat man mich zur Geduld, Unterwürfigkeit und zum Gehorsam nachdrücklichst angemahnt. Das wird doch keine Ketzerei sein?

4. Ich habe mich nicht getrennt. Der Pfarrer hat mich ungehört hinausgeworfen und mir und den Übrigen die heilige Kommunion versagt. Er hat mich durch sein Lügen, Lästern und Verleumden, - und das von der Kanzel herab, - um meine Arbeit, und um mein Gewerbe bei der Krämerei gebracht. Er ist sonst brav; ich habe nichts wider ihn, aber dies muss ich hier vor der Obrigkeit bekennen, weil man mich fragt.

5. Das ist nun Beweis genug, dass ich recht mit Gott stehe, weil ich all das Unrecht tragen konnte, mich nicht zu rächen verlangte, und mich noch nicht rächen will, und - so weh es mir auch tat, - schweigen und leiden konnte bis jetzt. -

6. Zwischen Boos und unseren Pfarr-Geistlichen weiß ich keinen Unterschied, als den, dass ich Boos weder auf der Kanzel, noch sonst lügen, verleumden und lästern hörte, wie mein Pfarrer und die anderen es immer tun. Das hielt ich nicht für recht, darum hörte ich Boos lieber.

7. Ich habe in andere Pfarreien auslaufen müssen; denn 1. hat man mir daheim die heilige Kommunion versagt, und weil ich nach der h. Kommunion Verlangen hatte, so musste ich über 4 - 5 Stunden weit nach K. L. M., wo man mir dieselbe reichte 2. Begehrte unser Einer denn doch auch Rat und Trost, und das suchte ich eben in Gottes Namen anderswo, weil ich bei unsern Geistlichen keinen Zutritt und kein Gehör fand, geschweige Trost und Rat. 3. Weil so sehr von unsern Geistlichen über Boos und die Gläubigen gelästert und gelogen ward, so fühlte ich mich gedrungen, es aufzuschreiben und ihnen zu bringen, was man wider sie predige und lehre. Ich bin aber nicht weiter damit gekommen, als bis Hellengerst.

Da ist er nämlich von den Bauern aufgefangen, aller seiner Sachen beraubt und nach Kempten geführt worden. Die Inquisitoren wussten das, und lachten.

8. Mit geheimen Zusammenkünften und geheimen Lehren ists durchaus gar nichts. Den Anlass zu diesem Geplauder mag gegeben haben, dass ich zuweilen des Abends zwei oder drei Personen ein paar Kapitel aus dem Thomas von Kempen oder sonst was Geistliches vorgelesen habe und laut schreien musste, weil meine alte Schwiegermutter, die nicht gut hört, dabei war; uns Feinde haben gelauert und aus dem herausgebracht, wir hätten geheime Zusammenkünfte. Die andern Leute kamen eben so ins Gunggelhaus [Spinnstube, Rockenstube] (zum Spinnrocken), wie es der Brauch ist und hörten gern etwas Geistliches dabei lesen. Das ist Alles, und wird hoffentlich nichts Unrechtes sein, darum lass ichs mir auch durchaus nicht wehren.

9. In der Schrift versteh ich Vieles nicht. Was ich aber nicht verstehe, das lasse ich liegen. Es ist genug Anderes darin, was ich wohl verstehe, und da halt ich mich auf.

10. Zu Augsburg hat mir Boos den Ludovicus Blofius [François-Louis de Blois] geschenkt; da könnt ihr gleich sehen, da stehts drin, was unsere Sache ist.

11. Ja, den Heiland habe ich empfangen, aber nicht so närrisch, fleischlich, wie der wilde, große Haufe davon schwätzt. Ich habe Buße über meine Sünden getan und geglaubt, und dann ists gar. Es ist Alles geistlich, wie bei der geistlichen Kommunion. (Da lachten die Herren wieder.)

Es waren nämlich grobe, schändliche Spöttereien über das Wort: Heiland, heiligen Geist empfangen, in aller Leute Munde. Die Welt ging mit den Perlen um, wie ein Schwein. Das passierte aber frei.

Nach geendigt Inquisition nahm ihn ein Kommissär, Herr Natterer, noch allein vor, dem er also antwortete:

12. Boos hat mir zur Buße aufgegeben, ich sollte Alle, die ich beleidigt hätte, um Verzeihung bitten.

13. Ich habs zu Hause gesagt: Ihnen, Herr Natterer, müsste ich Alles sagen, Sie haben mir das Herz abgewonnen, aber der Andere (Fiskal M.) ist nicht so; der ist zu hitzig und kurios, dass ich ihm nicht trauen kann. - Es mag sein, dass ers gut meint, aber in solchen Umständen, wo man gemeine Leute in so wichtigen Sachen examiniert [befragt], da sollte man eben nicht so sein. Diese Leute erschrecken und werden verwirrt, und da kann in der Verwirrung wider ihre Meinung etwas Dummes herauskommen. Kurz, er hat mir nicht gefallen, wie Sie.

14. Wenn man so eine Untersuchung gleich Anfangs gemacht hätte, so würde sie vielleicht was gefruchtet haben; es wäre nie so weit gekommen und unschuldige Leute wären nicht anderthalb Jahre so jämmerlich geplagt, beschädigt und verlästert worden. Aber jetzt werden die Leute nicht glauben, dass gar nichts hinter der Sache sei, bis der Pfarrer und die übrigen öffentlich von der Kanzel widerrufen - und das wird hart halten.

15. Ja das Los habe ich gebraucht, wenn ich mir nimmer zu raten und zu helfen wusste, und doch handeln sollte. Ich bete einfältig zu Gott, er möchte den Ausschlag geben, was ich tun soll. Ich habe keinen Aberglauben dabei, und kann mir keinen einbilden; die heiligen Apostel habens ja auch so gemacht.

16. Ich bin freilich kein Apostel; aber wenn ichs mache, wie sies gemacht haben, so ist das doch kein Aberglaube.

17. Was für ein Unterschied sei zwischen Taufe und Wiedergeburt? Ja, wenn ichs recht sagen könnte! Bei der Taufe, mein’ ich eben, braucht man Wasser und das Wort; bei der Wiedergeburt aber Buß und Glauben. Der heilige Geist muss überall dabei sein, sonst ists nichts. Wenns aber nach der Taufe wieder fehlt, und der Mensch von Gott abgekommen ist, so muss durch Buße und Glauben wieder geholfen werden.

18. Den Umgang mit diesen unschuldig verschrieenen und verlästerten Leuten kann ich nicht aufgeben; 1) weil man keine Ursache hat, mir dies zu verbieten; und wegen des kindischen, einfältigen, unbegründeten Verdachtes müsste man ja aus der Welt gehen, wenn Einem deswegen der Umgang mit Jemand könnte verboten werden. 2) Leiden das meine häuslichen Umstände nicht. Ich hätte mein Feld nicht bearbeiten, nicht ernten können, wenn mir diese Leute nicht geholfen hätten. Alle Andere verabscheuten mich und haben mich stecken lassen - ob ich sie gleich gebeten, halfen sie mir doch nicht.

Dieser gute Mann brachte die Inquisitoren durch sein offenes, unbefangenes Wesen und durch seine schnellen und naiven Antworten oft zum Lachen, und sie hatten Mühe, es zu unterdrücken. Fiskal M. (der hitzigste Saulus) wurde mehrmal gezwungen, zu bekennen: Ach es ist nichts, es ist Alles unbegründet, man hat umsonst großen Lärm gemacht. Man muss euch helfen; ihr werdet Ruhe bekommen. Von der Kanzel wird gewiss nichts mehr gemeldet werden.

Das geschah denn auch auf eine Zeit lang. Man ließ sogar durch den Ortshauptmann vor der Kirche ausrufen: Man hätte die Sache dieser Leute sehr streng untersucht und nichts gefunden, das Grund hätte; man sollte also diese Leute in Ruhe lassen, und ihnen keinerlei Vorwürfe, weder öffentlich, noch privatim machen, sondern sich friedlich, christlich und nachbarlich gegen sie betragen. Dies öffentliche Verkünden hatte gleich die Wirkung, dass noch am nämlichen Tage (welches vorher Jahrelang nicht mehr geschah) mehrere Personen indes obigen Mannes Laden kamen, sich freudig darüber bezeigten, dass er und alle Andern nun einmal aus den Leiden gekommen wären, und dies und das einkauften.

Allein der Friede dauerte nicht lange, wie der Welt-Friede auch wohl nie lange halten kann.

Fiskal äußerte sich über Boos: Er mag für sich sein, was er will, so ist doch gewiss, dass er Irrtümer gelehrt hat.

Der Herr Landschreiber, den er über den Pfarrer Lutzb. fragte, ob er auch an der Boosischen Sache Anteil habe? hat ihm geantwortet: Ich kann nicht in das Herz des Pfarrers hinein sehen. Fiskal: Er ist aber doch verdächtig? Landschreiber: „Das weiß ich wohl. Ich für mich aber wünschte, dass die ganze Pflege Sonthofen mit lauter solchen Leuten besetzt wäre.

Man war aber mit der Kommission des Fiskals in Augsburg nicht zufrieden; es sollte ein größerer Saulus, R., dahin, um Alles wieder von Neuem zu untersuchen; die Bücher sollten neuerdings durch ein Dekret eingefordert werden, usw.

Martin Boos, der Prediger der Gerechtigkeit die vor Gott gilt: Sein Selbstbiograph.

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