Читать книгу Martin Boos, der Prediger der Gerechtigkeit die vor Gott gilt: Sein Selbstbiograph. - Johannes Gossner - Страница 33
Frühlehre am Dreifaltigkeits- Sonntage 1811
ОглавлениеFrühlehre am Dreifaltigkeits-Sonntage 1811,
über Matth. 28, 18ff.
Jesus von Nazareth, den die Welt gekreuziget hat, ist der Herr im Himmel und auf Erden. 1) Sagt Ers selbst: Mir ist alle Gewalt gegeben. 2) Schickt Er seine Reichsboten, die Apostel, mit seinen Befehlen nicht bloß in Ein Dorf, in Eine Stadt, in Ein Land, und an Ein Volk, sondern in alle Dörfer, in alle Städte, in alle Länder, an alle Völker, an die ganze Welt. Denn Er sagt: Gehet hin und lehret alle Völker und bei Mark. 16,19: Gehet hin in die ganze Welt und predigt das Evangelium allen Kreaturen; wer da glaubt und getauft ist, der wird selig, wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.
Jesus von Nazareth ist also erwiesener Herr und König von Himmel und Erde; a) weil er seine Boten und Befehle in die ganze Welt schickt; b) weil er durch sie die ganze Welt, allen Fürsten und Königen, allen Bürgern und Bauern sagen und befehlen lässt, sie sollen an ihn glauben und sich auf seinen Namen taufen lassen, und halten Alles, was er ihnen befehle; c) weil er der ganzen Welt droht, dass, sofern sie nicht an ihn glauben, er sie verdammen werde.
Denn die ganze Welt ist vor Gott eine große, große Sünderin und wenn sie nicht an Ihn glaubt, nicht Buße tut, sich nicht taufen lässt, und nicht Alles hält, was Er befohlen hat, so ist und bleibt die große Sünderin verdammt.
An Jesum Christum glauben ist also nicht eine Sache, die man bleiben lassen kann, wie z.B. das Wallfahrten; nein, es ist Befehl, es muss sein; willst du selig werden, willst du nicht verdammt werden, so musst du glauben, dass Jesus für dich gestorben sei, dass er dir durch seinen Tod am Kreuze die Vergebung der Sünde und das ewige Leben erworben habe und dass er dir seine Gerechtigkeit, seinen heiligen Geist schenken, und durch seinen heiligen Geist in dir wohnen und mit dir alle Gebote Gottes erfüllen, fromm leben und gute Werke tun wolle.
Wer an den Sohn Gottes nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm. Folglich stehts uns Predigern auch nicht frei, zu predigen, was wir wollen.
Nein, wir sind Knechte und müssen als solche predigen und lehren, was uns der Herr befohlen hat. Er hat uns aber eben das Evangelium zu predigen befohlen. „Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium allen Kreaturen.“ Weh uns, wenn wir seine Befehle wissen, und doch das Evangelium nicht predigen. Wie ihr verdammt werdet, wenn ihr’s nicht glaubet, so wir, wenn wirs nicht predigen. Denn ein Knecht, der seines Herrn Willen weiß und nicht tut, wird mit vielen Schlägen gezüchtigt werden. Wer mich verleugnet vor den Menschen, wer sich meiner und meiner Worte schämt etc. Weh mir! sagt Paulus, wenn ich das Evangelium nicht predige. Ich muss.
Aber weh uns Predigern, wenn wir der Welt das Evangelium predigen, die Welt weiß uns keinen Dank und Lohn dafür, als den Unglauben. Die Welt konnte zu allen Zeiten Alles eher ertragen und dulden, als das Evangelium.
1 Johannes predigte es, und die Welt riss ihm den Kopf ab.
2 Jesus predigte es, und die Welt schlug ihn ans Kreuz.
3 Die Apostel predigten es, und die Welt schlug sie alle tot.
Es ist also ein hartes Brot, ein Evangelist, ein Prediger des Evangeliums sein. Predigt man der Welt das Evangelium nicht, so wird man von Gott und Christo verdammt, predigt man’s ihr, so wird man von der Welt verdammt. [Hier weinte die ganze Kirche, denn es war allem Volle bekannt, dass der Pfarrer nächstens verdammt, und wie Etliche sagten, verbrannt werden sollte.]
1 Aber was ist denn das Evangelium, welches Christus zu predigen befohlen hat?
2 Warum will die Welt das Evangelium nicht annehmen? Das Evangelium ist die fröhlichste, tröstlichste Botschaft von der Welt, denn es verkündigt der sündigen Welt die fröhliche Zeitung, dass Gott die Welt so lieb habe, dass er ihr nicht Gold und Silber, nicht ein Königreich, sondern was Größeres, seinen Eingebornen mit all seiner Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligkeit, mit all seinem Verdienste schenke. 1.Kor. 1,30. Und da hat die Welt (die ohne ihn nichts ist und kann) zum Anfange nichts zu tun, als das große Almosen anzunehmen. Angenommen wird es durch Glauben. Das sage nicht ich, dass sagt Christus: Joh. 3,16.
Diese wichtige und fröhliche Botschaft haben eure Voreltern schon vor langer Zeit hier auf den Johannes-Altar, wo eure Kinder getauft werden, hinaus geschrieben mit den Worten: Wer glaubt und getauft wird, der wird selig. Sie wollen sagen: Zum Eingang und Anfang des Christentums und Seligseins wird nicht mehr gefordert, als dass man wie ein Kind an Christum glaubt, sich mit ihm beschenken, sich mit ihm im Namen des Vaters etc. taufen lässt; aber hernach, wenn man Jesum angezogen, den heiligen Geist empfangen hat, und durch denselben geheiligt worden ist, hernach können und sollen wir Alles halten, was er uns befohlen hat. Denn der Geist Christi kommt zu und in uns, nicht, um das Moral- und Sittengesetz aufzuheben, sondern zu erfüllen.
Das Evangelium ist die tröstlichste Botschaft von der Welt, denn es verkündigt der von der Schlange tödlich gebissenen Welt, dass sie mit ihrem Schlangenbiss nur bußfertig und vertrauensvoll zu Christo kommen soll, so dürfe sie nicht sterben und verderben. Joh. 3,14ff.
Es ist ein großer Unterschied zwischen dem Engel auf der Kanzel und den vier Engeln unter der Kanzel [Auf unsrer Predigtkanzel (bemerkt Boos selbst) stehen fünf Engel. Oben steht ein großer mit den zehn Geboten. Da weiß denn jedes Kind, dass dieser der gestrenge Herr sei, der nichts gibt, sondern immer nur Steuern fordert. Unten sind vier Engel mit dem Evangelio; das sind die vier gnädigen und tröstenden Herren. So nimmts das Volk.]; ich will sagen; es ist ein großer Unterschied zwischen dem Gesetze und dem Evangelio. Der Engel oben, das Gesetz, drängt, droht, fordert und schreckt den armen Menschen; die vier Engel unten, das Evangelium, gibt, erfreut und tröstet den Menschen. Das Gesetz sagt: du musst das tun oder du bist verflucht und verdammt. Wer nur ein Pünktlein unerfüllt lässt, wer nicht Alles tut, nur Ein Gebot übertritt, hat schon alle gebrochen, und ist unter dem Fluche. Gal. 3,16. Kurz es droht und treibt und schreckt, gibt uns aber keine Kraft, keine Liebe, keine Lust, kein Leben zum Tun; zeigt den Weg, geht aber nicht mit, und zahlt kein Konto, keine Schuld. Und weil auch der frömmste Mensch nicht alle Düpplein und Pünktlein des Gesetzes erfüllt hat, wegen angeborner Bosheit und Schwachheit, so hat gerade oft der Frömmste auf seinem Sterbebette die größte Angst und Furcht, ja gar oft Verzweiflung.
Da kommt aber das Evangelium und tröstet und spricht zum verzagten Sünder: Verzage nicht, sondern wende dich, wie der Mörder, zu dem Gekreuzigten, wirf dich, wie die Sünderin, zu seinen Füßen; glaube und vertrau auf ihn, dann kannst du wie der Mörder ins Paradies, und wie die Sünderin zu Gnaden kommen und selig werden. Denn Er ist das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt trägt, weil du ein Stücklein von der Welt bist, will er auch deine Sünden wegnehmen - dich auf der Stelle gerecht und selig machen - Greif zu und nimm, denn er will den Tod des Sünders nicht.
II. Aber warum will die Welt dieses Evangelium nicht?
1. Weil sie weder den Vater, noch den Sohn kennt, wie Christus sagt Joh. 16,3. Die Apostel predigten der Welt das Evangelium, und sie stießen sie aus den Synagogen, töteten sie, und glaubten Gott einen Dienst zu tun, weil sie weder den Vater, noch den Sohn kannten. Joh. 16,1.
Der Gott dieser Welt verblendet ihre Augen, dass sie nicht sehen das helle Licht des Evangelii. Der Ochse kennt seinen Herrn und der Esel die Krippe seines Herrn. Aber Israel kennet mich nicht.
2. Sie kennet sich selbst nicht. Die Welt weiß nicht, dass sie ohne und außer Christo nichts als lauter Sünde ist - verdammt und verloren ist, also auch nicht, dass sie durch Christum erlöst ist.
3. Sie kennt die Schrift nicht - sie nimmt sich nicht Zeit, sie zu lesen. Der Bauer geht auf seinen Acker, der Bürger zur Handtierung - keiner liest die Schrift, und fast Allen hängt eine Decke vor den Augen, dass sie mit sehenden Augen nicht sehen. Aller Schade, sagt die heilige Theresia, kommt für die Welt daher, dass man die Wahrheit der Schrift nicht klar erkennet.
4. Die Welt will keine Sünderin, nicht Nichts sein und das Evangelium macht alle Welt zu Sündern, zum Nichts. Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche.
5. Das Evangelium wirft alle Selbstgerechtigkeit über den Haufen, denn es spricht: Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer. Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser etc. Die Welt aber will selbst gerecht sein.
6. Das Evangelium verwirft allen Stolz, alle Großhanserei und sagt: wenn ihr nicht werdet wie die Kinder etc. Die Großen der Welt lassen sich gnädige Herren nennen, ihr aber nicht also etc. Dies Kleinwerden aber steht der Welt nicht an.
7. Das Evangelium verwirft alle sündhafte Weltfreude, denn es spricht: Weder Hurer, noch Ehebrecher, noch Volltrinker etc. und: Kindlein, habt nicht lieb die Welt, noch die Dinge dieser Welt, Augenlust etc. Aber all das liebt die Welt etc.
Daher kommt die Feindschaft gegen das Evangelium. Aber ich bitte euch an Christi Statt: Stoßet das Evangelium nicht weg, diese tröstliche Botschaft; denn womit wollt ihr euch sonst im Leben und Sterben trösten?
Vater unser im Himmel! Du weißt auch, was auf Erden, was in Gallneukirchen geschieht, öffne doch meinen lieben Pfarrkindern die Augen, dass dein Name und der Name deines Sohnes geheiliget und erkannt werde! Dass dein Reich zu uns komme und dein Wille geschehe, wie im Himmel, also auch auf Erden; dein Wille aber ist, dass die Weltpriester der Welt das Evangelium predigen und dass die Welt es hören, glauben, willig annehmen, fleißig befolgen und dadurch gerecht und selig werden soll. Amen!
Wirkungen dieser Predigt.
Nicht an den Worten, sondern an der Kraft und Wirkung kennt man eine Predigt. Mancher wird denken: Was ist denn Besonderes an dieser Predigt? Mancher wird gar nichts an ihr finden, und sie etwa gar noch verspotten; weil er nicht versteht, dass das Reich Gottes nicht in Worten, sondern in der Kraft besteht.
Das Besondere dieser Predigt war, dass sie außerordentlich viel wirkte. Sie hat nicht nur den Gutgesinnten so wohl gefallen, dass sie alle vor Freude weinten, und sagten: Sie nähmen nicht 1000 fl. [Gulden], wenn sie diese Predigt nicht gehört hätten, sondern es wurden auch viele Neue erweckt und gläubig, viele Feinde und Geärgerte wurden bekehrt und ganz geändert. Ganze Dörfer, die vorher wider den Prediger und seine Predigten waren, wurden durch diese Predigt dafür gewonnen. Der angesehenste Bürger, der ihn öfters beim Bischöfe schriftlich und mündlich verklagt hatte, kam gleich nach dieser Frühpredigt zu ihm, bekannte seine Sünden, bat um Vergebung, küsste ihn und weinte. Boos küsste ihn auch und weinte mit. Da war Freude, die größte Freude bei allen Gläubigen, die mit ihrem Pfarrer in der Trübsal und Verfolgung bisher ausgeharret hatten. Ihr Glaube wurde mächtig gestärkt, ihre Herzen lebten wieder auf, da sie so viele Gegner kommen, weinen, abbitten sahen, und sie sagen und bekennen hörten vor Jedermann: „Wir haben dem Pfarrer unrecht getan, ihn unschuldig und um der besten Sache willen verklagt und verfolgt, wir haben unsre eigne Seligkeit von uns gestoßen.“ Ihre Augen waren aufgetan - aber doch noch nicht alle. Denn einige blieben doch feindselig und übel gesinnt. Und diesen verdross und ärgerte diese Predigt so sehr, dass sie mit den Zähnen knirschten und den Pfarrer neuerdings verklagten.
Aber die Bessergesinnten dankten ihm doch, dass er bei der größten Wut der Feinde nie aufgehört hat, das Evangelium zu bezeugen. Alles wäre abgefallen, sagten sie, wenn das nicht geschehen wäre.
Die Bekehrung des heftigsten Widersachers, die auch auf diese Predigt erfolgte, verdient besonders und näher betrachtet zu werden, und zwar, wie es Boos selbst erzählt.