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3.1 Der Weg zur staatlichen Souveränität - und fortbestehende Abhängigkeit

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Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beschloss Frankreichs verfassunggebende Versammlung, den Kolonien mehr Autonomie zu gönnen. Mit der französischen Verfassung vom 13. Oktober 1946 wurde die “Union Française” gegründet, die für die Beziehungen zwischen dem “französischen Mutterland” und den “Überseeterritorien” einen neuen Rahmen bilden sollte. Für den Senegal endete mit der neuen Union die administrative Trennung in ”quatre communes” und “territoire sous protectorat” - nun wählte ein “collège électoral” im Namen aller Senegalesen (und nicht nur der Bürger der “quatre communes”) Vertreter in die Institutionen der Union. Aber der Gouverneur des Senegal war weiterhin nur der französischen Regierung unterstellt, der von den Senegalesen gewählte “Conseil général” hatte nur beratende Funktion und die Gesetzgebung blieb eine französische Angelegenheit32.

Dieser neue Mantel des Kolonialverhältnisses veränderte die Abhängigkeit der Kolonien gegenüber der französischen Republik also nicht, führte aber beispielsweise im Senegal dazu, dass eine Unabhängigkeitsbewegung entstand, sich Parteien bildeten und politische Persönlichkeiten wie Léopold Sédar Senghor, Mamadou Dia und Lamine Guèye sich profilieren konnten.

Etwa zehn Jahre später zwangen die Ereignisse von Diên Biên Phu (1954), die Afro-asiatische Konferenz von Bandung (1955) und die sich anbahnende Unabhängigkeit Marokkos und Tunesiens (1956) das Mutterland Frankreich, seine Beziehungen zu den abhängigen Gebieten neu zu überdenken. Das daraufhin verabschiedete “Loi-Cadre” vom 23. Juni 1956 veränderte aber wiederum nur unwesentlich das Abhängigkeitsverhältnis der “Überseeterritorien”:

Zwar konnten die Senegalesen erstmals am 13. März 1957 direkt Abgeordnete für eine “Assemblée Nationale” wählen, aber dieses Organ hatte nur Kompetenzen bezüglich des “Staatshaushaltes” und ansonsten nur eine beratende Funktion - und der Gouverneur wurde weiterhin von der französischen Regierung ernannt33.

Erst nachdem ein Militärputsch in Algier am 13. Mai 1958 die Vierte Republik erschüttert hatte, wurde eine neue französische Verfassung ausgearbeitet, die den Kolonien anbot, quasi-autonome Mitglieder einer neuen “Communauté Française” zu werden. Die Kolonien, die sich gegen die neue Gemeinschaft entschließen würden, würden augenblicklich in die Unabhängigkeit entlassen - mit allen Konsequenzen, die solch ein sofortiger Rückzug der Franzosen, der Abbruch der Handelsbeziehungen usw. mit sich bringen würde.

Die allein auf das Kolonialverhältnis ausgerichtete Wirtschaft zwang die Kolonien mehr oder weniger, der neuen “Communauté Française” beizutreten, lediglich Guinea-Conakry entschloss sich dagegen. In einem Referendum vom 28. September 1958 befürworteten 97,2 Prozent der abgegebenen Wählerstimmen im Senegal den Beitritt. Die breite Zustimmung war im Wesentlichen den religiösen Führern im Senegal zu verdanken, die auch zuvor schon ein wesentliches Element im kolonialen Machtsystem gewesen waren und nun Senghors Kurs für die “Communauté” unterstützten und ihren Anhängern entsprechende Wahlempfehlungen gaben.

Auch in der neuen “Communauté Française” gab das Mutterland weiterhin den Ton an: Als “Mitgliedsstaat” der “Communauté” erhielt der Senegal zwar eine “interne Autonomie”, aber beispielsweise wurde der französische Präsident, der gleichzeitig Präsident der “Communauté” war, von 82.000 Wahlmännern gewählt, von denen lediglich 600 aus den “Überseeterritorien” stammten34.

Um eine tatsächliche staatliche Souveränität zu erhalten, ohne die unabdingbar gewordenen Vorteile der “Communauté” zu verlieren, schlossen sich Senegal und Sudan (gemäß Artikel 78, Absatz 3 der französischen Verfassung) am 20 Juni 1960 zur “Fédération du Mali” zusammen. Aufgrund unvereinbarer Vorstellungen über die Organisation des neuen Staates und den Regierungssitz und aus der Sorge, der jeweilige Partner beanspruche zu viel Macht und Einfluss für sich, brach diese Föderation bereits zwei Monate später wieder auseinander. Am 20. August 1960 erklärte der Senegal seine Unabhängigkeit und trat den Vereinten Nationen bei35.

Doch auch unter der neuen staatlichen Souveränität führte die senegalesische Elite, die den kolonialen Verwaltungsapparat erobert hatte, die Politik der französischen Kolonialverwaltung fort36. Lediglich die kulturelle Kolonisation, die aus den Senegalesen schwarze Franzosen hatte machen wollen, wurde nicht weitergeführt. Diese Kontinuität entstammt wohl der Tatsache, dass traditionelle politische Systeme nicht mehr funktionierten oder auch für einen “modernen” und multiethnischen Staat nicht praktikabel waren37. Eventuell mangelte es auch an alternativen “Vorbildern” zur französischen Art der Staatsorganisation38 - vor allem aber bedingte die wirtschaftliche Abhängigkeit die Notwendigkeit, die Beziehungen zum ehemaligen “Mutterland” aufrecht zu erhalten.

Als zunächst immer noch einziger Außenhandelspartner behielt Frankreich die ehemaligen Kolonien als günstige Rohstofflieferanten und sicherte sie auf zeitgemäße Weise als Absatzmarkt für Produkte der eigenen Industrie, beispielsweise durch Schutzzölle und die von Frankreich gestützte Währung “Francs de la Communauté Financière de l´Afrique de l´Ouest” (die zuvor “Francs des Colonies Françaises de l´Afrique de l´Ouest” hieß, also sogar ihr altes Kürzel F.C.F.A behalten konnte). Im Gegenzug sicherte das ehemalige Mutterland Frankreich den jungen Staaten, die nicht wie Guinea-Conakry “unehrenhaft” in die Unabhängigkeit entlassen worden waren, Hilfe zu. Zum Teil in Form von technischer Unterstützung, aber auch in Form von Experten, die den Regierungen der unabhängig gewordenen Staaten als Ratgeber zur Verfügung standen - und nicht zuletzt auf diese Weise für Kontinuität des französischen Einflusses auf Regierungsebene sorgten.

Die Einführung des Fernsehens im Senegal

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