Читать книгу Martin Boos, der Prediger der Gerechtigkeit die vor Gott gilt: Sein Selbstbiograph. - Johannes Gossner - Страница 26
Aus seinem Tagebuche vom Jahre 1803.
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1. Juli
Neulich besuchte ich eine alte kranke Kammerjungfrau, die einmal der Fürstin E... diente. Weil sie noch etwas fürstliche Hoffart in sich hatte, und ich den Krankenbesuch zwei Tage unterließ, so zankte sie mit mir am dritten Tage tapfer und bot mir den Rücken. Ich machte über sie das Kreuz und sagte laut: „Segnet, die euch fluchen. - “ Und ging zur Tür hinaus. Das ging ihr zu Herzen; heute schickte sie nach mir, und bat mich gerührt um Verzeihung. Und nun konnte ich erst zu ihrem Herzen kommen. Segnet die, die über euch, die euch ins Angesicht lästern, oder euch den Rücken kehren.
2. Juli
Wer sein Haus auf den Felsen gebaut hat, d. h. wer in Christo befestiget und mit seinem Christentum etwas in der Ordnung ist, über den muss bald ein Platzregen, ein Sturmwind, ein Prüfungstag kommen. Wenn nun dieser Windstoß das Haus nicht umwirft, so wird’s eben dadurch offenbar, dass das Haus nicht auf einem Sandhügel, sondern auf einem Felsen stehe. Da nun zur Zeit der Trübsal so viel Menschen um- und abfallen, so ist’s offenbar und erwiesen, dass das Christentum der Meisten Sandhäuser und Sandgebäude sind.
3. Juli
Zobo sagte heute am Bette eines Kranken: Wer das Reich Gottes sucht, dem ist von Christo verheißen, dass er am Erbreiche, am nötigen Unterhalt, nie Mangel leiden werde. Drum sag’ ich’s ja, fing jetzt der Kranke an: Ich Hab mich mein Lebtag gut aufgeführt, bin immer dem Beten nachgegangen etc., deswegen bin ich so reich geworden, usw. Diese Reden taten dem Zobo so weh, als wenn er Kalk essen müsste; es siel ihm nicht bloß ein, dass der selbstgerechte Pharisäer auf seine eigne Gerechtigkeit zufahre, wie die Katze auf die Maus, sondern er sagte geradezu: „Diesmal habe ich der Katze eine Maus vorgeworfen,“ Und er erklärte es dann auch.
4. Juli
Er hat uns zuvor geliebet, sagt Johannes. Das soll uns zur Gegenliebe reizen. Es gibt kein kräftigeres Mittel, zur Gegenliebe zu reizen, als wenn es heißt: Er hat dich längst schon geliebt und liebt dich noch. Christus, der eine Art Seligkeit in der Liebe zu uns Menschen findet, kann nicht zufrieden sein mit uns, wenn wir nicht nach- und entgegen lieben. Wir zerstören gleichsam seine und unsere Seligkeit.
5. Juli
Wer das Heilige exponiert (den Hunden und Schweinen vorwirft), muss das Lehrgeld bezahlen.
Ich habe nichts beizusetzen, als: Es ist gewisslich wahr.
6. Juli
Wenn der Kaiser uns durch seinen Sohn sagen ließe: Lieben Leute! Sorget nicht für euer Leben, was ihr essen und anziehen werdet, mein Vater weiß, was ihr bedürfet, er hat dergleichen Dinge genug, hat auch schon Anstalt getroffen, dass ihr damit versehen werdet. Seid nur darauf bedacht, dass ihr seinen Willen, die Gesetze des Reichs, erfüllet. Auf eine solche Botschaft würden Alle erfreut und beruhigt werden. Das Nämliche hat uns Gott durch seinen Sohn längst sagen lassen, und nur Wenige werden erfreut und beruhigt. Ein Zeichen, dass die Menschen weniger auf Gott, als auf den Kaiser vertrauen.
7. Juli
Erwecke die Gnade, die in dir; sagt Paulus zu dem Timotheus. Es scheint, die Gnade, die Lichtkraft, der Eifer, Mut, schlafe bisweilen im Menschen, weil sie Paulus aufwecken heißt. Wenigstens findet sich so etwas in mir. Öfters scheint alles Licht erloschen, aller Eifer erkaltet, aller Mut gesunken zu sein. Und das dauert oft 2 - 3 Tage. Auf einmal stellt sich Alles wieder ein; gleich als ob diese Dinge vorher geschlafen hätten und als ob sie jetzt vom Schlaf aufgeweckt worden wären. -
8.Juli
Eine Witwe von sechs Kindern schleppte heute ihren Sohn mit Gewalt in die Schule; als dieser unter der Schultür Zobo und den Lehrer erblickte, wollte er der Mutter davon laufen; diese griff ihn aber mit beiden Händen, stellte das große Kind mitten in die Schule hin, und sprach weinend zum Lehrer und zu Zobo: Helfen Sie mir diesen Jungen ziehen, er will mir nimmer folgen. Zobo stand auf und sagte: Ja, wir helfen dir, denn weil du deine Kinder in die Schule trägst, so verdienst du unseren Beifall und unsere Hilfe. Zum Jungen sprach er: Du fällst vor deiner Mutter auf die Knie nieder und küssest ihr zuerst den Fuß und dann die Hand. Der Junge fiel sogleich nieder und tat, wie ihm befohlen war. Jetzt musste er der Mutter danken, dass sie ihn zur Schule getragen hat, und sie und alle Kinder um Verzeihung bitten. Der Junge tat Alles ohne Widerrede. „Es ist noch nicht aus mit deinem Kinde,“ sagte jetzt Zobo zur Mutter, „er lässt sich ja noch im Gehorsam exerzieren, wie ein Rekrut.“ Sie ging getrost weiter.
9. Juli
Das ist ein vortrefflicher Gedanke vom Prof. S[ailer] (sagte Bert. öfter), dass er behauptet: Der Mensch könne seinen Verstand verstudieren. Dann fährt er weiter fort: Die meisten Gelehrten sind Narren und taugen nicht für die Welt, die sie vor sich haben; denn sie haben eine andere, nicht existierende im Kopfe, und können also der gegenwärtigen nichts nützen; und dies kommt bloß daher, weil sie immer in die Bücher, und nie in die Welt schauen (besonders nicht in die, die in ihnen ist).
10. Juli
Ein Arrestant stellte sich krank und ließ sich heute das heilige Abendmahl reichen, damit man ihn in ein zum Entlaufen bequemeres Gemach bringen sollte. Kaum ging der Diener ein wenig auf die Seite, so war der Kranke gesund und auf und davon. Seine Fesseln legte er eine halbe Stunde weit von hier auf den Weg. Nun lästert der Richter über den Arzt, der ihn für krank erklärte, über den Diener, der ihn entlaufen ließ, und über den Geistlichen, dass er den Betrug ebenfalls nicht merkte. Die Kinder der Welt sind und waren in ihrer Art schon lange klüger, als die Kinder des Lichts, und wenn jene diese mit ihrer Klugheit überlisten, so verwundert sich unser unser Pfleger und lästert.
11. Juli
Gott sind jene Leute, die von Ihm etwas haben wollen, lieber und willkommner, als die Ihm Etwas geben und bringen wollen. Der Pharisäer war in seinen Augen reich an Werken, und er wollte Gott auch davon bringen, opfern und geben. Aber Gott sagte: Ich mag nichts von dir. Der Zöllner kam arm und wollte von Gott Gnade, Verzeihung, Rechtfertigung; und Gott hatte Wohlgefallen an ihm. Er gab ihm, was er wollte und brauchte. Die Reichen gehen leer aus, die Armen voll. Die Reichen sind arm, die Armen reich. -
12. Juli
Es ist mir, als ob Gott immer freundlicher und herablassender gegen die Menschen würde. Im alten Testament schlug Gott immer gleich gewaltig drein, wenn die Menschen es oft nur ein wenig versahen. Im neuen sind die Schläge seltner, langsamer, bleiben oft gar aus. Im alten Testament machte sich Gott den Menschen nur als den Jehova, als den, der da ist, war und sein wird, als den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, bekannt. Im neuen lässt er sich Vater, Sohn, Bruder, heiliger Geist, Tröster nennen. Dies Alles ist ja viel freundlicher, herablassender. etc. -
14.Juli
Da haben sie (zwei Reisende) eben mein Geld gezählt. Aber, mein Gott! Es ist nicht mein Geld. Ich wünschte, ich hätte und brauchte es nicht, denn es ist ein elendes Ding um das mein Geld. Gott! Lass mich Dein sein; ich schenke dir heute noch all das Mein. -
15. Juli
Ich habe noch Etwas auf dem Herzen, sagte mir eben eine Person; aber ich darf es keinem Menschen sagen, auch Ihnen nicht und es drückt mich oft so sehr. So sag’s Gott! sagte Zobo; denn Gott darf man Alles sagen, Gutes und Schlechtes, Kleines und Großes, Alles... Jetzt sagte sie das Heimliche auch noch dem Zobo.
16. Juli
Die Pharisäer konnten dem Heiland auf die Frage: Was dünkt euch von Christo, wessen Sohn ist Er? keine rechte Auskunft geben, ob sie gleich immer von Ihm hörten und lasen. Es fehlte ihnen die überschwängliche Erkenntnis Christi (Phil. 3.). So gehts heute noch den meisten Christen, sie hören und lesen viel von Christo, sie lauten täglich dreimal den Englischen Gruß, sie lauten alle Wochen die Angst Christi, die Scheidung (Tod) Christi, sie hören und lesen alle Tage Messe, und doch können nur Wenige von und über Christum die rechte Auskunft geben. Es fehlt ihnen an der überschwänglichen Erkenntnis Christi; hätten sie diese, so würden sie mit Paulus alles Andere für Kot halten; da sie aber das Andere mehr freut, als Christus, so haben sie von Christo noch nicht die rechte Erkenntnis. -
17. Juli
Wenn ich an Sonn- und Festtagen bisweilen nach dem Gottesdienste in die Kirche komme, so sehe ich allerlei Leute, die einen Nachgottesdienst halten. Der betet den Kreuzweg, ein Anderer den Rosenkranz, wieder ein Anderer etwas Anderes. Da freut es mich, dass die Leute doch beten, und durchs Gebet gen Himmel steigen mögen, sei’s auf der Leiter des Kreuzweges, oder des Rosenkranzes oder einer andern Leiter, wenn nur hinaufgestiegen wird. -
18. Juli
Bei uns gibts Leute, die, wenn sie in eine geistliche oder leibliche Not kommen, nach Maria-Zell, nach Maria-Scharten, oder zu St. Roman oder zu einem anderen Heiligen laufen. Diesen Christenleuten muss ich zurufen: Lieben Leute! Was dünkt euch denn von Christo? Wessen Sohn ist Er? Euer Laufen verrät, dass ihr Ihn noch nicht kennt, dass ihr mehr Vertrauen auf seine Mutter und Heiligen setzt, als auf Ihn. Aber hat denn seine Mutter einmal gesagt: Kommt zu mir, ich will euch helfen, euch erquicken? (hat sie nicht gesagt: Gehet zu Ihm, was Er euch sagt, das tut?)
19. Juli
Wenn ein Gelehrter, ein Theolog bei seiner Theologie hoffärtig ist, so legt er dadurch an den Tag, dass er Christum noch nicht kenne. Denn wenn er Christum kennt, so weiß er, dass er ohne sich an Christum anzulehnen, weder gehen, noch stehen, weder etwas Gutes denken, noch wollen, noch tun könne. Folglich muss ihm alle Hoffart vergehen.
20. Juli
Das ist doch eine Narrheit, dass die Philosophen (Rationalisten) jene Obscuranten (Finsterlinge) heißen, welche die Sonne der Offenbarung (des Evangeliums) noch in der Hand und im Munde tragen. Das ist ja gerade so närrisch, als zu sagen: beim Nachtlämpchen sieht man besser, als bei der Sonne.
Philosophie - Nachtlampe.
Theologie - Sonne.
Was kann die Sonne dafür, wenn sie von den Wolken, was die Theologie, wenn sie von den Theologen verdunkelt wird?
21. Juli
Je früher sich ein Mensch bessert, desto besser für ihn. Aber besser spät, als gar nicht.
So sagte Zobo heute zu einem Menschen, der auf seinem Sterbebette wegen immer verschobener Buße verzweifeln wollte. Er fasste Mut und Vertrauen.
22 Juli
Christum im Herzen, und das Kreuz auf dem Rücken - heißt es bei allen wahren Christen.
22. Juli
Die Gnade von innen und die Schläge von außen ziehen, schlagen, treiben und tragen viele, ja fast alle Sünder zur Buße. Da fiel ein Nachtschwärmer, der eben seiner Lust nachlief, in den Brunnen. Halbtot heraufgezogen, erkannte und bekannte er seine Sünde, und die strafende und warnende Liebe Gottes.
Was das Gewissen und der Prediger nicht vermag, das vermag der Fall in den Brunnen.
24. Juli
Die Folgen der Sünde kommen öfter langsam, aber allemal gewiss. Der reiche Prasser praßte bis auf den Tag, wo er in die Hölle begraben ward. „Zwanzig Jahre lang habe ich schon so getrunken,“ sagte heut ein krank gewordener Vollsäufer, „und nie hat es mir etwas getan, als diesmal.“ -
25. Juli
Hätte man keine Leiden, so hatte man viel weniger Freuden. Hätte man keine Gemeinschaft der Leiden, so hätte man keine Gemeinschaft der Freuden. Dies empfand Zobo, als ihm die frohe Nachricht kam, dass (die verfolgten) S.**, B** und G**, wieder angestellt seien. Er empfand aber noch viel mehr.
26. Juli
Es ist eine Regel im Himmel und auf Erden: Wer bösen Samen aussäet, kann unmöglich gute Früchte ernten. Wer Böses denkt, redet und tut, kann unmöglich (dadurch) glücklich sein und werden. Das Weib Sünde zeuget dem Sünder allemal Kinder, die ihn stechen und martern werden.
27. Juli
Es gibt Weiber, die klagen und sagen überall, dass sie gar so liederliche Männer haben, welche immer nur spielen, saufen etc. Diesen sagt Zobo gewöhnlich: Lieben Leute! Dies Sagen und Klagen nützt euch und euren Männern nichts. Nehmet lieber eure Männer und traget sie, wie die Träger den Gichtbrüchigen alle Tage im Gebete dem Heilande vor; und wenn Jesus euren Glauben und eure Tränen sieht, so wird und muss er zuletzt sprechen: Sei getrost, meine Tochter! Ich will dir helfen und deinen Mann bekehren usw.
28. Juli
Weil ich einen schwachen und blöden Magen habe, so taugen die fettesten und nahrhaftesten Speisen gerade am wenigsten für mich; der Magen wird durch sie noch schwächer und blöder. Und weil ich ein Herz habe, das in der Demut nicht fest genug gegründet ist, so werden große Ehren, Titel und Ämter für mich auch nicht taugen.
30. Juli
Heute starb ein Windmacher plötzlichen Todes. Da machen die armen Menschen oft so viel Wind, und in drei Tagen liegt ihre äußere Herrlichkeit allemal im Gottesacker, - ihre innere (wenn sie sich nicht ändern) kann in puncto in der Hölle liegen. O wenn die Windmacher das bedächten!
31. Juli
Die Potipharin (der Geschlechtstrieb) ist eine böse Frau im Hause; nur Joseph, der lebendige Glaube, kann sie überwinden.
1. Aug.
Als Christus im Fleische wandelte, sah Er fleißig nach denen, die an Ihn glaubten, Ihn suchten, Ihm nach gingen, Ihm nachfragten, Ihn liebten, um Ihn weinten. Und da Er jetzt noch ebenderselbe ist, welche Aufmunterung für Alle, an Ihn zu glauben, Ihn zu suchen, Ihm nachzuziehen, nach Ihm zu fragen, um Ihn zu weinen!
3. Aug.
Es seufzen und schmachten überall viele Seelen nach Gott, und ich sehe dies Seufzen gerne, denn es bereitet oder supponiert ein Leben, welches nach seiner Nahrung, nach seiner Luft und nach seinem Elemente schreit und seufzet, d. h. nach Gott, und um Gott. -
4. Aug.
Der Geiz nimmt Geld von Freunden und Feinden Gottes. Der Diener des Propheten Elisa nimmts von Freunden, Judas von Feinden.
5. Aug.
Hüte dich vor dem Fallen; denn nicht Alle, die fallen, stehen wieder auf. Petrus stand auf, - Judas blieb liegen - oder fiel tiefer.
6. Aug.
Heute ists ein Jahr, dass Bertgen und Zobo in Peuerbach einzogen. Mein Gott, lass uns nicht Gulden und Bankzettel, sondern Leute und Seelen fangen, denn wir zogen ja nicht als Gulden-, sondern als Seelenfänger ein.
7. Aug.
Die Großen der Erde haben sich vor dem Reiche Christi und den Frommen schon oft gefürchtet, und gerade vor ihnen sind sie mit ihrer Herrlichkeit am sichersten. Denn gerade den Reichsgenossen Jesu Christi ists befohlen, sich nicht zu erhöhen und keinen Teil an den Weltreichen zu haben, und sie wollen auch selbst lieber untertänig sein, als herrschen. Zufrieden und reich an innerlicher Herrlichkeit, lassen sie gern dem Kaiser, was dis Kaisers ist.
9. Aug.
Als Satan die Eva verführte, so log er ihr vor und versprach: Weißt wohl was? - Gerade so machens jene, die nun die Töchter Evas zum Falle verführen. Sie sagen und lügen z.B.: Das ist nicht Sünde, das ist nicht so böse, oder: ich mache dich zur großen Frau, ich bringe dich zu Haus und Hof. Und die armen Geschöpfe glauben diesen Lügen und fallen. Sei’s also, dass wir erlöst wären von den Nachstellungen des Teufels, so sind wir doch nicht erlöst vom Lügengeiste und von den Nachstellungen seiner Adjutanten. Dies lehrt die tägliche Erfahrung.
10. Aug.
Die alten Weisen holten ihr Licht und ihre Weisheit bei den Juden, weil diese das wahre Licht, die Offenbarung Gottes, hatten. Die neuern Weisen (oder Narren) machen es umgekehrt, sie gehen vom wahren Lichte der Offenbarung weg, und holen ihre Torheit bei sich selbst oder bei den Heiden.
12. Aug.
Ach es ist oft finster, trübe und traurig im Menschen, und dann wieder helle, heiter und fröhlich, gerade wie in der großen Welt; darum muss der Mensch die Welt im Kleinen sein. In der großen Welt ist es oft 14 Tage neblig und regnerisch und fast ein halbes Jahr kalt und Winter; kein Wunder, dass es in der kleinen Welt öfters auch so ist. Der Mensch kann’s Wetter nicht ändern, so auch seine Laune nicht. Aber die Gnade kann Alles.
14. Aug.
Der Erzb. v. W. M. hatte die Gewohnheit, dass er seine Bedienten bei Tische stets auszankte. Als nun unser B. mit seinem Bedienten bei ihm einmal speiste, so sah ihn dieser Bediente starr an. Der Erzb., welcher dieses bemerkte, sagte zu ihm: Gelt er, er wird denken, ich sei ein rechter Narr? Ja, Eure Eminenz! sagte der erschrockene Bediente. Alles lachte; nur der Bischof entschuldigte seinen Bedienten.
15. Juli.
Wenns stacht ist in der großen Welt, so kann ich es nicht Tag machen, ich muss gleichwohl warten, bis die Sonne aufgeht.
So auch wenns Nacht ist in mir, so kann ichs nicht Tag, nicht hell machen, ich muss auch warten (betend), bis mir die Sonne, das Licht, wieder scheint. So warte nun. -
18. Aug.
„Bei uns kommts noch so weit, dass wer einen Haarzopf (jetzt Tituskopf) trägt, der glaubt nicht mehr an Jesum Christum.“ So schreibt mir heut Jemand aus Neubayern. Soll denn diese Hoffart und dieser Unglaube im Haarzopf stecken?? Und würden also heut zu Tage die Perücken und die Haarzöpfe Jesum Christum kreuzigen? (Nein, Lieber! Christus hat schon seine Leute, die Ihn von Alters her allemal kreuzigten.)
19. Aug.
Guten Tag!
Das ist oft das einzige gute Wort und Werk, das mancher Mensch den Vormittag spricht und tut.
20 Aug.
Gute Nacht!
Und das ist öfters auch das Einzige, was Mancher Nachmittags spricht und tut.
21. Aug.
Heute Nacht beteten zwei Weibsleute auf dem Kirchhofe bis 12 Uhr. Der Küster, dachte als er sie bemerkte, das sind entweder Diebinnen, oder Närrinnen. Er holte den Nachtwächter zur Untersuchung und Hilfe. Als sie der tue sah, sagte er: Hm! Die sind fast alle Nächte hier, sie tun nichts, als beten. Leg sich der Herr ohne Kummer schlafen. So weit ists gekommen, sagte Zobo, wer heutzutage im Gebet übernachtet, der ist ein Narr oder ein Dieb im Auge des wenig betenden Küsters.
22. Aug.
Heute besuchte Zobo einen Kranken, der mit seiner Nachbarin in Feindschaft lebte. Du kannst sterben, sagte Zobo, musst dich mit deiner Nachbarin innerlich und äußerlich versöhnen usw. Ja, mein Gott: antwortete jener, ich fürchte einen neuen Krieg, wenn ich mit ihr rede. Wenns dir recht ist, sagte Zobo, so bitte ich sie in deinem Namen um Verzeihung. Der Kranke: Ja, das wäre mir wohl recht. Zobo ging hin, zog den Hut herab und bat die Nachbarin demütig um Verzeihung. Das ging ihr zu Herzen, dass sie weinte und ihm versprach, sie werde dem Kranken sogleich etwas Gutes kochen, und es ihm als Zeichen ihrer Versöhnung ins Haus bringen. Bravo! Geh’ hin und tu’, wie du sagst.
26. Aug.
Da kommt ein Weib daher und sagt: Mein Mann hat mich gestern halb tot geschlagen. Darauf las er in der Legende der Heiligen von einem heiligen Weibe, die sich von ihrem Manne auch halbtot schlagen ließ, und die Alles mit größter Geduld und Sanftmut ertrug. „Sieh, Weib!“ sagte er dann zu mir, „so sollst du’s auch machen, wenn ich dich schlage; dann könntest du durch mich heilig werden.“ Nun frage ich, fuhr das Weib fort, muss und soll ich diesem heiligen Weibe nachfolgen? Muss ich mich heilig schlagen lassen? Antwort: Ja, durch Geduld und Sanftmut sollst du den Zorn deines Mannes in Verwunderung und Liebe verwandeln, und beweisen, dass du Christin, eine Heilige bist. Geh hin und tue, was er dir sagt. Fecit digna plagis (Sie hat’s danach gemacht.)
27. Aug.
Was würden meine Kammeraden sagen, wenn ich nimmer mitspielen, mit saufen, mitmachen wollte! So sagte heute ein junger Mensch, als ihm Zobo eine andere Lebensweise anriet. Zobo erwiderte: Sieh, wenn jene Menschen dich und deine bessere Lebensweise verlachen und verspotten, so ists gerade so viel, als wenn Leute, die Kröpfe haben, jene verspotten, die keine Kröpfe am Halse tragen.
Wenn dir die Ehre bei deinen liederlichen Kammeraden lieber ist, als die Ehre bei Gott und seinen Engeln, so ists aus mit dir, du wich nimmer selig.
28. Aug.
Da kommt eben die einzige Tochter eines reichen Bauern zum Eheversprechen; sie hat Verstand, Reichtum und Schönheit, Alles im vorzüglichen Grade, aber ach! nur das Schönste, Unschuld und Jungfrauschaft, hat sie nicht mehr. Ein Kind von zwei Jahren hat sie zu Hause, und das zweite trug sie sichtlich in sich. Ach dachte und sagte Zobo, es wäre besser für dich, wenn du Reichtum in Schönheit und Verstand verloren hättest, als -
29. Aug.
Welche Menschen kann man eingefleischte Teufel nennen?
a. Die Unkraut unter den Weizen säen.
1 Die da machen, dass schon entronnene Seelen wieder umkehren, dass sie wieder fressen, was sie gespieen, und dabei eine tückische Freude haben.
2 Wer guten Seelen das Wort Gottes vom Herzen nimmt, weglachet, wegspottet.
3 Wer die Leute plagt, bloß um ihnen wehe zu tun. - - Denn dies Alles tut ja der Teufel auch.
30. Aug.
So eben kam ich zu zwei Bauern, die mir erzählten, dass sie beim Einfall der Franzosen immer vor ihrem Dörfchen von acht Häusern mit 200 Fl. [Gulden] im Sack gestanden, in der Absicht, die herbei kommenden Plünderer damit zu besänftigen und das Plündern zu hindern. Öfter waren solche Plünderer angekommen, aber weil sie allemal schnell und schon von fern auf sie losgegangen, in der Absicht, ihnen 200 Fl. zu geben, so wären jene erschrocken, und allemal schnell wieder umgekehrt und so hätten sie ihre 200 Fl. nie anbringen können; um und um ward geplündert, nur ihr Dörfchen blieb durch diese unschuldige Kriegslist frei. Optima ars bellandi. (Die beste und unblutigste Kriegskunst.)
31. Aug.
Wenn es im Himmel Stufen der Herrlichkeit und Seligkeit gibt, so könnte der Ehrgeizige und Hoffärtige, wenn er nicht auf den ersten Platz käme, schon um deswillen nicht ganz vergnügt und selig sein. Darum ists besser, man lasse ihn nicht hinein, bis er also gedemütigt sein wird, wie ein Kind; d. h. bis sein Ehrgeiz gestorben ist; zumal da der erste Platz ohnehin schon seinen Mann hat.
1. Sept.
Heute Nacht ging ein Volltrinker nach Hause; im Rausche fiel er nieder, und man fand ihn bei Tage tot auf dem Wege. Wiederum eine Predigt für alle Volltrinker und Sünder.
2. Sept.
Lazarus mit seinem guten Gewissen ist seliger, als der reiche Mann mit seinen guten Bissen. D. h. die innere Glückseligkeit ist größer, als die äußere. Diese wird weggenommen, jene bleibt.
3. Sept.
Wenn der Kaiser durch alle Bischöfe, Pfarrer und Kapläne bekannt machen ließ, dass er für Alle, die Schulden haben, die Schulden bezahlen oder sie ihnen nachlassen wolle, wenn sie sich bloß darum meldeten; so würden sich alle Schulden Habende fleißig melden. Und wer sich etwa nicht meldete, würde allgemein als Tor verspottet werden. Aber so närrisch ist der Mensch nicht, wenns darauf ankommt, seine Geldschuld zu tilgen; so töricht ist er nur, wenns darauf ankommt, seine Sündenschulden zu tilgen. Da versäumen Viele die Zeit der Buße und die Annahme des Evangeliums, welches ihnen Gott zur freien Tilgung und Nachlassung ihrer Sünde immer bekannt machen lässt.
4. Sept.
Schon 40 Jahre steh und wandle ich auf dem Schauplatz dieser Welt, und was spielte ich für eine Rolle?
Antwort: Die eines Kindes,
eines Knaben,
eines Jünglings,
eines Studenten,
eines Mannes,
eines Priesters,
eines Kaplans,
eines Kanonikers,
eines Inquisiten,
eines K....,
eines Exulanten,
eines armen Sünders.
5. Sept.
Schon 40 Jahre schiffe und fahre und rudere ich auf dem Meere dieser Welt und nach manchem Schiffbruch bin ich dermal mit meinem morschen Schifflein nach Orient verweht worden. Und wo ruhte ich? Antwort:
In Huttenried, (als Kind.)
In Göggingen, (als Knabe.)
In Augsburg, (als Schüler.)
In Dillingen, (als Student.)
In Pfaffenhausen, (als Seminarist.)
In Unterdingau (als Kaplan.)
In Kempten, (als Kaplan.)
In Grönmbach, (als Kanoniker.)
In Wiggensbach, (als Kaplan.)
In Seeg, (in der Flucht.)
In Göggingen, (im Gefängnis.)
In Augsburg, (in der Inquisition.)
In Langenneufnach, (als Kaplan.)
In Grünbach, München, (in der Flucht.)
In Linz, Leonding, Neukirch, Peuerbach, (als Kaplan.)
7.Sept.
„Wenn ich meinen Kindern und Dienstboten das nächtliche Hemmschwärmen etc. verbieten will, so sagt mein Weib: lass gehen, wir sind ja in diesen Jahren auch so gewesen.“ So sagte heut ein Mann zu Zobo. Dieser antwortete ihm: „Grüß mir dein Weib und sag: ich lass ihr sagen, mir schien, sie habe ihre Jugend-Sünden noch nie recht erkannt, bereut und gebessert, well sie so rede; und ob sie denn ihre Kinder und Dienstboten der Gesellschaft halber mit in die Hülle laufen lassen wolle? -
9. Sept.
Es ist ein übles Ding um das Fallen; die Engel fielen und es stand keiner wieder auf. Die Menschen fielen auch und fallen noch; aber gar viele bleiben liegen. Ist das nicht übel?
10.Sept.
„Bischöfe und Seelsorger, die das Predigen des Evangeliums vernachlässigen, sind gleich den Huren, die ihre neugebornen Kinder sogleich fremden Säugammen überlassen, damit sie ungehindert ihren Lüsten wieder nachjagen können.“ Das durfte nur der Papst Damasus sagen. Wenn doch auch jetzt noch die Großen - die Wahrheit so schön und derb sagten!
Wer die Predigt nicht anhören will, wird gleich einem neugeborenen Kinde sein, das an der Mutter nicht trinken will.
11. Sept.
Ich weiß nicht warum und wie doch die Gelehrten jetzt immer fragen und fragen können, ob es auch vernünftig und anständig sei, ein Bittgebet zu verrichten? Ich meinte, wenn sie in einer recht großen Not wären, so würden sie lieber gleich ein Bittgebet verrichten, als erst fragen und untersuchen, ob es erlaubt und vernünftig sei?
Christus und die Apostel haben nie eine solche Frage aufgeworfen, sondern sind gleich via vacti daran gegangen und haben Großes und Kleines von Gott begehrt. Tut ihr hier und da auch eine Fehlbitte, so ist Gott ohnehin so gut, und erhört sie nicht. -
14. Sept.
Von den ersten Christen hört und liest man wenig, dass sie viel gebeichtet hätten; das mag Einige auf die Gedanken gebracht haben, dass das Beichten eine Erfindung späterer Zeiten sei. Allein, man hört und liest von den ersten Christen auch, dass sie heiliger gelebt, und weniger gesündigt haben; darum bedurften sie des Beichtens, und die Apostel des Beichthörens nicht soviel. Man hört und liest von ihnen aber auch nicht, dass sie Odem geholt, und auf den Füßen gegangen seien.
18. Sept.
Wer da sagt, dass er fromm sei, ist gewiss nicht fromm. Wer da sagt, dass er demütig sei, ist gewiss nicht demütig. Denn die wahre Frömmigkeit ist ein im Acker des Herzens verborgener Schatz. So weiß auch der Demütige nicht, dass er demütig ist.
10. Sept.
O, mein Gott! Wie viel bin ich dir schuldig!!! So muss ich ausrufen, so oft ich mein Gewissen erforsche.
Herr, geh nicht ins Gericht mit mir!
20. Sept.
Christus ist etwas für Alle, für Bettler, denn Er hatte nicht, wo er sein Haupt hinlegen konnte; Er weiß, wie es den Armen ist; für Könige und Kaiser, denn Er ist der König aller Könige; Er weiß, wie es den Regenten ist, weil Himmel und Erde regiert. Er ist für Handwerksleute und Kleinhäusler, denn Er war ein armer Zimmermann und Häusler. Er nahm Knechtsgestall an, ist also auch etwas für Knechte, Er diente. Er wusch die Füße seiner Jünger.
Wenn die Jungfrauen sagen: Der Heiland ist etwas für uns, denn seine Mutter war eine Jungfrau. So können die Huren (die Sünder, die da Buße tun) sagen: Er ist auch etwas für uns, denn Magdalene bei seinen Füßen war nicht besser, als wir, - doch nahm er sie gegen Simon in Schutz und ward ihr Freund.
22. Sept.
Unser Schinder klagte mir heute, dass ihn sein Weib als bürgerlich tot habe in die Zeitung setzen lassen. Die Leute hätten ihn schon geflohen, schon weil er Schinder sei, aber jetzt noch viel mehr.
Für dich, Hans!, sagte Zobo, ist nun kein anderer Rat mehr, als du tust Buße, und suchst die Freundschaft Jesu, denn Er nimmt auch die Schinder an, und alle jene Leute, mit denen Niemand mehr zu tun haben mag. Hans lächelte und war getröstet.
24. Sept.
Bisweilen ist das Glauben an den Heiland fast wie ein Sehen - aber nur bisweilen; leider nur bisweilen!
25. Sept.
Die meisten Bibelleser stehen wie die Kuh im Grase bis über dem Bauch, und zertreten die schönsten Blumen und Kräuter.
28. Sept.
Hier gehen etliche Taube, die kein Wort hören, fleißig in alle Predigten und Lehren. Zobo lobte sie einmal laut, dass und weil sie durch ihr Beispiel die Hörenden erbauten und herbeilockten, und dass sie also auf diese Weise den Nächsten liebten. Man suchte ihnen das beizubringen, und ihre Freude war groß, und ihr Eifer und Fleiß ward noch größer.
30. Sept.
Unter dem Pfeffer ist allemal Mäuse-Kot; unter den Frommen sind allemal Heuchler und Gottlose; unter den Gläubigen Ungläubige. Wer eine ganze Stadt, Dorf, Land etc. gläubig, heilig und selig machen will, der lasse es bleiben.
1. Okt.
Es ist sehr süß, seine Feinde und Verfolger lieben und ihnen Gutes tun. Heute hab ichs wieder versucht. Auch hier gilts: „Mein Joch ist süß, meine Last leicht.“ Die Menschen versagen sich viele Seligkeiten, wenn sie nicht tun, was Jesus befahl, riet und tat. Wer wissen will, ob seine Lehre aus Gott sei, der tue sie. -
9.Okt.
„Wenn du nicht gleich still bist, so muss ich den Richter gleich um Satisfaktion ansprechen!“ So sagte heute ein Schneider, vor 300 Bauern, als ihm einer von ihnen einen Vorwurf machte. Gleich wollen die Christen Satisfaktion haben, ob sie gleich Christum, ohne Satisfaktion zu fordern oder zu erhalten, am Kreuze hangen sehen.
10. Okt.
Es gibt Menschen, die es für Schwäche halten, einem Beleidiger zu vergeben. Nach diesem Grundsatz wäre Gott der Schwächste im Himmel und auf Erden, weil Niemand im Himmel und auf Erden so viel vergibt, als Er.
13. Okt.
Wenn Gott die hiesigen Sünder anfordert; d. h. wenn ihr Gewissen erwacht, so gehen ihrer Viele nach St. Leonard, oder nach St. Roman, bezahlen daselbst etliche Messen, legen eine General-Beichte ab (ein Sündenbekenntnis von Kindheit an), und wollen damit den lieben Gott gleichsam bezahlen, ihr schreiend Gewissen zu stillen. Allein Gott und das Gewissen fahren in ihren Forderungen gewöhnlich fort, so lange bis die Sünder glauben, Gott könne und wolle durch derlei Werke nicht bezahlt werden, sondern Er vergebe um Christi willen, und um des Vertrauens willen die ganze Sündenschuld großmütig und umsonst, wie der König dem Knecht. Matth. 18.
15. Okt.
Wenn der vollkommne Bußeifer einen vollkommnen, und der unvollkommne Bußeifer einen unvollkommnen Ablass gewinnt, so haben wir bei unsern ausgeschriebenen vollkommnen Ablasstagen gewiss mehr Unvollkommenheit, als Vollkommenheit. Wie der gläubige Bußeifer, so der Ablass der Sünden.
18. Okt.
Der Tod zieht uns die Herrlichkeiten, mit denen uns diese Welt angezogen hat, wieder aus, wie ein Stiefelknecht die Stiefeln. Ein Anderer trägt meine Stiefeln, wenn ich tot bin, und ein Anderer meine Herrlichkeit. (Darum ist nicht viel daran.)
19. Okt.
Der Mörder am Kreuze ward ohne Taufe (bloß durchs Wort Christi) selig. Also gibts Fälle, in denen man ohne Taufe selig werden kann. Verachte ich deswegen die Taufe? Das sei ferne. Ist sie überflüssig? Das sei ferne. Können also Juden und Heiden auch selig werden? Das mag und wird Gott beantworten.
20. Okt.
Wer das Christentum noch für keinen Schatz, für keine Perle hält, wer in demselben mehr Last, als Lust, mehr Gesetz als Evangelium findet, der kennt es noch nicht.
21. Okt.
Auf die Verdammten scheint Gott gar nicht angetragen zu haben. Er hat für sie kein Haus (keine Hölle) gebaut, wie für die Seligen (einen Himmel). Geht hin, heißt es, in das Haus, in das Feuer, das für den Teufel bereitet und gebaut ist.
22. Okt.
Schon dort im Paradiese zeigte und entwickelte sich die von Johannes bemerkte dreifache Lust.
a. Die Fleischeslust, in der Begierde nach der Speise.
b. Augenlust, in der Belustigung der Augen an der verbotenen Frucht.
c. Hoffart des Lebens, in der Begierde nach Klugheit und irdischer Hoheit.
Dies alte Böse hat sich bis heute erhalten.
23. Okt.
Was hatten denn die Menschen für ein Kleid, ehe sie sündigten?
Antwort: das Kleid der Unschuld.
Wer hat ihnen das angeschafft? Gott selbst. Wer hat ihnen das ausgezogen? Der Teufel und die Sünde. Wer zieht ihnen das Kleid wieder an? Christus.
24. Okt.
Je schwächer der Geist, desto stärker das Fleisch und umgekehrt. Wenn die Katze aus dem Hause, haben die Mäuse Tanzen. Wenn der erleuchtende und stärkende Geist aus dem Menschen ist, dann haben die Fleischeslüste ihr Tanzen.
28. Okt.
Man kann predigen und reden, als ob man ein Engel und ein Gott wäre. Und dabei kann man doch ein Herodes sein, den der Engel gleich nach der Predigt tot schlagen muss. Apg. 12,20-23.
29. Okt.
Heute Nacht ward Zobo zu einer schwangern Sterbenden gerufen. Als er ins Zimmer trat, streckte sie die Hände nach ihm aus und sprach: Ach, ich und mein Kind sterben, und die Leute im Hause sind alle Heiden; kein Mensch spricht mir zu; verlassen doch Sie mich nicht! Er verließ sie nicht; in einer Stunde war sie tot.
In derselben Nacht begegnete ihm das Nämliche mit einer Zweiten. Der Herr kommt gern in der Nacht.
1. Nov.
Die größten Gelehrten sagen: Sie wissen nichts; und die größten Heiligen sagen: Sie haben nichts. Demnach bestände die profundeste Gelehrsamkeit im Nichtswissen, und die profundeste Heiligkeit im Nichtshaben. -
2. Nov.
Wer nicht recht essen und trinken mag, ist nicht recht gesund am Körper. Wer nicht recht beten, hören etc. mag, ist nicht recht gesund an der Seele. Je mehr Appetit, Hunger, Durst, desto gesünder und umgekehrt.
3. Nov
Quem poenitet peccasse, pene innocens est.
Seneca.
[Wen es reut, gesündigt zu haben, der ist fast unschuldig.]
Ich habe den Heiden Seneca um dieses Spruches willen sehr lieb. Der Mörder am Kreuze, und die Sünderin bei den Füßen Jesu hatten also auch in den Augen dieses Heiden Gnade gefunden.
5. Nov.
Wer da dürstet, der komme zu mir und trinke. Joh. 7.
Es ist doch gut, dass wir so einen Brunnen haben und wissen, dass wir kommen und trinken dürfen. Der, welcher der Hure beim Jakobsbrunnen zu trinken anbot und gab, der gibt auch mir. Er ist ein Brunnen für Alle, ein Gemeinbrunnen.
Aus seinen Tagesgedanken von 1814
1. Mai.
Wer ein guter Theolog, Priester, Prediger, Bischof, Pfarrer, Regent etc. sein und werden soll, der muss vorher wie Abraham, Joseph, Moses und Jesus selbst durch allerlei Proben gegangen und bewährt worden sein. Den soll auch der T. in seinem Siebe wie Weizen gesiedet und gesichtet haben. Und NB. [übrigens] er soll nicht durchs Sieb oder über das Sieb gefallen sein, d. h. er soll in allen Proben und Versuchungen bestanden sein.
3. Mai.
Wenn der Prediger das Herz seiner Zuhörer nicht in seiner Hand hat, so mag er so schön predigen, als er will: ihr Kopf wird bald dies, bald das zu tadeln wissen. Die, von welchen Jesus das Herz hatte, sagten nicht: Dies ist eine harte Rede, wer kann sie hören? Sondern: Du hast Worte des ewigen Lebens, wohin sollen wir gehen?
4. Mai.
Das Licht stellt man auf den Leuchter, damit die Leute sehen und es nützen mögen. Den Lehrer, den Prediger, stellt man auf die Kanzel, damit die Leute ihn sehen, hören und nützen möchten. Wenn nun dieser Mann ein Bösewicht oder ein Mann ohne Geist, ohne Kopf und Herz wäre, so wäre das ein monströses Ebentheuer.
5. Mai.
Der Gelehrte ohne Demut will vom gemeinen Mann nichts lernen. Der hochgelehrte und überfromme Pharisäer will sich vom Zimmermann Jesus nicht belehren lassen. Dann bleibt ihm die wahre Weisheit verborgen.
Die Vornehmen, Reichen und Gelehrten gehen meistens leer aus, kommen spät oder gar nie zur Erkenntnis der Wahrheit, oft bloß darum nicht, weil sie dieselbe von gemeinen Leuten, wo sie mehr als bei Hofe zu Hause ist, nicht hören wollen.
6. Mai.
Heute reiste ein Herr hier durch, von dem die Leute sagten: Er muss ein großer Herr sein, denn er hat das Theresien-Kreuz. Olim non erat sic.(Ehemals wars anders.) Wenn man jetzt Jemand eine Ehre antun will, so gibt man ihm ein Kreuz. Sonst wars eine Schande. Jetzt je größer das Kreuz, desto größer der Herr. Olim non erat sic. [Einst war es nicht so.]
7. Mai.
Die Einbildung und der Satan führen uns arme Menschen öfter auf einen hohen Berg und zeigen uns allerlei schöne vergängliche Dinge, und die armen Menschen akzeptieren aut idealiter aut realiter (fassen sie mit den Gedanken oder mit den Händen an und auf). Aber was soll daraus werden? Ach, man stirbt und hinterlässt den Hut den Erben.
8. Mai.
Eva hatte Hunger, sah den Apfel an und fiel. Christus hatte Hunger, sah die Steine an und siel nicht. Den Kleinen stürzt eine kleine Versuchung, den Großen die größte nicht.
11. Mai.
Man macht einen großen Unterschied zwischen Juden, Heiden und Christen. Aber dieser Unterschied ist dermal so groß nicht und wird alle Tage kleiner (wenn man sie nach ihrem Leben betrachtet). Es bekümmern sich Alle nur um Brot, um das Zeitliche; der Christ wie der Jude, der Jude wie der Heide, fast Alle sind auf Einer Jagd; sie sind Alle Brot- und Geld-Jäger.
14. Mai.
Wer nie natürlicher Mensch ist und keinen Geist hat, der ist gewiss arm am Geiste. Aber wenn er das nicht weiß, sich nicht darüber bekümmert, nicht um Geist betteln geht, so ist und wird er nie selig bei seiner Armut.
15. Mai.
Heute, als wir wie sonst bei Tische saßen, hieß es: Es brennt im Hausdache. Wir liefen, ohne einen Löffel voll Suppe zu haben, aufs Dach - allein Rauch und Flamme trieb uns zurück; wir mussten es brennen lassen, und in einer halben Stunde waren Pfarre und sechs Nachbarshäuser ein Raub der Flamme. Wir standen auf der Gasse. Man weiß nicht, wie das Feuer aufkam, wir müssen also sagen: Der Herr hats genommen.
16. Mai.
Heute liegt Bertgen krank, weint und sagt: Ich habe mich satt gebaut - ich gehe von der Pfarre, will lieber sterben als Bauer. Nun ist seine Baulust tot. Will sehen, ob dieser Lazarus in vier Tagen nicht wieder auferstehe. - Es brennt und raucht noch immer; aber es sind viele Löscher. Gott und sie werdens wohl verhüten. Ich bin selbst auch krank, doch sterb’ und wein’ ich nicht. Was die Inquisition nicht umbringt, kann eine Feuersbrunst auch nicht würgen.
21. Mai
Seitdem ich abgebrannt bin, sagte heute Bertgen, „habe ich vor zwei Dingen nun Ruhe - vor den Bettelleuten und Sperlingen. Dachlos macht sperlinglos, und hauslos macht bettlerlos; aber auch holz- heu- stroh- und wagenlos.
25. Mai.
Wenn die Kinder das Brot nicht essen, sondern verachten, so gibs hinaus den Hunden. So hats Gott schon oft gemacht, und wird es so machen bis ans Ende. Viele Kinder wollen sich die evangelischen Brotschnitte nimmer schmecken lassen, sie sind ihnen zu alt, zu alltäglich, zu bekannt, sie verachtens, es ekelt sie an. Da wills nun Gott den Wilden im Busche geben.
26. Mai.
Lahm, blind, taub und stumm kamen sie zum Heilande, und gingen gerade, sehend, hörend und redend von Ihm weg nach Hause.
Wo geschieht das heute?
Äußerlich am Leibe schon gar nicht. Innerlich am Geiste selten.
27. Mai.
Wer aus Armut wenig von Gott begehrt, bekommt mehr als er begehrt und erwartet. Die Heidin begehrte nur einen Brosamen, der Mörder nur einen Gedanken; sie bekamen aber Beide mehr. Die erste fand ihre Tochter ruhig und gesund auf dem Bette, der andere Zweite fand den selben Tag noch das Paradies.
28. Mai.
Man liest selten im Evangelio, dass der Heiland Leuten von Stande geholfen habe. An niedrigen und schlechten Leuten aber tat er Vieles und Großes. Warum? Diese sind ihm demütig und gläubig nachgelaufen, und jene nicht. Darum half er den zu Ihm Kommenden, und die bei sich selbst Sitzenden ließ er sitzen, krank sein, sterben.
1. Juni.
Wenn der Beichtvater kein Pharisäer und Schriftgelehrter ist, sondern ein Nachfolger Gottes und Christi, so wird er jeden reumütigen Sünder auf seine Achseln nehmen und tragen, d. h. sein Licht und seine Kraft wird er zum Besten des Sünders verwenden; er wird ihn suchen, umarmen und küssen, er wird ihn als Stellvertreter Gottes und Jesu Christi eben so sanft, schonend, liebreich und freundlich behandeln, wie Gott und Christus ihn behandelten.
3. Juni.
Die Sünde macht scheu. Ein fehlendes Kind hielt heute einen grünen Ast vor das Gesicht, als ich es im Vorbeigehen fehlend antraf. Ich sehe dich doch hinter deinem grünen Ast, sagte ich, du versteckst dich, du kleiner Adam!
5. Juni.
An meinem Fensterbrett haben sich heute junge Schwalben angesetzt. Wenn die Alte mit dem Futter kommt, so reißen alle den Schnabel auf und wollen essen. Es bekommt aber nur eins zu essen. So gehts auch den Zuhörern bei der Predigt. Viele hören die Predigt, reißen Maul und Ohren auf, aber oft genießt nur Einer etwas davon im Herzen. Nach und nach aber kriegen Alle etwas, wenn sie einmal da sitzen, hören und Maul aufreißen.
6. Juni.
Das arme Weib zündet ein Licht an und sucht den verlornen Groschen. Der Seelsorger darf wohl auch vor Tags aufstehen und das Licht des Evangeliums in Lehre und Leben anzünden, und recht hell brennen und leuchten lassen, um die häufig verlorenen Seelen zu suchen, zu finden, und heimzutragen. Denn eine Seele ist doch mehr wert, als ein Groschen.
7. Juni.
Wenn der Heiland von Pharisäern zu Tisch geladen wurde, so kam Er. Wenn ihn Zöllner einluden, so kam Er auch. Bisweilen lud Er sich selber ein, wie bei Zachäus.
Es muss also keine Sünde sein, wenn Zobo bisweilen zum Herrn Pfarrer N. auf Mittag geht, dort isst, trinkt, redet. Denn das tut er. Aber er wird sich auch so aufzuführen haben, wie sich Jesus dabei aufführte, nüchtern, mäßig, erbauend, usw.
9. Juni.
Die Furcht sagt: Es ist ein Löwe auf dem Wege. Wir glaubens, und unterlassen dieses eingebildeten Löwen wegen viel Gutes; bedenken aber dabei nicht, dass selbst diese Unterlassung ein wirklicher Löwe für uns werden wird.
10. Juni.
Gott schauen und genießen in Liebe, wird unser Himmel im Himmel sein. Aber Ihm vorher hier dienen, sein Reich vermehren helfen, ist oder könnte wenigstens unser Himmel auf Erden sein; oder es ist doch die Leiter in den Himmel. O Gott! Hilf mir auf diese Leiter!
13. Juni.
Als Jesus ausging, Schüler und Apostel zu sammeln, ging er nicht nach Jena oder Leipzig, nicht nach Dillingen oder Landshut, um auf hohen Schulen die eifrigsten Köpfe auszusuchen, sondern Er wählte als Handwerksmann Handwerksleute zu seinen Schülern. Philosophen und spitzfindige Köpfe müssen Ihm also nicht am besten taugen in sein Reich.
18. Juni.
Unter meinem Zimmer logiert ein Kantor, der die Kinder singen lehrt, aber oft so gewaltig drein schlägt, dass ich die Kinder mehr weinen, als singen höre. Arme Kinder! Wie traurig ist euer Gesang! Sogar das Singen ist mit Tränen, mit Kreuz und Leiden verbunden. -
19. Juni.
Es ist hier eine dreißigjährige Person, die wie ein Kind aussieht, in ihrem Leben nie zu einer Sünde versucht wurde, nichts zu Beichten weiß, und unschuldig, leidenschaftslos dahinlebt. Wird das so fortgehen bis ans Ende? Wenn etwas Rechtes, was Größeres aus ihr werden soll, als ein Kind, so mögen die Proben und Versuchungen doch nicht immer ausbleiben. Doch, was geht das mich und dich an? Folge du mir nach.
20. Juni.
Wenn ein sonst guter Acker etliche Jahre brach liegt, so wird er durch das Liegen noch besser; und wenn ein sonst guter, fähiger Mann eine gute Weile in der Welt so zurückgesetzt wird, und gleichsam brach liegen muss, so wird er dadurch noch besser und brauchbarer; wenigstens dient dem Gottliebenden Alles, folglich auch das Zurückgesetzt werden zum Besten.
21. Juni.
Gott will dein Herz, nicht deinen Kopf. Drum gibt es so viel Wahrheiten, die du glauben, aber nicht begreifen kannst. Glauben kann ein Kind, begreifen können’s oft Männer nicht.
23. Juni.
Der erste Teil von unserm Stadeldach ist schon fertig, und ist mit lauter Kreuz-Säulen gebaut. Auf den Kreuzsäulen stand ehemals die Kirche Christi; aber dermalen baut man die Pfarrhofstädel damit und darauf. Was jetzt eine Kirchensäule sein soll, ist gewöhnlich mehr ein Maurer- und Zimmermeister.
27. Juni.
Heute tat ein Knecht einen so schweren Fall auf die Erde, dass ihm Sehen, Hören und Reden verging, ja dass auch die Seele aus seinem Leibe fahren und fallen wird. So gehts Manchem, wenn er einen schweren Fall in die Sünde macht, es vergeht ihm das geistliche Sehen, Hören und Reden, es fährt die Seele der Seele, der heilige Geist, aus ihm.
28. Juni.
Dem demütigen Zöllner lässt Gott wegen seiner Demut und Selbsterniedrigung alle Sünden und Strafen nach, ob er gleich kein einziges gutes Werk, keinen Fasttag, keinen Zehnten und kein Almosen aufzuweisen hat. Dem hoffärtigen Pharisäer aber lässt Gott wegen seiner Hoffart keine Sünde und reine Strafe nach, ob er gleich ganze Wagen voll Zehnten, Fasttage und Almosen aufzuweisen hat.
29. Juni.
Hier haben einige rohe Sünder die Gewohnheit, dass, wenn man sie im Beichtstuhl nicht absolviert, sie dem Beichtvater den Rosenkranz an den Kopf werfen. (Sic nuper Beneficiato nostro est factum.) Das kommt nun freilich so heraus, als wenn der verlorne Sohn nach Hause kommend, dem Vater seine zerrissenen Schuhe an den Kopf geworfen hätte, weil und wenn sich dieser etwa besonnen hätte, ihn wieder als Sohn anzunehmen.
1. Juli.
Wenn Gott dem Hoffärtigen innere Gnade um Gnade gäbe, so wäre er gleich einem Wirte, der einem schon ohnehin Betrunknen ein Maß Wein um das andere einschenkte. Aber Gott ist kein Wirt, er nimmt den Hoffärtigen die alten Gaben ab, wenn er damit prahlet, und gibt ihm keine neuen.
2. Juli.
Es ist um das Predigthalten und Hören von Christo so lange eine tote und matte Sache, bis der Morgenstern aufgeht im Herzen des Predigers und der Zuhörer.
3. Juli.
Die Maurer und Zimmerleute arbeiten so träge und lahm am Pfarrhofbau, dass man ihnen im Gehen die Hosen flicken könnte. (Weh uns, wenn unser Arbeits-Fleiß im Weinberge des Herrn nicht größer ist!)
4. Juli.
Zobo predigte einmal: mancher Mensch ist zwanzig Jahre lang blind an seiner Seele. Und als er darauf in den Beichtstuhl kam, gestanden Etliche reumütig und sagten: Sie wären schon viel länger, 40 und 50 Jahre blind gewesen.
6. Juli.
Wenn ich bisweilen von Durst überfallen, in das nächste beste Bauernhaus hinein gehe und um Wasser bitte, so geben mir die Leute mit tausend Freuden. Da sag ich ihnen denn oft: Wenn der einmal käme, und euch um einen Trunk Wasser bäte, der das Leben für euch gab, würdet ihr wohl auch so schnell und willig Wasser schöpfen? Wir dächten wohl, sagten sie. Nu, so tut das nur jedem Durstigen. Denn was ihr dem Geringsten tut, das tut ihr dem, der das Leben für euch gab.
7. Juli.
Ein Markt-Tagelöhner hat hier zwölf Kreuzer Taglohn und nichts zu essen, hat Weib und fünf Kinder, er wohnt an der Straße, jeder Handwerksbursche holt seinen Pfennig, und deren kommen oft des Tages bis zwanzig. Zobo fragte ihn einmal, ob er denn so aus- und fortkomme? Recht gut, sagte er, was ich den Armen gebe, gebe ich Gott, und da wirkt Gott lauter Wunder an mir; ich bin gesund und wohl und habe zu essen.
8. Juli.
Warum vergibt Gott lieber dem demütigen Zöllner ohne Werke, als dem hoffärtigen Pharisäer mit Wagen voll Werken? Antw.: Der Sünder soll die Erlassung der Sünden nicht sich und seinen Werken, sondern allein der freien Gnade Gottes zuschreiben. Der begnadigte Sünder soll nicht die geringste Materie zum Stolz und zur Selbsterhebung haben; darum will Er ihm frei, umsonst, aus lauter Gnade und nicht um seiner Werke willen verzeihen und gnädig sein.
9. Juli.
Es gibt Menschen, die hängen ihren Kopf immer nur auf den Boden, sie gehen wie die Tiere nur ihrem Fraß, ihrem Trunk und ihrer Lust nach, sie kennen und suchen keine andere, als die Boden- und Erden-Glückseligkeit. Diese Menschen sind so schwer zu bekehren, als die Tiere.
10. Juli.
Einige Menschen stehen zu hoch, halten sich für zu vornehm, als dass sie mit geringen Leuten reden möchten. Die sollen bedenken, dass Gott höher stehe, als sie, und doch mit den Leuten im Alten und Neuen Testamente geredet habe.
11. Juli.
Wenn keine Hoffart wäre, so wäre keine Erniedrigung und keine Hölle. Die Hoffart hat die Hölle erfunden.
12. Juli.
Wer sich im Leben von den Guten stets trennt und zu den Bösen hält, wird im Sterben von den Besten, von Gott und Christo, getrennt werden, und ewig zu dem Bösen Halten müssen.
14. Juli.
Abraham opferte Gott sein Allerliebstes. Wer Gott sein Allerliebstes opfert, ist ein Abraham.
15. Juli.
Wenn ein Kind aus Mutterleib in die Welt tritt, so sind gleich gute und verständige Leute da, die den fremden und unbehilflichen Ankömmling liebreich und sorgfältig aufnehmen und ihm auf alle Weise wohltun. Solls anders sein, wenn die Seele aus dem Leibe in jene Welt tritt? Abraham nimmt den Lazarus in seinen Schoß auf. - Die Engel tragen ihn dahin.
18. Juli.
Wenn das Kind im Mutterleib oder bei der Geburt verletzt und verdorben wird, so bleibt es durch sein ganzes Leben ein Krüppel. Und wenn eine Seele in diesem Leibe oder beim Sterben verdorben wird, so wird sie durchs ewige Leben elend bleiben.
19. Juli.
Gott wäre reich genug, alle Menschen glücklich zu machen; aber er will sie nur unter gewissen Bedingnissen glücklich machen; und diese Bedingnisse stehen vielen Menschen nicht an, darum gehen viele leer aus und bleiben unglücklich.
20. Juli.
Wenn Jesus Einen weinen sah, so glaubte Er, der Mensch weine darum vor ihm, dass Er ihm die Tränen abwische. Was meinst du, Nachfolger Christi?
24. Juli.
Wenn ohne Gottes Willen kein Haar von unserm Kopfe fällt, so kann ohne Gottes Willen kein Bettler uns anbetteln, kein Ratloser uns um Rat fragen usw.