Читать книгу Zentrale Aspekte der Alten Kirchengeschichte - Johannes Hofmann - Страница 31
2.3.2 Der Bischof, die Presbyter und die Diakone in den Pastoralbriefen
ОглавлениеIn den Pastoralbriefen, die den 1. und 2. Timotheusbrief sowie den Titusbrief umfassen und um 100 entstanden sind,36 macht sich gegenüber dem Clemensbrief eine weiter fortgeschrittene Entwicklung bemerkbar, die sich in folgenden klar umrissenen Ämtern manifestiert:
1. Der Bischof (1 Tim 3,1-7; Tit 1,7-9),
2. die Presbyter (1 Tim 5,17-19, Tit 1,5f.), deren Kollegium fest organisiert ist und daher πϱεσβυτέϱιον heißt (1 Tim 4,14), und
3. die Diakone (1 Tim 3,8-13).
Bezeichnend ist, wie intensiv der Bischof und die Diakone aufeinander zugeordnet sind. Wenn diese enge Verknüpfung auch schon in Phil 1,1 begegnet, so wird der Bischof (ἐπίσκοπος) in 1 Tim – im Unterschied zu Philippi – als einzelner und nicht mehr als Mitglied einer Gruppe von Episkopen (ἐπίσκοποι) erwähnt. Darüber hinaus ist das Kollegium der Presbyter als eigenständige Größe in die Gemeindeverfassung integriert.
Die Voraussetzungen für einen Bischofskandidaten beschreibt 1 Tim 3,2-7 in nüchterner Sprache. Der für dieses Amt geeignete Mann müsse besonnen sein, gastfreundlich, zum Lehren befähigt, kein Trinker und Raufbold, bescheiden, nicht streitsüchtig und geldgierig. Ferner müsse er sich bisher als guter Vorsteher seines eigenen Hauses und als bewährter Erzieher seiner Kinder erwiesen haben. Aus diesen Anforderungen geht also hervor, dass der Bischof in der Gemeinde autoritative, pastorale und ökonomische Funktionen wahrzunehmen hat. Vor allem hat er über die offensichtlich gefährdete Reinheit der apostolischen Lehre zu wachen.
Freilich ist der Bischof dieser nachapostolischen Zeit nicht nur auf seine natürlichen Anlagen angewiesen. Der unter dem Pseudonym des Paulus schreibende Verfasser der Pastoralbriefe ermuntert seinen bischöflichen Adressaten Timotheus vielmehr, er möge die Gnadengabe neu entfachen, die er durch die Handauflegung des Apostels empfangen habe (2 Tim 1,6). Ähnlich heißt es in 1 Tim 4,14:
„Vernachlässige die Gnade nicht, die in dir ist und die dir verliehen wurde, als dir die Presbyter aufgrund prophetischer Worte gemeinsam die Hände auflegten.“
Mit diesen Worten wird erstmals der Akt einer kirchlichen Amtsübertragung beschrieben. Demnach wird dem neu bestellten Amtsträger durch die Handauflegung der Heilige Geist verliehen, eine göttliche Gnadengabe, die ihn auf Dauer zur Ausübung seines Dienstes befähigt. Wie außerdem die Anweisung von 1 Tim 5,22 nahe legt, keinem vorschnell die Hände aufzulegen, sollen entsprechende Kandidaten vor der Einsetzung ins Amt einer Prüfung unterzogen werden. Darüber hinaus kann man die hier erstmals erwähnte Mitteilung des Heiligen Geistes durch das äußere Zeichen der Handauflegung als sakramentale Weihe interpretieren. Sie wirkt nach 2 Tim 2,2 auch insofern fort, als Timotheus das, was er selbst empfangen hat, durch Weihe „an zuverlässige Menschen [weitergeben kann], die fähig sind, wiederum andere zu lehren“.
Schwer lösbar ist die Frage, welches Verhältnis zwischen Bischof und Presbyterkollegium besteht. Gehört er ihm als Gleicher unter Gleichen an oder steht er an seiner Spitze? Nach Gnilka dürfte eher das Letztere der Fall gewesen sein.37
Die Diakone der Pastoralbriefe sind schließlich dem Bischof untergeordnet und dienen ihm und der Gemeinde auf vielfältige Weise. Man hält sie in der Regel – aufgrund der von ihnen in 1 Tim 3,8-10 verlangten Eigenschaften – für Armenpfleger, Gemeindefürsorger und karitativ tätige Amtsträger. Vermutlich sind sie aber auch in der Verkündigung tätig.
DASSMANN (wie S. 12) 166f. (Bischof und Presbyter in den Pastoralbriefen).
HÜBNER (wie S. 32) 64-69 (Bischof, Presbyter und Diakone in den Pastoralbriefen).