Читать книгу Martin Boos, der Prediger der Gerechtigkeit die vor Gott gilt: Sein Selbstbiograph. - Johannes Gossner - Страница 32
Marktstreit in Gallneukirchen
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an Christi Himmelfahrt 1811.
Alles Bisherige konnte den Glaubensprediger nicht irre machen oder abschrecken, das seligmachende Evangelium, das sich an seinem und so vielen Herzen seiner Zuhörer schon als Gotteskraft erwiesen hatte, fort zu predigen und zu bezeugen. Dass die Widersacher dadurch nicht besänftiget, sondern noch eifriger und hitziger wurden, lässt sich leicht denken. Man sprach nun heftiger in der Pfarrei Gallneukirchen dafür und dawider.
An Christi Himmelfahrt 1811 (so erzählt Boos selbst) entstand sogar ein großer Volksauflauf, wo es fast zum Totschlagen kam, und hernach einige der Widersacher, die den Tumult angezettelt und die Gemüter erregt hatten, zum achttägigen Arrest verurteilt wurden.
Bei diesem Auftritte predigte Saulus Höllinger auf dem öffentlichen Marktplatze gegen den Pfarrer.
Er war in den Augen der Welt immer der frömmste und angesehenste Bürger des Marktes, und Viertelsmeister. Er war mit ganzer Seele wider den Pfarrer? er raste und schnaubte und lästerte über ein halb Jahr gegen ihn fort, aus dem Grunde, weil er wähnte, der Pfarrer verwerfe alle guten Werke, da er doch nur lehrte, dass der Sünder nicht um seiner etwaigen guten Werke willen, sondern umsonst, aus Gnaden, um Christi willen gerechtfertiget werde, und dass hernach die guten Werke aus dem Glauben und dankbarer Liebe als Schuldigkeiten und Gnadenvorrechte kindlich-demütig folgen sollen und müssen.
Allein Saulus begriff das nicht. Unter Anderm sagte er bei jenem unruhigen Auflaufe in seiner Volks- und Markt-Predigt: Wie könnt ihr denn etwas auf euren Pfarrer halten? Er verwirft ja alle guten Werke. - Auch hielt er sich darüber auf, dass er einmal das sogenannte ewige Licht in der Kirchenlampe nicht brennen sah. Was ists denn mit eurem Pfarrer, sagte er, der Glaube ist ja erloschen, er lässt ja das ewige Licht in der Kirchenlampe nimmer brennen; das ist ja ein Zeichen, dass uns das Licht des wahren Glaubens erloschen sei!!
Hoho! Sagte ein Bauern-Richter, I. L., rede nicht gar so unsinnig! Was frag ich nach dem Licht in der Lampe, ob es brenne oder nicht? Der Herr Pfarrer hat uns das Licht des lebendigen Glaubens im Herzen angezündet, und das ist mir lieber, als das Öllicht in der Kirchenlampe. Was hilft das Licht in der Lampe, wenn das Licht des Glaubens und der Liebe nicht im Herzen brennt?
Saulus: Er sagt ja selbst, dass der Glaube bei uns erloschen sei. Weißt nimmer, dass er sagte, er wolle diejenigen, die einen wahren Glauben hätten, in die Sakristei hineinbringen?
Bauern-Richter: Recht hat er. Vielleicht gehören ich und Du auch noch nicht in die Sakristei. Denn Bruder! Das will viel sagen, einen wahren, lebendigen Glauben an Christus haben. Den findet man nicht auf dem Marktplatz. Ich nehme’s ihm gar nicht übel, dass er so sagte.
„Ich auch nicht!“ schrieen mehrere von zwei bis dreihundert Zuhörern auf dem Platze.
Bauern-Richter: Und wenn Du ihn einmal recht verstehst, wie ich und hundert Andere, so wirst Du’s ihm auch nicht mehr übel nehmen.
Saulus: Aber er heißt ja unsere guten Werke einen stinkenden Kot?
Bauern-Richter: Recht hat er. Er meint aber nur die Werke der Selbstsucht und Selbstgerechtigkeit, auf die wir, wie die Pharisäer, pochen, trotzen und stolzieren; und diese warf Paulus auch weg, wie Kot, als ihm das Licht aufging. Phil. 3,6. Bruder! Dir fehlts noch am rechten Licht, am vollkommnen Verstand, Du verstehst den Pfarrer noch nicht, sonst könntest Du nicht so talkicht (dumm) daher schwätzen.
Saulus: Nu, so bleib Du bei Deinem Glauben, ich bleibe beidem meinen.
Bauern-Richter: Ja, das werde ich - -
Und der öffentliche Marktstreit ging für diesmal aus einander. Alles Volk aber gab dem Bauern-Richter L...r recht.
Die bald darauf folgende Predigt oder Frühlehre am Dreifaltigkeits-Sonntage aber war eine Veranlassung, dass auch dieser Saulus ein Paulus und viele Andere erweckt wurden. Daher wollen wir sie auch hören oder doch lesen.